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Opferentschädigung, Berufsschadensausgleich

Abgabenachricht LSG im OEG Verfahren

Hallo liebe Forengemeinde,
Seit über 5 Jahre führe ich nun einen Rechtsstreit gegen das Land Hessen vor dem LSG 4 Senat ( Verschlimmerungsleiden ). Der Rechtsstreit wurde nun nach über 2 Jahre an den 1 Senat des LSG Hessen abgegeben, meine Frage wäre ob dieses zulässig ist.Laut Geschäftsverteilungsplan 2012 des LSG war der 4 Senat dort zuständig, und das Verfahren wurde dort auch über 2 Jahre geführt.Mein Rechtsanwalt rügte das Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer.
Nun liegt der Rechtsstreit seit 06.01.2014 beim 1 Senat beim Hessischen LSG, und ich weis nicht ob dieses so rechtens ist.Kann mir hier jemand im Forum weiterhelfen? Vorab vielen lieben Dank für eure Mühe.

VLG
Elvis64
 
Hallo Elvis64,

so wie ich es von den Zivilgerichten kenne wird in jedem Jahr ein neuer Geschäftsverteilungsplan ausgearbeitet.
D.h. die Kammern und Senate werden des öfteren neu besetzt.
Wenn nunmehr der gleiche Richter die Kammer oder den Senat wechselt, dann gehen meist die offenen Verfahren mit und bekommen eine neue Geschäftsnummer.

Schau doch einfach mal, ob es der gleiche vorsitzende Richter ist. Es gibt ja auch bei Richtern mal persönliche Gründe, warum sie ausscheiden oder längere Zeit nicht arbeiten können. Das könnte ein weiterer Grund sein.

LG Rajo
 
Hallo Rajo,
vielen lieben Dank, werde dieses überprüfen.

VLG
Elvis64
 
Mitteilung des LSG Hessen vom 09.07.2014 an meinen Rechtsanwalt im OEG Verfahren

Mitteilung des LSG Hessen vom 09.07.2014 an meinen Rechtsanwalt im OEG Verfahren:

weise ich darauf hin, dass für das vorliegende Verfahren ab dem 1 Januar 2014 der 1 Senat des Hessischen Landessozialgericht zuständig ist.

Insoweit darf ich um Mitteilung bitten, ob sie im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 16.08.2013 ( erneuten ) Befangenheitsantrag gegen den erstinstanzlichen Gerichtsgutachter Prof. Dr. D… stellen.

Für den weiteren Verfahrensablauf weise ich daraufhin,dass nach der Stellungnahme zu der Frage des Befangenheitsantrag ( zunächst ) ihre Fragen dem Gerichtsgutachter Prof. Dr. D… zur Stellungnahme zugeleitet werden.

Insoweit weist der Senat bezüglich der Sachdienlichkeit der Fragen ausdrücklich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts ( Beschluss ) vom 10 Dezember 2013 , B 13 R 198 / 13 B hin.


Dazu E- Mail meines Rechtsanwaltes vom 18.07. 2014 mit der Bitte um Stellungnahme:

Sehr geehrter Herr A…………..,

in der obigen Angelegenheit übergebe ich die Anfrage des LSG vom 09.07.14 mit der Bitte um Stellungnahme.

Aus dem Schriftsatz vom 16.08.13 ergibt sich ab Seite 3, wie sich Prof. Dr. D…… im Widerspruch zu seiner Stellungnahme vom 11.11.11 gegenüber Ihnen verhielt (kein Explorationsgespräch, keine Untersuchungen, Bezeichnung als Staatsfeind, bei psychischen Schädigungen immer ein schädigungsunabhängiger Vorschaden, etc.).

Sie haben angegeben, dass der Zeuge J. K…… Sie zu dem Untersuchungstermin begleitete.

Meine Frage: War der Zeuge K…….. bei der Anamnese und der sonstigen Besprechung mit Prof. Dr. D……… anwesend?
Kann sich der Zeuge K…….. an den Inhalt des Gesprächs mit Prof. Dr. Demisch erinnern, insbesondere unseren Vortrag bestätigen?

Wenn dies der Fall ist, müsste er zusätzlich als Zeuge benannt werden.
In diesem Fall meine ich, dass dem Gericht mitgeteilt werden sollte, dass mit dem Schriftsatz eine neuerliche Ablehnung erfolgt.

Eine Kopie meines Schriftsatzes vom 16.08.13 füge ich zu Ihrer Information bei.

Im Übrigen hat sich das Aktenzeichen geändert, nachdem der Rechtsstreit an den Ersten Senat verwiesen wurde.

Ich werde weiter Berichten…..

VLG
Elvis 64
 
Spannend, Elvis, bleib dran!

Mich würde natürlich der Beschluss des BSG zur wiederholten Befragung des Gutachters interessieren, ich habe den im Internet nur in der Juris-Datenbank gefunden und darauf hat man als Normalmensch keinen Zugriff leider.

LG
Meli
 
BUNDESSOZIALGERICHT

B 13 R 198/13 B

Beschluss

L 13 R 29/11 ZVW (Bayerisches LSG)

S 4 R 2572/07 SK (SG München)

in dem Rechtsstreit

...

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Pieperstraße 14-28, 44789 Bochum,

Beklagte und Beschwerdegegnerin.

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts hat

am 10. Dezember 2013

durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Steinwedel, den Richter Kaltenstein und die Richterin Dr. Oppermann sowie die ehrenamtliche Richterin Link und den ehrenamtlichen Richter Winnefeld beschlossen:

Die Beschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:

I

1
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit. Ihr Rentenantrag vom April 2006 blieb im Verwaltungs-, Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren erfolglos.

2
Im vom Senat (Beschluss vom 9.12.2010 - B 13 R 170/10 B) zurückverwiesenen Berufungsverfahren hat das LSG die zunächst verfahrensfehlerhaft (vgl. dazu Senatsbeschluss a. a. O. RdNr. 18) unterbliebenen Anhörungen der Sachverständigen Dr. L. und Dr. M. auf die Einwände der Klägerin zu ihren im Jahr 2009 erstellten Gutachten eingeholt. Dr. M. hat zudem eine zusammenfassende Stellungnahme zu den Gesundheitsstörungen der Klägerin auf allen Fachgebieten abgegeben (Dr. L. vom 30.5.2011; Dr. M. vom 25.7.2011). Die nicht rechtskundig vertretene Klägerin hat daraufhin gegen die Beantwortung ihrer an die Sachverständigen gerichteten Fragen erneut Einwände erhoben (Schreiben vom 15.9. und 7.11.2011), zu denen diese wiederum Stellung genommen haben (Dr. L. vom 21.2.2012; Dr. M. vom 29.3.2012). In weiteren Schreiben (vom 4.4. und 4.6.2012) hat die Klägerin vorgetragen, dass ihre Fragen nach wie vor unzureichend beantwortet geblieben seien, und hat die mündliche Anhörung der Sachverständigen verlangt. Mit Schreiben vom 26.9.2012 hat die Klägerin einen an beide Sachverständige gerichteten Fragenkatalog überreicht. In der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2012 hat sie der Sachverständigen Dr. M. einen Fragenkatalog (Fragen 1 bis 19.3 = 22 Fragen) zur Beantwortung vorgelegt. Nachdem die Sachverständige die Fragen 1 bis 9 mündlich beantwortet hatte (s Sitzungsprotokoll, Bl 434 ff LSG-Akte), hat das LSG die mündliche Verhandlung vertagt und Dr. M. die schriftliche Beantwortung der restlichen Fragen (10 bis 19.3) aufgegeben. Die Sachverständige hat diese Fragen mit dem Ergebnis beantwortet, dass sich keine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung im Vergleich zu ihrem Gutachten vom 19.10.2009 ergebe (Stellungnahme vom 15.11.2012). Im Schreiben vom 29.12.2012 hat die Klägerin ausgeführt, dass ihre Fragen (Nr. 1 bis 19.3) jeweils nicht ausreichend beantwortet worden seien und hat fünf weitere an Dr. L. gerichtete Fragen formuliert.

3
In der mündlichen Verhandlung vom 27.2.2013 hat die Klägerin insbesondere an ihrem im Schreiben vom 29.12.2012 formulierten Fragenkatalog festgehalten und die schriftliche oder mündliche Anhörung von Dr. L. und Dr. M. beantragt, hilfsweise hat sie unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 15.9.2011 die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens und eines Gutachtens auf dem Gebiet der interdisziplinären Schmerztherapie beantragt.

4
Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1, 2 SGB VI), auch nicht bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI) habe. Im streitigen Zeitraum bis Oktober 2011 sei die Klägerin noch in der Lage gewesen, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung ihrer qualitativen Gesundheitsstörungen zu verrichten. Dies folge aus den überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. M. und Dr. L. Ihre ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen und die mündliche Anhörung von Dr. M. hätten zu keinem anderen Ergebnis geführt. Dr. M. habe die von der Klägerin vorgebrachten Vorbehalte überzeugend widerlegt. Der in der mündlichen Verhandlung erneut gestellte Antrag, die Sachverständigen zu diversen Fragen zu hören, sei objektiv nicht sachdienlich und daher abzulehnen gewesen. Bei der Klägerin liege weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor; doch selbst, wenn man dies unterstellte, sei die Klägerin in der Lage, Tätigkeiten als Telefonistin oder als Reiseverkehrskauffrau nach einer kurzen Umstellungsphase zu verrichten. Von einer solchen Verwendbarkeit seien Dr. M. und Dr. L. unter Berücksichtigung der in das Verfahren eingeführten berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamts Hessen vom 28.2.2010 ausgegangen. Relevante Einschränkungen in der Wegefähigkeit der Klägerin seien unter Berücksichtigung aller medizinischen Erkenntnisse nicht festzustellen gewesen. Die Klägerin könne auch keine Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) verlangen. Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reiseleiterin sei eine ungelernte Tätigkeit; von dem erlernten Beruf der Reiseverkehrskauffrau habe sich die Klägerin bereits im Jahr 1996 gelöst. Sie genieße daher keinen Berufsschutz. Im Übrigen habe sie die Grenze des Rechtsmissbrauchs überschritten, wenn sie im Schriftsatz vom 29.12.2012 und in der mündlichen Verhandlung die erneute Befragung der Sachverständigen zu von ihr wiederholt aufgeworfenen Fragen beantragt habe. Beide Sachverständige hätten sich umfassend und ausführlich mit den von der Klägerin vorgetragenen Einwänden, Fragen und Vorhalten befasst und diese hinlänglich beantwortet. Zur Einholung eines berufskundlichen oder eines weiteren medizinischen Gutachtens habe nach den umfangreichen Sachverhaltsermittlungen kein Anlass mehr bestanden.

5
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel und eine Divergenz i. S. von § 160 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 SGG. Das LSG habe den "verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es die Anträge der Klägerin auf mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. L. und erneute Anhörung der Sachverständigen Dr. M. bzw. deren ergänzende schriftliche Befragung unter Verstoß gegen § 118 Abs. 1 S 1 SGG i. V. m. § 411 Abs. 3 ZPO übergangen" und die Beweisanträge der Klägerin auf Einholung eines medizinischen und eines berufskundlichen Gutachtens abgelehnt habe. Aus dieser Verfahrensweise ergebe sich eine Abweichung von der Rechtsprechung des BSG bzw. des BVerfG (S 48 der Beschwerdebegründung).

II

6
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig aber unbegründet, soweit sie Verfahrensmängel geltend macht. Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig.

7
1. Soweit die Klägerin eine Verletzung ihres Fragerechts nach § 116 S 2 SGG, § 118 Abs. 1 S 1 SGG i. V. m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO und damit ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs. 1 GG) geltend macht, ist die Gehörsrüge zwar hinreichend bezeichnet. In der Sache trifft sie jedoch nicht zu.

8
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass unabhängig von der nach § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, jedem Beteiligten gemäß § 116 S 2, § 118 Abs. 1 S 1 SGG i. V. m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 ZPO das Recht zusteht, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet (st. Rspr., vgl. BSG SozR 4-1500 § 116 Nr. 1, 2; Senatsbeschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 355/11 B; BVerfG vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW1998, 2273 - Juris RdNr. 11).

9
Sachdienlichkeit i. S. von § 116 S 2 SGG ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Abgelehnt werden kann ein solcher Antrag prozessordnungsgemäß auch dann, wenn er rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird, wenn die an den Sachverständigen zu richtenden Fragen nicht hinreichend genau benannt oder nur beweisunerhebliche Fragen angekündigt werden (vgl. BVerfG vom 29.8.1995 - 2 BvR 175/95 - NJW-RR 1996, 183 - Juris RdNr. 29 m. w. N.). Das auf den og Rechtsgrundlagen beruhende Fragerecht begründet hingegen keinen Anspruch auf stets neue Befragungen, wenn der Beteiligte und der Sachverständige in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen.

10
Der Senat kann offenlassen, ob sich das Verhalten der Klägerin insgesamt als verfahrensverzögernd und damit rechtsmissbräuchlich darstellt. Jedenfalls sind die von der Klägerin dem LSG vorgelegten Fragen, zuletzt im Schreiben vom 29.12.2012, mit denen sie die schriftliche oder mündliche Anhörung der Sachverständigen erreichen wollte, nicht sachdienlich. Denn sie sind entweder bereits eindeutig beantwortet oder beweisunerheblich. Einer weiteren Anhörung der Sachverständigen bedarf es daher nicht.

11
a) Die Fragen 1 bis 19.3 im Fragenkatalog vom 17.10.2012 (wiederholt im Schreiben vom 29.12.2012) hat die Sachverständige Dr. M. im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.10.2012 und zuletzt in ihrer Stellungnahme vom 15.11.2012 eindeutig beantwortet:

12
Zu Frage 1 (psychologische Testverfahren) hat Dr. M. unmissverständlich ausgeführt, dass die angewandten psychologischen Testverfahren in Rentenverfahren nur eine untergeordnete Rolle spielen und hat dargelegt, welche anderen Faktoren sie bei der Bewertung von Leistungseinschränkungen als Folge einer Depression zugrunde gelegt hat.

13
Zu Fragen 2 bis 4 (Tinnitus) hat Dr. M. klargestellt, dass kein dekompensierter Tinnitus vorliegt, der zu maßgeblichen Leistungseinschränkungen führt. Zudem hat das LSG festgestellt, dass der Tinnitus erstmals zu einem Zeitpunkt nachgewiesen wurde, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt waren. Es besteht daher kein Grund, die Sachverständige erneut zu befragen, ob sie an ihrer Einschätzung festhält.

14
Zu Fragen 4 und 5 (psychische Beeinträchtigungen) hat Dr. M. ausführlich begründet, weshalb nach ihrer Einschätzung ein eher geringer Leidensdruck in Bezug auf die psychischen Beschwerden bei der Klägerin besteht. Dass die Klägerin diese Einschätzung nicht teilt, begründet keine Notwendigkeit, die Sachverständige erneut zu befragen, ob sie ihre Einschätzung ändert.

15
Auf Frage 6 hat Dr. M. eindeutig geantwortet, dass sie ihre Beurteilung in Kenntnis des Befundberichts der die Klägerin behandelnden Hausärztin nicht ändert.

16
Gegen die Beantwortung von Frage 7 hat die Klägerin in der Beschwerdebegründung (S 56) keine Einwände mehr erhoben.

17
Frage 8 (berufskundliche Kenntnisse der Sachverständigen) hat Dr. M. eindeutig beantwortet.

18
Fragen 9 bis 12 (Wegefähigkeit) hat Dr. M. sowohl mündlich als auch in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2012 eindeutig beantwortet. Dass die Klägerin die Ergebnisse dieser Einschätzung nicht teilt, begründet keine Notwendigkeit, die Sachverständige erneut anzuhören.

19
Fragen 13 und 14 (Einsatz von Schmerzmitteln und Schonhaltung) sind von Dr. M. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2012 eindeutig beantwortet worden. Es besteht daher kein Anlass nachzufragen, ob die Sachverständige von dieser Einschätzung abrücken möchte.

20
Frage 15 (Asthma bronchiale und kardiovaskuläre Risikofaktoren) hat Dr. M. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2012 eindeutig beantwortet. Hiernach hat sie bei Beurteilung der Leistungseinschränkungen auch das Asthma bronchiale berücksichtigt, soweit den ärztlichen Unterlagen objektive Befunde zugrunde lagen, und im Übrigen auf die Ergebnisse der internistischen Begutachtungen (zuletzt Gutachten des Internisten M. vom 15.11.2007) verwiesen.

21
Zu Frage 16 hat Dr. M. in ihrer Stellungnahme vom 15.11.2012 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Beurteilung zum Leistungsvermögen der Klägerin auch in Kenntnis, dass diese ihre Schriftsätze nicht selbst verfasst oder geschrieben habe, aufrechterhält.

22
Die Notwendigkeit einer erneuten Beantwortung der Fragen 17 bis 19.3 hat die Klägerin in der Beschwerdebegründung (S 64) nicht mehr geltend gemacht.

23
Schließlich hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf eine weitere mündliche Anhörung der Sachverständigen Dr. M. zu den bereits schriftlich beantworteten Fragen. Art 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch darauf, das Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG vom 29.5.2013 - 1 BvR 1522/12 - Juris RdNr. 2; vgl. auch BVerfG vom 17.1.2012 -1 BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346, Juris RdNr. 15 m. w. N.). Es ist nicht erkennbar - und von der Klägerin auch nicht eingewendet -, dass eine mündliche Befragung einen über die Wiederholung schriftlicher Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte (vgl. BVerfG vom 29.5.2013, a. a. O.).

24
b) Soweit die Klägerin die erneute Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. L. zu den Fragen 1 bis 5 im Schreiben vom 29.12.2012 beantragt hat, gilt nichts anderes. Die dort gestellten Fragen 1 bis 4 (zum Beruf der Warenaufmacherin; zur Berücksichtigung von wechselnden Körperpositionen, der Harndrang-Inkontinenz, der Geschicklichkeit der Hände bei Ausübung von Tätigkeiten als Pförtnerin, Mitarbeiterin in einer Poststelle bzw. als Telefonistin) sind nicht beweiserheblich, denn das LSG hat die Klägerin nicht auf solche Tätigkeiten verwiesen (S 29, letzter Abs. der Entscheidungsgründe). Frage 5 (zur somatoformen Schmerzstörung) hat Dr. L. (S 4 der Stellungnahme vom 30.5.2011) eindeutig beantwortet, wonach die Beurteilung der somatoformen Schmerzstörung Gegenstand des Gutachtens von Dr. M. gewesen ist.

25
2. Ausgehend von seiner Rechtsansicht musste sich das LSG auch noch nicht gedrängt sehen (vgl. dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr. 5 S 6), den hilfsweise gestellten Beweisanträgen auf Einholung eines Gutachtens auf dem Gebiet der interdisziplinären Schmerztherapie bzw. eines berufskundlichen Gutachtens nachzugehen. Daher kann dahingestellt bleiben, ob prozessordnungsgemäße Beweisanträge gestellt worden sind (vgl. § 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 402, 403 ZPO).

26
a) Die Frage, ob bei der Klägerin eine somatoforme Schmerzstörung vorliegt und welche Leistungseinschränkungen hieraus resultieren, hat Dr. M. in ihrem Gutachten vom 19.10.2009 und den mehrfachen ergänzenden Stellungnahmen hinlänglich beantwortet (zuletzt in ihrer Stellungnahme vom 15.11.2012, Fragen 13 und 14). Die Notwendigkeit der Einholung eines Zusatzgutachtens auf dem Gebiet der "interdisziplinäre(n) Schmerztherapie" hat die Klägerin nicht ansatzweise substantiiert begründet, auch nicht in dem von ihr in Bezug genommenen Schriftsatz vom 15.9.2011, in dem sie auf die von Dr. M. diagnostizierte Schmerzstörung verwiesen und dort jedenfalls keine Einwände erhoben hat.

27
b) Das LSG musste sich auch nicht gedrängt sehen, ein berufskundliches Gutachten einzuholen zu der Frage, ob sich die Klägerin innerhalb von drei Monaten auf die aktuellen Anforderungen an den Beruf der Reiseverkehrskauffrau ein- bzw. umstellen kann (Schriftsatz vom 15.9.2011). Denn hierauf kommt es nicht entscheidungserheblich an. Das LSG hat festgestellt, dass die Klägerin noch in der Lage gewesen ist, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im streitigen Zeitraum bis Oktober 2011 zu verrichten. Es hat ferner unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin (S 14 ff der Entscheidungsgründe LSG) weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung festgestellt (S 22 Abs. 2, S 23 vorletzter Abs. der Entscheidungsgründe) und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG (vom 10.12.2003 - B 5 RJ 64/02 R - BSG SozR 4-2600 § 44 Nr. 1) ausgeführt, es sei nicht zu befürchten, dass der allgemeine Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen für die Klägerin verschlossen sei. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189 = SozR 4-2600 § 43 Nr. 16, RdNr. 36 ff) besteht in einem solchen Fall kein Erfordernis, der Klägerin eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Nur für den - hier nicht festgestellten - Fall des Vorliegens einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung wäre erheblich, ob die Klägerin noch bestimmte Verweisungstätigkeiten ausüben kann. Da sie sich nach den Feststellungen des LSG auch auf keinen Berufsschutz berufen kann, weil sie sich bereits Mitte der 90iger Jahre von ihrem erlernten Beruf der Reiseverkehrskauffrau gelöst hat, musste es sich auch für die Frage, ob ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) besteht, zu keinen weiteren berufskundlichen Ermittlungen gedrängt sehen.

28
3. Soweit sich die Klägerin auf eine Divergenz beruft, hat sie eine Rechtsprechungsabweichung nicht hinreichend bezeichnet (§ 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG i. V. m. § 160a Abs. 2 S 3 SGG). Insofern ist die Nichtzulassungsbeschwerde bereits unzulässig.

29
Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Dies ist der Fall, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.

30
Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes der Divergenz gehört es, in der Beschwerdebegründung nicht nur eine Entscheidung genau zu bezeichnen, von der die Entscheidung des LSG abgewichen sein soll; es ist auch deutlich zu machen, worin genau die Abweichung zu erachten sein soll. Der Beschwerdeführer muss daher darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die Berufungsentscheidung tragende Abweichung in den rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss mithin einen abstrakten Rechtssatz der vorinstanzlichen Entscheidung und einen abstrakten Rechtssatz aus dem höchstrichterlichen Urteil so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Nicht hingegen reicht es aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich muss aufgezeigt werden, dass das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl. BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr. 34 S 72 f m. w. N.).

31
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat es bereits versäumt, zwei sich einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Berufungsurteil und aus einem Urteil des BSG bzw. des BVerfG gegenüberzustellen. Hierfür genügt es jedenfalls nicht, die Ausführungen aus dem Beschluss des BVerfG vom 3.2.1998 (1 BvR 909/94, NJW 1998, 2273) umfänglich wiederzugeben (S 48 f der Beschwerdebegründung). Ebenso wenig reicht es vorzutragen, dass die angefochtene Entscheidung mit der Rechtsprechung des BSG nicht vereinbar sei, weil das LSG den Antrag der Klägerin auf erneute Befragung der Sachverständigen übergangen habe. Mit diesem Vortrag kleidet die Klägerin die zuvor erhobene Gehörsrüge lediglich in das Gewand einer Divergenzrüge. Auch damit aber kann sie nicht durchdringen.

32
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs. 4 S 2 Halbs. 2 SGG).

33
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
 
BVerfG, Beschluss vom 6. 3. 2013 - 2 BvR 2918/12

Bundesverfassungsgericht
BVerfG, Beschluss vom 6. 3. 2013 - 2 BvR 2918/12 (lexetius.com/2013,2489)
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn S … - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Klaus F. Hessel, Bahnhofstraße 1, 42799 Leichlingen - gegen a) den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 16. November 2012 - 5 T 324/12 -, b) den Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 29. Oktober 2012 - 5 T 324/12 -, c) den Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 24. Juli 2012 - 014 K 156/11 - hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin Lübbe-Wolff, den Richter Landau und die Richterin Kessal-Wulf am 6. März 2013 einstimmig beschlossen:
Die Beschlüsse des Landgerichts Paderborn vom 29. Oktober 2012 und vom 16. November 2012 - 5 T 324/12 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Paderborn zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel der notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8. 000, 00 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
[1] Gründe: I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Erteilung des Zuschlags in einem Zwangsversteigerungsverfahren (Ausgangsverfahren). Mit dem Ziel, diese rückgängig zu machen, greift der Beschwerdeführer - bis zur Verkündung des Zuschlagsbeschlusses am 24. Juli 2012 Eigentümer des versteigerten Grundbesitzes - die im Rubrum näher bezeichneten Gerichtsbeschlüsse an.
[2] II. 1. Im Ausgangsverfahren erstattete auf (Beweis-) Beschluss des Amtsgerichts vom 30. August 2008 die Amtsärztin und Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. (im Folgenden: Sachverständige) unter dem 18. September 2012 ein nervenfachärztliches Gutachten über den Beschwerdeführer. Darin heißt es unter anderem:
[3] Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer suizidgefährdet ist, wie hoch gegebenenfalls der Grad der Gefährdung ist und woraus diese resultiert: "Im Falle einer Zwangsräumung gehe ich bei Herrn S. tatsächlich von einer Suizidgefährdung aus".
[4] Auf die Frage, ob die Gefährdung, falls das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren und der darin ergangene Zuschlagsbeschluss für eine Suizidalität (mit-) ursächlich sind, darauf beruht, dass der Schuldner durch den Zuschlag das Eigentum an dem Hausgrundstück verloren hat und/oder darauf, dass der neue Eigentümer die Räumungsvollstreckung gegen den Schuldner im Versteigerungsobjekt durchführen könnte: "Das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren ist zumindest erheblich mit verursachend für die Suizidalität, ein geringerer Teil liegt in anderen Konflikten und in seiner Persönlichkeit begründet. Eine akute Gefährdung wird erst eintreten, wenn tatsächlich die Zwangsräumung ansteht und wenn alle anderen Möglichkeiten, die Herr S. für sich zumindest theoretisch noch sieht, gescheitert sind. Bis dahin halte ich ihn nicht für suizidgefährdet".
[5] Auf die Fragen, ob einer Suizidgefahr auch durch andere Maßnahmen als die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und die einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens wirksam begegnet werden kann, und - falls einer Suizidgefahr nur auf diese Weise wirksam begegnet werden kann - wie lange ambulante beziehungsweise stationäre Maßnahmen dauern würden, bis eine Abwendung der Suizidgefahr erreicht ist: "Da Herr S. sich noch aktuell in Behandlung befindet, ein Medikamentenwechsel erfolgte und eine gesprächstherapeutische Bearbeitung des Problems zurzeit nicht erfolgt ist, sehe ich hier ärztlicherseits durchaus Handlungsbedarf: Intensivierung der ambulanten Behandlung inklusive der Medikamentenumstellung, gegebenenfalls eine stationäre Therapie, dies sollte vom behandelnden Arzt entschieden werden.
[6] Mit diesen Maßnahmen kann erreicht werden, dass es Herrn S. gelingt, sich mit dem drohenden endgültigen Verlust des Hauses auseinanderzusetzen, und [er] damit nicht mit Suizid reagiert, sondern adäquate Lösungsstrategien entwickelt. Im Moment ist er krankheitsbedingt dazu noch nicht in der Lage. Insofern ist aus ärztlicher Sicht tatsächlich die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die einzige Möglichkeit, um die erforderliche Zeit zu gewinnen. Ich veranschlage einen Zeitraum von maximal 3 Monaten, weil zurzeit noch davon ausgegangen werden kann, dass es Herrn S. mit entsprechender Hilfe gelingt, die aktuelle Krise zu überwinden und sich der Realität zu stellen. Sollte es nach diesem Zeitraum nicht gelungen sein, müssen andere Optionen geprüft werden".
[7] 2. Das Amtsgericht verstand in seinem Beschluss vom 25. September 2012 über die Nichtabhilfe der gegen den Zuschlagsbeschluss gerichteten sofortigen Beschwerde die Ausführungen der Sachverständigen dahingehend, dass eine akute Gefährdung erst dann bestehe, wenn tatsächlich die Zwangsräumung anstehe und alle anderen Möglichkeiten gescheitert seien. Der Eigentumsverlust durch den Zuschlag sei hier nicht maßgeblicher Grund für die Suizidgefahr des Schuldners. Die Frage, ob ihm bei einer eventuellen Zwangsräumung im Rahmen des § 765a ZPO für einen gewissen Zeitraum (zum Beispiel für drei Monate) Räumungsschutz zu gewähren sei, sei für das hiesige Verfahren nicht maßgeblich.
[8] Mit einem an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 brachte der Beschwerdeführer zum Ausdruck, dass er es nicht für richtig halte, das Gutachten der Sachverständigen so zu verstehen, wie es das Amtsgericht getan habe. Die Gefährdung werde nicht erst durch die drohende Zwangsräumung hervorgerufen. Zur Begründung seiner Auffassung nahm er im Wesentlichen auf die Ausführungen der Sachverständigen Bezug, nach welchen das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren für die Suizidalität zumindest erheblich mitverursachend und die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die einzige Möglichkeit sei, um die erforderliche Zeit von maximal drei Monaten zu gewinnen, damit mit einer Therapie, wie sie jetzt stattfinde, erreicht werden könne, dass er nicht mit Suizid auf den endgültigen Verlust des Hauses reagiere, sondern adäquate Lösungsstrategien entwickele. Es gelte, durch die Aufhebung des Zuschlags und die Einstellung des Verfahrens die Suizidalität, also die Suizidgefährdung, die zumindest latent vorhanden sei, zu beseitigen. Akut im Sinne von unmittelbar bevorstehend müsse sie nicht sein. Relevant im Sinne des § 765a ZPO sei vielmehr bereits eine Konstellation, in der eine persönliche Disposition des Schuldners bei Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens den Freitod als eine aus sachverständiger Sicht logische Konsequenz erscheinen lasse und sich damit als möglicherweise nicht einzige, aber als wesentliche Mitursache darstelle. Diese Voraussetzungen seien nach dem vorliegenden Gutachten gegeben. Da die Sachverständige dies so sehe, komme sie zu dem Ergebnis, dass Maßnahmen zur Verminderung oder Verhinderung der Suizidgefahr aus ärztlicher Sicht die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses als einzige Möglichkeit voraussetzten, um die erforderliche Zeit zu gewinnen. Vorsorglich stelle er den Antrag, gemäß § 411 Abs. 3 ZPO das Erscheinen der Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens anzuordnen.
[9] 3. Mit angegriffenem Beschluss vom 29. Oktober 2012 bestätigte das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts und begründete die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gegen die Zuschlagserteilung unter anderem wie folgt: Ein Zuschlagsbeschluss könne im Beschwerdeweg über die in § 100 ZVG aufgeführten Fälle hinaus dann aufgehoben werden, wenn aufgrund des Beschlusses eine konkrete Suizidgefahr beim Schuldner oder einem Angehörigen bestehe. Dies beruhe auf dem grundrechtlich gewährten Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Gehe die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung verbundenen Eigentumsverlust aus, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung, dürfe der Zuschlag nicht versagt werden. Danach sei der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts aufrechtzuerhalten. Die Sachverständige habe ausgeführt, dass von einer akuten Suizidgefährdung erst auszugehen sei, wenn eine Zwangsräumung tatsächlich anstehe und alle anderen Möglichkeiten, die der Schuldner für sich theoretisch noch sehe, gescheitert seien. Bis dahin schätze die Sachverständige den Schuldner nicht als suizidgefährdet ein.
[10] Soweit sachverständigerseits im Rahmen des Gutachtens ausgeführt werde, "aus ärztlicher Sicht" sei "die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die einzige Möglichkeit, um die erforderliche Zeit", die sie mit drei Monaten bemesse, zu gewinnen, handele es sich nicht um eine Äußerung im Rahmen einer Diagnose, sondern um eine rechtliche Schlussfolgerung. Die Diagnose dahingehend, dass aufgrund des Zuschlagsbeschlusses keine Suizidgefahr beim Schuldner bestehe, habe die Sachverständige zuvor unmissverständlich getroffen. Wenn sie aus ärztlicher Sicht einen Zeitraum von drei Monaten "Ruhe vor dem Vollstreckungsverfahren" als notwendig erachte und daher - juristisch - rate, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben, so überschreite dies ihre Kompetenz. Die Entscheidung sei seitens des Gerichts zu treffen.
[11] Auf den mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 gestellten (Hilfs-) Antrag des Beschwerdeführers, zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens das Erscheinen der Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 3 ZPO anzuordnen, ging das Landgericht nicht ein.
[12] 4. Mit Gehörsrüge vom 14. November 2012 beanstandete der Beschwerdeführer das Übergehen dieses (Hilfs-) Antrages. Mit angegriffenem Beschluss vom 16. November 2012 wies das Landgericht die Gehörsrüge zurück. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör sei nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden. Die Sachverständige habe die Diagnose, dass aufgrund des Zuschlagsbeschlusses keine Suizidgefahr bestehe, eindeutig und unmissverständlich getroffen. Eine mündliche Anhörung der Sachverständigen halte die Kammer daher nach wie vor nicht für erforderlich.
[13] III. 1. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und des grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Gerichtsbeschlüsse geltend. Zur Begründung seiner Auffassung bringt er im Wesentlichen vor:
[14] Das Landgericht lege die Äußerungen der Sachverständigen dahingehend aus, dass die Lebensgefahr nicht von dem mit der Zuschlagserteilung einhergehenden Eigentumsverlust ausgehe, sondern nur von der nach dem Zuschlag drohenden Zwangsräumung. Diese Auslegung sei willkürlich. Dies vor allen Dingen deshalb, weil die Sachverständige vorgebe, dass die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die einzige Möglichkeit sei, im Rahmen einer ambulanten Behandlung inklusive der Medikamentenumstellung zu erreichen, dass es ihm gelinge, sich mit dem drohenden endgültigen Verlust des Hauses auseinanderzusetzen, und er nicht mit Suizid reagiere, sondern adäquate Lösungsstrategien entwickele, wozu er zur Zeit krankheitsbedingt nicht in der Lage sei. Dies werte das Landgericht als eine rechtliche Schlussfolgerung, die seitens des Gerichts nicht zu beachten sei, weil die Sachverständige ihre Kompetenz überschreite. Das Landgericht habe jedoch so nicht entscheiden dürfen, sondern hätte unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dem entscheidungserheblichen Punkt weitere Sachaufklärung betreiben müssen, wobei sich angeboten hätte, die Sachverständige zur Erläuterung ihrer Ausführungen anzuhören. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebiete eine ganz besonders gewissenhafte Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO, wenn nach dem Vortrag des Schuldners eine schwerwiegende Gefährdung seines Lebens oder seiner Gesundheit zu besorgen sei. Dem sei das Landgericht nicht nachgekommen.
[15] Darüber hinaus habe er mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 und wiederaufgegriffen im Schriftsatz zur Gehörsrüge den Antrag gestellt, gemäß § 411 Abs. 3 ZPO das Erscheinen der Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens anzuordnen. Damit sei erneut auf die Aufklärungspflicht des Gerichts hingewiesen worden, ohne dass das Gericht ihr nachgekommen sei. Auch die Gehörsrüge sei lediglich mit einer sehr kurzen Entscheidung zurückgewiesen worden.
[16] 2. Die am Verfahren vor dem Landgericht Beteiligten und das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Ministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Der Ersteher des Ausgangsverfahrens hält die angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts für verfassungsgemäß. Die das Zwangsversteigerungsverfahren betreibende Gläubigerin hat sich ihnen in vollem Umfang angeschlossen.
[17] 3. Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen worden.
[18] IV. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen die Beschlüsse des Landgerichts vom 29. Oktober 2012 und 16. November 2012 richtet, und gibt ihr insoweit statt. Die Annahme in diesem Umfang ist zur Durchsetzung des verfassungsmäßigen Rechts des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung durch die Kammer liegen vor (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).
[19] Die Verfassungsbeschwerde ist im Umfang ihrer Annahme zulässig und in einer die Zuständigkeit der Kammer eröffnenden Weise offensichtlich begründet. Die vorgenannten Beschlüsse des Landgerichts verstoßen in entscheidungserheblicher Weise gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
[20] 1. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet, dass sowohl die gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrensrechts als auch das gerichtliche Verfahren im Einzelfall ein Ausmaß an rechtlichem Gehör eröffnen, das dem Erfordernis eines wirkungsvollen Rechtsschutzes auch in Verfahren nach der Zivilprozessordnung gerecht wird und den Beteiligten die Möglichkeit gibt, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (vgl. BVerfGE 60, 305 [310]; 74, 228 [233]; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 1998 - 1 BvR 909/94 -, NJW 1998, S. 2273; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10 -, NJW 2012, S. 1346 [1347, Rn. 11]). Insbesondere haben die Beteiligten einen Anspruch darauf, sich vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Dem entspricht die Verpflichtung der Gerichte, Anträge und Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 60, 1 [5]; 67, 39 [41]).
[21] a) Die nähere Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs ist den Verfahrensordnungen überlassen, die im Umfang ihrer Gewährleistungen auch über das von Verfassungs wegen garantierte Maß hinausgehen können. Nicht jeder Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts ist daher zugleich eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG. Die Schwelle einer solchen Verfassungsverletzung wird vielmehr erst erreicht, wenn die Gerichte bei der Auslegung oder Anwendung des Verfahrensrechts die Bedeutung und Tragweite des grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör verkannt haben (vgl. BVerfGE 60, 305 [310 f.]). Verletzungen einfachrechtlicher Verfahrensvorschriften sind somit im Einzelfall daraufhin zu überprüfen, ob unter Berücksichtigung des Wirkungszusammenhangs aller einschlägigen Normen der betroffenen Verfahrensordnung durch sie das unabdingbare Mindestmaß des verfassungsrechtlich gewährleisteten rechtlichen Gehörs verkürzt worden ist (vgl. BVerfGE 60, 305 [311]).
[22] b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 1998 - 1 BvR 909/94 -, a. a. O.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10 -, a. a. O., Rn. 13).
[23] aa) Nach § 402 in Verbindung mit § 397 ZPO sind die Parteien berechtigt, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten. Der Bundesgerichtshof hat daraus in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Gerichte abgeleitet, dem Antrag einer Partei auf mündliche Befragung gerichtlicher Sachverständiger stattzugeben (vgl. BGHZ 6, 398 [400 f.]; BGH, Urteile vom 21. Oktober 1986 - VI ZR 15/85 -, NJW-RR 1987, S. 339 [340] und vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 -, NJW 1997, S. 802 f.). Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, komme es nicht an. Es gehöre zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, dass die Parteien den Sachverständigen Fragen stellen, ihnen Bedenken vortragen und sie um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten bitten können (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1986, a. a. O.). Ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen könne allerdings dann abgelehnt werden, wenn er verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt wurde (vgl. BGHZ 35, 370 [371]; BGH, Urteile vom 21. Oktober 1986, a. a. O., und vom 17. Dezember 1996, a. a. O.).
[24] bb) Beachtet ein Gericht diese verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht, so liegt darin jedenfalls dann ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es einen Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens völlig übergeht oder ihm allein deshalb nicht nachkommt, weil das Gutachten ihm überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint. Dagegen verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht, einem rechtzeitigen und nicht missbräuchlichen Antrag auf Anhörung der Sachverständigen ausnahmslos Folge zu leisten. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen ist zwar die nächstliegende, aber nicht die einzig mögliche Behandlung eines derartigen Antrags (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 1998, a. a. O., S. 2274; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10 -, a. a. O., Rn. 15; BGH, Urteil vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 234/90 -, NJW 1992, S. 1459 f.).
[25] 2. Einer Prüfung anhand dieser Maßstäbe halten die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts, die in einem Zwangsversteigerungsverfahren ergangen sind, in dem sich die Beweisaufnahme nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung richtet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. November 2011 - 2 BvR 320/11 -, NJW-RR 2012, S. 393 [396, Rn. 57]), nicht stand.
[26] a) Das Landgericht hätte im Beschluss vom 29. Oktober 2012 auf den (Hilfs-) Antrag des Beschwerdeführers eingehen müssen, was es indes nicht tat. Es würdigte vielmehr lediglich das Sachverständigengutachten vom 18. September 2012 unter Berücksichtigung des hierzu vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 gehaltenen Vortrags. Das reicht nicht aus, um das Unterbleiben der mündlichen Anhörung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 1998, a. a. O.).
[27] Nach der Begründung seines Beschlusses vom 16. November 2012 kam das Landgericht dem (Hilfs-) Antrag auf mündliche Anhörung der Sachverständigen allein deshalb nicht nach, weil diese ihre Diagnose, dass aufgrund des Zuschlagsbeschlusses keine Suizidgefahr beim Beschwerdeführer bestehe, "eindeutig und unmissverständlich getroffen" und es daher eine mündliche Anhörung nicht für erforderlich gehalten habe. Damit stützte es sich allein darauf, dass ihm das Gutachten überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erschien. Auch das ist nicht genügend (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10 -, a. a. O., Rn. 17).
[28] b) Die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts beruhen auf dem Rechtsverstoß, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass es dem Beschwerdeführer in einer mündlichen Anhörung gelungen wäre, das Gutachten oder dessen Auslegung durch das Gericht in Frage zu stellen und damit auch die Überzeugung des Landgerichts von dessen Richtigkeit zu erschüttern (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 1998, a. a. O.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 2728/10 -, a. a. O., Rn. 21).
[29] 3. Die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts unterliegen infolgedessen der Aufhebung. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG), ohne dass entschieden zu werden braucht, ob die Beschlüsse den Beschwerdeführer in Grundrechten oder weiteren grundrechtsgleichen Rechten verletzen.
[30] V. Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen den (Zuschlags-) Beschluss des Amtsgerichts vom 24. Juli 2012 gerichtet wird, ist sie nicht zur Entscheidung anzunehmen. Diesbezüglich genügt sie nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
[31] VI. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung im Verfassungsbeschwerdeverfahren beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
[32] Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren beträgt mindestens 4. 000, 00 € und, wenn der Verfassungsbeschwerde durch die Entscheidung einer Kammer stattgegeben wird, in der Regel 8. 000, 00 €. Hier wird der Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts stattgegeben. Weder die objektive Bedeutung der Sache noch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weisen Besonderheiten auf, die zu einer Abweichung Anlass geben.

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Bundessozialgericht - B 2 U 100/12 B - Beschluss vom 24.07.2012

Bundessozialgericht - B 2 U 100/12 B - Beschluss vom 24.07.2012
Nach § 402 ZPO i.V.m. § 397 ZPO sind die Parteien berechtigt, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten. Der BGH hat daraus in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Gerichte abgeleitet, dem Antrag einer Partei auf mündliche Befragung gerichtlicher Sachverständiger nachzukommen. Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, kommt es dabei nicht an. Es gehört vielmehr gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, dass die Parteien den Sachverständigen Fragen stellen, ihnen Bedenken vortragen und sie um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten bitten können. Ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen kann allerdings dann abgelehnt werden, wenn er verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt wurde oder die für erläuterungsbedürftig gehaltenen Punkte nicht benennt. Hat das erstinstanzliche Gericht einem Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen verfahrensfehlerhaft nicht entsprochen, so muss nach der Rechtsprechung des BGH das Berufungsgericht dem in zweiter Instanz wiederholten Antrag stattgeben. Beachtet ein Gericht diese verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht, so liegt darin jedenfalls dann ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es einen Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens völlig übergeht oder ihm allein deshalb nicht nachkommt, weil das Gutachten ihm überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint.

Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung des Vorliegens insbesondere einer BK nach Nummer 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; in Zukunft BK Nr. 1317) - Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische.
Der Kläger arbeitete zuletzt von 1992 bis 2000 bei einer Firma für Holzleimbau als Maschinenführer. Er kam dort mit Härtern, Leim, Lösungsmitteln sowie mit Lärm in Kontakt. 2001 ging bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige eines Nervenarztes ein, in der ausgeführt wird, der Kläger leide an einer Neuropathie, einer schweren Myopathie, einer schweren Ataxie, einer schweren Leistungsminderung und zunehmender chemischer Überempfindlichkeit. Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer BK nach Zifferngruppe 13 der Anlage, insbesondere der Nr. 1317 ab (Bescheid vom 8.11.2001; Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001). Nach Eingang der Klage am 31.12.2001 hat das SG ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. G. vom 10.3.2003 eingeholt sowie ein arbeitsmedizinisches Gutachten von Prof. Dr. D. vom 12.5.2003. Durch Urteil vom 8.9.2004 hat das SG die Klage abgewiesen.
Nach Einlegung der Berufung am 9.11.2004 hat das LSG ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. S. sowie ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Sch. vom 17.9.2007 und nach § 109 SGG ein Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie Dr. K. vom 6.5.2009 eingeholt.
Der Kläger beantragte am 23.2.2010 eine erneute Stellungnahme der Dr. K. und eine gutachterliche Stellungnahme des Diplom-Chemikers Dr. M. , der Impulsgeber für die Neufassung des Merkblatts zur BK Nr. 1317 im Jahr 2005 gewesen sei. Das LSG holte sodann zwei weitere ergänzende Stellungnahmen des Dr. Sch. ein.
In der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2011 wurde der folgende Hilfsantrag des Klägers protokolliert,
"weitere Ermittlungen durchzuführen nach Maßgabe der Schriftsätze vom 04.11.2003; 19.05.2004, 27.12.2006, 15.10.2009, 27.10.2009, 14.04.2010, 19.07.2010, 10.03.2011, 28.04.2011 und 15.11.2011".
Das LSG hat die Berufung durch Urteil vom 30.11.2011 zurückgewiesen. Maßgeblich hat es sich darauf gestützt, dass eine Erkrankung im Sinne einer toxischen Enzephalopathie und/oder einer toxischen Polyneuropathie beim Kläger nicht festzustellen gewesen sei. Eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie hätten weder der vom SG gehörte neurologische Gutachter Prof. Dr. Grobe noch der vom Senat bestellte neurologische Gutachter Dr. Sch. ( ) diagnostiziert. Eine im Schriftsatz des Klägers vom 14.4.2010 beantragte Anhörung der Gutachter Prof. Dr. G. , Prof. Dr. D. , des Diplompsychologen F. , des Dr. Sch. "und der übrigen Verfasser der bisherigen Gutachten" zu ihrer fachlichen Qualifikation, etwa eigenen Änderungen in den bisherigen Gutachten durch das neue Merkblatt BK 1317, Stand 03/05 und den Diagnosekriterien der WHO 1985 und zu den Gutachten Dr. K. vom 6.5.2009 und 22.1.2010 sei, soweit die Gutachten nicht im Berufungsverfahren eingeholt worden seien, schon deshalb nicht erforderlich, weil der Senat seine Entscheidung auf diese Gutachten nicht stütze. Hinsichtlich der Fragestellung des Merkblattes zur BK 1317, der Diagnosekriterien sowie den Feststellungen Dr. K. habe der Senat die weitere ergänzende Stellungnahme des Dr. Sch. vom 30.8.2011 eingeholt. Den unsubstantiierten Zweifeln an der Qualifikation von Gutachtern müsse der Senat nicht nachgehen, da er sie nicht teile und keinen Anhaltspunkt für diese Zweifel sehe.
Der Kläger macht mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG und das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen kann gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG.
Sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil er mit Schriftsatz vom 14.4.2010 die Anhörung der Vorgutachter Prof. Dr. G. und Prof. Dr. D. beantragt habe. Diese hätten ihre Gutachten im Jahre 2003 erstellt. Im Jahr 2005 sei der Inhalt des Merkblatts zur BK Nr. 1317 aber wesentlich geändert worden, so dass beide Gutachten nicht auf der Grundlage des Merkblatts Stand 03/05 und damit nach dem Stand der Wissenschaft erstellt worden seien. Das LSG habe ausdrücklich den gesamten Akteninhalt und damit auch diese Gutachten zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.
Das LSG habe diese Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt, dass das Fragerecht nur hinsichtlich von Gutachten der gleichen Instanz bestehe. Dies sei keine hinreichende Begründung, weil das LSG sich gerade auch auf diese Gutachten gestützt habe. Weiterhin habe das LSG zur Begründung ausgeführt, eine Anhörung der Prof. Dr. G. und Prof. Dr. D. sei nicht erforderlich gewesen, weil ein weiteres Gutachten des Dr. Sch. eingeholt worden sei. Dr. Sch. habe aber nur eine Begutachtung zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen können, was die Aussagen der beiden Gutachter zu dem Gesundheitszustand zu einem früheren Zeitpunkt nicht habe ersetzen können. Er verweise ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BVerfG (Hinweis auf BVerfG vom 9.10.2007 - 2 BvR 1268/03).
Weiterhin sei am 14.4.2010 die Anhörung der Prof. Dr. G. , Prof. Dr. D. , des Dipl-Psych. F. und des Dr. Sch. zu den entgegenstehenden Feststellungen in dem späteren Gutachten der Frau Dr. K. beantragt worden. Frau Dr. K. habe in ihrem Gutachten auf der Grundlage des Merkblatts Stand 03/05 zur BK Nr. 1317 ausgeführt, dass eine entsprechende Erkrankung des Klägers vorliege. Sie habe insbesondere hervorgehoben, dass auch die Folgen des Unfalls des Klägers vom 2.9.1990 in die Begutachtung einbezogen werden müssten. Der Kläger habe ein HWS-Schleudertrauma mit neurologischen Ausfallerscheinungen erlitten. Diese vorbestehenden Ausfallerscheinungen überlagerten die Auswirkungen der Sensibilitätsstörungen aufgrund der toxischen Exposition, so dass nur aus diesem Grund keine teilweise distal symmetrischen Beschwerden vorlägen. Zu diesem schlüssigen Grund für die fehlende Asymmetrie und zu der Feststellung, dass aufgrund der zusätzlichen Ursache dennoch die Diagnosekriterien für eine toxische Enzephalopathie erfüllt worden seien, hätten die übrigen Gutachter Stellung nehmen sollen. Insbesondere Dr. Sch. habe es unterlassen, sich mit den Auswirkungen des Verkehrsunfalls aus dem Jahre 1990 auseinanderzusetzen. Er - der Kläger - habe am 15.11.2011 beantragt, den Gutachter Dr. Sch. insbesondere zu der Frage zu hören, was dieser unter einer guten klinischen Praxis verstehe und warum er die toxische Polyneuropathie und Enzephalopathie nicht nach den Diagnosekriterien des Merkblatts 03/05 zur BK 1317 auf der Grundlage der Stellungnahme des Sachverständigenrats und der WHO zu diesen Kriterien prüfe. Diese Fragen seien in sämtlichen Stellungnahmen des Dr. Sch. offen geblieben.
Von grundsätzlicher Bedeutung sei schließlich die Frage, ob ein zwischenzeitlich ergehendes neues Merkblatt, wie hier das 2005 erlassene Merkblatt mit Kriterien zur Diagnose der BK Nr. 1317 zwingend in einem sozialgerichtlichen Verfahren zugrunde zu legen sei. Insbesondere Dr. Schupp habe eine eigene Methodik und Diagnosekriterien entwickelt und es sei nicht auszuschließen, dass die Gutachter und das LSG zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie die Diagnosekriterien in dem Merkblatt 03/05 zugrunde gelegt hätten.

II
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des LSG ist unter Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 402, 397 ZPO i.V.m. § 118 Abs. 1 SGG ergangen. Das LSG hätte den im Termin nochmals protokollierten Anträgen des Klägers vom 14.4.2010 und 15.11.2011 nachkommen und weitere Fragen an die Sachverständigen zulassen bzw. stellen müssen.
Die Beschwerdebegründung genügt den Anforderungen des § 160a Abs. 2 Satz 3 SGG. Sie bezeichnet die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel ergibt. Der Kläger hat hinreichend deutlich gemacht, wieso aus seiner Sicht eine (weitere) Befragung der Sachverständigen Prof. Dr. G. , Prof. Dr. D. , des Dipl-Psych. F. und des Dr. Sch. erforderlich gewesen wäre. Die Beschwerde macht auch hinreichend deutlich, dass das Urteil des LSG auf dieser unterlassenen Anhörung der Sachverständigen beruhen kann.
Der Senat beruft sich dabei ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BVerfG, das zuletzt am 17.1.2012 (1 BvR 2728/10) wieder betont und bindend entschieden hat, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger umfasst (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273). Nach § 402 ZPO i.V.m. § 397 ZPO sind die Parteien berechtigt, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten. Der BGH hat daraus in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Gerichte abgeleitet, dem Antrag einer Partei auf mündliche Befragung gerichtlicher Sachverständiger nachzukommen (vgl. BGHZ 6, 398 (400 f); BGH, Urteil vom 21.10.1986 - VI ZR 15/85 - NJW-RR 1987, 339 (340); BGH, Urteil vom 17.12.1996 - VI ZR 50/96 - NJW 1997, 802 (802 f)). Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, kommt es dabei nicht an. Es gehört vielmehr gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs, dass die Parteien den Sachverständigen Fragen stellen, ihnen Bedenken vortragen und sie um eine nähere Erläuterung von Zweifelspunkten bitten können (BGH, Urteil vom 21.10.1986, a.a.O.). Ein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen kann allerdings dann abgelehnt werden, wenn er verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt wurde oder die für erläuterungsbedürftig gehaltenen Punkte nicht benennt (BGHZ 35, 370 (371); BGH, Urteile vom 21.10.1986, a.a.O., und vom 17.12.1996, a.a.O.; vgl. hierzu zuletzt Beschluss des Senats vom 18.7.2012 - B 2 U 105/12 B). Hat das erstinstanzliche Gericht einem Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen verfahrensfehlerhaft nicht entsprochen, so muss nach der Rechtsprechung des BGH das Berufungsgericht dem in zweiter Instanz wiederholten Antrag stattgeben (BGH, Beschlüsse vom 10.5.2005 - VI ZR 245/04 - Juris und vom 14.7.2009 - VIII ZR 295/08 - NJW-RR 2009, 1361 (1362)).
Beachtet ein Gericht diese verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht, so liegt darin jedenfalls dann ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es einen Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens völlig übergeht oder ihm allein deshalb nicht nachkommt, weil das Gutachten ihm überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint. Dagegen verlangt Art 103 Abs. 1 GG nicht, einem rechtzeitigen und nicht missbräuchlichen Antrag auf Anhörung der Sachverständigen ausnahmslos Folge zu leisten. Die mündliche Anhörung des Sachverständigen ist zwar die nächstliegende, aber nicht die einzig mögliche Behandlung eines derartigen Antrags (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3.2.1998, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil vom 10.12.1991 - VI ZR 234/90 - NJW 1992, 1459 f). Dazu bieten sich nach der genannten Rechtsprechung des BVerfG, die insoweit auf die in der Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 10.12.1991 (dort RdNr. 26) abschließend aufgezählten Ausnahmen verweist, weitere Möglichkeiten an (BGH, Urteile vom 14.4.1981 - VI ZR 264/79 - VersR 1981, 576; Urteil vom 6.3.1986 - III ZR 245/84 - NJW 1986, 1928, 1930; BGH, Urteil vom 10.12.1991 - VI ZR 234/90 - NJW 1992, 1459; vgl. zuletzt BSG, Beschluss vom 19.7.2012 - B 2 U 105/12 B). Das Gericht kann den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen oder ihn, wenn dies zweckmäßiger erscheint, zur mündlichen Verhandlung laden und befragen. Es kann statt dessen nach § 412 ZPO aber auch ein weiteres Gutachten einholen. Nur insoweit besteht ein (Auswahl-)Ermessen des Gerichts.
Das LSG hätte unter Anwendung dieser Grundsätze den Anträgen des Beschwerdeführers vom 14.4.2010 und 15.11.2011 auf Anhörung bzw. Befragung der Sachverständigen Prof. Dr. G. und Dr. Sch. nachgehen müssen. Die Beschwerde trägt hierzu schlüssig und auch inhaltlich richtig vor, dass beide Sachverständige bei ihrer Begutachtung das neue, 2005 geänderte Merkblatt zur BK Nr. 1317 (Bekanntmachung des BMGS, BArBl 2005, Heft 3, S 49 ff) bei ihrer Begutachtung nicht zugrunde gelegt hatten. Zugleich hat das LSG seine Entscheidung aber gerade darauf gestützt, dass nach diesen beiden Gutachten das Krankheitsbild der Enzephalopathie nicht vorliege. Insofern ist auch unbeachtlich, dass Prof. Dr. G. sein Gutachten bereits im Verfahren vor dem SG erstellt hat, weil das LSG sich tragend auch gerade auf den Inhalt dieses Gutachtens berufen hat. Der Antrag des Klägers war daher nachvollziebar und keinesfalls missbräuchlich. Ebenso hätten die genannten Sachverständigen zu den abweichenden Bewertungen der Gutachterin Dr. K. - insbesondere zu der behaupteten Überlagerung des Krankheitsbildes des Klägers mit den Folgen des Unfalls aus dem Jahre 1990 - auf eine der drei oben aufgezeigten Weisen gehört werden müssen.
Liegen damit die Voraussetzungen eines Verfahrensmangels gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor, kann das BSG auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensmangels aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen (§ 160a Abs. 5 SGG). Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es hingegen nicht von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Gutachter und das LSG die Neufassung des Merkblatts 3/2005 zur BK Nr. 1317 zugrunde zu legen gehabt hätten. Diese Rechtsfrage ist höchstrichterlich geklärt. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass im Bereich der BK en von den Tatsachengerichten jeweils der im Entscheidungszeitpunkt aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zugrunde zu legen ist (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 RdNr. 20; vgl. auch BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, RdNr. 20; Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, m.w.N.). Jedes Gericht, das die für die Anerkennung als BK erforderlichen Einwirkungen zu präzisieren hat, muss sich Klarheit darüber verschaffen, welches in der streitigen Frage der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist (BSG vom 15.9.2011, a.a.O.). Von daher folgt aus der genannten Rechtsprechung zwanglos, dass vom Tatsachengericht auch jeweils der im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung aktuellste Stand der Merkblätter etc bei der Prüfung der objektiven Verursachung zu berücksichtigen ist.
Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
 
Hallo Meli,
bin noch am überlegen, ob ich einen ( erneuten ) Befangenheitsantrag wie vom Gericht vorgeschlagen , gegen den SV Gutachter stellen werde.
Wahrscheinlich nur taktik des Gerichts und dann wird dieser eh wieder abgelehnt.Daher denke ich , dass es vielleicht besser wäre keinen weiteren Befangeheitsantrag zu stellen.


Das Fragerecht an den Gutachter wurde ja schon beantragt, und ein Fragekatalog an den SV Gutachter liegt schon seit 2 Jahren dem Gericht vor.Bei der eventuellen mündlichen Verhandlung muss der SV Gutachter den ganzen Fragekatalog Beantworten sehe ich das richtig?

Vielleicht hast du ja noch ein paar Tips, wie ich am besten weiterhin vorgehen kann.

Vielen lieben Dank.

vlg
Elvis 64
 
Ich würde an deiner Stelle auch erst mal die Befragung vor Gericht abwarten, danach, wenn der nur Mist geantwortet hätte, könntest du ihn vielleicht noch immer ablehnen wegen Befangenheit?

Leider hab ich sonst keine weiteren Tipps, bei mir ist noch nicht so viel passiert... die haben viel Zeit...:-(

Aber ich drücke dir sehr die Daumen und bedanke mich für deine tolle Arbeit hier!

Alles Gute!
Meli
 
Berufschadensausgleich

Hallo Ihr Lieben.
Auch bei mir ist eine Menge passiert. Ich war ja letztes Jahr bei einem Gutachter von der Forensischen Psychiatrie. Und der hat ja gaaaaaaaaanz viel geschrieben. Dann hat das Sozialgericht die Akten der DRV Bund angefordert. Die DRV Bund schreibt. Bereits mehrere Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben stand hinsichtlich Einschränkungen/Problemen der beruflichen Leistungsfähigkeit/bei der beruflichen Tätigkeit eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit histrionischen und emotional instabilen Zügen im Vordergrund. . Auch gingen 2 weitere Gutachtern auch von paranoiden Anteilen mit sozialen Kontaktstörungen aus. Auch mein Neurologe stellte 2005 die Verdachtsdiagnose einer Borderline-Schizophrenie, differenzialdiagnostisch. etc.
Die kombinierte Persönlichkeitsstörung mit im Verlauf auch paranoiden Anteilen und möglicher schizophrener Symptomenentwicklung ist nach Einschätzung der gehörten Gutachter schädigungsabhängig.
Die neu vorgelegten Akten der DRV Bund ergeben insoweit keine neuen Gesichtspunkte.
Ein aufgehobenes berufliches Leistungsvermögen wurde überwiegend durch die kombinierte Persönlichkeitsstörung begründet. Die anerkannten Schädigungsfolgen sind nicht als wesentliche Ursache für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben anzusehen.

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