Hallo Edina,
gut dass du in Schmerztherapie bist. Ein komplexes Schmerzbild braucht einen langen Atem. Vergesse nicht, dass selbst häufig eingenommene Schmerzmittel einen Dauerkopfschmerz auslösen können.
Du hast ja wie Rudinchen schon aufzählte eine ganze Anzahl an Baustellen. Denke dran, die ganzen Ärzte und Therapeuten sind nur deine Berater, die ihre Erfahrung, was anderen half, dir mitteilen.
Solche Dauerkopfschmerzen machen einen fast wahnsinnig, das kann ich aus leidlicher Erfahrung nur bestätigen. Ich hatte seit Kindheitstagen Migräneanfälle, dazu dann Unfall SH-Trauma- HWS Schleudertrauma da sammelte sich einiges. Das brauchte leider auch einige Jahre, bis ich für mich die richtige Spur gefunden habe. Mir helfen Triptane bei Migräne - ich nehme Sumatriptan 50, bei 100 habe ich tagelange Nachwirkungen. Migräneschmerzen werden gut reduziert auf ein aushaltbares Niveau. Ein Arzt meinte, das ist sowas wie ein Epileptischer Anfall nur in einer anderen Hirnregion - die Hirnhäute "entzünden" sich und es braucht Stunden-Tage bis sich das Gleichgewicht im Gehirn wieder stabilisiert.
Nach meinem Unfall kamen ständige Kopfschmerzen hinzu und dann setzte sich die Migräne noch obendrauf. In verschiedenen stationären Rehas wurden unterschiedliche Medikamente und Therapien ausprobiert. Oftmals ist es anfangs mit einer Verschlechterung verbunden - es dauert Wochen bis z.B. eine Manuelle Therapie die verhärteten Stellen lockerten oder ein Dauermedikament z.B. Gabapentin ein Level im Körper erreicht hatte. Außerdem versuchte man Betablocker und andere Medis. Der eine Arzt meinte: lassen sie ihren Nacken in Ruhe, das wird schon wieder, ein andere sagte unbedingt Lockerungen, sonst lösen die Verhärtungen der feinen unteren Nackenmuskulatur Bewegungsstress aus und fördern Nervenreaktionen. Eine Schmerzärztin spritzte mir z.B. in der Höhe des Schulterblattes Lidocain ein, denn dieser Muskel endet am oberen Ende der HWS. Es half nur ein paar Stunden, dass der Sturzhelm aus Kopfschmerzen nachließ. Was tagelang half waren Lidocainspritzen unter leichter Vollnarkose im HWS C1-C2-C3. Nach Jahren konnte ich mal ein paar Tage wirklich schmerzfrei erleben, es gab sowas tatsächlich, ein tolles Gefühl, Stunden Tage Nächte mal irgendwie normal. Leider hielt das auch nur ein paar Tage an.
Botox wurde auch mir angeboten, weil im ganzen Schmerzgeschehen auch der Gesichtsnerv (Trigeminus) rebellierte. Er läuft dreiadrig über der Stirn unter dem Auge und am Kiefer entlang. Er funkte ständig. Botox blockiert den Muskel - lähmt ihn und der Nerv wird ruhig gestellt.
Das alles zeigte mir aber -auch für mich gibt es ein Leben schmerzärmer - und so war ich offen für viele Therapieansätze - denn eine Heilung ist ganz individuell. Jeder Körper ist anders. Das in ständiger Hab-Acht-Stellung befindliche Nervensystem, das außer Rand und Band gekommen ist und ständig funkt und überreagiert, das braucht Hilfe, Ruhe und viele viele Streicheleinheiten. Mit Energie, Kraft und Anstrengung ist dem nicht geholfen.
Klar möchte man am liebsten ein Knopfdruck Medikament - ich musste schmerzhaft lernen, das gibt es für mich nicht. Im Notfall nehme ich Novalgintropfen, die kann ich je nach Stärke dosieren, bis zu 4x täglich je 40Tropfen. Ohne kleines Fläschchen gehe ich nicht aus dem Haus.
Wie schon gesagt es ist kein Sprint sondern ein Marathon - diverse Entspannungsmethoden erlernt und ausprobiert und über Monate getestet. Tagesplanung umgestellt: regelmäßige Mahlzeiten, Ruhezeiten, tägliche Dehn- und Ausdauerübungen. Unwichtige Verpflichtungen abgewimmelt und akzeptieren müssen ich bin ein chronischer Schmerzpatient, ich bin krank, es ist eine langwierige Krankheit auch wenn Außenstehende es einem nicht ansehen.
Es ist wirklich ein schmerzhaftes Lernen mit den Auslösern zu leben und sie zu begrenzen. Flache Schuhe, Nackenstützkissen beim Schlafen, senkrechte Sitzhaltung so dass ich geradeaus bzw leicht abwärts schaue, Arbeiten über Kopf meiden (Leiter), Kopf in den Nacken vermeiden - Sterne-Feuerwerk nur mit stützender Hand im Genick, Start- und Landung beim Flug mit Halskrause etc. Schildkrötenhaltung des Kopfes kontrollieren, das sind nur ein paar Auslöser die ich bewußt angehe.
Es ist inzwischen ein Leben mit angezogener Handbremse geworden - nicht frei und ungezwungen - sondern bestimmt durch Schmerzvermeidung. Aber es ist inzwischen ein lebenswertes Leben gewordne.
Also Edina - Geduld, Geduld, Geduld - jeder Therapieweg erst einma drei vier Monate ausprobieren - dann kannst du erst erleben, ob es sich verschlechtert, gleich bleibt oder wirklich Verbesserung bringt. Kopf hoch - du hast schon so viel geschafft - du kannst die Wege, die dir die Ärzte, Therapeuten vorschlagen für dich ausprobieren, sie sind Berater, du selber bist dein bester Arzt
LG Teddy