hallo dachschaden,
seit meinem 7. Lebensjahr leide ich an Migräneschüben, wurde per EEG im Akutzustand nachgewiesen. Es liegt bei mir wohl eine genetische Anlage vor, da in meiner Familie eine ganze Reihe über Generationen hinweg betroffen sind. Über Jahrzehnte habe ich ganz gut damit Leben gelernt. Mein Hausarzt, ebenfalls Migräniker, hat mich über Jahrzehnte gut begleitet und alle Therapien mit mir durchgezogen. Falls doch alles ausgereizt war und nichts half, legte er mir im Anfall eine Nootrop-Infusion an, damit ich wenigstens die nächsten Stunden überstehen konnte. Er sprach von der "Art Epileptischen Anfall" nur eben in der Hirnrinde bei Migräne. Regelmäßiger Schlaf, Ernährung, Lebensführung halfen die äußeren Einflüsse zu steuern um die Zahl der Anfälle zu mindern. Mit den neuen Medis, den Triptanen, konnte ich mir immer besser helfen.
Dann 1999Crash - Frontalkollision auf der Landstraße - ein schleuderner Carrera rauschte in unseren Wagen-unser Passat hörte an der Scheibe auf. Kfz-Sachverständiger gratulierte uns zum neuen Leben. Danach wochen-monate-jahrelanger Ausnahmezustand mit Kopf, Hals und Nacken. HWS-Schleuder- SHT-Trauma, dazu offene Beinbrüche etc ich musste 5Monate an Krücken gehen und stand täglich unter starken Schmerzmitteln. Migräne war selbst mit Triptanen nicht mehr unter Kontrolle zu bringen.
Daher war ich zwei Mal in Kliniken Schmieder wegen chronischer Schmerzzuständen, dazu 10Jahre lang non-stop verschiedene Therapien: durchgehend wöchentliche Physio, dazu Manuelle Therapie-Cranio Sacrale, Akupunktur, etc. Psychotherapie, Hypnotherapie alle versucht und das was half weiter gemacht.
Die einzelnen Spezialisten vorallem eine sehr gute Physiotherapeutin vor Ort hat meine immer wieder anschwellenden Myogelosen in die Finger genommen und mir sehr gut helfen können. Sie und die Fachleute in der Spezialklinik für Neurologie haben mir das mit den Hirnabläufen so erklärt.
Beim ersten Klinikaufenthalt wurde mir angeraten wieder zu Hause eine Schmerztherapie bei einer Anästhesistin anzufangen. Sie hatte über ein halbes Jahr u.a. auch versucht mit Lidocainspritzen die verrückt spielenden Muskelansätze mal still zu legen, sie meinte, der Muskel weiß eigentlich was er tun soll, er ist immer in hab acht Stellung in Anspannung. Das half aber nur Stunden, aber war eine Wohltat nach jahrelangem unberechenbaren Schmerzphasen.
Sie hat auch versucht mich unter kurzer Vollnarkose im Bereich C1C2 mit Schmerzmittel zu spritzen, aber das bekam mir nicht. Sie erklärte mir die Muskelverläufe und die neurologischen Abläufe.
Nun sind es schon so lange Jahre her - dieser Auslöser Crash. Ich musste vieles aufgeben, Beruf, Hobbies, Kontakte - musste viel dazulernen, wie ich mich bewegen muss, wie ich regelmäßig pausiere, entlaste und Belastungen manage. Schlafe mit spezieller Nackenrolle (zig ausprobiert) im Aktuschmerz mit Halskrause, damit die Wirbel, Knochen und Muskeln still sind und nicht immer wieder Öl in das Schmerzfeuer gießen. Mache täglich meine Muskelstärkungsübungen und Dehnungen.
Ich kann heute noch nicht den Kopf nach rechts drehen, zurückschauen. Zum über Kopf etwas einräumen, Sterne - Feuerwerk schauen muss ich den Kopf mit der Hand stützen. Redet mich jemand von rechts hinten an oder sitzt rechts neben mir und ich will hinschauen, schießt der Schmerz ein, sowie bei Erschütterungen, schnelles Bremsen etc. z.B. Fahrradfahren Illusion.
Ich muss mir immer wieder Auszeiten gönnen und meine Familie ist eine große Stütze für mich. Ich muss auf meinen Körper gut hören, dann sind die Schmerzphasen leichter zu händeln.
Damit Leben lernen, das Mögliche versuchen, jeden Tag in die Hand nehmen und einen guten Tag daraus machen, mehr geht nicht. Gestern nicht mehr änderbar, nur noch die Einstellung, Wertung dazu - Morgen? Wer weiß schon, wer hat das schon in der Hand. Es bleibt nur das heute, das hier und jetzt.
Wir sind dankbar, trotz allem, dass wir unsere Kinder heranwachsen sehen können (Mein Mann war beim Crash mit im Auto und hatte sich beide Arme verletzt) - es hätte sicher alles noch viel viel schlimmer kommen können!
Zeit heilt Wunden? Nein, sie lehrt einen, wie man mit Schicksalschlägen umgehen sollte, umgehen kann. Es nützt nichts, alles und jeden zu verteufeln, Schuld zu zuweißen, sich die Zeit und Energie selber zu klauen und immer in der Vergangenheit zu rühren. Damit schneidet man sich nur selber ins eigene Fleisch. Jeden Moment an Miesmachendes denken, sind Sekunden, Minuten die fehlen um seine Lebensbatterien aufzufüllen mir Gutem, Sachen die einen Aufbauen und Lebensmut geben.
Lieben Gruß
Teddy