hallo n3ssi,
auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum:
Frag nur alles, was dir auf der Seele brennt - hier gibt es manche, denen es ähnlich ergangen ist und im Austausch mit anderen kann man doch einige Sackgassen vermeiden.
Wie vorher schon geschrieben: herzlichen Glückwunsch DU HAST ÜBERLEBT. Das kann nicht jede Familie von Verunfallten sagen.
Gerade in der ersten Zeit ist es wichtig festzustellen, was für Fertigkeiten und Fähigkeiten frei verfügbar sind, welche beschränkt und was gar nicht mehr geht.
Fachspezifische Neurorehas können gerade an der Stelle sehr zielsicher dich weiter fördern, so dass selbst das, was entgültig zerstört schien, mit Hirnstimmulation erreicht wird, weil das Hirn sehr plastisch ist und andere Bereiche die Aufgaben übernehmen können. Dadurch wird überraschend Manches doch wieder möglich werden.
Das gilt nicht nur mit der Bewegung, den körperlichen Unfallfolgen, sondern auch mit den kognitiven Fähigkeiten, wie Konzentration, Ausdauer, Belastbarkeit. Die verringerte Hirnleistung kann mit geeigneten Therapien über Umwege sehr weit wieder herausgekitzelt werden.
Klar bekommt man nach Wochen Reha eine Koller, die Neuen nerven, andere verstehen einen überhaupt nicht, man fühlt sich schon fitter und hat die Nase voll. Dort ist aber eine "Insel der Glückseeligen" ein Raum, wo sich ähnlich Betroffene befinden und miteinander zu tun haben.
Das ist nicht Alltag, das ist nicht Schule, Anstrengung, 4h Abiprüfungen etc. Wenn du so schnell wie möglich willst, dass alles wieder n o r m a l wird, bist du auf dem Holzweg. Du wirst so hart es klingt, dein ganzes weiteres Leben mit den Folgen zu tun haben. Es wird ein Leben mit angezogener Handbremse sein. Während deine früheren Mitschüler dies und jenes unbekümmert erleben, musst du täglich planen und wirst dann, wenn du die Reharäume verlässt und in deine alte Umgebung zurückkommst erst merken, was alles nicht geht. Wie stark diese Handbremse angezogen bleibt, lässt sich vorallem in den ersten zwei Jahren intensiver Therapien gut beeinflussen, danach wird es noch schwerer und immer anstrengender.
Daher nütze jede Therapie - jede Trainingsmöglichkeit - jede Übung, denn jetzt hier und heute kannst du sie versuchen - hast du Zeit dafür - hast du Lehrmeister, die dich gezielt fördern können.
Zu Hause musst du das alles selber stemmen. Musst zu Therapien gefahren werden, brauchst Helfer und das nervt die andern, die Familie, die alles tun dein Leben zu verbessern und um dir zu helfen.
Die Rehaleute sind die Profis - nimm es wie ein Sportler, der ins Traininglager geht, damit er für die kommende Saison besser vorbereitet ist. Bei dir wird es ein Lebenstrainingslager. Verabschiede dich von der idealisierten Wunschvorstellung: zu Hause ist bestimmt alles besser. Das ist Wunschdenken, schön wäre es, aber das ist nicht die Realität.
Wie oben schon geschrieben kann auch ich dir Kliniken Schmieder empfehlen, das ist eine Neurorehaklinikkette mit Einrichtungen meist rund um den Bodensee. Für viele ist sie der Porsche unter den Neurorehas, weil sie echt super Erfolge erzielen. Sie ist für alle Kassen zugelassen und nehmen ohne Ausnahmen auf. Sie haben auch Einrichtungen, wo mehr jüngere Leute sind. Je nach Schädigungen bietet man stufenweise Therpien an und zum Schluss steht die Berufsfähigkeit. Dazu bietet man dort während der Rehas gezielte Arbeitserprobungen an, wo getestet werden kann, was ist möglich, was nicht und du kannst ausprobieren, welche Berufe in Frage kommen. Manchmal muss man etwas warten und sich öfter bei der Zentrale in Allensbach bemerkbar machen, aber ich kenne inzwischen zig Fälle, denen dort wirklich schnell und nachhaltig intensiv geholfen wurde - ganz anders als in den normalen üblichen Anschlussheilbehandlungen bzw Neurorehas. Dort hat die frühere Sportjournalisten Niehaus wieder laufen und sprechen gelernt. Der thüringische Ministerpräsident ist nach seine Skiunfall wieder hochgepäppelt worden. Aber dort sind alle willkommen, Schüler, Studierte, Rentner, Hartz4 egal, ich habe alle dort gesehen und kennenlernen dürfen.
Nochmals, wenn du zu Hause bist und überall zu den entsprechenden Behörden-Therapien-Trainingseinrichtungen selber hinkommen musst, bist du, in einer Woche gesehen, stundenlang unterwegs - Zeit, die du durch die konzentrierten Angebote in der Reha sparst.
Daher mein aus Erfahrung und ganz von Herzen gemeinter Tipp: Sauge alle Angebote der Reha aus und versuche statt: das brauche ich nicht oder nicht mehr zusagen: her mit den Möglichkeiten, lasst michs ausprobieren - üben, üben, üben.
Dann brauchst du dir später mal nicht zu sagen: hätte ich doch damals.
Wenn jetzt dein Abi geplant war, dann bist du noch jung - trotz deines Schicksalschlages stehen dir viele Wege offen, von denen du heute noch gar nichts weißt. Daher habe immer wieder Mut, zu testen, das geht, das nicht. Es ist immer eine Gradwanderung zwischen Enttäuschung und Zufriedenheit und Glücksgefühlen. Vielleicht klappt es in einem halben Jahr dann trotzdem. Daher nimm dir Zeit, setze dich nicht unnötig unter Druck.
Du hast dein ganzes kommendes Leben in deiner Hand.
Kannst du nicht wie der Adler fliegen, schreite nur Schritt für Schritt bergan,
denn wer den Gipfel mit Mühen erklam, hat auch die Welt zu Füßen liegen.
Viel Mut, Geduld und Ausdauer mit dir selber und denen die dir beiseite stehen wollen wünscht dir und überlege dir das mal mit Kliniken Schmieder
Lieben Gruß
Teddy
PS: wir verwenden hier immer anfangs eine Anrede und am Ende eine Grußformel mit Namenskürzel - hat sich bewährt