Hallo zusammen,
ich bin neu hier und habe die letzten Tage versucht, über die Suchfunktion einige meiner Baustellen / Fragen zu klären. Da meinerseits doch noch einige Unklarheiten bestehen, hoffe ich, dass das Einstellen eines neuen Beitrags ok ist.
Ich versuche im Folgenden meinen Unfall und die darauffolgende, jahrelange Odyssee so strukturiert wie möglich niederzuschreiben, damit auch andere mein Chaos überblicken....
Also:
von Beruf bin ich Bauingenieur und seit dem Studienabschluss 2011 als Bauleiter von Großprojekten tätig, was eine ständige Auswärtstätigkeit, sprich Mo-Fr auf der Baustelle (im In- und Ausland) mit sich brachte. Gearbeitet habe ich immer für deutsche Firmen - war also auch immer in Deutschland bzw. über BG versichert.
04 / 2014
Da mein Auto in der Werkstatt war, bin ich mit einem Kollegen mit zur Baustelle in Wien gefahren. Strecke knappe 400km. Das A*** (sorry, aber anders kann ich den Typen nicht bezeichnen), welcher "glücklicherweise" der Neffe vom Firmeneigentümer war, ist dann auf der Autobahn eingeschlafen und mit ca. 130km/h in die Mittelleitplanke aus Beton gerast.
Ich habe zu dem Zeitpunkt selbst geschlafen und bin durch einen unglaublichen Schmerz mittig am Scheitel aufgewacht. Ich war natürlich angeschnallt. Gleich darauf hatte ich einen kurzen Filmriss und bin dann wieder aufgewacht, als wir auf der mittleren Autobahnspur waren. Der Fahrer muss folglich das Lenkrad ziemlich verrissen haben.
Wir sind dann kurz raus auf einen Parkplatz. Das Auto fuhr noch, war aber natürlich nicht mehr fahrtauglich: Lenkrad stand komplett schief, der Reifen vorne links war kurz vor´m Platzen und an der Karosserie war natürlich einiges hin. Ich hatte einen ziemlich starken Schock und beteuerte die ganze Zeit nur, dass alles ok sei. Im Nachhinein betrachtet stand ich völlig neben mir, wie in einer dicken Nebelwolke.
Na, jedenfalls setze A. (nennen wir ihn mal so, damit ich nicht jedesmal A*** ausschreiben muss - und nochmal: SORRY) dann tatsächlich die restliche Fahrt von noch ca. 170km mit dem Auto fort. Anzumerken sei, dass A. durch seine extreme Körpermasse zwischen Sitz und Lenkrad verkeilt war und somit relativ unbeschädigt aus der Sache raus ging. Ich hingegen, muss wohl ziemlich durchgeschleudert worden sein, woran ich mich aber überhaupt nicht mehr erinnern kann.
Nach ca. 30 min ging´s mir dann gar nicht mehr gut: ich schwitzte und fror gleichzeitig, mir lief eiskalter Schweiß runter, mir war unglaublich übel (in Wien angekommen musste ich mich dann zwei mal übergeben), ich hatte Kopf- und Nackenschmerzen – allerdings noch nicht so schlimm und war völlig benebelt.
Als wir dann endlich auf der Baustelle ankamen, erklärte sich mein Projektleiter – nennen wir ihn A2- bereit, mich ins Krankenhaus zu fahren. Er hielt dort am Parkplatz, sagte mir, wir seien da und ich solle aussteigen. Das tat ich dann und weg war er. Nun stand ich da auf dem Parkplatz eines fremden Krankenhauses, in einer fremden Stadt.
Irgendwann (mein Zeitgefühl hat die Tage nach dem Unfall völlig versagt) fand ich dann die Eingangstür und auch die Notaufnahme.
Dort wurde ich achtmal geröntgt und mit ein paar Schmerzmitteln wieder weggeschickt. Um die Mittagszeit war ich in meinem Hotel in Wien und kann mich eigentlich nur noch erinnern, dass ich so unglaublich müde war und für die nächsten 10 Jahre schlafen wollte und dass in einer Tour das Telefon ging, weil A und A2 Probleme auf der Baustelle hatten und irgendwelche Info´s brauchten.
Am nächsten Morgen hab ich mich tatsächlich in die Arbeit geschleppt und konnte glücklicherweise gegen Nachmittag mit anderen Kollegen zurück nach Deutschland bzw. nach Hause fahren. Dies war jedoch nicht frei von Diskussionen, da unser Oberbauleiter – nennen wir ihn A3 – meinte, ich solle mich gefälligst zusammenreißen und meine Probezeit würde ich so sicher nicht überstehen.
Zuhause angekommen wurde ich natürlich umgehend beim D-Arzt vorstellig, welcher noch einige Untersuchungen einleitete, im Grund aber nichts Außergewöhnliches feststellte. Sprich: Schleudertrauma, Flankenprellung, Verdacht auf Gehirnerschütterung etc. pp. Das Übliche halt.
Alles Dinge, so versicherte man mir, die nach ein paar Wochen wieder verschwunden sein werden.
Also blieb ich den Rest der Woche zuhause und machte mich am darauffolgenden Montag wieder auf den Weg nach Wien, da mir A3 versichert hatte, dass ich ansonsten überhaupt nicht mehr zu kommen brauche.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich folgende Beschwerden eingestellt:
- Unglaubliche Kopf- und Nackenschmerzen (ca. ab 2. Tag nach Unfall)
- Benommenheit, welche mal stärker und mal schwächer war
- Starke Müdigkeit bzw. das Gefühl völlig ausgelaugt zu sein
- Immer wieder das Gefühl, total neben mir zu stehen, als ob ich mir z.B. selbst beim Reden zuhören würde
- Starke Schmerzen an einem Wirbel der BWS
05 / 2014
Eines Tages bekam ich einen Anruf mit unterdrückter Nummer auf´s Firmenhandy und wer war dran? Die Polizei! Das KH in Wien hatte Anzeige gegen den Fahrer, also A. erstattet und ich müsse zur Vernehmung erscheinen. Da ich zusammen mit A3 im Container (= Bauleiter-Büro) saß, hat er das natürlich mitbekommen und dann ging´s los: ich solle ja nichts sagen, am besten wäre sowieso, wenn ich den Beamten erzählen würde, ich sei gefahren. Den der A. ist ja der Neffe vom Chef und dem könnte ich ja nicht einfach sowas anhängen usw. usw.
Ich habe mich durch A3 zum Glück nur so weit unter Druck setzen lassen, dass ich gegenüber den Beamten behauptete, ich könne mich an gar nichts mehr erinnern. Allerdings war ja das schon schlimm genug und das Verfahren gegen A. wurde schließlich eingestellt.
Nachdem´s mir vier Wochen nach dem Unfall immer noch total beschissen ging, habe ich mich von meinen Ärzten überreden lassen, nochmal zwei Wochen in Krankenstand zu gehen.
Das Ende vom Lied: die Firma hat mich wie menschlichen Müll entsorgt und noch zusätzlich um 10.000€ beschissen. Die meinten, sie müssten das letze Gehalt und sämtliche Fahrtkosten zur Baustelle nun doch nicht zahlen. Mein Anwalt hat zudem den Fall noch komplett versemmelt und ich bekam noch 625€. So viel dazu…
Glücklicherweise bekam ich unmittelbar nach dem Rausschmiss ein gutes Angebot von einer anderen Firma und ging arbeitstechnisch zurück nach Bayern.
Es lief auch anfangs recht gut, jedoch ließen die Kopf- und Nackenschmerzen einfach nicht nach. Egal welche Therapie (Physio, Massagen, manuelle Therapie) mir verordnet wurde, es wurde nur noch schlimmer. Ich habe bis dato jede dieser Therapien abgebrochen, weil ich es einfach nach wenigen Sitzungen nicht mehr aushielt (abgerechnet wurde natürlich, damit die BG bzw. Krankenkasse nicht meckert). Auch keine der medikamentösen Behandlungen zeigte irgendeine Linderung (Muskelrelaxanzien, Schmerzmittel, Botoxinjektionen in Stirn, Hinterkopf, Nacken, Schultern, usw.)
Da sich die neue Baustelle schließlich zum Berliner Flughafen Nr. 2 entwickelte, stieg das Arbeitspensum als auch das Stressniveau ins Unermessliche und trug zu meinem persönlichen Teufelskreis in erheblichem Maße bei. Mein Leben bestand nur noch aus Stress, Schmerzen und Arbeit. Irgendwann konnte ich nicht mehr schlafen, bekam Herzprobleme und wurde auch mental immer dünnhäutiger.
Und dann kam er, der Tag X, an dem ich komplett zusammengebrochen bin: Diagnose Burnout.
Nun bin ich seit über einem Jahr im Krankenstand und der Kampf ist leider noch lange nicht vorbei. In dieser, zwangsweise arbeitsfreien Zeit kristallisierte sich hinsichtlich Gesundheit bzw. Unfallfolgen heraus, dass die Migräne, welche ich seit dem 13. Lebensjahr habe, vom Unfall „getriggert“ wurde und seitdem wesentlich häufiger kommt. Das ist aber relativ unproblematisch und ich weiß mittlerweile, wie ich das in den Griff bekomme.
Das wirklich Schlimme sind aber nach wie vor die abartigen Schmerzen, welche im Nacken und Hinterkopf sitzen und vorne an Stirn und Augen wieder rauskommen. Dieser Schmerz kommt alle 3 – 10 Tage und ist stets begleitet von starker Benommenheit, Sehstörungen, Sprachstörungen, Orientierungsstörungen, starker Übelkeit und Erbrechen (wobei ich auf starke Schmerzen grundsätzlich so reagiere). Das Einzige was da noch hilft, sind Injektionen mit örtlichem Betäubungsmittel in Nacken und Hinterkopf. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie „praktikabel“ diese Medikation im Alltag ist und wie erniedrigend und beschämend es ist, ständig auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
Das allerbeste ist jedoch die Diagnose von gleich mehreren Ärzten: alles nur psychisch!
Und jetzt kommt´s:
Ich war am 11.01.17 auf eigene Kosten in der Schweiz bei einem renommierten (deutschen) Neurochirurgen, welcher das erste Mal Funktionsaufnahmen mit zur Seite geneigtem Kopf gemacht hat.
Diagnose: einseitige Dehnung des Ligamentum alare. Der Dens berührt bei Kopfneigung nach links fast die Massa lateralis.
Prof. H. hat mir zur Diagnoseabsicherung noch eine Philadelphia-Collar-Halskrause verpasst und was soll ich sagen? Mir geht’s total gut! Ich trage das Ding jetzt zwei Wochen und bin hinsichtlich dem starken Kopf- / Nackenschmerz völlig beschwerdefrei!
Ich weiß nicht, ob ihr euch vorstellen könnt, was gerade in mir abläuft Zum einen habe ich endlich wieder Hoffnung und Lebensfreude (ich habe oft darüber nachgedacht, ob ich mein Elend evtl. irgendwann selbst beenden muss – nicht auf Grund von Depressionen o.ä., sondern, weil ich mir sicher bin, dass man diese Schmerzen irgendwann einfach nicht mehr aushalten kann und dies ja auch kein Leben mehr ist!), zum anderen komme ich mir so unglaublich verarscht vor! Ich habe mir das Ganze nicht einfach nur eingebildet und ich habe diese Schmerzen auch nicht, weil ich psychisch krank bin! Was wäre gewesen, hätte man direkt nach dem Unfall diese Aufnahmen gemacht? Hätte ich dann mein Leben noch? Meinen Job? Meine Eigenständigkeit? Meine Würde? Mein Selbstwertgefühl?
Also bevor ich jetzt doch noch unbeabsichtigt in Selbstmitleid zerfließe….
Zu einigen Themen bräuchte ich noch Hilfe. Ich liste diese im Folgenden
mal auf:
BG: die Genossen haben sich ca. sechs Monate nach dem Unfall ausgeklinkt. Ihre Begründung war die, dass bei solchen Unfällen nach spätestens einem halben Jahr sämtliche Beschwerden abgeklungen sind. O-Ton vom Neurochirurgen der BGU Murnau: „Ihnen fehlt überhaupt nichts. Gehen Sie zum Psychiater! Und die BG wird in Ihrem Fall sicher nichts mehr zahlen!“. Dieser Arzt attestierte mir dann noch eine posttraumatische Belastungsstörung. Ich weiß aber ehrlichgesagt nicht, was ich jetzt damit anfangen soll. Also im rechtlichen Sinne betrachtet.
Und wie kommt man mit einer neuen / richtigen Diagnose wieder in die BG rein?
Meine private Unfallversicherung: Begutachtung fand im März 2016 statt. Es wurden allerdings nur Funktionsaufnahmen mit Kopf nach vorne und Kopf nach hinten gemacht. Ergebnis war 10% Invalidität. Einspruch läuft. Jedoch hab ich mittlerweile regelrecht Angst vor einer Neu-Begutachtung, da dort ein Lügenbaron auf den nächsten folgt. Wie sollte dahingehend weiter vorgegangen werden?
Bewilligung Reha-Antrag: wenige Tage nach meinem Besuch in der Schweiz kam die Bewilligung der Reha. Beantragt wurde eine orthopädische. Was hab ich bekommen? Ja, genau: die psychosomatische! Und zwar in einer Klinik, die Essgestörte, Borderliner etc. behandelt. Wollen die mich verarschen? Also im Ernst – was soll mir das bringen? Aber auch hinsichtlich einer orthopädischen Reha sehe ich derzeit ziemliche Probleme. Denn was soll ich mit der Halskrause großartig machen? Ich bin in der Bewegung schon sehr eingeschränkt.
Ich hoffe, ihr versteht das jetzt nicht falsch oder findet mich undankbar. Aber ich will keine Reha machen, in der Beschwerden bzw. Diagnosen behandelt werden, die ja gar nicht stimmen und was ich jetzt sogar schwarz auf weiß habe!
Habt ihr dahingehend irgendwelche Tipps für mich?
Weitere Behandlung: wer hat das gleiche? Wer hat positive Erfahrungen mit welchen Behandlungen? Wer kennt gute Ärzte / Neurochirurgen in Bayern bzw. in angrenzenden Bundesländern? Wer hat sich die Wirbel versteifen lassen und wie hat die OP geholfen?
Ich möchte mich schon jetzt bei euch bedanken: dass es dieses Forum überhaupt gib, für´s Lesen meiner ellenlangen Geschichte und im Voraus für eure Antworten!
LG
J_F
ich bin neu hier und habe die letzten Tage versucht, über die Suchfunktion einige meiner Baustellen / Fragen zu klären. Da meinerseits doch noch einige Unklarheiten bestehen, hoffe ich, dass das Einstellen eines neuen Beitrags ok ist.
Ich versuche im Folgenden meinen Unfall und die darauffolgende, jahrelange Odyssee so strukturiert wie möglich niederzuschreiben, damit auch andere mein Chaos überblicken....
Also:
von Beruf bin ich Bauingenieur und seit dem Studienabschluss 2011 als Bauleiter von Großprojekten tätig, was eine ständige Auswärtstätigkeit, sprich Mo-Fr auf der Baustelle (im In- und Ausland) mit sich brachte. Gearbeitet habe ich immer für deutsche Firmen - war also auch immer in Deutschland bzw. über BG versichert.
04 / 2014
Da mein Auto in der Werkstatt war, bin ich mit einem Kollegen mit zur Baustelle in Wien gefahren. Strecke knappe 400km. Das A*** (sorry, aber anders kann ich den Typen nicht bezeichnen), welcher "glücklicherweise" der Neffe vom Firmeneigentümer war, ist dann auf der Autobahn eingeschlafen und mit ca. 130km/h in die Mittelleitplanke aus Beton gerast.
Ich habe zu dem Zeitpunkt selbst geschlafen und bin durch einen unglaublichen Schmerz mittig am Scheitel aufgewacht. Ich war natürlich angeschnallt. Gleich darauf hatte ich einen kurzen Filmriss und bin dann wieder aufgewacht, als wir auf der mittleren Autobahnspur waren. Der Fahrer muss folglich das Lenkrad ziemlich verrissen haben.
Wir sind dann kurz raus auf einen Parkplatz. Das Auto fuhr noch, war aber natürlich nicht mehr fahrtauglich: Lenkrad stand komplett schief, der Reifen vorne links war kurz vor´m Platzen und an der Karosserie war natürlich einiges hin. Ich hatte einen ziemlich starken Schock und beteuerte die ganze Zeit nur, dass alles ok sei. Im Nachhinein betrachtet stand ich völlig neben mir, wie in einer dicken Nebelwolke.
Na, jedenfalls setze A. (nennen wir ihn mal so, damit ich nicht jedesmal A*** ausschreiben muss - und nochmal: SORRY) dann tatsächlich die restliche Fahrt von noch ca. 170km mit dem Auto fort. Anzumerken sei, dass A. durch seine extreme Körpermasse zwischen Sitz und Lenkrad verkeilt war und somit relativ unbeschädigt aus der Sache raus ging. Ich hingegen, muss wohl ziemlich durchgeschleudert worden sein, woran ich mich aber überhaupt nicht mehr erinnern kann.
Nach ca. 30 min ging´s mir dann gar nicht mehr gut: ich schwitzte und fror gleichzeitig, mir lief eiskalter Schweiß runter, mir war unglaublich übel (in Wien angekommen musste ich mich dann zwei mal übergeben), ich hatte Kopf- und Nackenschmerzen – allerdings noch nicht so schlimm und war völlig benebelt.
Als wir dann endlich auf der Baustelle ankamen, erklärte sich mein Projektleiter – nennen wir ihn A2- bereit, mich ins Krankenhaus zu fahren. Er hielt dort am Parkplatz, sagte mir, wir seien da und ich solle aussteigen. Das tat ich dann und weg war er. Nun stand ich da auf dem Parkplatz eines fremden Krankenhauses, in einer fremden Stadt.
Irgendwann (mein Zeitgefühl hat die Tage nach dem Unfall völlig versagt) fand ich dann die Eingangstür und auch die Notaufnahme.
Dort wurde ich achtmal geröntgt und mit ein paar Schmerzmitteln wieder weggeschickt. Um die Mittagszeit war ich in meinem Hotel in Wien und kann mich eigentlich nur noch erinnern, dass ich so unglaublich müde war und für die nächsten 10 Jahre schlafen wollte und dass in einer Tour das Telefon ging, weil A und A2 Probleme auf der Baustelle hatten und irgendwelche Info´s brauchten.
Am nächsten Morgen hab ich mich tatsächlich in die Arbeit geschleppt und konnte glücklicherweise gegen Nachmittag mit anderen Kollegen zurück nach Deutschland bzw. nach Hause fahren. Dies war jedoch nicht frei von Diskussionen, da unser Oberbauleiter – nennen wir ihn A3 – meinte, ich solle mich gefälligst zusammenreißen und meine Probezeit würde ich so sicher nicht überstehen.
Zuhause angekommen wurde ich natürlich umgehend beim D-Arzt vorstellig, welcher noch einige Untersuchungen einleitete, im Grund aber nichts Außergewöhnliches feststellte. Sprich: Schleudertrauma, Flankenprellung, Verdacht auf Gehirnerschütterung etc. pp. Das Übliche halt.
Alles Dinge, so versicherte man mir, die nach ein paar Wochen wieder verschwunden sein werden.
Also blieb ich den Rest der Woche zuhause und machte mich am darauffolgenden Montag wieder auf den Weg nach Wien, da mir A3 versichert hatte, dass ich ansonsten überhaupt nicht mehr zu kommen brauche.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich folgende Beschwerden eingestellt:
- Unglaubliche Kopf- und Nackenschmerzen (ca. ab 2. Tag nach Unfall)
- Benommenheit, welche mal stärker und mal schwächer war
- Starke Müdigkeit bzw. das Gefühl völlig ausgelaugt zu sein
- Immer wieder das Gefühl, total neben mir zu stehen, als ob ich mir z.B. selbst beim Reden zuhören würde
- Starke Schmerzen an einem Wirbel der BWS
05 / 2014
Eines Tages bekam ich einen Anruf mit unterdrückter Nummer auf´s Firmenhandy und wer war dran? Die Polizei! Das KH in Wien hatte Anzeige gegen den Fahrer, also A. erstattet und ich müsse zur Vernehmung erscheinen. Da ich zusammen mit A3 im Container (= Bauleiter-Büro) saß, hat er das natürlich mitbekommen und dann ging´s los: ich solle ja nichts sagen, am besten wäre sowieso, wenn ich den Beamten erzählen würde, ich sei gefahren. Den der A. ist ja der Neffe vom Chef und dem könnte ich ja nicht einfach sowas anhängen usw. usw.
Ich habe mich durch A3 zum Glück nur so weit unter Druck setzen lassen, dass ich gegenüber den Beamten behauptete, ich könne mich an gar nichts mehr erinnern. Allerdings war ja das schon schlimm genug und das Verfahren gegen A. wurde schließlich eingestellt.
Nachdem´s mir vier Wochen nach dem Unfall immer noch total beschissen ging, habe ich mich von meinen Ärzten überreden lassen, nochmal zwei Wochen in Krankenstand zu gehen.
Das Ende vom Lied: die Firma hat mich wie menschlichen Müll entsorgt und noch zusätzlich um 10.000€ beschissen. Die meinten, sie müssten das letze Gehalt und sämtliche Fahrtkosten zur Baustelle nun doch nicht zahlen. Mein Anwalt hat zudem den Fall noch komplett versemmelt und ich bekam noch 625€. So viel dazu…
Glücklicherweise bekam ich unmittelbar nach dem Rausschmiss ein gutes Angebot von einer anderen Firma und ging arbeitstechnisch zurück nach Bayern.
Es lief auch anfangs recht gut, jedoch ließen die Kopf- und Nackenschmerzen einfach nicht nach. Egal welche Therapie (Physio, Massagen, manuelle Therapie) mir verordnet wurde, es wurde nur noch schlimmer. Ich habe bis dato jede dieser Therapien abgebrochen, weil ich es einfach nach wenigen Sitzungen nicht mehr aushielt (abgerechnet wurde natürlich, damit die BG bzw. Krankenkasse nicht meckert). Auch keine der medikamentösen Behandlungen zeigte irgendeine Linderung (Muskelrelaxanzien, Schmerzmittel, Botoxinjektionen in Stirn, Hinterkopf, Nacken, Schultern, usw.)
Da sich die neue Baustelle schließlich zum Berliner Flughafen Nr. 2 entwickelte, stieg das Arbeitspensum als auch das Stressniveau ins Unermessliche und trug zu meinem persönlichen Teufelskreis in erheblichem Maße bei. Mein Leben bestand nur noch aus Stress, Schmerzen und Arbeit. Irgendwann konnte ich nicht mehr schlafen, bekam Herzprobleme und wurde auch mental immer dünnhäutiger.
Und dann kam er, der Tag X, an dem ich komplett zusammengebrochen bin: Diagnose Burnout.
Nun bin ich seit über einem Jahr im Krankenstand und der Kampf ist leider noch lange nicht vorbei. In dieser, zwangsweise arbeitsfreien Zeit kristallisierte sich hinsichtlich Gesundheit bzw. Unfallfolgen heraus, dass die Migräne, welche ich seit dem 13. Lebensjahr habe, vom Unfall „getriggert“ wurde und seitdem wesentlich häufiger kommt. Das ist aber relativ unproblematisch und ich weiß mittlerweile, wie ich das in den Griff bekomme.
Das wirklich Schlimme sind aber nach wie vor die abartigen Schmerzen, welche im Nacken und Hinterkopf sitzen und vorne an Stirn und Augen wieder rauskommen. Dieser Schmerz kommt alle 3 – 10 Tage und ist stets begleitet von starker Benommenheit, Sehstörungen, Sprachstörungen, Orientierungsstörungen, starker Übelkeit und Erbrechen (wobei ich auf starke Schmerzen grundsätzlich so reagiere). Das Einzige was da noch hilft, sind Injektionen mit örtlichem Betäubungsmittel in Nacken und Hinterkopf. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie „praktikabel“ diese Medikation im Alltag ist und wie erniedrigend und beschämend es ist, ständig auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
Das allerbeste ist jedoch die Diagnose von gleich mehreren Ärzten: alles nur psychisch!
Und jetzt kommt´s:
Ich war am 11.01.17 auf eigene Kosten in der Schweiz bei einem renommierten (deutschen) Neurochirurgen, welcher das erste Mal Funktionsaufnahmen mit zur Seite geneigtem Kopf gemacht hat.
Diagnose: einseitige Dehnung des Ligamentum alare. Der Dens berührt bei Kopfneigung nach links fast die Massa lateralis.
Prof. H. hat mir zur Diagnoseabsicherung noch eine Philadelphia-Collar-Halskrause verpasst und was soll ich sagen? Mir geht’s total gut! Ich trage das Ding jetzt zwei Wochen und bin hinsichtlich dem starken Kopf- / Nackenschmerz völlig beschwerdefrei!
Ich weiß nicht, ob ihr euch vorstellen könnt, was gerade in mir abläuft Zum einen habe ich endlich wieder Hoffnung und Lebensfreude (ich habe oft darüber nachgedacht, ob ich mein Elend evtl. irgendwann selbst beenden muss – nicht auf Grund von Depressionen o.ä., sondern, weil ich mir sicher bin, dass man diese Schmerzen irgendwann einfach nicht mehr aushalten kann und dies ja auch kein Leben mehr ist!), zum anderen komme ich mir so unglaublich verarscht vor! Ich habe mir das Ganze nicht einfach nur eingebildet und ich habe diese Schmerzen auch nicht, weil ich psychisch krank bin! Was wäre gewesen, hätte man direkt nach dem Unfall diese Aufnahmen gemacht? Hätte ich dann mein Leben noch? Meinen Job? Meine Eigenständigkeit? Meine Würde? Mein Selbstwertgefühl?
Also bevor ich jetzt doch noch unbeabsichtigt in Selbstmitleid zerfließe….
Zu einigen Themen bräuchte ich noch Hilfe. Ich liste diese im Folgenden
mal auf:
BG: die Genossen haben sich ca. sechs Monate nach dem Unfall ausgeklinkt. Ihre Begründung war die, dass bei solchen Unfällen nach spätestens einem halben Jahr sämtliche Beschwerden abgeklungen sind. O-Ton vom Neurochirurgen der BGU Murnau: „Ihnen fehlt überhaupt nichts. Gehen Sie zum Psychiater! Und die BG wird in Ihrem Fall sicher nichts mehr zahlen!“. Dieser Arzt attestierte mir dann noch eine posttraumatische Belastungsstörung. Ich weiß aber ehrlichgesagt nicht, was ich jetzt damit anfangen soll. Also im rechtlichen Sinne betrachtet.
Und wie kommt man mit einer neuen / richtigen Diagnose wieder in die BG rein?
Meine private Unfallversicherung: Begutachtung fand im März 2016 statt. Es wurden allerdings nur Funktionsaufnahmen mit Kopf nach vorne und Kopf nach hinten gemacht. Ergebnis war 10% Invalidität. Einspruch läuft. Jedoch hab ich mittlerweile regelrecht Angst vor einer Neu-Begutachtung, da dort ein Lügenbaron auf den nächsten folgt. Wie sollte dahingehend weiter vorgegangen werden?
Bewilligung Reha-Antrag: wenige Tage nach meinem Besuch in der Schweiz kam die Bewilligung der Reha. Beantragt wurde eine orthopädische. Was hab ich bekommen? Ja, genau: die psychosomatische! Und zwar in einer Klinik, die Essgestörte, Borderliner etc. behandelt. Wollen die mich verarschen? Also im Ernst – was soll mir das bringen? Aber auch hinsichtlich einer orthopädischen Reha sehe ich derzeit ziemliche Probleme. Denn was soll ich mit der Halskrause großartig machen? Ich bin in der Bewegung schon sehr eingeschränkt.
Ich hoffe, ihr versteht das jetzt nicht falsch oder findet mich undankbar. Aber ich will keine Reha machen, in der Beschwerden bzw. Diagnosen behandelt werden, die ja gar nicht stimmen und was ich jetzt sogar schwarz auf weiß habe!
Habt ihr dahingehend irgendwelche Tipps für mich?
Weitere Behandlung: wer hat das gleiche? Wer hat positive Erfahrungen mit welchen Behandlungen? Wer kennt gute Ärzte / Neurochirurgen in Bayern bzw. in angrenzenden Bundesländern? Wer hat sich die Wirbel versteifen lassen und wie hat die OP geholfen?
Ich möchte mich schon jetzt bei euch bedanken: dass es dieses Forum überhaupt gib, für´s Lesen meiner ellenlangen Geschichte und im Voraus für eure Antworten!
LG
J_F