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Wegeunfall mit Personenschaden oder "Das Leben ist hart, aber ungerecht"

Hallo J_F

stell doch einfach Deine Fragen, soweit es geht, geordnet hier ein. Antworten wirst Du schon bekommen. Keine Sorge!

Probleme, den richtigen Anwalt zu finden, haben nicht wenige. Leider!

LG Christiane
 
Hallo J_F,

ich versuche gerne deine Fragen zu beantworten. Und die berufsbedingte Fragekrankheit kenne ich übrigens auch ;-)

1. Gern geschehen.

2. Anschlussinstabilitäten sind mögliche Folgen bei Versteifungen, da besonders die Wirbelsäulensegmente direkt ober- und unterhalb von Versteifungen einer deutlich größeren Belastung ausgesetzt sind als eine gesunde Wirbelsäule, bei der die Belastung gleichmäßig verteilt ist. Mein Arzt sagt immer, dass der liebe Gott die Wirbelsäule einfach nicht dafür konzipiert hat, solch eine Mehrbelastung auszuhalten. Aber es gibt auch Versteifte, die keine Probleme mit Anschlussinstabilitäten haben.
Zwischen der Probefusion und der endgültigen Spondylodese lagen 8 Wochen. Die Anschlussinstabilität machte sich nach 10 Monaten immer mehr bemerkbar. Die OP konnte ich aber dann noch eine Weile hinauszögern. 2 Jahre nach der Spondylodese musste die Anschlussinstabilität dann aber dringend operiert werden. Die Beschwerden durch die Anschlussinstabilität waren andere, da ja auch andere Halswirbelkörper betroffen waren.

3. Probefusionen werden nur selten gemacht. Ich kenne momentan nur einen Neurochirurg, der sie macht. Nachvollziehen warum das so selten gemacht wird, kann ich allerdings nicht. Eine Spondylodese ist nicht ohne und bringt auch einige Einschränkungen mit sich. Ob mir die OP Erleichterung verschaffen würde oder nicht, konnte man nicht mit 100%iger Sicherheit sagen. Falls die Probefusion keine Besserung gebracht hätte, hätte man das Metall, welches in der ersten OP in meine HWS gebastelt wurde, einfach wieder entfernt. Denn wozu Metall in der HWS haben und noch mehr Einschränkungen und Risiken in Kauf nehmen, wenn es den Patienten doch nicht weiterbringt.... Ich bin froh, diese Option gehabt zu haben.

4. Ich wurde im SRH- Klinikum Karlsbad- Langensteinbach operiert. Näheres dazu kann ich dir gerne in einer PN "erzählen".

5. Ganz ehrlich? Ich hatte eine riesengroße Angst vor den ersten beiden OPs. Am Abend vor der ersten OP war ich nur noch am Weinen und wollte alles absagen. Am nächsten Morgen wurde ich weinend in den OP gebracht und schlief (dank Narkose) weinend ein. Ich hatte noch niemals solch eine große Angst.
Nach den beiden ersten großen OPs habe ich mich ziemlich beschissen gefühlt. Ich wurde auf Intensivstation wach, angeschlossen ans Monitoring mit zig Kabeln, mit Blasenkatheter und zig Venenkathetern an Händen, Armen und sogar an Füßen. Die vielen Venenkatheter hatten mich etwas erschreckt und mir nochmal vor Augen geführt,dass das eben keine einfache Routine- OP war, denn in der Anästhesieeinleitung hatte man mir nur einen Venenkatheter gelegt, um das Narkotikum zu spritzen. Alles andere wurde gemacht als ich in Narkose lag (was eigentlich sehr nett war, denn die Venenkatheter, die dann noch hinzukamen, hatten nen ziemlich großen Durchmesser). Ich hatte starke Schmerzen, was ja nicht verwunderlich ist. Auf Intensivstation bekam ich aber immer sofort ausreichend Medikamente (das gute Zeug ;-)) gegen die fiesen Schmerzen. Ich konnte mich auch nicht selbst richtig bewegen und brauchte Hilfe, um mich zu lagern, was aber schnell besser wurde. Aber ich merkte auch unmittelbar nach OP, dass viele meiner Symptome rückläufig waren. Das machte natürlich Hoffnung. An die neue Stellung meiner HWS musste ich mich erst gewöhnen. Nach der ersten OP fühlte es sich so an als würde jemand an meiner HWS hängen und sie nach unten ziehen. Und es fühlte sich an, als hätte ich einen Hals wie ein Geier. Das war anfangs echt unangenehm und ich dachte,wenn das so bleibt, kann ich die endgültige Spondylodese auf keinen Fall machen lassen. Aber dieses Gefühl besserte sich Gott sei Dank. Die ersten Wochen nach OP besserte sich einiges, aber irgendwann war Schluss und mein Zustand stagniert etwas. Richtig zu schaffen machen mir leider die Schmerzen (auch wenn sich der Schmerzcharakter im Vergleich zu vor den OPs verändert hat). Ich habe ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt und bin auf Medikamente und Therapien angewiesen, woran die extrem verzögerte Behandlung nicht ganz unschuldig ist.

Was verstehst du unter "einigermaßen fit"?

6. Meine Kopfbewegung ist eigentlich in allen Ebenen komplett aufgehoben. Eingeschränkt ist man natürlich durch die fehlende Kopfrotation, wobei ich mich daran eigentlich relativ schnell gewöhnt habe, Die Schmerzen schränken mich allerdings viel mehr ein und bestimmen mein Leben. Mein selbstständiges Leben vor dem Unfall existiert nicht mehr.

7. Alle bisher angefertigten Gutachten (egal auf welchem Fachgebiet) sprechen für mich und sehen meine HWS- Verletzung klar als Unfallfolge an. Rentenversicherung und BG sträuben sich aber noch, mir Erwerbsminderungskeitsrente und Unfallrente zu zahlen. Gegen die Rentenversicherung habe ich Klage vorm Sozialgericht eingereicht und warte auf eine Entscheidung. Die BG forderte letztes Jahr noch zig Zusatzgutachten, nachdem ihnen die festgestellte MdE im Zusammenhangsgutachten zu hoch war. Die Zusatzgutachten wurden alle gemacht wurden und auch hier warte ich auf eine Entscheidung. Als Wegeunfall anerkannt wurde die ganze Sache aber. Die BG bezahlt auch OPs, Behandlungen, Therapien, Medikamente, aber sie zahlt seit fast 2,5 Jahren kein Verletzengeld mehr und auch keine Unfallrente.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Antworten etwas anfangen...

Liebe Grüße

Mrs. Jinx
 
Hallo zusammen,

@ Mrs. Jinx

Vielen, vielen Dank für deine ausführliche Schilderung! Ich kann dir gar nicht sagen, wie toll ich es finde, dass du mit mir – wo du mich doch gar nicht kennst – deine Erfahrungen teilst. Das hat mir sehr viel gebracht. Danke! Danke! Danke!

Ich habe die letzten Tage dahingehend auch viel im Forum recherchiert und gelesen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich daraufhin etwas durchgedreht bin, weil mich die schiere Panik gepackt hat. Vor allem die (schon etwas älteren) Beiträge von Thomas Atlanto haben mir gehörig Angst eingejagt.

Die anfängliche Euphorie und Zuversicht löste sich schön langsam in Luft auf und übrig blieb das dumpfe Gefühl, dass es zwar grundsätzlich eine Möglichkeit gäbe, mir zu helfen – dass der Preis hierfür allerdings unkalkulierbar ist.

Momentan habe ich mich wieder etwas beruhigt und versuche, meine Litanei an Fragen hier und mit eurer Hilfe abzuarbeiten.

Also, weitergeht´s….

Zuerst hätte ich eine organisatorische Frage: ist es ok, dass ich hier alle meine Fragen zu Therapien, BG, Versicherungen, Anwalt etc. reinschreibe oder soll ich in der jeweiligen Rubrik ein neues Thema „aufmachen“? Vielleicht kann mir da jemand Hilfestellung geben, weil ich Angst habe, das momentan in meinem Kopf herrschende Chaos 1:1 ins Forum zu „schmeißen“.
 
Derweilen mach ich hier mal weiter mit meiner Fragerei:

1. Private Unfallversicherung:
Gibt es verbindliche Richtlinien, wie bzw. was nach einem solchen Autounfall begutachtet werden muss? Ich habe im Internet nichts Passendes bzw. nichts Aktuelles gefunden. Interessieren würde mich im Speziellen, ob die Funktionsaufnahmen, wo ich den Kopf zur Seite geneigt habe und durch den Mund geröntgt wurde (und wo ja dann die Läsion des Ligamentums alaria festgestellt wurde) nicht schon bei der Begutachtung hätten gemacht werden müssen.

2. Mein Anwalt ist ja Hr. Tsch**** aus Traunstein. Kennt den jemand bzw. hat jemand Erfahrungen mit ihm? Ich bin gerade ziemlich verunsichert, da die Kommunikation sehr spärlich und mein Fall etwas verzwickt ist.


Danke im Voraus und liebe Grüße

J_F
 
So, jetzt hab ich noch was vergessen:

Was soll ich jetzt mit den ganzen falschen Diagnosen von verschiedensten Ärzten machen? In meinen Krankenakten steht ja folglich hauptsächlich „Schmarrn“ drin, da seit knapp drei Jahren rumgedocktert wurde, aber erst jetzt die richtige Diagnose gestellt wurde.
Reicht es, nun einfach die richtige Diagnose in die Krankenakte aufzunehmen oder müssen die falschen Diagnosen ausdrücklich revidiert werden?

Das hat mir ja schon genug Ärger eingebracht und einen Haufen Geld gekostet…
 
Liebe Forumsgemeinde,

habe ich irgendeine (ungeschriebene) Forumsregel gebrochen?
Oder ist es normal, dass man irgendwann keine Antworten mehr bekommt?

Falls ich etwas falsch gemacht habe, bitte ich dies zu entschuldigen.




LG

J_F
 
Hallo JF,

ich wüsste nicht, dass du hier in ein Fettnäpfchen getreten bist.
Manchmal weiß man einfach nicht die Antworten auf die Fragen oder man liest nicht mit oder man hat keine Kraft oder Zeit ... die Gründe sind bestimmt vielfältig, wenn niemand antwortet.

Einfach noch einmal fragen, die Zeit nutzen und andere Beiträge lesen, Suchfunktion oben nutzen.

Diagnosen werden nicht gelöscht.
Du kannst nur versuchen, aktuellere und bessere Befunde zu bekommen.
Leitlinien für Untersuchungsabläufe gibt es wohl, aber eingehalten werden sie deshalb noch lange nicht (bei mir hätte nach 8 Wochen Schmerzen eine MRT gemacht werden müssen) und Konsequenzen hat das, außer für den Patienten, keine / selten.

Lies die Tipps nochmal, die du erhalten hast, vielleicht sind da noch an dich gestellte Fragen offen oder noch ein Tipp dabei, dem du noch nachgehen könntest.

Liebe Grüße HWS-Schaden
 
Hallo HWS-Schaden,


vielen Dank für deine Antwort. ;-)



LG

J_F
 
Hallo JF
bei mir ist auch das lig alare und transverum gerissen und mein Dens ist dezentuiert.
Ich hatte am anfang ziemliche Schmerzen, aber die habe ich mit Physio extrem gut in den Griff bekommen. Ich mache aber auch jeden Tag 1h Übungen zu hause und versuche immer wieder zureflektieren, woher die Schmerzen kommen. Teilweise hatte ich Kopfweh und dachte "Oh Hals", aber im Prinzip hatte ich zuwenig getrunken und so weiter.

Ich kenn dich jetzt nicht, aber was und wie du schreibst klingt es für mich schon, nach einer Kombination aus Verletzung plus Psychosomatik evtl depressive Episode. Das ändert ja nicht an einer Problematik und ob es was weh tut weil es "nur" kaputt ist oder ob es kaputt + psyche. Gerade wenn das drumherum von einen Unfall so bescheiden läuft kommt da viel zusammen. Schmerz ist ein sehr komplexer vorgang und neben dem Schmerzreiz kommt es auch auf die Schmerzverarbeitung an und die wird u.a. von der Psyche moduliert.
Grundsätzlich ist ja die Frage woher der Schmerzkommt und wie man daran arbeiten, da hilft es ungemein, wenn der Patient offen ist und auch andere Ursachen außerden Unfall in betracht ziehen kann.
Wie lange hast du schon Schmerzen?
Was tust du dagegen?
Nimmst du Schmerzmittel, wenn ja welche und wann?

Mir hat mein Unfall auch ziemlich zugesetzt und ich habe absolut das vertrauen in meinen Hals verloren. Nur habe ich das Glück selber aus dem medizinischen Bereich zukommen und wusste einbisschen wo ich ansetzten muss. Das ist ein ziemlich langer Weg und leicht ist der auch nicht, aber alles ist besser als eine OP

Ich glaube du würdest von einer guten Physiotherapie (KG,MT, ggf Massage) Psychotherapie und Schmerzmedizin mehr profitieren als von einer OP.
 
Hallo SofeeErdbeere,

der Unfall ist nun beinahe drei Jahre her und seitdem habe ich diese unerträglichen Schmerzen. Versucht habe ich ziemlich alles.

Das Einzige was hilft, sind Injektionen mit Bucain und Co. in den Nacken oder strenge Ruhigstellung mittels Philadelphia Collar. Sonst nichts. Wirklich gar nichts!


Was ich schön langsam nicht mehr hören kann ist das mit der Psyche.


Ja, der Unfall und alles drum herum hat auch massive psychische Spuren hinterlassen und meine Seele wird bis ans Ende aller Tage vernarbt bleiben. Aber den Menschen, der nach einer solchen Geschichte noch Tag täglich frohen Mutes durch eine rosarote Ponyhof-Welt hopst habe ich noch nicht kennengelernt. Falls es den gibt, schneide ich mir gerne eine Scheibe ab und drücke mir selbst den Stempel eines Jammerlappens auf.
Nichts desto trotz ging auch mein Leben weiter und brachte mir natürlich auch sehr viele schöne Momente oder Episoden - was die abartigen Schmerzen aber leider nie interessierte. Die blieben einfach. Egal wie's mir ging.

Ich bin zwar Ingenieur und kein (angehender) Arzt und folglich in medizinischen Dingen Laie, aber rein vom Verstand her kann ich mir nicht erklären, wie massive Beschwerden nach einem Unfall beginnen können und in ihrer Häufigkeit, der Intensität, in der Charakteristik etc. so beständig bleiben können, wenn sie psychisch verursacht sein sollen


Bitte verstehe das nicht falsch, aber mein Kontingent für "psychische Ursachen" ist erschöpft. Mir kommt es auch so vor, als sei das seit geraumer Zeit der Lieblings-Topf der Ärzteschaft, in den man alles wirft, was man gerade nirgendwo sonst unterbringt. Und vielleicht interpretiere ich es auch falsch, aber für mich hat das immer einen äußerst faden Beigeschmack a la "eigentlich ist man ja selbst schuld" oder "man bildet sich das ein" bzw. "man steigert sich rein".

Vielleicht liegt's auch am Job, aber uns Ingenieuren wurde schon im Grundstudium eingeprügelt, dass es immer eine (logische) Ursache gibt und hat man diese nicht gefunden, hat man eben nicht gut genug gesucht!


In diesem Sinne alles Gute und liebe Grüße

J_F
 
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