Grüß Euch alle!
Bevor Ihr es mit dem Dank dazu bringt, dass ich noch rote Ohren bekomme:
Oben war gefragt worden, ob es ein "Formular" zum Thema Haushaltsführungsschaden gibt.
01
Meines Wissens nicht. Allerdings: Müßte man so ein Formular entwerfen, das wäre 50 Seiten lang. Und damit total unhandlich.
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Aber es geht auch anders. Jamesswe müßte uns zunächst einige Fragen beantworten:
(a)
Wie lebt er zu Hause? Allein-? Mit Lebenpartner? Oder verheiratet? Mit Kindern, falls ja: Wie alt sind die?
(b)
Mit Hilfe der Antworten hoffe ich, weitere Fragen erstellen zu können, die das Thema dann handlich machen.
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Beim Haushaltsführungsschaden geht es darum: der Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass man aufgrund der Verletzung, für deren Folgen ein anderer aufkommen muss, seinen Haushalt -ganz oder teilweise- nicht oder nur unter unzumutbaren Bedingungen so führen können, wie man es vorher gemacht hat. Wenn nun aufgrund dieses Unfalles eine Haushaltshilfe angestellt Werden muss, müssen die Kosten von der Gegenseite übernommen werden. Denn es handelt sich um eine Folge des Unfalles. Das nennt man „konkrete Schadensabrechnung“.
Wenn man aber keine Haushaltshilfe nimmt, dann bekommt man den Betrag ausbezahlt, den eine Haushaltshilfe netto bekommen hätte, wenn sie nur da gewesen wäre. Das nennt man „Schadensabrechnung auf fiktiver Basis“ und ist völlig legal. Der Bundesgerichtshof bestätigt das in ständiger Rechtsprechung, da ist also nichts verkehrt.
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Das Problem dabei ist nur, dass es schwierig ist darzustellen, wie hoch der Schaden ist. Wenn die Haushalte sind sehr unterschiedlich, die Folgen der Verletzungen ebenso. Also gibt es keine „Einheitslösung“.
Dafür gibt es katastrophale Fehler. So zum Beispiel steht in dem bekannten Fachbuch von Küppersbusch/Höher, aktuelle Auflage 2024, als Netto-Stundensatz es würden 7,50 €-12,00 € angesetzt (Rn. 201 dort).
(a)
Die Autoren beziehen sich zum Beispiel auf ein Fachbuch von Schulz-Borck/Hofmann, nur: Offenbar hatten Sie nicht gemerkt, dass dieses Buch, dass alle paar Jahre in neuer Auflage erscheint, vor geschätzt 10 Jahren von Pardey übernommen wurde. D. h., dass sich die Autoren auf 10 Jahre alte Werke berufen. In den Auflagen, die Pardey betreut, hat sich wesentliches geändert.
(b)
Küppersbusch und Höher schlagen auch vor, sich am „BAT“ zu orientieren.
Der „BAT“ war der „Bundesangestellten-Tarifvertrag“, der in den Jahren 2005/2006 außer Kraft getreten ist. Dass es seither einen TVÖD gibt, haben die Autoren nicht wahrgenommen. Auch da hat sich viel verändert. Oder will jemand behaupten, im öffentlichen Dienst seien seit 2005/2006 die Löhne und Gehälter gleich geblieben?
(c)
Eigentlich hätten diese Autoren schon stutzig werden müssen, hätten sie die 8. Aufl. ihres Buches zurate gezogen. Sie stammt von 2004. Sie ist also 20 Jahre alt.
Dort stand, man könne von einem Netto-Stundensatz ausgehen, der bei 15,00 DM-20,00 DM liege.
Das sind: 7,67 €-10,23 €. Durchschnitt: 8,95 €.
(ca)
Wenn man in einem Fachbuch, das 2004 erscheint, noch nicht berücksichtigt, dass seit 2 Jahren nicht mehr die DM, sondern der Euro gilt: Wie verstaubt war damals schon der Rest?
(cb)
20 Jahre später, also in der Auflage 2024, halten Küppersbusch und Höher Im Durchschnitt netto 9,75 € pro Stunde für würdig, mitgeteilt zu werden. Nach Meinung dieser Autoren haben Haushaltshilfen also in 20 Jahren nicht einmal 9 % Nettolohnanstieg erzielt.
Wo gibt's denn sowas? Ich meine: In der wirklichen Welt?!
(cc)
Auf dem Deutschen Medizin Rechtstag 2023 kam es zu einer Podiumsdiskussion. Zuvor hatte ein Referent Netto-Stundensätze von 15,00 € für Haushaltskräfte als "realistischen Richtwert" als erste Daumenpeilung genannt.
Der Co-Autor des Buches Höher war mit auf dem Podium. Er wandte dann ein, das sei eine Verwechslung von brutto und netto. Man müsse das Netto schätzen, nicht das brutto.
Das lief aber rückwärts:
Denn erstens hatte der Referent gesagt, dass seine Zahl ein "Netto.Wert" ist, gut: Das ist Höher vielleicht eintgangen. Kann ja mal passieren.
Der Referent aber, dessen Aussage Höher angegriffen hat, war öffentlich bestellter Sachverständiger für Haushaltsführungsschäden. Höher mußte wissen, dass so einer die Grundregeln zur Berechnung eines Haushaltsführungsschadens kennt: So ähnlich, wie jeder Richter und jeder Rechtsanwalt weiß: Diebstahl ist wirklich strafbar! Da ist es praktisch ausgeschlossen, dass Bruttowerte genannt werden, wo Nettowerte gelten.
Der Referent klärte das, dann kam die Retourkutsche: Man könne sich natürlich nicht an dem Buch von Küppersbusch/Höher orientieren! Und dann kam die oben genannt Kritik. Damals war es noch schlimmer, denn im Jahr 2023 war die heutige Auflage dieses Buches noch nicht erschienen. In der Auflage 2023 hielten Küppersbusch und Höher „7,50 €-10,00 €“ für richtig, auf Deutsch: in den letzten 19 Jahren: Lohnsenkung!
Das „fröhliche Gemurmel“, das dann im Sitzungssaal herrschte, war etwas zu viel an Gegenwind. Höher ging darauf nicht weiter ein. Es hätte wohl auch keinen Zweck mehr gehabt.
Mir ist bis heute ein Rätsel, wieso Höher den Angriff gestartet hat.
ISLÄNDER