Heute mal eine kleine Geschichte von der Liebe und der Angst...
An einem Sonntag im November traf sich die Liebe mit ihrer guten, alten Freundin, der Angst. Sie umarmten sich herzlich und setzten sich an den Tisch zu Tee und Keksen.
„Wie geht es dir zur Zeit?“, fragte die Angst. „Nicht so gut“, erwiderte die Liebe seufzend. „Die Menschen beachten mich immer weniger. Sie wollten mich beherzigen, das haben sie doch immer wieder gesagt. Ich verstehe einfach nicht, warum sich das in letzter Zeit geändert hat.“ Ein wenig traurig blickte sie aus dem Fenster in das trübe Novemberwetter. Die Angst hatte viel Mitgefühl mit ihr. „Ich verstehe dich, meine Liebe“, sagte sie und überlegte, wie sie ihre Freundin aufmuntern konnte, während sie beiden Tee nachschenkte. „Wirklich?“, fragte da die Liebe und schaute die Angst prüfend an. „Dir laufen die Menschen doch in Scharen hinterher!“ Es schwang kein Vorwurf in ihrer Stimme. „Ja stimmt, es ist mir selbst manchmal etwas unheimlich, wie viele mir folgen…“, erwiderte die Angst. Da unterbrach die Liebe sie plötzlich mit blitzenden Augen: „Wie machst du das eigentlich? Vielleicht kann ich da etwas von deinem Marketing lernen, damit sie mich wieder mehr bemerken. Schließlich sind die Medien voll von dir!“ Die Liebe war ganz aufgeregt, zückte Block und Bleistift und wartete gespannt auf Tipps von ihrer Freundin.
„Ja, ahem…“ räusperte sich da die Angst unsicher, kratzte sich am Kopf, dann am Kinn und schwieg. „Willst du es mir nicht verraten?“, fragte die Liebe etwas verwundert über ihre langjährige Freundin. „Doch schon“, antwortete die Angst zögernd, „aber ich muss dir davor etwas gestehen“. Der Blick der Liebe wurde weich. „Was auch immer es ist, du weißt, du kannst mir alles erzählen und wirst für immer meine Freundin bleiben.“ „Gut, ich sage es dir. Aber versprich mir, dass du nicht sauer sein wirst!“ „Natürlich nicht!“, lachte die Liebe. Nie würde sie sauer sein können, was für ein lustiger Gedanke, sie war doch die Liebe!
„Also, ich habe jemandem aus deinem Team abgeworben, ohne, dass du es merkst“, begann die Angst. „OH!“, entfuhr es der Liebe, „und wen?“ „Die Sicherheit“, flüsterte die Angst. „Die Sicherheit arbeitet für dich?“, flüsterte die Liebe ungläubig zurück. „Wie lange schon?“ „Seit März 2020“, sagte die Angst und senkte niedergeschlagen den Blick. „Aber warum?“, fragte die Liebe. „Ich weiß nicht genau“, antwortete die Angst ehrlich. Sie war froh, endlich darüber reden zu können. „Du und das Vertrauen, ihr wart plötzlich so stark und so präsent. Ich hatte das Gefühl, die Leute würden mich vergessen. Und da habe ich die Sicherheit gefragt, ob wir nicht auch so ein Team werden könnten, wie ihr.“ „Und sie hat einfach ja gesagt?“, fragte die Liebe erstaunt. „Nein“, räumte die Angst ein, „sie sagte, ihr Platz wäre bei dir, aber sie wollte mir trotzdem für eine Weile helfen, damit ich wieder auf die Beine komme. Sie findet, dass ich auch wichtig bin und einen Platz bei den Menschen haben sollte.“ „Aber natürlich bist du das! Wieso hast du nicht mit mir darüber gesprochen?“, wollte die Liebe wissen. Sie war nun ihrerseits voller Mitgefühl für die Angst. „Nur, weil ich in den Herzen der Menschen bin, heißt das doch nicht, dass für dich kein Platz mehr bei ihnen ist. Weißt du was? Soweit ich informiert bin, ist in ihrem Bauch neben dem Mut noch etwas frei. Da wärst du Ihnen auch ganz nah und wir könnten zusammenarbeiten. Ich nehme dich in mein Team auf und du zeigst mir, wie das mit dem Marketing geht. Ich wäre auch so gerne mal im Fernsehen, nicht nur in den Filmen, auch in den Nachrichten und in Talkshows und so!“ Die Liebe klatschte vor Begeisterung in die Hände. Die Angst atmete erleichtert auf. „Oh ja, so machen wir das!“ Sie war ihrer Freundin so dankbar, aber was hatte sie auch erwartet? Es war schließlich die Liebe, sie hatte immer die besten Ideen und konnte einem nicht böse sein. Die beiden umarmten sich wieder. „Aber erst ab Januar im neuen Jahr“, sagte die Angst plötzlich, „ich muss da erst noch etwas organisieren…“. „Nichts da, keine krummen Dinger mehr“, lächelte die Liebe, „ich habe am 24. Dezember Geburtstag, da werden wir das der Welt verkünden.“ „In Ordnung“, stimmte die Angst zu. Sie fühlte sich gut. Endlich durfte sie ehrlich sein und den Menschen aufrichtig helfen. Während sie sich noch einen Keks nahmen, bohrte draußen die Sonne einen Spalt in die graue Wolkendecke und strahlte ihnen beiden ins Gesicht.
(Text: Sonia Gembus)
Schöne Pfingsten gewünscht,
LG Tina