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lebensgefährlich verletztes Kind bekommt volle Schuld

  • Ersteller des Themas Ersteller des Themas MvN01
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum

MvN01

Mitglied
Hallo,

im August 2012 erlitt meine damals 11jährige Tochter als Fussgängerin einen Unfall mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma.
Folgender Sachverhalt:
Einige Minuten vor Beginn eines Polterabends, befanden sich meine Tochter, mein Sohn, ich und noch einige Personen auf dem privaten Hofgelände der Eltern der Brautleute. Im Oberen rechten Teil des Geländes hatte ich mein PKW geparkt und befand mich dort mit meinen beiden Kindern und noch einem weiteren Kind. Dort gab es noch Parkmöglichkeiten. Ich verabredete mich mit meiner Tochter, mich mit ihr in den nächsten Minuten, an ein, sich an der linken Seite befindenden Blumenbeet zu stellen, um von dort aus einen guten Blick auf das Brautpaar zu haben. In der Zwischenzeit sind mein 8jähriger Sohn und sein knapp 2jähriger Cousin den Hof abwärts Richtung Wohngebäude gelaufen/gegangen.
In diesem Moment sah ich ein Auto von der Straße her in den Hof einfahren, der Kleine Junge stand mitten auf dem Hof und ich bin zu ihm gegangen, um ihn aus der Gefahrenzone zu nehmen. Mittlerweile hielt die Autofahrerin mit ihrem PKW direkt vor der Haustüre im Hof an und ließ ihre Beifahrerin aussteigen. Als sie wieder anfuhr sah sie den Jungen (ihren Neffen) und mich an. Sie bog nach links ab und fuhr vor uns vorbei, den Hof aufwärts. Währenddessen schaute ich, wo meine Tochter ist, die sich ja eben noch im oberen Bereich des Hofes bei unserem PKW befand. Mit Blick auf unser Auto im rechten oberen Hofbereich bin ich sofort von der tief stehenden Sonne geblendet worden. Im Bruchteil von Sekunden schaute ich das Gelände nach meiner Tochter ab und sah sie gerade noch links neben dem PKW umfallen und mit dem Kopf hart auf den Boden aufschlagen. Ich rannte sofort hin. Meine Tochter lag bis zu den Knien unter der Fahrertür hinter dem linken Vorderrad. Ich dachte, das Auto wäre ihr über die Beine gefahren.
Die Fahrerin machte die Autotür auf und sah, dass sie wegen dem Kind nicht aussteigen konnte. Ich kniete, unter Schock, vor meiner Tochter, fasste sie mit der linken Hand unter dem Kopf, mit der rechten Hand unter den Oberschenkeln und zog sie unter dem Fahrzeug heraus. In diesem Moment startete die Fahrerin das Auto und fuhr es an die Stelle, wo sie zuvor beabsichtigte zu parken. Sie kam wieder zu uns und sagte dauernd, dass sie von der Sonne geblendet war. Ich befand mich im Schock und bestätigte, dass ich zuvor auch von der Sonne geblendet war. Rettungskräfte und Polizei kamen. Die Polizisten befragten erst die Fahrerin, dann mich. Ich habe nicht mitbekommen, was die Fahrerin sagte. Ich erklärte den Polizisten, dass ich von der Sonne geblendet war, als ich an die Stelle sah, wo ich meine Tochter vermutete. Ich sah sie nicht und entdeckte sie dann an der linken Seite des Autos, als sie umfiel.
Ich bekam auf nicht mit, ob andere Personen von der Polizei befragt wurden. Der Notarzt sagte, meine Tochter befände sich in einem kritischen Zustand.
Sie wurde per Hubschrauber in die Klinik gebracht. Ein Bekannter hat meinen mittlerweile eingetroffenen Mann, die Unfallfahrerin und mich in die Klinik gefahren. Die Fahrerin bedauerte ständig den Unfall, dass wollte sie nicht, sie nehme alles auf sich,….bla,bla,bla….. Ich hatte damals den Eindruck, dass sie es ehrlich meint. Ich bin auch davon ausgegangen, dass der Unfall sachgemäß bearbeitet wird.
Ab dem Unfall befand ich mich ganze 11 Monate mit meiner Tochter in Klinik und Reha. Nach 2 Wochen Koma, war sie außer Lebensgefahr und musste sich sehr Mühsam ins Leben zurück kämpfen.
Fakt ist:
Die Staatsanwaltschaft hatte Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Autofahrerin gestellt. Unser Anwalt hat bei der Staatsanwaltschaft ein Gutachten zum Unfallhergang beantragt. Wurde nach vielen Monaten dann auch erstellt. Nach Aktenlage! Rekonstruktion sei nicht möglich, weil kaum Anhaltspunkte von der Polizei festgehalten wurden. Es wurde eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt. Mit dem Ergebnis: Das Kind sei ins Auto gelaufen und dabei irgendwie drunter gerutscht. Vom Gutachter wurden verschiedene Kollisionskonstellationen geprüft, wobei er immer davon ausging, dass der PKW exakt geradeaus fuhr, und unsere Tochter sich aus verschiedenen Positionen auf das Fahrzeug zubewegt haben soll. Er konnte zwar auch nicht wirklich erklären, wie unsere Tochter so unter das Auto "gerutscht" wein soll, aber es schien ihm am plausibelsten. Klar, im Hochsommer nach tagelanger Trockenheit kann man ja schon mal als Fussgänger ins rutschen kommen.
Lange Rede, kurzer Sinn. Die Polizisten haben KEINE weiteren Zeugen befragt, niemand hatte bestätigt, dass unsere Tochter unter dem Auto lag. Die Fahrerin hatte in der Unfallanzeige angeben, das Kind sei ihr links gegen den PKW gelaufen. Von meiner Aussage stand lediglich drin, dass ich die Sonnenblendung bestätigte.
Unser Anwalt, mein Mann und ich halten es eher für möglich, dass die Fahrerin, sich darauf konzentrierte, einen Parkplatz zu finden, der sich an der rechten oberen Fläche des Hofes befand. Um diesen einfahren zu können muss man ein wenig nach links ausholen, um dann im fast 90°Winkel rechts einzufahren. Sie schaute dabei nach vorne rechts in die blendende Sonne und lenkte links ein, übersah unsere sogar vermutlich stehende, auf mich wartende Tochter und erfasste sie mit dem linken Vorderrad. Daraufhin stürzte das Kind und das Fahrzeug bewegte sich noch einen Moment in dieser Fahrtrichtung. Durch den lauten Zusammenstoß riss die Fahrerin vermutlich das Lenkrad nach rechts und kam dann zu Stehen. Und zwar in dieser Position, dass unsere Tochter bis zu den Knien unter der Fahrertür lag, ohne dass das Fahrzeug sie überrollt hat.

Wer kann uns helfen zu beweisen, dass unsere Tochter nicht die alleinige Schuld an diesem für sie fast tötlichem Unfall hat. Ich kenne leider keine Namen, der damals anwesenden Personen, um sie als Zeugen angeben zu können. Die Brautleute verweigern jeden Kontakt zu uns.

Ist es möglich den Unfallhergang rekonstruieren zu lassen?

Die Staatsanwaltschaft hatte auf unser Drängen ein 2. Gutachten angefordert. Dieses wurde zu meinem absoluten Unverständnis vom gleichen Gutachter erstellt. Natürlich mit dem gleichen Ergebnis. Die Staatsanwaltschaft hat des Verfahren eingestellt. Sie halten weitere Ermittlungen und eine Rekonstruktion der Bewegungsabläufe vor Ort für wenig zielführend, zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

Ich bin von der Justiz bzw. den Personen, die mit unserem Fall zu tun haben zutiefst enttäuscht. Die Polizisten konnten keine Fahrzeugposition einzeichnen, weil die Unfallfahrerin den PKW von der Unfallstelle entfernt hat. Es wäre sonst vielleicht erkennbar gewesen, wie die Radstellung des Fahrzeugs war. Uns fehlen aber jegliche Beweise. Unsere Tochter verhielt sich immer sehr verantwortungsbewusst im Strassenverkehr.

Kann uns jemand weiterhelfen, bitte

LG MvN01
 
Hallo MvN01,

erstmal willkommen hier bei uns.

Solch ein Beitrag macht immer sehr betroffen und zeigt wie schnell etwas passieren kann. Ich wünsche Euch auf jeden Fall zunächst, das es mit der Genesung Deiner Tochter weiter Berg auf geht und auch wenn es lang dauert, das alles wieder einiger Maßen ins Lot kommt.

Zu Deinem Beitrag an sich, kann ich nicht so ganz verstehen warum Du so viel "Liebesmüh" an dem Strafverfahren verschwendest. Denn wie Du selbst schreibst, wird sie es ganz sicher nicht mit Absicht verursacht haben.

Zivilrechtlich sieht die Sache ziemlich klar aus. Dort muss die Haftpflichtversicherung leisten.
Hat denn die Kfz-Versicherung der Unfallgegnerin schon Zahlungen geleistet? Habt ihr dort Ansprüche geltend gemacht?

Strafrechtliche Haftung hat insoweit nichts mit der zivilrechtlichen Haftung zu tun, denn diese bestimmt sich durch das StVG.
 
Hallo Rajo,

danke für die Begrüßung.
Ja, die Fahrerin hat mit Sicherheit nicht mit Absicht meine Tochter überfahren, aber sie tut alles dafür, zu verschleiern, wie es geschehen ist. SIE hatte das Auto weggefahren. SIE hat bei der Polizei behauptet, das Kind ist ihr ins Auto gelaufen. SIE zeigt keinerlei Reaktion auf Kontaktaufnahme unsererseits.
Die KFZ-Versicherung der Unfallgegenerin leistet keinerlei Zahlung, weil sich die Frau ja angeblich korrekt verhalten hat. Wir müssen erst das Gegenteil beweisen.
Korrektes Verhalten nach einem Unfall ist für mich, als allererstes das Fahrzeug stehen zu lassen und nicht zu bewegen. Hat sie aber nicht gemacht. Wie kann denn dann davon ausgegangen werden, dass diese Frau sich während der Fahrt korrekt verhält? Sie ist trotz starker Sonnenblendung drauflos gefahren, sie hatte wegen des Polterabends damit rechnen müssen, dass sich Personen auf dem Hof befinden. Sie ist ja sogar noch an mir vorbei gefahren.
Hätte diese Person ihr Fahrzeug am Unfallort stehen gelassen, hätte man zumindest ihre tatsächliche Fahrtrichtung erkennen können.
Im Gutachten wird von vornherein von einer korrekten Fahrweise der Fahrerin ausgegangen, was aber überhaupt nicht belegt ist. Eine Plausibilitätsbetrachtung mit den Ausgangspunkten, das Kind steht und das Fahrzeug bewegt sich auf das Kind zu, würde zu einem ganz anderen Ergebnis führen.
Mir fehlt die Erklärung dafür, dass mein Kind unter der Fahrertür hinter dem Vorderrad lag, ohne dass der PKW über die Beine gefahren ist. Wie sollte das möglich sein?

LG MvN01
 
Hallo MvN01,

suche Dir einen guten Fachanwalt für Verkehrsrecht und dann reicht Klage ein. Es spielt für die Haftung des Halters/Fahrers überhaupt keine Rolle ob sich Deine Tochter mit einem Alter von 11 Jahren zu Fuss korrekt verhalten hat oder nicht.

Die zivilrechtliche Haftung für den Unfall kommt aus der Gefährdungshaftung und das was die KFZ Haftplicht da versucht ist ein typisches Verhalten um sich um Zahlungen zu drücken.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gef%C3%A4hrdungshaftung

Fahrzeughalterhaftung

Von besonderer praktischer Relevanz ist heute die Haftung des Fahrzeughalters nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz für Tod, Körper-, Gesundheits- oder Sachschäden, die sich aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG ergeben. Der Halter eines Fahrzeugs haftet für sämtliche Personen- und Sachschäden, die bei dem Betrieb (gemeint ist durch den Betrieb, also nicht nur bei Gelegenheit des Betriebs) entstanden sind. Betriebsfremde Gefahren sollen, auch wenn sie durch den Betrieb des Fahrzeugs mitentstanden sind, nach dem Schutzzweck der Norm (normativer Betriebsbegriff) nicht erfasst werden.[2] Deshalb schließt § 7 Abs. 2 StVG die Haftung des Halters für Schäden aus höherer Gewalt aus. Bestandteil der betriebsspezifischen Gefahr sind nach herrschender Meinung hingegen auch Risiken, die von einem ruhenden Fahrzeug ausgehen, das im öffentlichen Verkehrsraum auf verkehrsbeeinflussende Weise ruht.[3] Damit für die Kfz-Haftpflichtversicherer die Haftungsfälle kalkulierbar bleiben, ist bei einem Personenschaden die Haftung auf einen Kapitalbetrag von 600.000 € bzw. auf einen Rentenbetrag von jährlich 36.000 € begrenzt. Bei einem Personenschaden an mehreren Personen ist die Haftung bei 3.000.000 € Kapitalbetrag bzw. 180.000 € jährlichen Rentenbetrag gedeckelt
Wie Deine Tochter mit den Beinen unter das Auto gekommen ist, wäre relativ einfach zu erklären. Kein Mensch fällt gerade wie ein Baumstamm. Wenn sie mit dem Kopf aufgeschlagen ist, dann ist davon auszugehen das sie im Reflex den Körper auf dem Boden gestreckt hat um an den Kopf zu fassen und schon liegen die Beine unter dem Auto.

Da das Auto ja auch in Bewegung war, muss die Haftpflichtversicherung ein Mitverschulden Deiner Tochter beweisen denn das sie durch den Zusammenstoß mit dem Auto gefallen ist, ist ja wohl unstrittig soweit ich das so raus lese.

Die Haftung resultiert nicht aus dem Verschulden der Frau, sondern aus dem Betrieb des Kfz und der daraus resultiernden Gefahr.

http://www.verkehrslexikon.de/Module/Unabwendbar.php
 
Grüß Dich, NvM01 und Rajo 1967,

01
die Mindestversicherungssumme bei Personenschäden ist 2,5 Mio Euro. In der Regel wird aber "unbegrenzte Deckung" vereinbart. Das bedeutet, dass die Gefahr nicht besteht, dass die Versicherung bereits bei den geringen Summen aussteigen kann, die Rajo in einem anderen Beitrag gefunden hat. Ich berufe mich auf § 4 des Pflichtversicherungsgesetzes.

02
Bitte beachte: Unterschied strafrechtliche Haftung und zivilrechtliche Haftung:

(a)
Die Staatsanwaltschaft prüft: Hat sich die Autofahrerin schuldig gemacht einer fahrlässigen Körperverletzung? Dazu muss die Staatsanwaltschaft den vollen Beweis liefern, dass die Autofahrerin an ihrendeinem Punkt nicht ausreichend aufgepasst hat, so dass sie einen Fehler gemacht hat, ohne den es nicht zum Unfall gekommen wäre. Zweifel gehen zu Gunsten der Autofahrerin ("in dubio pro reo").
Das war das Strafrecht.

(b)
Das Strafrecht hat keinen Einfluss darauf, wie das schadensersatzrechtlich geht. Es kommt oft vor, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingestellt wird: Aber Schadensersatz muss dennoch bezahlt werden. Deswegen steht auch auf jeder Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft: "Zivilrechtliche Ansprüche werden dadurch nicht berührt."


(c)
Was den Schadensersatz betrifft: Da gilt ganz anderes: Dafür haftet der Halter des Unfallautos völlig unabhängig davon, ob er etwas dafür kann. Es sind weder Vorsatz, noch Fahrlässigkeit dazu nötig. Er haftet schon allein deswegen, weil ein Schaden passiert ist bei Betrieb seines Autos, § 7 I StVG. Das ist die sogenannte "Halterhaftung" oder "Gefähurdngshaftung". Aus dieser Haftung kommt der Autohalter (beim Auto ./. Fußgänger-Unfall) nur dann heraus, wenn der Unfall für den Halter ein Fall höherer Gewalt war, so § 7 Abs. 2 StVG. Dabei muss wieder der Autofahrer den vollen Beweis führen, dass es wirklich höhere Gewalt war. Das ist nahezu unmöglich.

(d)
Von dieser vollen Haftung des Autohalters sind dann Abstriche zu machen, wenn der Tochter ein Mitverschulden zur Last zu legen ist. Dieses Mitverschulden muss der Versicherer beweisen (BGH NJW 13/2018). Dazu muss der Versicherer den Vollbeweis nach § 286 ZPO führen. Geführt ist der volle Beweis erst dann, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Mitverschuldens so hoch ist, dass vernünftige Zweifel schweigen müssen (BGH NJW 93/935).

Gelingt der Versicherung der volle Beweis nicht, kann kein Mitverschulden anerkannt werden (BGH NJW 07/1063).

(e)
Nun war die Tochter damals 11 Jahre. Richtig ist: Damit ist sie in dem Alter, in dem es grundsätzlich Mitverschulden geben kann. Aber nach § 828 BGB ist das begrenzt auf deren Einsichtsfähigkeit und Beurteilungsmöglichkeiten. Diese Begrenzung gilt auch für die Bewertung eines Mitverschuldens (BGH NJW 57/1187).



(f)
Wer -ohne Not und Erfordernis, etwa, um die Straße freizugeben- die Endposition des Autos verändert als Unfallfahrer, hat den Beweis vereitelt. Das wird der Unfallfahrerin nicht zu Gute kommen!


03
ISLÄNDERS Warnblinklampe:

Achtung, zum 31.12.2015 droht Verjährung. Das schwebende Strafverfahren wirkt auf sie nicht ein. Daher teile ich die Ansicht, dass ein Anwalt beauftragt wird, der sich mit schwersten Personenschäden gut auskennt.


04
Wie kann ich nur so herzlos sein, bei einem so traurigen Fall mit lauter BGH-Entscheidungen zu kommen und mit §-? Trost ist auch, zu wissen, wie es weiter geht. Und damit man sieht, dass ich nicht nur eine Meinung habe, sondern auch zeigen kann: So machen das die Gerichte, deswegen zitiere ich das: Boden unter die Füße.

05
Mir tut das Unglück von Herzen leid. Ich bete für Euch.

06
NvM01: Es ist sehr wichtig, dass Du ständig in Austausch bleibst. Auch, wenn sich einmal eine Woche lang nichts bewegt hat! Bleibe hier "auf Sendung", suche Dir einen guten Selbsthilfeverband (z.B. Unfallopfer-Bayern e.V, es gibt aber auch viele andere). Dort weiß man z.B., wer als Anwalt sich bewährt hat - und wer nicht. Ich nehme an, in Kürze meldet sich der "Rekobär", der versteht viel von Unfallanalytik.




ISLÄNDER
 
Hallo MvN01,

auch mein Herzlichstes, mitgefühlt ich wüsste, wenn ich mich erinnern könnte, wie es ist unter einem Auto zu liegen und der Fahrer gibt an von der Sonne geblendet worden zu sein!

die Rekonstruktion wird unglaublich schwer wenn es keine Bilder gibt!

Deine Vermutung nach links auszuholen um in einen Parkplatz einzufahren klingt plausibel aber im Moment liegt die Beweislicht bei dir, dass dies so war.

Hast du das ganze für dich schon mal rekonstruiert? Gibt es Bilder oder Zeugen aussagen? Vielleicht von Jugendlichen einfache Handyaufnahmen?

Ich würde dir gerne helfen.

MfG


Gsxr
 
Hallo GSXR,

nix ist mit Beweislast bei der Tochter oder der Mutter, da der Zusammenstoß unbestritten ist!
Das hat die Versicherung in ihrem Schreiben ja bereits bestätigt und da könnt ihr sehr gut ansetzen.
Schlimm wäre jetzt gewesen, wenn die Fahrerin behauptet hätte, das es überhaupt keinen Zusammstoß gab. Da aber dieser Fakt nicht bestritten wurde ist der Hauptbeweis bereits geführt und das ist für ein zivilrechtliches Verfahren sehr wichtig.
Zivilrecht - Beweislast - Isländers Ausführungen (danke für die ausführliche Schilderung Isländer).
 
Hallo,

auch mein Tiefstes Mitgefühl für deine Tochter.

Hatte auch ein Verkehrsunfall, als ich sechs Jahre alt war.

Obwohl die Fahrerin sich grob, fahrlässig verhalten hatte und den Straßenverkehr, arg gefährdet hatte, musste Sie nur 1.500,00 DM Strafe zahlen.

Sie war vor dem Unfall beim Augenarzt und hatte auch Augentropfen bekommen.

Warum ich dass hier jetzt erwähne ist, vergiss die Autofahrerin, deine Tochter braucht die, außerdem wirst du noch genug Stress mit der Versicherung haben.

Wie schon manche hier geschrieben haben, such dir einen Guten Anwalt, Schwerpunkt Verkehrsrecht und Verklage die Versicherung, die Versicherung wird nie "freiwillig" was Zahlen, deswegen suche dir einen Guten Anwalt und gehe juristisch gegen die Versicherung vor.

Zu der Autofahrerin, ich an deiner Stelle würde mich gar nicht arg damit Beschäftigen.

Ich wünsche dir viel Kraft, damit ihr es gut die kommende Zeit gut übersteht und deiner Tochter eine schnelle Genesung.
 
Grüß Dich, NvM01!

Ich arbeite den Satz von Dir durch: "Die Versicherung zahlt nicht, weil sich die Frau angeblich korrekt verhalten hat."

01
Die Frau hat sich nicht korrekt verhalten. "Korrekt" wäre rechtsmäßiges Verhalten gewesen.

(a)
Die Frau hat ein Kind verletzt. Es ist in Deutschland verboten, andere zu verletzen.

(b)
Ausnahmsweise erlaubt und korrekt wäre es, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorläge. Das wäre z.B. Notwehr oder "Tat begangen, um höheres Rechtsgut zu schützen" (Etwa: Sachbeschädigung, um ein Leben zu retten). Von Rechtfertigungsgrund - hier keine Spur.

02
Auf "korrekt", "ohne Schuld" oder "unvermeidbar" kommt es nicht an. Ursache ist § 7 I StVG. Der Gesetzgeber sah (im Jahre 1908), dass immer mehr mit diesen neumodischen Automobilen passierte. Da schuf er § 7 StVG: Wer sich so etwas gefährliches wie ein Auto zulegt, der steht für alles gerade, was bei Betrieb des Autos passiert.

Damit dann Halter und Fahrer nicht ruiniert sind, wurde gleichzeitig der Zwang geschaffen, dass Autos versichert sein müssen.

Seit einer Reform vor etlichen Jahren ist das einzige Schlupfloch für den Halter, dass er beweist (er muss beweisen, nicht Deine Tochter das Gegenteil!): Der Unfall war ein Fall höherer Gewalt. Davon ist bei dem geschilderten Unfallverlauf gar nicht zu denken.

Vorsicht - häufiger Denkfehler dabei:

Bis zu dieser Reform war der Halter dann aus der Haftung, wenn er nachweisen konnte, dass der Unfall für ihn "unvermeidbar" war, dass also auch der sorgfältigste Autofahrer der Welt ihn nicht hätte aufhalten können.

Das Wort "unvermeidbar" spielt heute noch eine wichtige Rolle im Unfall "Auto gegen Auto". Deshalb geistert dieses Wort auch leicht herum. Aber hier passt es nicht! Im Unfall "Fußgänger ./. Auto" langt nicht mal nachgewiesene Unvermeidbarkeit, um aus der Haftung rauskommen.


03
Wichtig ist:

Was passiert rechtlich, wenn folgendes herauskommt: Man bringt heraus, dass es zwar ziemlich unwahrscheinlich, aber immerhin möglich ist, dass Deine Tochter nicht ins Auto gelaufen ist, doch überwiegend wahrscheinlich ist sie doch ins Auto gelaufen: Was ist denn dann?

Dann muss die Versicherung bezahlen, weil sie nicht beweisen kann, dass Deine Tochter den Unfall selbst verschuldet hat. Und den vollen Beweis muss die Versicherung führen, sonst hat sie Pech gehabt. Das ist der Punkt 02 d in meinem vorigen Beitrag.

04
Ob das Auto stand, ist unerheblich. Vor einiger Zeit lief ein Bubi vor einem geparkten Auto auf die Straße. Das Auto parkte im Halteverbot. Ein vorbeifahrender Autofahrer sah den Bubi zu spät: Dazu hätte das geparkte Auto aus Glas sein müssen. Deshalb kam es zum Unfall. Der Halter (bzw.: dessen Versicherer) des geparkten Autos musste aufkommen, obwohl nicht er das Auto so dämlich geparkt hat. Denn auch Parken, so der BGH, gehört zum Betrieb eines Autos dazu.


05
Ich darf noch bemerken zu den Pflichten eines Autofahrers, und, wann er sich nicht nur haftbar, sondern auch schuldig macht:

Auch die Autofahrerin wusste, dass da, wo sie fährt, eine lustige und ausgelassene Gesellschaft ist, die einen zünftigen Polterabend erleben will. Es ist dort absolut damit zu rechnen, dass Personen aus dieser Gruppe unvorsichtig sind, weil sie abgelenkt sind, dass Kinder rumwirbeln, dass einer vielleicht schon nicht mehr nüchtern ist.

Sie muss sich auf sorgloses Verhalten der anderen einstellen, denn dass hier ein erhöhtes Gefahrenpotential lauert, das weiß jeder.


(Das ist nicht anders, als wenn ein Autofahrer an einer Schulbushaltestelle ein paar Buben raufen sieht: Da ist jederzeit damit zu rechnen, dass einer der Buben losrennt, ohne an die StVO zu denken! Da muss man notfalls anhalten. Ganz eindeutig!)

Bitte, MvN01, melde Dich, wenn da was unklar ist.




ISLÄNDER






n mit bestem Willen nicht mehr herausbringt, wie genau der Unfall abgelaufen ist, bleibt es immerhin
 
Vielen Dank euch allen,

für die ausführlichen Erklärungen.
Ich dachte, Strafrecht und Zivilrecht würden hier irgendwie miteinander zu tun haben. Muss die Verhandlung mit der gegnerischen Versicherung bis zur Verjährungsfrist abgeschlossen sein, oder reicht es, vorher die Zivilklage einzureichen?
Oh Mann, wo und wie finde ich denn einen Anwalt, der sich gut mit Personenschäden auskennt? Unser momentane Anwalt ist, denke ich, nicht der richtige dafür, obwohl er uns bisher gut vertritt.
Im Internet habe ich bisher noch niemanden in der Nähe gefunden. Ich habe gelesen, dass dieses Fachgebiet nicht so häufig in Betracht kommt und sehr komplex ist, und deshalb eher in Großstädten angeboten wird. Selbsthilfeverbände habe ich auch noch nicht wirklich gefunden. Ich suche weiter.
Danke für den guten Zuspruch.
 
Hallo MvN01,

genau auf dieses Denken baut die Versicherung und hofft auf die Verjährung.

Die kennen das StVG ganz genau und wissen durch den Lastenausgleich mit der Krankenversicherung (das kennen die Meisten hier nicht) um die erheblichen Verletzungen Deiner Tochter.

Die Verjährung wird erst durch eine Zivilklage aufgehoben, deshalb erkundige Dich nach einem RA der am besten spezialisiert ist auf Verkehrs- und Medizinrecht. 9,5 Monate sind schnell um.

Wenn Du die Region beschreibst, in der Du einen guten Fachanwalt suchst - vielleicht hat ja jemand hier noch einen guten Tip.
 
Hallo Rajo und Isländer,

und wer sich sonst noch damit auskennt.
Ich habe da mal ein paar Sätze von der gegnerischen Versicherung: (Dez. 2012)
"…Eine Haftung gem. §§7,17,18 StVG kommt in Ermangelung öffentlichen Straßenverkehrs nicht in Betracht. Bei der Unfallörtlichkeit handelt es sich ersichtlich um ein privates Hofgelände…."
"…. dass ich Ansprüche Ihrer Mandantin aus dem Unfallereignis….. als rechtlich unbegründet zurückweisen muss."

Nachdem wir dagegen widersprochen haben, folgte einige Wochen später: (Jan.2013)
"…. Ich habe mich aber ausschließlich an den Vorgaben von Gesetzgeber und Rechtsprechung zu orientieren." Hinsichtlich des Ausschluss der StVG-Haftung dürfte Einigkeit bestehen………
…..Ein Verschulden im Sinne des §823 Abs.1 müsste Ihre Mandantin nachweisen…"

Soll das jetzt auf gut deutsch heißen, auf Privatgelände kann ich Leute über den Haufen fahre und bekomme keinerlei Schuld, oder Mitschuld?

Unser bisheriger Anwalt kümmert sich intensiv um die Angelegenheit mit der Staatsanwaltschaft. Für die Schadenersatzansprüche gegen die Versicherung wäre es wahrscheinlich besser einen anderen, Fachanwalt hinzu zu ziehen. Darf ich 2 verschiedene Anwälte für das gleich Unfallgeschehen beauftragen?

Vielen Dank für eure Antworten, ich bin zwar erst seit gestern hier, aber ich fühle mich gut bei euch aufgehoben. Im näheren Umfeld sind alle genau so hilflos wie wir. Gut, dass es dieses Forum gibt.

LG MvN01
 
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