Grüß Dich, Ulrike,
Das Thema haben wir öfters!
01 Grundsatz:
Dein Mann hat vor dem Unfall sein Leben gestaltet. Das bleibt auch nach dem Unfall so. Im Rahmen des leidlich Vernünftigen braucht er sich von der Versicherung nicht vorschreiben zu lassen, wie er lebt. Wenn dieses Leben aufgrund des Unfalles zu allerhand Mehrkosten führt, hat der Versicherer das zu tragen und zu akzeptieren, dass Dein Mann nach wie vor sein Leben gestalten darf. Und zwar auch auf Kostend es Versicherers.
02 "Gegenargument: Nicht notwendig!"
Nun kommt oft als Gegenargument, das sei nicht notwendig. Das stimmt zwar, aber darauf kommt es nicht an:
Im Gesetz steht nämlich nicht: "Der Schaden ist nur soweit zu ersetzen ist, dass es zum Überleben langt". Auszugleichen ist grundsätzlich der ganze Schaden.
Ich mach mal ein Beispiel aus dem Bereich, den wir alle kennen, da wird's dann deutlich:
Wir nehmen einen etwas heftigen Auffahrunfall vor der roten Ampel an. Schuld ist der, der aufgefahren ist. Getroffen hat es einen Mercedes 560 SEL, 1 Jahr alt, 40.000 km auf dem Tacho. Sagen wir mal, der war vorher noch 100.000,00 Euro wert, jetzt ist er Schrott(Wert: sagen wir: 10.000,00 Euro).
KEIN MENSCH käme auf die Idee, zu sagen: Du kriegst 12.000 Euro, das langt für'n Fiat Panda, sogar einen neuen. Natürlich bekommt der Geschädigte 90.000,00 Euro, (Zeitwert abzüglich Restwert).
03 Hat das gar keine Grenze?
Doch. Die hat es. Das ist die schon angesprochene Schadensminderungspflicht. Es ist der Ausdruck von Vernunft und Fairness, schlichter Hausverstand. Man soll den vollen Schaden ersetzt bekommen, aber nicht zur Unvernunft und Schadenstreiberei übergegen.
04 Hast Du Urteile?
(a)
Ich kenne ein BGH-Urteil, da hatte ein Mann ein Haus und eine Zweitwohnung in einem Schloss. Als der Mann schwer unfallverletzt wurde, war ein Hausumbau sinnvoll. Er wollte aber auch seine Zweitwohnung behalten und nutzen. Der BGH verurteilte den Versicherer auch dazu, den Umbau dieser exklusiven Zweitwohnung zu bezahlen. Das ist nun wohl ein Extremfall, zeigt aber, was alles möglich ist. (Wenn das Urteil gebraucht wird, kann ich es genau zitieren. Ich suchs dann raus.)
(b)
Wo aber nicht nur das gottverdammte heilige Blechla getroffen ist, sondern die Person des Verletzten, da greift die Schadensminderungspflicht so schnell nicht.
Ein Schwerstverletzter sagte: "Ich will nicht ins Heim, ich hab vorher zu Hause gewohnt, da will ich es jetzt auch noch. Ich will meinen Ausblick über das Donautal genießen", da stellte sich heraus: Das ging. Nur war das zweieinhalbmal (!) so teuer wie das teuerste Pflegeheim in der ganzen Gegend. Prompt ging ein machtvoller Rechtsstreit los. Der Versicherer meinte, das übersteige die Grenze der Schadensminderungspflicht. Eine derartige Belastung sei der Versichertengemeinschaft nicht zuzumuten. Solche Extrawürste seien mit dem Schmerzensgeld abgegolten.
Das ging bis vors Oberlandesgericht Koblenz (VersR 02/244). Der Geschädigte bekam ohne Abstriche den Schadensersatz zuerkannt.
(c)
Das OLG Bremen hat (VersR 99/1030 ff.) entschieden für Schadensausgleichsmaßnahmen in diesem Bereich entschieden:
"Über den zu ersetzenden Aufwand darf auf die Wahl der Lebensgestaltung nur eingeschränkt Einfluss genommen werden, wenn nämlich die Kosten in keinem vertretbaren Verhältnis zur Qualität der gewählten Versorgung stehen….zu ersetzen ist der Mehrbedarf, der tatsächlich bei sinnvoller Disposition anfällt"
DIESER SATZ SOLLTE DIR ANS HERZ WACHSEN!
(d)
Ebenso in genau die gleiche Kerbe schlägt der Bundesgerichtshof:
BGH VersR 98/366 und BGH VersR 78/149.
05
Die Versicherung erkennt das einfach nicht an. Sie sagt: "Zahlen wir nicht". Was soll ich tun?
Erhebe Klage. Wird in der Versicherung keine Einsicht dafür entwickelt, dass die Amts- und Landgereicht sowie auch die Oberlandesgerichte einer gefestigten BGH-Rechtsprechung zu folgen pflegen, da es schließlich die Aufgabe des BGH ist, voranzuleuchten (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), gut, dann besteht dort die Einsicht nicht. Dann wird die fehlende Einsicht dort durch die vorhandene Einsicht des Richters ersetzt. Sowas nennt man: "Urteil im Namen des Volkes".
06
Im Ergebnis ist es eigentlich kein Hexenwerk, Umbaukosten und Mehrkosten beim Hausbau für Schwerverletzte durchzudrücken. Der Normalfall ist, dass sich der Geschädigte einen Sachverständigen für behindertengerechten Um- und Ausbau nimmt und mit ihm Vorschläge erarbeitet. Den legt man dann vor und zitiert die von mir oben zitierten Urteile. Die Kosten des Sachverständigen sind Schadensermittlungskosten. Sie sind vom gegnerischen Versicherer zu tragen. Genau so, wie die Sachverständigenkosten für den Schaden am kaputten Auto zu ersetzen sind, von diesem Beispiel kennt ihr das bestimmt.
07
Viel Nutzen kann man auch von einem Rehaberater haben, der die Technik im Hause optimiert.
Wenn Du nicht weißt, wo solche Fachleute aufzutreiben sind, da kennen wir einige.
Fazit: Die Möglichkeiten sind viel besser, als Du bisher gedacht hast.
08
"Ehrlich?"
Oh ja! Ich arbeite sein 35 Jahren mit Personenschäden.
ISLÄNDER