Kostentragungspflicht für Untätigkeitsklage
Außergerichtliche Kosten einer auf Bescheidung gerichteten Untätigkeitsklage können selbst dann überwiegend dem Beklagten auferlegt werden, wenn der Kläger erst zwei Monate nach Widerspruchserhebung eine Begründung nachreicht, der Beklagte jedoch nach weiteren drei Monaten trotz einer Zwischennachricht noch keine Entscheidung getroffen hat.
SG Hildesheim S 17 SB 162/08 vom 2.2.2009
Zum Sachverhalt:
Fristgerechte Erhebung eines Widerspruchs gegen Bescheid vom 12.2.2008, Widerspruchsbegründung geht am 14.4.2008 beim Beklagten ein. Exakt drei Monate später, am 15.7.2008, wird Untätigkeitsklage eingelegt. Am 23.7.2008 wird der begehrte Widerspruchsbescheid erteilt, sodann das Klageverfahren für erledigt erklärt. Der Beklagte verwahrt sich gegen die Kostenlast, weil eine zögerliche Bearbeitung nicht zu erkennen sei, zumal am 26.5.2008 eine Zwischennachricht erteilt wurde.
Aus den Gründen:
Das Gericht hat auf Antrag nach billigem Ermessen nach § 193 SGG über die Kosten zu entscheiden. Ermessensleitend für die Entscheidung des Gerichts sind die Erfolgsaussichten der Klage, dächte man sich die Erledigung der Hauptsache hinweg. In diesem Sinn sind die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen, aber auch die Gründe für die Klageerhebung und ihre Erledigung (vgl. Meyer-Ladewig u.a., SGGKommentar, 9. A., Rdnr. 13. zu § 193 SGG). Darüber hinaus sind jedoch auch andere, sich aus der Prozessgeschichte ergebende Umstände zu beachten, die für eine gerechte Verteilung der Kosten von Bedeutung sein können.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es sachgerecht, den Beklagten mit Zweidritteln der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten. Auf der einen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Kläger-Bevollmachtigte erst nach etwa zwei Monaten und auf ein Erinnerungsschreiben des Beklagten hin den Widerspruch begründet und damit eine sachgerechte Bearbeitung des Widerspruchs in der gesetzlich normierten Frist des § 88 Abs. 2 SGG wesentlich erschwert hat. Denn bereits mit dem Eingangsbestätigungsschreiben vom 4. März 2008 wurde der Kläger-Bevollmächtigte ebenso um die Begründung des Widerspruchs binnen vier Wochen gebeten wie auch mit dem Erinnerungsschreiben vom 8. April 2008. Dem Beklagten hingegen ist vorzuhalten, dass er nach der am 14. April 2008 eingegangenen Widerspruchsbegründung auch nach über drei Monaten keine Entscheidung getroffen hat, sondern erst nach Erhebung der Untätigkeitsklage am 15. Juli 2008 den Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2008 erlassen hat. Die Zwischennachricht vom 26. Mai 2008 ist insoweit nicht fristhemmend, zumal die entsprechenden internen Verwaltungsverfügungen zur Entscheidung über den Widerspruch vom 30. Mai 2008 stammen und weitere sachdienliche Aktivitäten nicht erkennbar sind, die eine Entscheidung über den Widerspruch erst etwa acht Wochen später rechtfertigen konnten. In diesem Zusammenhang war jedoch auch zu berücksichtigen, dass der ursprünglich mit der Begründung des Widerspruchs säumigen Klägerseite es zuzumuten gewesen wäre, gerade nach der Zwischennachricht vom 26. Mai 2008 eine Rückfrage bzw. Sachstandsfrage, ggf. mit dem Hinweis auf eine mögliche Untätigkeitsklage, an den Beklagten zu richten. Die dann am 15. Juli 2008 ohne weitere Ankündigung erhobene Untätigkeitsklage hätte bei entsprechendem Zusammenwirken mit der Behörde nach Überzeugung der Kammer voraussichtlich vermieden werden können. Bei Abwägung aller dieser Umstände entspricht es nach Überzeugung der Kammer billigem Ermessen, dass der Beklagte dem Kläger Zweidrittel der außergerichtlichen Kosten in diesem Verfahren zu erstatten hat.
Das Gericht erwartet bei der Abarbeitung von Verwaltungs- und hier von Widerspruchsverfahren ein „Zusammenwirken“ zwischen Behörde und Rentenberater. Die Erfahrung zeigt, dass Zwischennachrichten selten den Erfordernissen des § 88 Abs. 2 SGG entsprechen: Sie nennen keinen „zureichenden Grund“ für Verzögerungen, sind allenfalls schematisch erstellt, für die Berechnung der Drei-Monats-Frist somit meist unerheblich. – Und für die Praxis: Nochmalige „Rückfrage bzw. Sachstandsanfrage“ schreibt das Gesetz nun mal nicht expressis verbis vor, und die Leistungsträger sind nicht selten geneigt, telefonischen Anfragen mit Schutzbehauptungen ohne jegliche bzw. mit völlig unsubstantiierten Einlassungen zur Sache zu begegnen.
Gerade bei Untätigkeitfragen vielleit doch interessant.
Gruß von der Seenixe
Außergerichtliche Kosten einer auf Bescheidung gerichteten Untätigkeitsklage können selbst dann überwiegend dem Beklagten auferlegt werden, wenn der Kläger erst zwei Monate nach Widerspruchserhebung eine Begründung nachreicht, der Beklagte jedoch nach weiteren drei Monaten trotz einer Zwischennachricht noch keine Entscheidung getroffen hat.
SG Hildesheim S 17 SB 162/08 vom 2.2.2009
Zum Sachverhalt:
Fristgerechte Erhebung eines Widerspruchs gegen Bescheid vom 12.2.2008, Widerspruchsbegründung geht am 14.4.2008 beim Beklagten ein. Exakt drei Monate später, am 15.7.2008, wird Untätigkeitsklage eingelegt. Am 23.7.2008 wird der begehrte Widerspruchsbescheid erteilt, sodann das Klageverfahren für erledigt erklärt. Der Beklagte verwahrt sich gegen die Kostenlast, weil eine zögerliche Bearbeitung nicht zu erkennen sei, zumal am 26.5.2008 eine Zwischennachricht erteilt wurde.
Aus den Gründen:
Das Gericht hat auf Antrag nach billigem Ermessen nach § 193 SGG über die Kosten zu entscheiden. Ermessensleitend für die Entscheidung des Gerichts sind die Erfolgsaussichten der Klage, dächte man sich die Erledigung der Hauptsache hinweg. In diesem Sinn sind die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen, aber auch die Gründe für die Klageerhebung und ihre Erledigung (vgl. Meyer-Ladewig u.a., SGGKommentar, 9. A., Rdnr. 13. zu § 193 SGG). Darüber hinaus sind jedoch auch andere, sich aus der Prozessgeschichte ergebende Umstände zu beachten, die für eine gerechte Verteilung der Kosten von Bedeutung sein können.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es sachgerecht, den Beklagten mit Zweidritteln der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten. Auf der einen Seite ist zu berücksichtigen, dass der Kläger-Bevollmachtigte erst nach etwa zwei Monaten und auf ein Erinnerungsschreiben des Beklagten hin den Widerspruch begründet und damit eine sachgerechte Bearbeitung des Widerspruchs in der gesetzlich normierten Frist des § 88 Abs. 2 SGG wesentlich erschwert hat. Denn bereits mit dem Eingangsbestätigungsschreiben vom 4. März 2008 wurde der Kläger-Bevollmächtigte ebenso um die Begründung des Widerspruchs binnen vier Wochen gebeten wie auch mit dem Erinnerungsschreiben vom 8. April 2008. Dem Beklagten hingegen ist vorzuhalten, dass er nach der am 14. April 2008 eingegangenen Widerspruchsbegründung auch nach über drei Monaten keine Entscheidung getroffen hat, sondern erst nach Erhebung der Untätigkeitsklage am 15. Juli 2008 den Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2008 erlassen hat. Die Zwischennachricht vom 26. Mai 2008 ist insoweit nicht fristhemmend, zumal die entsprechenden internen Verwaltungsverfügungen zur Entscheidung über den Widerspruch vom 30. Mai 2008 stammen und weitere sachdienliche Aktivitäten nicht erkennbar sind, die eine Entscheidung über den Widerspruch erst etwa acht Wochen später rechtfertigen konnten. In diesem Zusammenhang war jedoch auch zu berücksichtigen, dass der ursprünglich mit der Begründung des Widerspruchs säumigen Klägerseite es zuzumuten gewesen wäre, gerade nach der Zwischennachricht vom 26. Mai 2008 eine Rückfrage bzw. Sachstandsfrage, ggf. mit dem Hinweis auf eine mögliche Untätigkeitsklage, an den Beklagten zu richten. Die dann am 15. Juli 2008 ohne weitere Ankündigung erhobene Untätigkeitsklage hätte bei entsprechendem Zusammenwirken mit der Behörde nach Überzeugung der Kammer voraussichtlich vermieden werden können. Bei Abwägung aller dieser Umstände entspricht es nach Überzeugung der Kammer billigem Ermessen, dass der Beklagte dem Kläger Zweidrittel der außergerichtlichen Kosten in diesem Verfahren zu erstatten hat.
Das Gericht erwartet bei der Abarbeitung von Verwaltungs- und hier von Widerspruchsverfahren ein „Zusammenwirken“ zwischen Behörde und Rentenberater. Die Erfahrung zeigt, dass Zwischennachrichten selten den Erfordernissen des § 88 Abs. 2 SGG entsprechen: Sie nennen keinen „zureichenden Grund“ für Verzögerungen, sind allenfalls schematisch erstellt, für die Berechnung der Drei-Monats-Frist somit meist unerheblich. – Und für die Praxis: Nochmalige „Rückfrage bzw. Sachstandsanfrage“ schreibt das Gesetz nun mal nicht expressis verbis vor, und die Leistungsträger sind nicht selten geneigt, telefonischen Anfragen mit Schutzbehauptungen ohne jegliche bzw. mit völlig unsubstantiierten Einlassungen zur Sache zu begegnen.
Gerade bei Untätigkeitfragen vielleit doch interessant.
Gruß von der Seenixe