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"BSG-Krankengeld-Falle" - endlich die Sensation !

Krankengeld - BSG-Termine am 11.05.2017

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Bisheriger Eindruck:

  1. Die Rechtsprechung des 1. BSG-Senates zur "strikten" Anwendung der "BSG-Krankengeld-Falle“ und zu "restriktiven Ausnahmen" steht auf dem Prüfstand des 3. BSG-Senates.
  2. Das BSG hat in der Vergangenheit über vergleichbare Sachverhalte abschließend zum Nachteil der Versicherten entschieden; alle relevanten Argumente liegen auf dem Tisch.
  3. Der 3. Senat ist nicht an die Rechtsprechung des 1. Senats gebunden. Dem § 41 SGG (Großer Senat) dürfte – auch hinsichtlich der grundsätzlichen Bedeutung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Abs. 4) – keine Bedeutung beikommen: https://dejure.org/gesetze/SGG/41.html
  4. Es ist bereits erkennbar, dass die anstehenden Entscheidungen nicht - mehr - völlig unabhängig vom Gesetzes-Wortlaut getroffen werden sollen.
  5. Die Ergebnisse dürfen mit Spannung erwartet werden: insgesamt können die Versicherten nur gewinnen, die Krankenkassen nur verlieren - unabhängig von den zur Entscheidung anstehenden „Einzelfällen“.
 
"BSG-Krankengeld-Fallen-Richter" vs. Robo-Richter

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Streitgespräch am Mittwoch zwischen zwei Expertinnen:

Die eine baut Roboter, um sie in den USA zum Spaß in Arenen gegeneinander antreten zu lassen.

Die andere kämpft dafür, dass auch Blechbüchsen Grundrechte erhalten, dass Menschen keine Roboter
quälen dürfen.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/d...-publica-ist-erwachsen-geworden/19762552.html


Da ist der Robo-Richter nicht weit! Und bald darauf werden die Krankenkassen mit der abgespeckten Version ausgestattet sein. Ähnlich einfach und gedankenlos zu bedienen, wie die "mechanische BSG-Krankengeld-Falle".

Hier zwei Testfälle (BSG, 11.05.2017):

Eine Frau, die seit 23.11. langfristig arbeitsunfähig krank ist und deswegen zum 31.12. gekündigt wurde, aber nur vom 01.01. bis 03.01. Krankengeld erhielt, weil die AU bis 03.01. bescheinigt war und die Folge-Bescheinigung erst am 04.01. ausgestellt wurde, obwohl sie ihren Arzt am 03.01. aufsuchte und auf die weitere Krankmeldung ansprach, dieser aber erklärte, es reiche aus, dass sie am nächsten Tag weiter krankgeschrieben werde.

und

Eine Frau, bei der ab 21.03. AU bestand und die deswegen ab 02.05. Krankengeld erhielt, der AU bis einschließlich Sonntag, den 10.06. bescheinigt wurde und eine Folgebescheinigung erst am Montag, den 11.06. ausgestellt wurde, weswegen die Krankenkasse meint, dass ab 11.06. kein Anspruch auf Krankengeld besteht, obwohl die Versicherte bereits am Freitag, dem 08.06. beim Arzt war und es an diesem Tag ärztlicherseits "leider ... verpasst" wurde, eine AU-Bescheinigung auszustellen.

1) und 2):
http://juris.bundessozialgericht.de...ent.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2017&nr=14580

Rechtlich ist das nicht das geringste Problem. Das schafft jede Wetter-App!

Nur: wie geht Kollege Robo damit um, dass die letzten Entscheidungen – von fünf Männern – zu solchen Sachverhalten trotzdem völlig falsch waren und jede rechtliche Begründung vermissen ließen:

jeweils 6) und 7):
http://juris.bundessozialgericht.de....py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014-12&nr=13669
http://juris.bundessozialgericht.de....py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014-12&nr=13685

Die entscheidende Frage ist: Wird Kollege Robo mehr Empathie aufbringen?
Vorläufige Antwort: Wahrscheinlich!

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die „illegale BSG-Krankengeld-Falle“ wird zerlegt!

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BSG-Pressemitteilung vom 11. Mai 2017:

Krankengeldanspruch eines Versicherten auch bei irrtümlichem
Nichterstellen einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung durch einen
Vertragsarzt aus nichtmedizinischen Gründen

Eine Krankenkasse darf Versicherten, die in den Jahren 2012/2013 zur
Feststellung ihrer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit (AU) zeitgerecht
persönlich einen Vertragsarzt aufsuchten, Krankengeldzahlungen nicht
verweigern, wenn der Arzt die Ausstellung einer AU-Bescheinigung irr-
tümlich aus nichtmedizinischen Gründen unterlässt. Das hat der 3. Senat
des Bundessozialgerichts am 11. Mai 2017 zugunsten der Klägerin in ein-
nem Revisionsverfahren entschieden: In dem Verfahren (Az. B 3 KR 22/
15 R) meinte ein Hausarzt, der Klägerin brauche am letzten Tag der bis-
her bescheinigten AU-Dauer nicht erneut AU (wegen einer vorliegenden
depressiven Episode) attestiert zu werden, weil dies bei einem am Folge-
tag vereinbarten Termin durch eine Fachärztin ohnehin erfolgen werde
(was auch geschah).

In einem weiteren Verfahren (Az. B 3 KR 12/16 R) hatte der Arzt angegeben,
es sei "leider ... verpasst" worden, eine AU-Bescheinigung (wegen Zustands
nach Mamma-Carcinom und Chemotherapie) auszustellen und bejahte nach-
träglich durchgehende AU. In diesem Fall hat die beklagte Krankenkasse
den Klageanspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aner-
kannt.

Die Weitergewährung von Krankengeld hängt nach den gesetzlichen Vor-
schriften (in der bis 22. Juli 2015 geltenden Fassung) davon ab, dass am
letzten Tag der bestehenden AU für die Folgezeit erneut AU ärztlich fest-
gestellt wird. Schon bisher war aber ausnahmsweise Krankengeld zu zahlen,
wenn der Arzt die AU-Folgebescheinigung aufgrund einer medizinischen Fehl-
beurteilung nicht erstellte, der Versicherte aber selbst insoweit alles in seiner
Macht Stehende getan hatte. Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat
nun entschieden, dass eine Krankenkasse ausnahmsweise Krankengeld
auch gewähren muss, wenn die Fehleinschätzung des Arztes über die Not-
wendigkeit einer AU-Bescheinigung auf nichtmedizinischen Gründen be-
ruht. Dies gilt aber nur unter engen Voraussetzungen. Der Versicherte darf
auch insoweit nicht auf - ungewisse - Regressansprüche gegen den Arzt
verwiesen werden. Aufgrund der AU-Richtlinien des Gemeinsamen Bundes-
ausschusses (GBA), die - anders als das Gesetz - eine rückwirkende AU-
Attestierung erlauben, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass
ein Vertragsarzt weiß, dass ein solches Attest aber zum Verlust langzeitiger
Krankengeld-Ansprüche des Versicherten führt. Die Krankenkassen wirken
durch Vertreter an den Beschlüssen im GBA mit. Deshalb erscheint es treu-
widrig, wenn sich die Krankenkassen bei dieser Sachlage trotz ihrer Mit-
verantwortung für die Richtlinien von ihrer Leistungspflicht befreien
könnten.
http://www.bsg.bund.de/SharedDocs/P...tteilungen/2017/Pressemitteilung_2017_21.html
.
 
BSG-Krankengeld-Falle - das Ende der Ignoranz?

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„Treuwidrige“ Krankenkassen – aber auch Sozialgerichte

Hier die beste Passage aus der BSG-Pressemitteilung:

Der Versicherte darf auch insoweit nicht auf - ungewisse - Regressansprüche ge-
gen den Arzt verwiesen werden. Aufgrund der AU-Richtlinien des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA), die - anders als das Gesetz - eine rückwirkende AU-
Attestierung erlauben, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass ein
Vertragsarzt weiß, dass ein solches Attest aber zum Verlust langzeitiger Kran-
kengeld-Ansprüche des Versicherten führt. Die Krankenkassen wirken durch
Vertreter an den Beschlüssen im GBA mit. Deshalb erscheint es treuwidrig,
wenn sich die Krankenkassen bei dieser Sachlage trotz ihrer Mitverant-
wortung für die Richtlinien von ihrer Leistungspflicht befreien könnten
.

Ganz neu ist diese Erkenntnis nicht - nur halt vom 1. BSG-Senat bei seinen "letzten" Entscheidungen am 16.12.2014 ignoriert worden:

Schöne Grüße von Keller, Krankengeld-Richter im LSG RP:

"Die rechtzeitige ärztliche Feststellung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für weiteres Krankengeld"
s. KrV Kranken- und Pflegeversicherung Rechtspraxis im Gesundheitswesen, Ausgabe 4/2013

und von Herrn Knispel, damals Vorsitzender Krankengeld-Richter im LSG NRW

"Zur ärztlichen Feststellung des Fortbestehens von Arbeitsunfähigkeit bei abschnittsweiser Krankengeldgewährung"
s NZS 2014 Heft 15, 561 - 569.
 
"BSG-Krankengeld-Falle" - die unendliche Geschichte

.

vermutlich werden diese Formulierungen auch
in nächster Zeit für weitere Diskussion sorgen:





Und wenn das schriftliche Urteil vorliegt, geht
Circus in die nächste Runde ...
 
"BSG-Krankegeld-Falle" - zum Rechtsprechungswechsel

.
Der 3. BSG-Senat hat – nach 2 ½-jähriger Zuständigkeit – gleich bei erster Gelegenheit bewiesen,
dass er eine eigene, andere Meinung hat, indem er die restriktiven Ausnahmefälle erweiterte und die
sog. „Recht“sprechung des 1. BSG-Senats „aufgab“ (bzw. als Unsinn verwarf). Das Ergebnis stimmt!

Die Begründung kennen wir noch nicht genau. Spannend wird, ob die Aufhebung des LSG-Urteils
aus Rheinland-Pfalz mit Argumenten aus Rheinland-Pfalz, z. B. der dort (im Gegensatz zu Koblenz)
standhaften Sozialgerichte Speyer und Mainz begründet wird – oder ob diese weiterhin ignoriert
werden.

Nach dem Rechtsprechungs-Wechsel bräuchten die nachgeordneten Gerichte jedenfalls schnell
klare Ansagen, denn das nun vorgelegte Schema ist ebenso ausbaufähig wie das frühere:



Dabei ist es der gesamten Sozialgerichtsbarkeit bereits in den letzten 12 Jahren nicht gelungen, die
Formulierung

„durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert
(zB durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und
des MDK)“
auf Fehlentscheidungen im Zusammenhang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu
übertragen. Der Alt-Fall, in dem der Arzt Arbeitsunfähigkeit nur bis Freitag bescheinigte, obwohl ihm
klar war, dass diese weiterhin besteht und er meinte, es reiche, wenn er die Folgebescheinigung
beim Termin am Montag ausstelle, hätte sich ohne weiteres und zwangläufig eingepasst. Doch
offenbar fehlte das „grüne Licht“ bzw. der „Papageien-Vorsprecher“.

Ähnlich ignorant und „BSG-gläubig“ waren die Gerichte auch gegenüber Irritationen aus § 6 Abs. 2
AU-RL a.F., obwohl sie von Wolfgang Keller, Krankengeld-Richter im LSG RP, und von Ulrich Knispel,
damals Vorsitzender Krankengeld-Richter im LSG NRW, ausreichend Denkanstöße hatten.

Also wird es mit Blick auf das vom BSG genannte Ziel, dem „Schutz des Versicherten in der
sozialen Krankenversicherung gerecht zu werden (vgl § 2 Abs 2 SGB I: möglichst weitgehende Verwirk-
lichung der sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften des SGB)“ sehr auf die Urteilsbegründung
ankommen – auf jedes einzelne Wort! Auch darauf, dass es unverhältnismäßig wäre, einem Pflicht-
versicherten, der alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, den ggf bis zu 78 Kalen-
derwochen währenden Krg-Anspruch zu versagen, nur weil er die Folge-AUB bei eindeutig
fortbestehender AU nicht rechtzeitig geholt
(„verbummelt“) hat, obwohl in solchen Fällen
nur das Ruhen des Anspruchs angemessen wäre.

Eine Rechtsauslegung mit dem gegenteiligen Ergebnis wäre jedenfalls erklärungsbedürftig.
 
Was folgt daraus?

.

Einstweilen stellen sich (vielleicht nun auch der bisher so ignoranten Fachwelt) vom BSG noch
nicht ausreichend klar beantwortete Fragen

- WAS GILT NUN?

- WELCHE KONSEQUENZEN ERGEBEN SICH DARAUS?


Eines ist schon glasklar: Der Entscheidung des BSG kommt grundsätzliche Bedeutung bei – nicht
nur für Alt-Fälle der BSG-Krankengeld-Falle bis 22.07.2015, sondern auch für Neu-Fälle der
gesetzlichen Krankengeld-Falle
ab 23.07.2015.

Auf dieser Basis hat die AOK - Die Gesundheitskasse für Niedersachsen im zweiten BSG-Termin vom
11.05.2017 den eingeklagten Anspruch auf Krankengeld in einem Alt-Fall anerkannt.

Ähnliche Folgen sind auch bei den Krankenkassen im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren so-
wie bei den Sozial- und Landessozialgerichten im Klage- oder Berufungsverfahren anhängigen (auch
ruhenden) Sachen zu erwarten, zumindest geltend zu machen.

Sogar zum Nachteil der Versicherten bestandskräftig bzw. unanfechtbar abgeschlossene Fälle kön-
nen von den Krankenkassen über § 44 SGB X https://dejure.org/gesetze/SGB_X/44.html überprüft und
ggf. korrigiert werden: Kontakt aufnehmen, Antrag stellen!

Erfolge sollten z. B. Versicherte verbuchen können, die durch eine Fehlentscheidung im Zusammen-
hang mit der (bisherigen) AU-Bescheinigung und der Vergabe des nächsten Arzt-Termins die Folge-
AUB zu spät erhielten.

Für die nähere Betrachtung eignen sich beispielsweise die aktuellen Fälle von „Roland119“ mit der


BKK MOBIL OIL . . .

von „Lisa Simpson“ mit der BARMER GEK:
http://www.sozial-krankenkassen-ges...4618-Krankengeldfalle/?postID=22865#post22865

sowie von „Gee Cee“ mit der BARMER
http://www.sozial-krankenkassen-ges...iterer-Vorgehensweise/?postID=23846#post23846

P. S.: wo Verfahren fortgeführt werden sollte keinesfalls übersehen werden, zusätzlich auch den
Anspruch auf unbefristete Bewilligung von Krankengeld und das Fehlen der wirksamen Aufhe-
bungsentscheidung
ausdrücklich zum Gegenstand der Verfahren zu machen, z. B. durch Hinweis
auf die rechtlichen Argumente aus den Urteilen der Sozialgerichte

Speyer vom 30.11.2015, S 19 KR 160/15
http://www.landesrecht.rlp.de/jport...showdoccase=1&doc.id=JURE160005000&doc.part=L

Mainz vom 21.03.2016, S 3 KR 255/14:
http://www.landesrecht.rlp.de/jport...showdoccase=1&doc.id=JURE160011297&doc.part=L

Speyer vom 11.07.2016, S 19 KR 599/14:
http://www.landesrecht.rlp.de/jport...showdoccase=1&doc.id=JURE160017198&doc.part=L

Mainz vom 25.07.2016, S 3 KR 428/15:
http://www.landesrecht.rlp.de/jport...showdoccase=1&doc.id=JURE160016562&doc.part=L

Auch diese Entscheidungen sind überzeugend, obwohl sie von den Krankenkassen und von der
Sozialgerichtsbarkeit bisher ebenfalls insgesamt beharrlich ignoriert werden. Nachvollziehbare
Einwände gibt es auch dagegen nicht.


Viel Erfolg!
 
Das BSG als Ersatzgesetzgeber - fiktives Parallelrecht

.
Auch der 11.05.2017 hat die Zweifel daran, ob Sozialgerichte über Krankengeld
entscheiden können, nicht grundlegend zerstreut. In den beiden Fällen stimmt zwar
das Ergebnis. Damit ist klar, dass in der Vergangenheit viele Versicherte vom BSG mittels
dessen „BSG-Krankengeld-Falle“ um ihre Krankengeld-Ansprüche und damit um ihre finanzielle
Lebensgrundlage „gebracht“ – Opfer – wurden. Aber die entscheidenden Rechtsfragen wurden um-
gangen:

Zum Singular-Gesetzestext gibt es keine Rechtsauslegungstechnik, mit der die insoweit entschärfte
„BSG-Krankengeld-Falle“ darstellbar ist. Dies scheint auch den 3. BSG-Senat nicht zu stören. Statt
vom Gesetz und seiner Auslegung auszugehen, hat er das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt,
ausgehend von der seit Jahren – rechtlich unwiderlegt – äusserst scharf kritisierten sog.
„Recht“sprechung des 1. Senates.

So entpuppt sich diese Darstellung bei näherer Betrachtung als billiges Ablenkungs-
manöver



Sie ist gleichzeitig Beweis dafür, dass der 1. Senat bei seinen beiden
„allerletzten“ Krankengeld-Entscheidungen, TO 6) und 7) vom
16.12.2014, auch von seinen eigenen Vorgaben für Papa-
geien, Dummies, … abgewichen ist.
 
zur Auslegung des § 46 SGB V n. F.

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LSG Sachsen-Anhalt: Beschlüsse vom 23.03.2017, L 6 KR 7/17 B ER,
und vom 27.04.2017, L 6 KR 25/17 B ER RG



Die Singular-Formulierung des § 46 SGB V

https://dejure.org/gesetze/SGB_V/46.html

hat kurz vor dem Bundessozialgericht (BSG) schon das Landessozialgericht (LSG)
Sachsen-Anhalt, Halle (Saale), zu einem wahren Meisterwerk der Umgehung des
Gesetzeswortlauts herausgefordert. Zur (ab 23.07.2015) geänderten Fassung schrieb
es mit seinem Beschluss vom 23.03.2017, L 6 KR 7/17 B ER, die sog. „Recht“sprechung
des BSG zur früheren Regelung und zur illegalen BSG-Krankengeld-Falle fort und
erläuterte:

Der Gesetzeswortlaut ist bis auf hier nicht ersichtliche Ausnahmen (dazu z.B. BSG, Urt.
v. 16.12.2014 – B 1 KR 37/14 – Juris, Rn 24 ff.) uneingeschränkt zu beachten. Er stellt
eine Reaktion des Gesetzgebers auf die vorangehende Rechtslage und dazu ergangene
Rechtsprechung dar, wonach sogar eine nahtlose Überlappung zwischen zwei Krank-
schreibungen bestehen musste (BSG, Urt. v. 4.3.2014, a.a.O.). Daran knüpft er zwar mit
einer Erleichterung an – Feststellung am Werktag nach Ablauf der früheren Bescheini-
gung reicht aus – setzt aber im Übrigen die vorherige Rechtspre-chung voraus und nimmt
daran keine Änderung vor. Dies angesichts der für den Ge-setzgeber vorhersehbaren
Härtefälle gegen den Gesetzeswortlaut zu ändern, fühlt sich der Senat nicht berufen.
Er teilt auch angesichts der Vielzahl täglich anfallender Krankengeldansprüche das
Bestreben, den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit an eine einfache Form zu knüpfen,
deren Richtigkeitsgewähr typischerweise nur mit zeitnaher Erfüllung verbunden ist.
Fundstelle: http://up.picr.de/28748767ls.pdf

Auf die Anhörungsrüge dazu



Fundstelle: http://up.picr.de/28808147df.pdf

wurde die Komposition mit Beschluss vom 27.04.2017, L 6 KR 25/17 B ER RG, perfektioniert:

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat der Senat sich mit dem Wortlaut des
§ 46 SGB V ebenfalls auseinandergesetzt. Insoweit hat er durch seine Bezugnahme auf
§ 46 Abs. 1 S. 2 SGB V in der entsprechenden Fassung verdeutlicht, dass die Vorschrift
- anders als nach dem Vortrag der Antragstellerin - jetzt eine ausdrückliche Regelung
zur Dauer des Anspruchs auf Krankengeld enthält. Dies reicht aus, um der Antragstel-
lerin den entscheidenden Gesichtspunkt zu verdeutlichen. Denn die Behauptung, § 46
SGB V enthalte nur eine Regelung zum Beginn des Krankengeldanspruchs, für dessen
Ende jedenfalls nicht das letzte Datum der Bescheinigung maßgeblich sein könne, kann
dann nicht mehr zutreffen. Ebenso kann es angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen
Voraussetzung für das Bestehen des Krankengeldanspruchs, wonach grundsätzlich der
Tag der letzten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch nicht abgelaufen sein darf, nicht
darauf ankommen, ob dieser Tag vorläufig prognostisch oder endgültig bestimmt ist.
Eine solche, rein logische Gesetzesfolge muss der Senat zur Wahrung rechtlichen Gehörs
ebenso wenig ausdrücklich ziehen, wie er darauf hinweisen muss, dass ein Vordruck
nicht den Gesetzestext ändern kann.

Vor dem Hintergrund der Gesetzesneufassung hat sich der Senat ausweislich seiner Zi-
tate der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeschlossen und hat darauf hinge-
wiesen, dass diese Neufassung gerade die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vo-
raussetzt. Aus damit hinreichend verdeutlichter Sicht des Senats ist dadurch die gesamte
frühere abweichende Rechtsprechung von Gerichten der Länger gegenstandslos geworden,
ohne dass dies für jede einzelne Entscheidung gesondert begründet werden muss. Jedenfalls
gilt dies auch angesichts einer von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Sozialge-
richts Mainz (v. 31. August 2015 – S 3 KR 405/13), die sie mit der globalen Äußerung wie-
dergibt, durch die Gesetzesänderung vom 23. Juli 2015 ergebe sich auch für die Zukunft
keine wesentliche Änderung der Rechts-lage bezüglich der Aufrechterhaltung des Kran-
kengeldanspruchs. Darauf muss der Senat nicht gesondert eingehen, wenn er – wie in
der Beschwerdeentscheidung geschehen – unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut ab-
leiten kann, dass es für den Fortbestand des Krankengeldanspruchs einer Feststel-
lung der Arbeitsunfähigkeit am 25. April 2016 bedurft hätte.
Fundstelle: http://up.picr.de/29202135tt.pdf
 
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