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Regulierung von Schadenersatzpositionen

Hallo, Kasandra, Ihr macht mich sprachlos. Das ist exakt das Gegenteil der Aussagen meines eigenen Anwalts und den bekam ich persönlich genau wegen solcher Sachen empfohlen - von einem Gutachter ...
Ich werde also gnaz genau zuhören und notfalls selbst vor Gericht den Antrag stellen (und um Aufnahme ins Protokoll bitten!).
Mir ging noch ganz was anderes durch den Kopf und ich hoffe, das fällt mir nicht auf die Füße.
Stichworte: Behandlungsfehler und Pflicht zur Schadensminimierung!

Solche Arthrose nach Unfallfrakturen kann auch duch zu frühe volle Belastung selbst mit verursacht werden. Ich bekam zwar einen Pflegedienst zur Seite, der aber nur wenige Wochen freie Kapazität hatte d.h. bereits knapp 5 Wochen nach dem Unfall hatte ich wieder den Haushalt alleine zu erledigen. Ohne Auto d.h. den schweren Einkauf für mich und die Tiere, plus diverse Behördengänge mit Weg zu Bus, Straßenbahnen und Zug u.a. Nachlassregulierung (trotz Anweisung der Klinik "ausschließlich per Krankentransport das Haus verlassen"). Die Nachbarn konnte ich nicht fragen - die machten die Wohnungstür zu, wenn sie mich im Treppenhaus hörten. Bloß nicht uns belästigen (2 pubertierende Jungs inklusive, wobei die Eltern viel schlimmer sind). Seitdem grüßen wir uns auch nicht mehr. Meine Kinder leben etliche hundert Kilometer entfernt und haben eigene Familien und dort ihre Arbeitsstellen ...

Wenn Frakturen schief (versetzt) verheilen - sind in meinem Fall auch mehrmals falsch angelegte Verbände die Ursache. Bereits in der Klinik rutschten die vielen stützenden Kissen ständig seitlich aus dem Bett. Der Klettverschluss vom Verband Schlüsselbein-Fraktur löste sich nachts und ich konnte ihn selber nicht anlegen (weil der Arm auf der anderen Seite auch fixiert war ...). Der Gips am Handgelenk brach durch das tägliche Öffnen der schwer gehenden Fenster - aber man muss auch im Winter täglich lüften ...
Unvergessen der Tag und Gesprächsablauf, als mir die Orthese vom Sprunggelenk in der Klinik weggenommen wurde. "Stellen Sie sich nicht so an, die 6 Wochen sind vorbei." - bin an dem Tag in dünnen Stoffhausschuhen und mit dünner Strickjacke über Kopfsteinpflaster zur Straßenbahn gelaufen un ohne Geld und Fahrschein nach Hause gefahren ... bis heute kann ich dieses Bein kaum belasten und knicke ich nach vorne weg beim Treppensteigen weil kein richtiger Halt. ----> keine Ahnung, ob mir hier die gegnerische Haftpflicht genau das vor die Füße wirft und als Eigenverschulden kostenmindernd deklariert ... (grundsätzlich hätten sie dann ja wirklich Recht mMn...)
 
Hallo Zusammen,

wir versuchen nun, beim immateriellen Schadenersatz einen Vorbehalt für den Fall einer gesundheitlichen Verschlechterung mit aufzunehmen. Ob dies von der gegnerischen Haftpflichtversicherung akzeptiert wird ist laut meinem Anwalt fraglich.
Es müsste genau formuliert werden, unter welchen Umständen eine Verschlechterung bemessen wird. Ich habe mich im Internet mal etwas durchgelesen. Immer wieder wird von vorhersehbaren und unvorhersehbaren Folgen geschrieben. Hat jemand Erfahrung damit?

Viele Grüße
Emma
 
Hallo Emma,

was soll an einem solchen Vorbehalt fraglich sein? Das ist Alltagsgeschäft bei solchen Vergleichsgesprächen und sollte eigentlich Deinem Anwalt durchaus bekannt sein. Es sei denn er ist eine Lusche !

Vorhersehbare Verschlechterungen wären z.B. Arthrosen bei Brüchen, das ist nicht ungewöhnlich und durchaus vorhersehbar. Dann dürftest Du keinen weiteren Anspruch mehr haben. Anders ist es aber bei unvorhersehbaren Spätschäden. Tritt infolge nicht vorhergesehener Spätfolgen ein krasses Mißverhältnis , eine so "ungewöhnliche Diskrepanz" zwischen Schaden und Abfindungssumme auf, dass der Schädiger gegen Treu und Glauben verstoßen würde, würde er am Vergleich festhalten , und würde dadurch eine die "zumutbare Opfergrenze überschreitende Härte" für den Geschädigten eintreten, kann wegen der Spätfolgen ein weiterer Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden. So BGH VersR 61,382, BGH VersR 66, 243 , VersR 83,1034. Eine Änderung wäre auch für die Vergangenheit möglich BGH Großer Senat DAR 83,52.

Du siehst also, dass es uralte BGH Rechtsprechung ist und diese Fälle schon immer Gegenstand streitiger Auseinandersetzungen waren und die Geschädigten Recht bekommen haben.

Am besten wäre natürlich den Vorbehalt, wie schon beschrieben, so zu formulieren, als läge ein rechtkräftiges Feststellungsurteil vor, dann hättest Du den Schutz von 30 Jahren.

Ich halte Dir die Daumen und grüße Dich

Dieter
 
Hallo Zusammen,

Stück für Stück kommen wir weiter bei den außergerichtlichen Verhandlungen mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung.

Einen Vorbehalt beim immateriellen Schadenersatz konnten wir mit aufnehmen. Unter Abzug einer geringen Summe der ursprünglich besprochenen Gesamtsumme. Die Geltendmachung eines weiteren Anspruchs ist an Bedingungen geknüpft, die für mich das abdecken, was ich für mich als relevante Verschlechterung sehe.
Auch eine Anerkenntnis mit Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils ist mit aufgenommen.
Hier einmal ein herzliches Dankeschön an Dieter für seine fachlich äußerst kompetenten Beiträge und die Unterstützung!

Einige Fragen sind für mich aber noch etwas unklar. Vielleicht könnt Ihr mir hier Licht ins Dunkel bringen:

1. Pflegeschaden
Ich habe einen Pflegegrad und erhalte Kombinationsleistung durch die Pflegekasse. D.h. ein Pflegedienst unterstützt mich zum einen Teil, den anderen Teil übernimmt meine Familie/Freunde. Je nach dem, wie oft der Pflegedienst kommt, erhalte ich mehr oder weniger Pflegegeld von der Pflegekasse ausbezahlt.​
Der Pflegeschaden wurde folgendermaßen berechnet:​
Bedarf an Unterstützung in Stunden/Monat x Stundenlohn = Betrag X​
Von diesem Betrag X wird das ausbezahlte Pflegegeld abgezogen. Das kommt mir seltsam vor.​
Habe ich da einen Denkfehler? Ich hänge an folgendem Gedanken: Wenn der Pflegedienst weniger kommt, erhalte ich mehr Pflegegeld. Dafür wird die Pflege mehr von meiner Familie übernommen. Denen das Pflegegeld dann zusteht. Aber es wird mir ja von der Gegnerischen abgezogen. Die Gegnerische kann meinem Gedankengang nicht folgen. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Knoten habe ich im Gehirn.​
2. Anwaltskosten
Einen Teil der materiellen Ansprüche für die Zukunft werde ich als Rentenzahlung erhalten, ohne konkrete Abrechnung. Einen anderen Teil werde ich als Vorschusszahlung erhalten, mit nachträglich konkreter Abrechnung.​
Diese jährliche konkrete Abrechnung für Verdienstausfall und Gesundheitskosten könnte ich selber direkt bei der Gegnerischen einreichen oder mein Anwalt unterstützt mich. Laut meinem RA können hierbei zusätzliche Kosten anfallen, die möglicherweise nicht von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet werden müssen.​
Ist das korrekt? Diese (zusätzlichen) Kosten hätte ich ja ohne Unfall gar nicht gehabt...?​
Vielen Dank schonmal und viele Grüße
Emma
 
Hallo Emma,

schön ist, dass die gravierenden Dinge nun zu Deiner Zufriedenheit geklärt sind und Du abgesichert bist. Was ich allerdings nicht verstehe ist, dass bei Aufnahme des immaterillen Vorbehalts eine geringere Summe als vereinbart gilt. Das ist rechtlich nicht haltbar und keineswegs durch die Rechtsprechung gedeckt. Hier hätte Dein Anwalt aufpassen müssen. Das Eine hat mit dem Anderen überhaupt nichts zu tun !!

Pflegeschaden:

Das die Haftpflichtversicherung die Leistungen der Pflegeversicherung bei den anfallenden Pflegekosten abzieht ist in Ordnung.Du bekommst die Pflegekosten von der Versicherung ja voll ersetzt, wenn Du dann noch die Leistungen der Pflegeversicherung behalten dürftest, wärst Du ja bereichert und das darf nicht sein. Die Pflegeversicherung erwirbt einen Rechtsübergang nach dem Sozialgesetzbuch, und kann bei der Versicherung Regreß nehmen. D.h. die Versicherung würde praktisch doppelt zahlen, daher der Abzug. Grundsatz des Schadenersatzsrechts : Man darf sich nicht bereichern.

Anwaltskosten:

Auch diese Kosten unterliegen der Ersatzpflicht durch die gegnerische Versicherung. Diese muss alles ersetzen, was unmittelbar mit dem Unfall zusammenhängt, den Unfall hinweggedacht, wären diese Kosten ja nicht angefallen. Hier liegts Du völlig richtig.

Herzliche Grüße aus Köln


Dieteer
 
Hallo Dieter, halle Alle,

das mit dem Abzug beim immateriellen Schadenersatz ist sicher ärgerlich, jedoch in Anbetracht der Umstände für mich hinnehmbar.

Pflegeschaden:
Vielen Dank für die Erkärung. Das ist für mich absolut nachvollziehbar. Aber jetzt dämmert mir so langsam, wo unser Fehler liegt.
Ich hatte einige Zeit lang aufgeschrieben, welchen Hilfebedarf ich habe. Das ist schon einige Jahre her. In dieser Zeit habe ich noch keinen Pflegedienst in Anspruch genommen und auch keinen Pflegegrad gehabt. Es hat bei mir einfach gedauert, bis ich mich dafür "öffnen" konnte. Ich habe mich durch alles selbst durchgeboxt, war froh um diese Selbständigkeit. Irgendwann kam die Quittung und die Kehrtwende. Ein Pflegedienst unterstützt mich seither bei der Pflege. Diese Zeiten, bzw. das was bei Nichtanwesenheit des Pflegedienstes meine Familie übernimmt habe ich nicht mit in die Berechnung einfließen lassen. Ich habe keine Liste erstellt mit den aktuellen Zeiten (aufgrund der langwierigen Verhandlungen war es auch schwierig, alles aktuell zu halten).
Allerdings stelle ich es mir auch schwierig vor, bei Kombinationsleistung das vernünftig zu berechnen. Es schwankt ja immer zwischen, mal mehr Unterstützung durch Pflegedienst, mal mehr Unterstützung durch Familie.
Wie kann das berechnet werden?

Denn so wie es momentan aussieht, läuft es so:
z.B. Monat Mai 2021
- Pflegeschaden 200 € von der Gegnerischen an mich zu bezahlen
- aufgrund Corona waren die Kapazitäten vom Pflegedienst aber erschöpft und meine Familie hat ausgeholfen
- dadurch höhere Auszahlung des Pflegegeldes durch die Pflegekasse - 230 €
- diese 230 € werden aber vom Pflegeschaden abgezogen
- d.h. im Monat Mai 2021 bleibt rechnerisch nichts

Ich hänge immer noch... Vermutlich liegt der Fehler an meiner nicht aktualisierten Liste über den Hilfebedarf und die Schwierigkeit mit der Kombinationsleistung.

Ersparte berufsbedingte Aufwendungen:

Auch noch ein Punkt, den ich vor Abschluss des Vergleichs angehen muss. Es ist pauschal ein Betrag X veranschlagt für den Fall, dass ich nicht mehr berufstätig sein kann. Der Betrag X entspricht in etwa 10 % meines Vollzeit-Nettogehaltes. Das ist meines Erachtens zu hoch, da ich gar nicht so viele Aufwendungen habe. z.B. habe ich einen äußerst kurzen Arbeitsweg (1 Kilometer/Strecke).
Welche Argumente könnte ich noch liefern?

Danke für Eure Hilfe!

Viele Grüße
Emma
 
Hallo Emma,

die Kosten für die Pflege sind doch eigentlich relativ leicht zu ermitteln. Wie Du schon sagst, erstellst Du eine Liste der täglichen Bedürfnisse, die erforderlich sind, um Dich zu pflegen bzw. zu versorgen. Also alles Arbeiten, die Du aufgrund Deiner Behinderung nicht mehr selbst durchführen kannst. Dann hast Du die tägliche Stundenzahl, die mit dem Betrag X multiplziert wird, dann hast Du den Schaden. Diesen Betrag muss die Gegnerische bezahlen unter Anrechnung der von der Pflegeversicherung geleisteten Zahlung.

Ersparte berufsbedingte Aufwendungen:

Die gibt es tatsächlich und wird höchstrichterlich (BGH) bestätigt !! Vorteile, die mit dem Erwerbsschaden in einem ursächlichen Zusammenhang stehen , muss sich der Geschädigte anrechnen lassen !! soweit dies nicht dem Sinn und Zweck des Schadenersatzrechts widerspricht , für den Geschädigten zumutbar und den Schädiger nicht unbillig entlastet. BGH VersR 90, 495. Solche anrechenbare Vorteile können sein ersparte Arbeitskleidung, Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, ersparte Steuern.

Ich meine aber, dass man diese Ersparnis nich pauschal mit 10% beziffern kann. Die lassen sich doch genau ermitteln !! Wenn Du sagst, dass Dein Arbeitsplatz nur ein km entfernt lag, konntest Du zu Fuss gehen. Arbeitskleidung, kommt auf den Beruf an. Hattest Du welche? Wenn nein, also normale Klamotten, dann keine Ersparnis. Diese Argumente würde ich führen, um die Ersparnis auf Null zu stellen.

Hoffe, durch die Tipps ein wenig zu helfen und wünsche Dir Erfolg.

Viele Grüße

Dieter
 
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