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Regulierung von Schadenersatzpositionen

emma1

Erfahrenes Mitglied
Registriert seit
8 März 2012
Beiträge
311
Hallo Zusammen,

ich befinde mich auf dem Weg der aussergerichtlichen Einigung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung, es handelt sich um einen großen Personenschaden. Hierzu habe ich ein paar grundsätzliche Fragen:

1. Der immaterielle Schadenersatz (Schmerzensgeld) wird als Einmalzahlung geleistet, Ansprüche für die Vergangenheit und Zukunft sind damit abgegolten. Ist diese Vorgehensweise in Deutschland üblich?

2. Der materielle Schadenersatz auf die vermehrten Bedürfnisse für die Vergangenheit wurde beziffert. Hier konnten wir unterm Strich gute Einigkeit erzielen.

3. Der materielle Schadenersatz für die Zukunft bereitet mir noch Kopfzerbrechen. Ich soll quartalsweise vorschüssig zu zahlende Renten erhalten und den Anspruch dann jährlich beziffern und belegen. Es ist noch etwas wirr, welche Schadenersatzpositionen dann konkret berechnet werden und welche als Pauschalbetrag laufen (im Regulierungsgespräch hatten wir bei ein paar Positionen einen monatlichen Pauschalbetrag beziffert).

Grundsätzlich gibt es ja folgende Möglichkeiten:
a) Pauschalbetrag X für sämtliche Schadenersatzpositionen ohne nachträgliche konkrete Berechnung (bedeutet ein gewisses Risiko für beide Seiten)
b) Pauschalbetrag X für sämtliche Schadenersatzpositionen, die im Nachhinein konkret berechnet werden (bedeutet entweder Nachzahlung durch Versicherung an mich oder Rückzahlung an Versicherung durch mich)

a) hätte den Vorteil, dass ich nicht ständig alles sammeln und belegen muss und es dann nicht immer wieder zu zig Fragen kommt. Aber was ist, wenn größere Anschaffungen nötig sind?
b) hätte den Vorteil, dass für beide Seiten alles klar beziffert ist und keiner mit einem Risiko von Unter- oder Überzahlung leben muss. Ein großer Nachteil ist, dass ich wieder in der Beweispflicht bin und ich die Befürchtung habe, dass es dann wieder zig Schreiben hin und her gibt, bis alles geklärt ist.

Welche Vorgehensweisen sind in der Praxis üblich und auch praxistauglich?

Vielleicht könnte Ihr mir ein paar Ideen mitteilen, damit ich meinem Rechtsanwalt gut zuarbeiten und die richtigen Entscheidungen treffen kann.

Vielen Dank schonmal und herzliche Grüße
Emma
 
Hallo Emma,

also, bei meiner Verwandtschaft war das so, dass im Haftpflichtfall in Bezug aufs Schmerzensgeld auch der Zukunftsschaden verhandelbar war. Bei ihm wurden z.B. ein höherer Betrag bei Unterschrift auf Verzicht auf Zukunftsschaden im Bereich Schmerzensgeld angeboten bzw. ein um ca. 25% niedrigere Entschädigungsbeitrag Schmerzensgeld bei weiterer Möglichkeit eine zukünftige Schmerzensgeldzahlung geltend zu machen.

Auf meine Nachfrage bei ihm sagte er: auf keinen Fall den Ausschluss für Zukunftsschaden unterschreiben!

LG Teddy
 
Hallo Emma,

es gibt keine allgemein gültige oder übliche Vorgehensweise, wie man den immateriellen Anspruch abfindet. Dazu ist die Materie zu komplex. Entscheidend allein ist natürlich das Verletzungsbild und die möglichen Dauerschäden, bzw. Folgen. Können bei Dir Verschlecherungen eintreten, die vielleicht vorhersehbar sind, oder aber auch nicht?. Was machts Du dann, wenn Du Dich heute abfinden lässt? Beim Schmerzensgeld gibt es die Kapitalabfindung in einer Summe , aber auch die Schmerzensgeldrente !! Letztere allerdings fast nur bei Schwerstverletzungen. Beides ist möglich und auch üblich. Dazu müsste man Dein Verletzungsbild genau kennen und auch der eingetretene Dauerschaden..

Was ist mit Deinem Verdienstausfall? Hierbei müsste für die Zukunft eine Steigerung berücksichtigt werden, z.B. bei tariflichen Lohnsteigerungen ! Wie wurde der Haushaltsführungsschaden beurteilt in der Vergangenheit und auch in der Zukunft? Tritt bei Dir ein Rentenschaden sein? Was ist mit allgemeinen vermehrten Bedürfnissen, entstehen die in der Art Deines Vereletzungsbildes? Was ist mit Fahrtkosten für künftige Arztbesuche, Zuschüsse zu Medikamenten etc.

Ich stehe einer vorbehaltlosen endgültigen Abfindung sehr kritisch gegenüber, habe dazu auch schon mehrfach hier im Forum dazu etwas erläutert. Man könnte natürlich einer Abfindung unter bestimmten Vorbehalten zustimmen; die müssten aber dann ganz fein und juristisch "wasserdicht" formuliert werden, damit nicht später der Versicherer Einwände findet, die Dir schaden könnten. Ganz speziell im Hinblick auf die Verjährung, man könnte dann so formulieren, dass der Vorbehalt die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils entfaltet, dann wärst Du aus Allem raus.

Du siehst hier sind viele Gedankenspiele möglich. Also sei vorsichtig.

Viel Erfolg und Grüße

Dieter
 
Hi, sind gerichtlich auch noch nicht weiter - BGH- 12 Jahre danach.
Laut unserem RA ist Schmerzgeld einmalig.... schließt Zukunftsschäden aus *nee, sind sie scheinbar nicht* aber Du und wir kenn die Folgeschäden, und müssen darunter leiden und leben!
Die Einmalzahlung des Schmerzgeldes ist nicht akzeptabel.

Wiederkehrende OP`s , Notaufnahmen, zusätzliche Rehas, Kosten die plötzlich auftauchen.... kann man nicht pauschalisieren.
So schön wie es auch wäre.

Ganz liebe Grüße
Aramis
 
Hallo Miteinander,

der materielle Schadenersatz für die Zukunft soll nicht abgefunden werden. Das steht von keiner Seite zur Debatte und würde ich auch nie unterschreiben. Wir haben die verschiedenen Schadenersatzpositionen wie Gesundheitskosten (Zuzahlungen, Fahrtkosten, Hilfsmittel etc.), Pflege, Haushaltsführungsschaden, Erwerbsschaden (inklusive Karriereberechnung) sowie Mehrkosten für Wohnen, Mobilität, Urlaub, Kleidung sowie weitere zusätzliche Kosten im Blick.
Es geht um die Frage, wie hier die für mich bestmögliche Umsetzung der Zahlung und Berechnung für die Zukunft aussehen könnte.
Ich möchte nicht mein ganzes Leben damit beschäftigt sein, Belege zu sammeln, Tabellen zu führen, Nachweise einzuholen. Und doch möchte ich, dass unvorhergesehene Kosten, die eine Pauschale groß übersteigen würden, auch mit abgedeckt werden.

Der immaterielle Schadenersatz für Vergangenheit und Zukunft soll mittels Einmalzahlung abgegolten sein. Mein Rechtsanwalt meinte, das sei so üblich.

Für mich am wichtigsten ist, dass ich die Kosten, die mir entstehen, ersetzt bekomme. Dafür habe ich ja den materiellen Schadenersatz, den ich auch in Zukunft erhalte. Dieser berücksichtigt ja nicht nur die konkreten Mehrkosten, sondern auch die fiktiven (Haushaltsführung, Pflege/Assistenz durch Familie und Freunde).
Der immaterielle Schadenersatz hat ja die "Genugtuungsfunktion" und ist quasi "obendrauf". Davon gilt es, sich das Leben schön zu machen, wo immer es mit monetären Mitteln schön zu machen ist :). Das "alte Leben" bringt es nicht zurück und sicherlich ist es auch schwierig, zu beziffern, was eine schwere gesundheitliche Einschränkung wirklich in Euros wert ist. Die Zufriedenheit für mein Leben muss ich mir eh anders erarbeiten (und das habe ich gottseidank ganz gut hinbekommen), da hilft das Schmerzensgeld nur nebenbei.

(...) Ich stehe einer vorbehaltlosen endgültigen Abfindung sehr kritisch gegenüber, habe dazu auch schon mehrfach hier im Forum dazu etwas erläutert. Man könnte natürlich einer Abfindung unter bestimmten Vorbehalten zustimmen; die müssten aber dann ganz fein und juristisch "wasserdicht" formuliert werden, damit nicht später der Versicherer Einwände findet, die Dir schaden könnten. Ganz speziell im Hinblick auf die Verjährung, man könnte dann so formulieren, dass der Vorbehalt die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils entfaltet, dann wärst Du aus Allem raus.
Kannst Du mir bitte Deinen letzten Satz im Zitat erklären? Das verstehe ich nicht ganz.

Danke Euch und viele Grüße
Emma
 
Hallo Emma,

"Vorbehalten bleibt ein weiterer immaterieller Anspruch für den Fall einer Verschlechterung des Dauerschadens (Spätfolgen !!) (z.B. von 30% auf 50%) Der Schädiger kann den Geschädigten durch vertragliche Vereinbarung oder durch eine Erklärung so stellen, als habe er ein rechtskräftiges Feststellungsurteil erworben. BGH VersR 85,62; NJW 85,791, BGH VersR 86,684. Damit würdest Du so gestellt, als hättest Du eine 30jährige Verjährungsfrist nach § 218 Abs. 1 BGB erworben. Damit wärst Du aus dem Schneider und Dein künftiger Anspruch wäre gesichert. Das sollte Dein Anwalt aber auch wissen.

Viele Grüße

Dieter
 
Die Debatte steht bei mir auch grad an. Aussage meines eigenen Anwalts dazu:
Wenn Frakturen durch den Unfall bedingt sind, dann Anspruch auf Einmalzahlung (je nach Schwere und Dauer Einschränkung/Behandlung). Falls die Frakturen nicht korrekt sondern schief verheilen - dann dito.
Falls (wie bereits im Krankenhaus bei 2 meiner Frakturen von allen D-Ärzten prognostiziert) später Arthrose an diesen verheilten Frakturen entsteht - dann keine weiteren Ansprüche "weil ab dem Unfalltag bereits vorhersehbar".
Meiner Meinung irgendwie frustrierend d.h. es ist völlig egal, ob man nach 2-3 Jahren zunehmende Dauerprobleme hat und ggf mehrfach operiert werden muss an diesen Gelenken. Scheint aber so üblich zu sein lt Gesetzgebung.
 
Hallo Viola,

Dein RA will sich die Sache ganz einfach machen und das schnelle Geld verdienen!

Seine Aussage ist absolut falsch!!!

Du musst Dir unbedingt weitere Entschädigung vertraglich vorbehalten.

Viele Grüße

Kasandra
 
Hallo Viola,

Kasandra hat absolut recht, Dein Anwalt scheint wenig Kenntnisse vom Schadenersatzrecht zu haben. Es können bei Fraktuen in viel späteren Jahren noch Arthrosen eintreten, die im frühen Zeitpunkt nicht immer zu prognostizieren waren. Dadurch könnte sich ein Dauerschaden sogar noch erhöhen, insbesondere, wenn die Frakturen "schief verheilen" Denn dann ist der Dauerschaden umso höher !! Das würde ein weiteres Schmerzensgeld (Und weitere Ansprüche) bedingen, insbesondere, wenn diese Verschlimmerung NICHT vorhersehbar war. Also Finger weg von einer endgültigen Abfindung. Die Einzige die dabei verliert bist nämlich DU !! Ich rate dringend hier einen Vorbehalt so zu formulieren, der Dir einen weiteren Anspruch offenhält und Dir garantiert, dass nichts verjährt.

Halte Dir die Daumen und grüße Dich

Dieter
 
Hallo Viola,

Kasandra hat absolut recht, Dein Anwalt scheint wenig Kenntnisse vom Schadenersatzrecht zu haben. Es können bei Fraktuen in viel späteren Jahren noch Arthrosen eintreten, die im frühen Zeitpunkt nicht immer zu prognostizieren waren. Dadurch könnte sich ein Dauerschaden sogar noch erhöhen, insbesondere, wenn die Frakturen "schief verheilen" Denn dann ist der Dauerschaden umso höher !! Das würde ein weiteres Schmerzensgeld (Und weitere Ansprüche) bedingen, insbesondere, wenn diese Verschlimmerung NICHT vorhersehbar war. Also Finger weg von einer endgültigen Abfindung. Die Einzige die dabei verliert bist nämlich DU !! Ich rate dringend hier einen Vorbehalt so zu formulieren, der Dir einen weiteren Anspruch offenhält und Dir garantiert, dass nichts verjährt.

Halte Dir die Daumen und grüße Dich

Dieter

Danke für die Tipps und Ratschläge und ja, das habe ich längst selbst gemerkt--- an solchen Unfällen verdienen sich gewisse Leute gerne ein goldene Nase. Selbst Abrechnungsbetrug in der Reha (es gab weder ein Abschlussgespräch noch Abschlussuntersuchung und deren Post an die Berufsgenossenschaft bekam ich Wochen spätter nur zufällig zu lesen! Eigenlob durchweg und "alles super, besser geht nicht, wir sind toll") -- ebenso die Physio hier bei uns --- die Hälfte der verordneten Behandlungen wurden gar nicht gemacht aber ich hatte blanko vorab zu unterschreiben (bin aber nicht alleine damit, das ist dort so üblich, wie man im Wartezimmer mitbekommt). Meldung dazu an die Berufsgenossenschaft und Krankenkasse - interessiert die all nicht. Soll mir jetzt auch ega sein, hab mir selbst diverse Ultraschall- und Rotlicht-Massageräte gekauft, Laufband und Crosstrainer statt Jahresbeitrag im Reha-Zentrum.
Und die Anwälte? Es war eine Odyssee und mehr schreibe ich dazu nicht.
Gut verdient hatte das Abschleppunternehmen (an diesem einen Einsatz insgesamt nette €20.000 in Summe), die Polizei kassierte auch ihre Vermittlungsgebühr ... Was MICH aber komischerweise an dem Tag überhaupt gar nicht störte, das waren die vielen Gaffer. Einige schrieben dazu gar am nächsten Tag als Kommentar in die Zeitung "ich war auch dort, hab auch alles gesehen" - aber als Zeuge hat sich niemand von denen gemeldet ...
Bezüglich Frakturen und spätere Arthrose aber --- wurde genau DAS bereits in der Klinik angekündigt, somit "vorhersehbar", somit keine "unerwartete Folgeerscheinung, mit der keiner rechnen konnte". Hier mache ich dem Anwalt keinen Vorwurf sondern dem Gesetzgeber. A-Karte.
Fast vergessen - kurze Anekdote zum Anwalt noch (ich zitiere!): "ein Anwalt hat bereits dann Anspruch auf volle Bezahlung, wenn er die Vertretungsvollmacht unterschrieben bekommt und einen Aktenordner mit dem Namen des neuen Mandanten anlegt".
 
Hallo ViolaP,

mein Unfall ist nun bald 12 Jahre her, und einen Großteil Deiner beschriebenen Zweifel sollte ich bestätigen können.

Ich möchte hier nicht konkret meine Geschichte erzählen, da ich ohnehin in zahlreichen Beiträgen vertreten bin,

Aber grundsätzlich geht es darum, das ich vor dem Unfall 2010 keine körperlichen Probleme hatte und auch mit viel Sport unterwegs und fit war.

Wünsche auf jeden Fall alles Gute!

Grüsse

Hrc4Life
 
Hallo Viola,

ich verstehe Dich so, dass Du Deinem RA folgendes glaubst:

alls (wie bereits im Krankenhaus bei 2 meiner Frakturen von allen D-Ärzten prognostiziert) später Arthrose an diesen verheilten Frakturen entsteht - dann keine weiteren Ansprüche "weil ab dem Unfalltag bereits vorhersehbar".

Genau dies ist der Punkt: Arthrose durch Unfall - das ist nicht degenerativ und hat unfallversicherungstechnisch abgesichert zu sein für die Zukunft!!!

Dies ist Dein Vorbehalt für evtl. frühere Rente (Rentenpunkte), Kräfte für Hausreinigung (Haushaltsführungsschaden) sowie für Gartenarbeiten. Auto mit Automatik etc.

"dann keine weiteren Ansprüche "weil ab dem Unfalltag bereits vorhersehbar". SOMIT Dein Vorbehalt!!! Lass Dich nicht rechtlich vergaggern!

Unfallbedingte Arthosen setzen frühzeitig ein und nicht erst im hohen Alter als im Alter gesundheitsbedingt. Wie willst Du eine Berufsunfähigkeit aufgrund Deines Unfalls abwenden mit jungen Jahren? Dein RA sorry - verarscht Dich!

Viele Grüße

Kasandra
 
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