Grüß Euch, Ulrike und Aramis,
ich danke für die freundliche Meinung.
01
Die Methode ist aber nicht von mir, sondern von Reiners: In seinem Buch "Stilkunst" steht, wie man gute Vorträge hält. Das sind die, bei denen der Zuhörer jederzeit spürt: "Was der da gerade sagt, oh, ach so geht das! Das ist genau das, was ich gerade gebraucht habe". Und wenn Begriffe ("Schadensminderungspflicht") für einen normalen Menschen nicht mehr greifbar sind ("wo sind die Grenzen?"), dann helfen ein paar tüchtige Vergleiche aus dem wirklichen Leben, die setzen die Landmarken.
02
Im Forum habe ich u.a. gelernt: Immer wieder haben Opfer haben Anwälte, die offenbar ganz tüchtig sind. Die schlagen sich mit der juristischen Machete durch den Paragraphen-Urwald. Aber sie ziehen ihre erschrockenen Mandanten nur hinterher, ohne ihnen zu sagen: "Hier stehen wir auf sicherem Boden. Kannst mal durchatmen. Das sieht man an den dicken Wurzeln da. Da vorn wird's gefährlich. Schau, wie es dort blubbert. Das riskieren wir nicht. Das umgehen wir. Das machen wir so:....".
Tut er das nicht, ängstigt sich der zivilisierte Mitteleuropäer im Urwald zu Tode, auch dort, wo es gar nicht so gefährlich ist. Wenn unser Urwaldfachmann dem Mandanten den Urwald nicht besser erklärt, wie soll der (verletzte!) Mandant über Jahre hinweg Mut fassen und Vertrauen finden, während der Hader wogt und der Mandant im Pulverdampf steht?
Das hat auf meine Arbeit doch eingewirkt.
03
Und so ein Fall ist wohl auch UlrikeM. Die steht im Wald. Und sie ist so verängstigt und so verschüchtert, dass sie bzw. ihr Mann nicht mal 1/10 dessen nutzt, was ihm und seiner Familie zusteht. Bei UlrikeM. könnte die ganze Familie eine ganz, ganz andere Lebensqualität gewinnen. Ulrike - es ist so!
Was sie bräuchte, das wäre mehr, das wäre ein Rundgang durch ihren Fall. Solche Leute kommen am besten her, dann bespricht man den ersten Teil an einem Nachmittag, danach ist die "Birne voll". Also: Übernachten. Ausschlafen. Am Vormittag danach der zweite Teil. Dann würde Ulrike wissen, dass ihr Mann vermutlich deutlich 6-stellige Summen verlangen kann.
Derzeit ist Ulrike irgendwie von der Straße abgekommen und sitzt mit ihrem 40-Tonnen-LKW im Moor fest. Mit einem Klappspaten versucht sie, hin- und herrennend, den LKW rauszuschaufeln. Ulrike! Bergekran! Nicht Klappspaten!
04
Ein Mann kann sich wegen eines Unfalles ab Hals nicht mehr bewegen. Aber sprechen kann er. Er lag im Bett und langweilte sich zu Tode, weil er ja nicht mal den Fernseher umschalten konnte und hoffte, endlich mal zu sterben.
Heute steuert er auf Kosten des Versicherers mit der Stimme nicht nur Licht, Radio, Telefon, Computer und Fernseher, sondern auch seinen Elektrorollstuhl. Damit rollt er zum Wirtshaus, ratscht mit seinen Spezis, trinkt ein Bier (mit Strohhalm). Und wer macht die Hilfe, die der Mann nach wie vor braucht? Ein Assistenzdienst, der ist 24 Stunden pro Tag da. Kostet natürlich rd. 10.000,00 Euro im Monat.
Der Versicherer weigerte sich anfangs, mehr als 3.500 Euro im Monat zu tragen ("Schadensminderungspflicht...."), zahlt aber inzwischen auch den Assistenzdienst. Fast ist es schade, dass er das -nach aber einigen harten Kämpfen!- freiwillig tut: Sonst könnte man noch ein Urteil zitieren! Aber vielleicht hat der Mann von UlrikeM. den gleichen Versicherer auf der Gegenseite: Möglich! Denn es ist einer der großen auf dem Markt.
05
Manchmal bin ich mit meiner plakativen Schilderung schon zu weit gegangen: Landgericht Augsburg vor ein paar Jahren, da hab ich wohl wieder einen meiner knackigen Sprüche losgelassen. Richter stützt den Kopf auf die Hände, schielt zu mir rüber und fragt mit der freundlichsten Süße der Welt: "Herr Rechtsanwalt!, Hat Ihnen eigentlich schon mal jemand gesagt, dass Sie womöglich boshaft sind?" Nur mit einem Purzelbaum konnte ich mich retten: "Boshaft, Herr Vorsitzender, nennt mich die Menschheit vorzugsweise dann, wenn ich wieder besonders wahrheitsliebend gewesen bin!" - Das Gericht hatte keine weiteren Fragen mehr.
ISLÄNDER