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Unverschuldeter Verkehrsunfall - Berufsunfähig - was nun???

Liebe Tine1972,

hinsichtlich der Hände wäre jetzt interessant, welche typischen Alltagstätigkeiten beeinträchtigt sind, bei welcher Belastung. Die Beweglichkeit der Gelenke in allen Ehren, aber damit ist noch nicht geklärt, was alles getan werden kann. Denn die Beweglichkeit der Gelenke wird festgestellt im Leerlauf, ohne Belastung. Was würdest Du sagen zu einem Mechaniker, der prüfen soll, ob ein Motorrasenmäher richtig funktioniert, und der dann folgendes macht: er startet den Rasenmäher, das funktioniert auch, ergibt ein bisschen Gas, das geht auch, dann lässt er ihn ein wenig im Leerlauf vor sich hin laufen, macht ihn dann aus und strahlt Dich an: Ist doch alles in Ordnung!?

Da würdest Du Dich wundern. Wie testet man einen Rasenmäher? Nun, zuallererst, indem man im Rasen mäht. Das Muster können, dazu ist er da. Mit dem „Test“, den der glücklicherweise erfundenen Mechaniker „durchgeführt“ hat, kann man ja noch nicht einmal feststellen, ob unten überhaupt ein Messerbalken dran ist. Da kann ich Dir aber verbindlich sagen, wenn der fehlt, dann wird das nix mit dem Rasenmähen.
Es kann gut sein, dass es viele Belastungen gibt, die Dein Mann noch kurzzeitig kann. Ich will jetzt nichts einreden, aber es gibt sehr viel mehr als die reine Gelenksbeweglichkeit im Leerlauf, die zu beachten wäre. Zum Beispiel vielleicht (ich weiß es ja nicht): einen vollen Bierkasten anheben. Aber er könne nicht mehr 25 m weit tragen. Weil das so wehtut, dass man freiwillig auf das Bier verzichtet. Also hält Dein Mann (wenn es so ist wie in dem Beispiel) einen mittleren Zug von 16 kg nur weniger als 30 Sekunden aus. Dann nutzt die ganze Beweglichkeit in den Handgelenken reichlich wenig, wenn man nicht mehr recht anheben kann. Ist es denn auf zumutbare Art und Weise überhaupt noch möglich, dass Dein Mann ein Rad mit dem Radkreuz ein Rad demontiert, dass Rad abhebt, dann wieder an den Radflansch montiert? Bin ich ein wenig gespannt, wie das alles gehen soll.

5000 € Schmerzensgeld, das würde (jetzt einmal eine ganz grobe Daumenpeilung) für eine lästige Verletzung langen, die aber im wesentlichen nach 3-6 Monaten so weit ausgeheilt ist, dass nur noch unbedeutende Reste übrig sind. Das ist jetzt ein Erfahrungswert, den ich aus einer dicken Schmerzensgeldtabelle mal schnell über den Daumen gepeilt habe. Erscheint ein Mann aber eine andere Qualitätsstufe erlitten zu haben.


ISLÄNDER
Ich verstehe was Du meinst.

Als Kfz-Mechaniker kann er nicht mehr arbeiten. Er ist ja auch von der Reha als arbeitsunfähig für seinen Beruf entlassen worden. Er könne aber 6 Stunden und mehr leichte bis mittelschwere Aufgaben erledigen. So stand es im Entlassbericht.
Das Beispiel mit dem Rad ist gut, das kann er nämlich nicht mehr, er hatte es schon versucht, da ich einen Platten hatte. Keine Chance.
Einen Getränkekasten kann er zwar mittlerweile anheben, aber nicht weit tragen. Es gibt so einiges was nicht mehr so geht, was ich jetzt aber gar nicht so sagen kann. Es sind oft auch Kleinigkeiten, wo er es eben jetzt anders versucht zu machen. Rasenmähen kann er mittlerweile wieder, aber nach ca. 20 Minuten muss er dann einfach aufhören und einige Zeit warten, weil es schmerzt.

Wegen des Schmerzengeldes, was sollte ich da dem Anwalt sagen? Er wird ja sicher eine Begründung fordern.
 
Liebe Tine1972,

01
"Was soll ich dem Anwalt sagen....?"

Anwort: Das müssen wir erst vorbereiten.
02

(a)
Wir brauchen Schilderungen, welche Tätigkeit wie behindert gewesen ist.

- wie lange ging das?
- was tat dabei weh?
- wie lang hat es gedauert, bis die Arbeit wieder fortgesetzt werden konnte (= "Abklingzeit" = "Schmerz laß nach, der Doktor kommt")-?

(b)
Und da hast Du schon wunderschön angefangen mit dem Beispiel "Rasenmähen". Da sieht man: "Schub auf die Handgelenke Richtung Ellbogen mit Rasenmähen" geht 20 Min. Rasenmähen nicht. Dann zu schmerzhaft.

20 min: Da schafft (so im Durchschnitt) man ungefähr 350 m² Rasen bei einem Grundstück, bei dem in durchschnittlichem Umfang um Hindernisse rumgemäht werden muss: Sträucher, Bäume, Fahnenmast (mit der stolzen Fahne Deines Bundeslandes!).

Hat der Rasenmäher einen Grasfangsack, muss der ausgeleert werden, bei mittlerem Wuchs: vermutlich so 4 - 6 x pro Rasenmähaktion. Welche Probleme gibt es damit?
(Ich habe einen rabenschwarzen Verdacht: Ausschütteln, oh je?)


(c)
Es gibt einen Fragebogen dazu, der kann schon mal als Anregung dienen. Das ist nämlich viel aussagekräftiger als nur eine Diagnose. Bei der Deiagnose schreibt der Arzt, welches Leiden Du hast. Aber nicht, "wie schlimm es ist".

Jetzt also der Fragebogen:
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Bitte füllen Sie den Fragebogen aus, damit man sich ein Bild machen kann, wie stark die Behinderung ist:

Bitte machen Sie Angaben zu Schmerzen. Bitte benutzen Sie bei der Beschreibung die Stärkeskala von 0 bis 10. Dabei gilt:



Stufe 0: Schmerzfreiheit
Stufe 4: Schmerzen in der Stärke, dass ich schlecht einschlafe.
Stufe 7: Ständige Schmerzen, die ich auch nicht "wegdrücken" kann, indem ich mich auf etwas anderes konzentriere.
Stufe 10: Ich kann nicht mehr, mein Leben besteht nur noch aus Schmerzen.

Wenn es zusätzlich stechende Schmerzen gibt, macht man hinter die Zahl:

Für …..leichtes, wenig zusätzlich störendes Stechen: einen Stern " * "

….mittleres, häufiges zusätzliches Stechen zwei Sterne " ** "

…..für starkes, zum sofortige Anhalten führendes Stechen: drei Sterne " *** "



Beispiel: Ständig mäßige Schmerzen, dazu am Tag 4-8 mal kräftige Stiche, danach kann man aber gleich wieder weitergehen wäre: 3**



Es geht los:



Haben Sie einen Schwerbehindertenbescheid? ( ) Nein ( ) Ja. Kopie schicke ich mit.



1.) Was ist Ihre Arbeitshand?

( ) Rechts ( ) Links

2.) Wo sitzt der Schmerz vor allem? (das heißt: Wo ist es am schlimmsten?)

( ) links ( ) rechts

( ) Schulter ( ) Oberarm ( ) Ellbogen ( ) Unterarm

( ) Handgelenk ( ) Handfläche/Handrücken ( ) Daumen ( ) Zeigefinger

( ) Mittelfinger ( ) Ringfinger ( ) kleiner Finger

3.) Bitte beschreiben Sie: Welcher Art ist der Schmerz dort-?


( ) ziehend ( ) drückend ( ) stechend ( ) brennend ( ) juckend
( ) bohrend ( ) tobend
( ) wird bei Belastung schlimmer.

Schmerzstärke in Ruhestellung …….(auf der Skala von 0 – 10, siehe oben)


4.) Es gibt Leute, die haben an mehreren Stellen im Bereich Schulter/Arm/Hand Schmerzen. Sie auch-?


( ) Nein. (Dann gehen Sie gleich zur Frage Nummer 6)
( ) Ja: Dann:

a.) Wo denn noch?

( ) links ( ) rechts

( ) Schulter ( ) Oberarm ( ) Ellbogen ( ) Unterarm

( ) Handgelenk ( ) Handfläche/Handrücken ( ) Daumen ( ) Zeigefinger

( ) Mittelfinger ( ) Ringfinger ( ) kleiner Finger



b.) Bitte beschreiben Sie: Welcher Art ist der Schmerz dort-?

( ) ziehend ( ) drückend ( ) stechend ( ) brennend ( ) juckend

( ) bohrend ( ) tobend

( ) wird bei Belastung schlimmer.

Schmerzstärke in Ruhestellung …….(auf der Skala von 0 – 10, siehe S. 1!)



5.) Haben sie noch eine dritte schmerzhafte Stelle im Bereich Schulter/Arm/Hand Schmerzen?

( ) Nein. (Dann gehen Sie gleich zur Frage Nummer 6)

( ) Ja: Dann:

a.) Wo denn noch?

( ) links ( ) rechts

( ) Schulter ( ) Oberarm ( ) Ellbogen ( ) Unterarm

( ) Handgelenk ( ) Handfläche/Handrücken ( ) Daumen ( ) Zeigefinger

( ) Mittelfinger ( ) Ringfinger ( ) kleiner Finger



b.) Bitte beschreiben Sie: Welcher Art ist der Schmerz dort-?


( ) ziehend ( ) drückend ( ) stechend ( ) brennend ( ) juckend

( ) bohrend ( ) tobend

( ) wird bei Belastung schlimmer.

Schmerzstärke in Ruhestellung …….(auf der Skala von 0 – 10, siehe S. 1!)



Bitte beschreiben Sie, ob und wie Sie die folgenden Tätigkeiten verrichten können. Dabei setzen Sie Zahlen als Antwort ein. Es bedeuten:



(1) = Geht gar nicht oder tut so weh, dass ich es nicht mache.

(2) = Geht einige Sekunden lang gegen Schmerzen

(3) = geht mit Schwierigkeiten oder gegen Schmerzen

(4) = geht mit leichten Einschränkungen

(5) = geht besser als (1) – (4)

( ) vollen Kasten Mineralwasser (12 Flaschen) tragen

Wenn es dabei weh tut: Wo genau-?

……………………………………………………………..…………………………..



( ) Frühstückgeschirr in einen Hängeschrank – Fachhöhe: 1,5 Meter räumen

( ) Gemüse mit dem Messer in Scheiben schneiden (z.B. Karotten oder rohe Kartoffeln)

( ) Putzlappen auswinden

( ) Schnee räumen

( ) Gehweg mit dem großen Besen kehren

( ) Fernsehsessel verschieben (mit Einsatz der Arme, nicht mit dem Bauch!)

( ) Teppich zusammenrollen

( ) Schraubverschluss an einem Gurkenglas aufdrehen

( ) Folienverschluss – wie bei Getränkekartons- aufziehen

( ) groben Schmutz von Schuhen bürsten

( ) mit der Hand eine DIN A-4-Seite schreiben (nur mit der Schreibhand!).

( ) Zehennägel schneiden

( ) die eigenen Haare waschen, fönen

( ) den eigenen Rücken waschen

( ) In einen Anorak schlüpfen (ohne Hilfe)


Danke. Sie haben uns geholfen. Wir können uns jetzt besser vorstellen, welche Beschwerden Sie haben. Bitte füllen Sie noch aus:

Datum: ………………….

---------------------------------------------------------------------------------------------------


Bitte drucke Dir den Fragebogen aus und speichere ihn ab, weil Dein Mann ihn immer wieder braucht. So alle 2 Monate sollte er neu ausgefüllt werden, dann sieht man die Entwicklung.

ISLÄNDER
 
Hallo @Isländer ,
für wen ist denn der Fragebogen dann auch relevant hinsichtlich der Schmerzen?
Ich habe noch eine Frage, im Oktober oder November hat mein Mann noch mal ein Gespräch mit dem Rentenberater hinsichtlich des genehmigten Antrages zur Teilhabe am Arbeitsleben. Was ist, wenn er nach wie vor diese Schmerzen hat, er bleibt ja auch ziemlich eingeschränkt. Können die ihn in einen Beruf "schubsen" den er gar nicht machen will??? Er hat da Angst davor, dass er dann was machen muss, was ihm gar nicht liegt, wie z. B. Büro, wo ich mir denke, wie soll das denn gehen, wenn er ja am Laptop auch nach einiger Zeit Probleme mit dem Handgelenk hat...
Zudem stehen Ende Oktober, Ende Januar und dann noch mal im Winter 2025 eine oder 2 OP´s an.
Vielen Dank schon mal im Voraus.
VG Tine
 
Liebe @Tine1972 ,
es gibt spezielle Hilfsmittel, welche die Arbeit am Computer unterstützen, wenn man verletzte Hände hat.

Die DRV unterstützt bei der Auswahl geeigneter Materialien und übernimmt die Finanzierung. Außerdem ist für den Arbeitgeber u.a. ein Lohnkostenzuschuss möglich, um die verminderte Leistung auszugleichen.

Die Rentenversicherung arbeitet mit Testzentren zusammen und es wird sehr lange nach einem geeigneten Weg gesucht, ehe man den Patienten in Rente schickt.
Zudem stehen Ende Oktober, Ende Januar und dann noch mal im Winter 2025 eine oder 2 OP´s an.
Was ist da konkret geplant?

Herzliche Grüße,
KS 1973
 
Liebe @Tine1972 ,
es gibt spezielle Hilfsmittel, welche die Arbeit am Computer unterstützen, wenn man verletzte Hände hat.

Die DRV unterstützt bei der Auswahl geeigneter Materialien und übernimmt die Finanzierung. Außerdem ist für den Arbeitgeber u.a. ein Lohnkostenzuschuss möglich, um die verminderte Leistung auszugleichen.

Die Rentenversicherung arbeitet mit Testzentren zusammen und es wird sehr lange nach einem geeigneten Weg gesucht, ehe man den Patienten in Rente schickt.

Was ist da konkret geplant?

Herzliche Grüße,
KS 1973
Hallo KS1973,
Danke für die Info.
Hinsichtlich der OP's... Zunächst werden die Platten im Gesicht entfernt, im Januar die Platten und Schrauben der Hand, wobei nervenverästelungen "durchtrennt" werden, damit der Schmerz nicht mehr so stechend sein soll.
Sollte dies nicht helfen, erfolgt eine erneute OP mit einer Prothese des Daumensattelgelenks.
Definitiv erfolgt aber noch eine Schulter-OP, zwecks Arthrose.
 
Grüß Dich, Tine 1972!

Ich muss ein wenig ausholen. Es wird hier um die Ängste Deines Mannes gehen wegen seiner beruflichen Zukunft.


01
Vorab aber noch kurz etwas zu den Fragebogen. Ich habe Deine Frage wegen der Schmerzen nicht ganz verstanden. Wahrscheinlich bin daran ich schuld. Sagen wir mal: Der ISLÄNDER kann halt nicht richtig Deutsch. Also:

Wer den Fragebogen benutzt, soll dabei auch die Schmerzen berücksichtigen.
Wer sich jemals den Fuß verstaucht hat: Theoretisch kann man damit gehen, es ist nicht gebrochen. Praktisch kann man damit nur auf einem Bein hüpfen: Dem gesunden Bein.
Und nach dem, was praktisch geht, geht auch der Fragebogen.



02
Ich beantworte einmal die Frage, ob man Deinen Mann in einen Bürojob "reinpressen" kann.

(a)
Versprichst Du mir, dass Du nicht erschrickst? Ja? Sehr gut!

(b)
In einem Buch, dass alle kennen, die beruflich mit Personenschäden umgehen, findet sich folgender Satz:

"Grundsätzlich ist der Verletzte, der unfallbedingt in seinem alten Beruf nicht mehr oder nicht mehr voll arbeiten kann, verpflichtend verpflichtet, seine verbleibende Arbeitskraft.... In den Grenzen des Zumutbaren und Möglichen so nutzbringend wie möglich einzusetzen.“
(Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 14. Aufl. 2024, Rn. 54)

(c)
Aber was es zumutbar?

(ca)
Für jemanden, der solche Fachbücher verwendet, ist es verdächtig, dass das Buch an dieser Stelle Klarheit vermissen lässt.

(cb)
Ein Fachmann wundert sich darüber aber nicht. Küppersbusch war Prokurist einer Versicherung, wie zum Allianz Konzern gehörte. Und Höher ist in der Kanzlei BLD (ich glaube, rund 130 Rechtsanwälte, mit mehreren Niederlassungen quer über ganz Deutschland) in einer Top-Position. BLD wirbt für sich, einen großen Teil der deutschen Versicherer als Rechtsanwälte zu vertreten.
Das Buch ist meines Erachtens fehlerhaft in vielerlei Beziehung sehr einseitig.

(cc)
Aber wie ist das jetzt richtig?

An dieser Stelle kommt es regelmäßig zu einem Missverständnis. Jeder von uns hat schon gehört, dass ein Arbeitsloser, wenn der weiter Arbeitslosengeld haben will, auch zumutbare Arbeit annehmen muss. Und wenn einer ein Arbeitsloser Musikerlehrer ist, aber nur eine Stelle als Straßenkehrer frei ist, dann muss er Straßen kehren. Wenn er das nicht tut, wird es mit seinem Arbeitslosengeld schnell Schwierigkeiten geben. Bis jetzt ist alles richtig.

(d)
Nur: Das gilt nur für die Frage, uns vom Arbeitsamt Arbeitslosengeld gibt oder nicht. Das ist in einem Sozialgesetzbuch, dem SGB III geregelt.

So, und jetzt kommt's: Das gilt nicht im Bereich des Schadensersatzrechtes. Und genau dort sind wir. Vergiss also, was gilt, wenn man Arbeitslosengeld haben will!

(e)
Ich vermute, Dein Mann hat keinen Büroberuf erlernt. Davon gehe ich aus für das weitere:

(f)
Daher könnte er in einem Büro auch nicht als Gelernter arbeiten. Ich habe schon viele Lehrlinge gehabt, die bei mir einen Büroberuf erlernt haben. Genauso wenig, wie man „einfach so“ als Automechaniker arbeiten kann, wenn man das nicht gelernt hat, genauso wenig geht es im Büroberuf. Davon kann ich als ehemaliger Lehrherr durchaus ein Lied singen.
(Ich bitte, ist mir zu verzeihen, dass ich mit den Begriffen „Azubi" und "Ausbildender" nicht allzu viel anfangen kann. Ich bleibe bei Lehrlingen und Lehrherr. Das ist nicht böse gemeint.)

(g)
Muss Dein Mann dann als Bürohilfsarbeiter arbeiten? Als Telefonist? Als Bürobote? Als Museumswärter? Als Kassier am Fußballstadion? Pförtner?
Antwort: Nein. Muss er nicht. Siehst Du, das ist der Unterschied zum Sozialrecht. Denn man verstößt nicht gegen die Schadensminderungspflicht, wenn er sagt:

"Ich habe vorher als gelernte Fachkraft, als Geselle des Kfz-Mecatronikerhandwerkes gearbeitet. Ich bin nicht verpflichtet, mich als Hilfsarbeiter, als Angelernter zu betätigen."

(h)
Bestimmt wirst Du antworten: „Naja, Isländer, Deine Ansichten, sehr schön. Aber würde das ein Richter auch sagen?"

Diese Frage ist sehr berechtigt.

(ha)
Ich orientiere mich, wenn ich hier im Forum etwas sage, an der Rechtsprechung des BGH und der Oberlandesgerichte, weil die anderen Gerichte (Amtsgerichte, Landgerichte)mit aller Wahrscheinlichkeit auch im Falle Deines Mannes der herrschenden Meinung diese hohen Gerichte folgen. Vor allem, wenn der BGH etwas mehrfach schon entschieden hat, dann ist es kaum zu erwarten, dass ein Gericht davon noch abweicht.
Deshalb, weil es darauf ankommt, berichte ich auf der Basis von BGH und den Oberlandesgerichten.
Das mache ich immer so. Wenn ich einmal ausnahmsweise meine eigene Meinung verbreite, diese aber von der herrschenden Meinung abweicht, dann sage ich auch das ganz deutlich.

(hb)
Was sagen also die Gerichte in Deutschland dazu? Sie sagen es genauso wie ich:

Oberlandesgericht Hamm, VersR 92/1120
Kammergericht (es hat den Rang eines Oberlandesgerichtes in Berlin): NZV 02/97
Bundesgerichtshof VersR 91/596

(hc)
Besonders hilfreich für Euch ist die Entscheidung den sogenannten "Heizungsbauer-Fall":
Sie stammt vom BGH (in: NZV 91/188), sehr daher auch viel Gewicht:

Was war da los?

Ein junger Mann war gerade Lehrling im 3. Lehrjahr. Es war wahrscheinlich, dass er seine Gesellenprüfung mit Erfolg bestanden hätte, und dann wäre er Geselle des Heizungsbauer-Handwerks gewesen. Also so ähnlich, was den Rang betrifft, wie es bei Deinem Mann ist. Denn auch Bei diesem Beruf ist die Lehrzeit besonders lange, wie bei den Beruf Deines Mannes auch: 3 1/2 Jahre.
Das ist also ein wunderschöner Beispielsfall!

Dann kam ein Unfall, und die Folge war, dass der Lehrling seine Lehre nicht mehr abschließen konnte. Es hat nämlich einen Gehirnschaden gegeben, der es ihm nicht mehr erlaubt hat, die Berufsschule mit Erfolg abzuschließen. Daraufhin wollte die Versicherung haben, dass er als ungelernter Helfer im Heizungsbau arbeitet. als Helfer hätte er noch arbeiten können. Das, was er da gegenüber einem Gesellen des Heizungsbauhandwerk weniger verdient, das hätte die Versicherung noch draufgelegt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das ist nicht zumutbar! Deshalb muss es der Kläger auch nicht tun. Helfer im Heizungsbau, das ist keine Tätigkeit für einen Gelernten, sondern im Status eine Hilfsarbeitertätigkeit. Das sieht man am Gehalt, natürlich aber auch an den Aufgaben, die der Helfer hätte übernehmen können, und an der Verantwortung, die er bei seiner Arbeit trägt, an dem Status in der Firma.

(i)
Dann kann man aber immer noch überlegen, was los ist, wenn die Versicherung bereit wäre, eine Umschulung zu bezahlen, sodass ein Mann in einem 3-jährigen Lehrberuf, sagen wir einmal als Bürokaufmann arbeiten könnte?

Dann wäre er ja auch wieder als gelernte Fachkraft tätig.

Dazu müsste Dein Mann als Bürokaufmann talentiert sein.

Ob das überhaupt Sinn hat (ich weiß nicht, wie alt ein Mann schon ist) kann ich nicht sagen.

Es gäbe ein Argument, von dem ich noch nicht gehört habe, ob es schon jemals vor Gericht genutzt worden ist, ich bin der Meinung (Vorsicht: das ist jetzt meine Meinung), dass es sich immerhin hören lässt:

Wir haben in Deutschland Grundrechte. Zu den Grundrechten, die an der höchsten Stelle aller Gesetze stehen, gehört auch das Grundrechtder Berufswahlfreiheit. Es steht im Art. 12 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, also in der Verfassung. Da steht:


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. (....)

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.


Ich bin der Auffassung: das kann man hintenrum einem Menschen über das Schadensersatzrecht nicht wieder nehmen. Jeder hat das Recht, sich einen Beruf auszusuchen, der ihm zusagt. Und etwas Freude macht.

Ich bin der Meinung, dass man einen Menschen, der sich als tätiger Handwerker wahrnimmt, der mit seiner Geschicklichkeit, seinem technischen Know-how, seinen Kenntnissen Technik bewältigt nicht zwingen kann, in einen Beruf zu gehen, der ihm zuwider ist und bei dem er jeden Tag in der Früh hofft, dass bald Feierabend ist.

Man hat doch nicht, nur weil man einen Unfall hat, das Recht verloren, sein Leben zu gestalten!

Ich kenne aber keine Entscheidung, in der dieser Gedanke einmal durchgearbeitet worden wäre.

Tipp:
Auch wenn Eure Rechtsanwältin möglicherweise nicht wirklich entzückt ist: Spätestens dann, wenn sie liest, dass dieser Beitrag auf der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des BGH beruht, weiß sie, dass es ernst zu nehmen ist.


ISLÄNDER
 
Hallo @Isländer
Danke, ich hoffe sehr, ich kann meinem Mann vorerst ein wenig die Angst nehmen.
Er ist im übrigen 52 Jahre, und war bis zu seinem Unfall 35 Jahre und 26 Tage in der Firma...
Wahrscheinlich hatte ich mich wegen des Fragebogens etwas blöd ausgedrückt.
In erster Linie ist er als stütze für uns, den Therapeuten und vielleicht mal dem Rentenberater.
Es treibt uns halt immer ein wenig die Sorge, ist alles geklärt bevor eine Aussteuerung droht. Aber der Rentenberater wird uns schon helfen können. Wir dachten nach dem Unfall, spätestens in einem halben Jahr arbeitet er wieder... tja.
Vg
 
Grüß Dich, Tine 1972!

01
Der Fragebogen dient vielen. Wird er regelmäßig ausgefüllt, zeigt er den Verlauf gut.

(a)
Für eine Begutachtung nimmt man dann diese Sammlung mit.

(b)
Man reicht die Sammlung mit ein, wenn man Lesitungen beantragt:

-Rente
-Schwerbehindertenausweis

Die Sammlung braucht aber auch ein Anwalt, der Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden oder Verdienestentgang geltend machen soll....

02
Das ist vor allem bei den Geschädigten hilfreich, die es nicht (z.B. beruflich) gewohnt sind, anderen etwas zu erklären.

03
Rentenberater sind spezialisierte Fachleute, die sich in aller guter Regel rund um die Rente besser auskennen als Anwälte, auch bei Fragen rund um den Schwerbehindertenausweis. Aber bei der
gegnerischen KFZ-Versicherung, da nutzen sie wenig. Weil das nicht mehr der Fachbereich ist, für den sie zugelassen sind.

04
Es fehlt Monat für Monat etwas Geld. Gibt es einen Grund, weshalb das noch nicht eingefordert ist?

05
Ich verstehe, dass ihr langsam Sorgen bekommt, was los ist, wenn das Krankengeld erschöpft ist.
Daher wird man jetzt allmählich Vorsorge tragen müssen.

Besteht eine Rechtsschutzversicherung, die einspringt für Porzesskosten?


ISLÄNDER
 
Grüß Dich, Tine 1972!

01
Der Fragebogen dient vielen. Wird er regelmäßig ausgefüllt, zeigt er den Verlauf gut.

(a)
Für eine Begutachtung nimmt man dann diese Sammlung mit.

(b)
Man reicht die Sammlung mit ein, wenn man Lesitungen beantragt:

-Rente
-Schwerbehindertenausweis

Die Sammlung braucht aber auch ein Anwalt, der Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden oder Verdienestentgang geltend machen soll....

02
Das ist vor allem bei den Geschädigten hilfreich, die es nicht (z.B. beruflich) gewohnt sind, anderen etwas zu erklären.

03
Rentenberater sind spezialisierte Fachleute, die sich in aller guter Regel rund um die Rente besser auskennen als Anwälte, auch bei Fragen rund um den Schwerbehindertenausweis. Aber bei der
gegnerischen KFZ-Versicherung, da nutzen sie wenig. Weil das nicht mehr der Fachbereich ist, für den sie zugelassen sind.

04
Es fehlt Monat für Monat etwas Geld. Gibt es einen Grund, weshalb das noch nicht eingefordert ist?

05
Ich verstehe, dass ihr langsam Sorgen bekommt, was los ist, wenn das Krankengeld erschöpft ist.
Daher wird man jetzt allmählich Vorsorge tragen müssen.

Besteht eine Rechtsschutzversicherung, die einspringt für Porzesskosten?


ISLÄNDER
Hallo,

05 es besteht eine Rechtschutzversicherung.

04 Anwalt meint da müsse man warten wie es bei meinem Mann weitergeht und es wurde ja das Motorrad bezahlt bisher.

Alles andere ist klar.

Vg Tine
 
Hallo Tine,

ich interpretiere erstmal "berufsunfähig" auf seinen Beruf als KFZ-Mechatroniker!

Dies heißt aber noch nicht "arbeitsunfähig"! Dein Mann könnte doch kaufmännisch "aufsatteln" und im Autohaus z. B. den Kundenservice, das Ersatzteilmanagement -> Lagerlogistik übernehmen???!!!!

"Schrauben" geht körperlich nicht mehr - aber "Büro" scheint doch wohl zu gehen! Also Antrag auf Aus-/ Fortbildung stellen!!!

Oder habt ihr eine BU-Versicherung abgeschlossen, welche einspringt?

Viele Grüße,

Kasandra
 
Grüß Dich, Tine 1972,

Ich stimme Kassandra weitgehend zu. Mit einem "Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" (so heißt das Ding) kann man immerhin ein Beweiselement schaffen, dass man arbeiten will.

01
Besprecht aber mit dem Arbeitsamt, ob das jetzt schon - vor den OPs der Platten- und Materialentfernungen! das bereits jetzt beginnen soll. Testungen (auf Begabungen) könnte man immerhin jetzt schon machen.

02
Es tut mir leid, aber: Die Bewältigung solcher Unfallfolgen ist mit Bürokratie verbunden. Dem kann man nicht ausweichen. Also:

Wenn Dein Mann beim Arbeitsamt ist: Er soll sich schriftlich besätigen lassen, dass er dort war, um zu besprechen, wie es beruflich weitergehen könnte. Und, wenigstens in Stichworten: Was wurde ihm gesagt? Welches Ergebnis? Und das soll das Arbeitsamt bitte abstempeln. Wenn man dort nicht will, bittet man um das Beratungsprotokoll. Auf dieses Protokoll hast Du Anspruch. Was machst Du, wenn Du trotzdem abgewimmelt wirst?

(a)
So schnell lassen wir uns nicht abwimmeln.

(b)
Frage:

(ba)
"Wie, bitte, wollen Sie hinterher belegen können, dass Sie mich rechtssicher und richtig beraten haben, was Sie nach §§ 13 bis 15 SGB 1 aber tun müssen, wenn es kein Beratungsprotokoll gibt??"

(bb)
"Wo ist die Dienstordnung oder Geschäftsordnung veröffentlicht, in der steht, wie der Dienstbetreib hier im Hause durchzuführen ist? Wie heißt das Ding genau?"
(Die Antwort schreibst Du aber auf!)

(c)
Und dann meldest Du Dich hier, dann werden wir schon Wege finden, wie wir das machen. Keine Sorge. Ich bin ein alter Bürohengst.

ISLÄNDER
 
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