Siegfried21
Erfahrenes Mitglied
Hallo oohpss,
das Problem: (mit dem u. a. Geschädigte zu kämpfen haben)
Zitat:
Die meisten medizinischen
Gutachter sind - entsprechend dem Schwergewicht ihrer Gutachtertätigkeit - von der im
Sozialrecht vorherrschenden Kausalitätslehre geprägt und mit den im Zivilrecht geltenden
Kriterien nicht hinreichend vertraut.
Info Kausalität etc.:
http://www.aerztekammer-berlin.de/1...50_Allgemeine_Grundlagen_der_Begutachtung.pdf
ab Seite 8.
Strafrecht gilt die Äquivalenztheorie als Kausalitätsnorm. Sie besagt, dass jede, aber auch nur diejenige Bedingung als Ursache im Rechtssinn gilt, die für den konkreten Erfolg – so, zu diesem Zeitpunkt und in diesem Ausmaß - nicht hinweggedacht werden kann bzw. ohne die der konkrete Erfolg entfallen wäre.
Entsprechend den Beweisgrundsätzen im Strafprozess („in dubio pro reo“) muss die Kausalität jenseits begründeter Zweifel erwiesen sein, um einen Tatvorwurf zu begründen.
Im Zivilrecht (private Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung) gilt die Adäquanz-theorie. Sie besagt, dass eine Ursache „adäquat“, d.h. nach allgemeiner Lebenserfahrung generell und nicht nur unter besonders eigenartigen Umständen geeignet gewesen sein muss, die eingetretene Schadensfolge herbeizuführen. Dies
erfordert vom Gutachter, dass er genaue Informationen über den Unfallhergang und die primären Verletzungen herbeiziehen muss, um abzuschätzen, ob und in welchem Ausmaß Folgeschäden eingetreten sind. Eine besondere Schadensanlage beim Opfer (regelwidriger Zustand, der klinisch oder funktionell noch nicht in Erscheinung getreten ist) schließt die Kausalität eines Schadensereignisses in aller Regel nicht aus. Während im allgemeinen Zivilrecht die Entschädigung jedenfalls im Grundsatz nach dem „Alles oder Nichts“- Prinzip erfolgt, können in der privaten Unfallversicherung mitwirkende – unfallunabhängige – Krankheiten oder Gebrechen über einen prozentualen Abzug von der vereinbarten Versicherungssumme Berücksichtigung finden („Adäquanzprüfung“).
Im Sozialrecht (Gesetzliche Unfallversicherung, soziales Entschädigungsrecht) und Teilen des Verwaltungsrechts (z.B. bei der Entschädigung von Dienstunfallfolgen) gilt die Relevanztheorie oder „Lehre von der wesentlichen Bedingung“. Sie erfordert eine Bewertung aller Ursachen, die am Eintritt einer Schädigung mitgewirkt haben. Der Gutachter muss also neben dem Schädigungsereignis (z.B. Unfall) konkurrierende Kausalitäten (z.B. Vorerkrankungen) berücksichtigen und in ihrer Bedeutung für den Schadenseintritt qualitativ bewerten. Eine rechnerische Gewichtung der einzelnen Ursachen ist nicht vorzunehmen. Kommt einer der Ursachen (Unfallereignis oder Vorerkrankung) eine „überragende“ Bedeutung für den Kausalverlauf zu, drängt sie also die jeweils andere Ursache in den Hintergrund, so ist sie allein „wesentlich“ und damit ursächlich im Sinne dieser Kausallehre. Haben beide Faktoren einen „annähernd gleichwertigen“ Ursachenbeitrag geliefert, gelten alle Umstände als „wesentliche (Teil-) - Ursachen. Lediglich dann, wenn eine nicht unfallbedingte Ursache, z. B. eine Vorerkrankung, so schwer ist, d. h. die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar war, dass jede Belastung des alltäglichen Lebens den gleichen Schaden hätte herbeiführen können, tritt das Unfallereignis in seiner rechtlichen Bedeutung zurück und stellt keine wesentliche Bedingung mehr dar. Das Unfallereignis besitzt auch dann die Qualität der wesentlichen Ursache im Rechtssinn, wenn es den unvermeidlichen Schadenseintritt um zumindest ein Jahr beschleunigt hat. Da das Sozialrecht keine „geteilte Kausalität“ kennt, vielmehr den Schaden einheitlich bewertet, reicht eine wesentliche Mitverursachung des Gesundheitsschadens aus, um die volle Entschädigungsleistung zu erhalten.
Grüße nach HH
Siegfried21
das Problem: (mit dem u. a. Geschädigte zu kämpfen haben)
Zitat:
Die meisten medizinischen
Gutachter sind - entsprechend dem Schwergewicht ihrer Gutachtertätigkeit - von der im
Sozialrecht vorherrschenden Kausalitätslehre geprägt und mit den im Zivilrecht geltenden
Kriterien nicht hinreichend vertraut.
Info Kausalität etc.:
http://www.aerztekammer-berlin.de/1...50_Allgemeine_Grundlagen_der_Begutachtung.pdf
ab Seite 8.
Strafrecht gilt die Äquivalenztheorie als Kausalitätsnorm. Sie besagt, dass jede, aber auch nur diejenige Bedingung als Ursache im Rechtssinn gilt, die für den konkreten Erfolg – so, zu diesem Zeitpunkt und in diesem Ausmaß - nicht hinweggedacht werden kann bzw. ohne die der konkrete Erfolg entfallen wäre.
Entsprechend den Beweisgrundsätzen im Strafprozess („in dubio pro reo“) muss die Kausalität jenseits begründeter Zweifel erwiesen sein, um einen Tatvorwurf zu begründen.
Im Zivilrecht (private Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung) gilt die Adäquanz-theorie. Sie besagt, dass eine Ursache „adäquat“, d.h. nach allgemeiner Lebenserfahrung generell und nicht nur unter besonders eigenartigen Umständen geeignet gewesen sein muss, die eingetretene Schadensfolge herbeizuführen. Dies
erfordert vom Gutachter, dass er genaue Informationen über den Unfallhergang und die primären Verletzungen herbeiziehen muss, um abzuschätzen, ob und in welchem Ausmaß Folgeschäden eingetreten sind. Eine besondere Schadensanlage beim Opfer (regelwidriger Zustand, der klinisch oder funktionell noch nicht in Erscheinung getreten ist) schließt die Kausalität eines Schadensereignisses in aller Regel nicht aus. Während im allgemeinen Zivilrecht die Entschädigung jedenfalls im Grundsatz nach dem „Alles oder Nichts“- Prinzip erfolgt, können in der privaten Unfallversicherung mitwirkende – unfallunabhängige – Krankheiten oder Gebrechen über einen prozentualen Abzug von der vereinbarten Versicherungssumme Berücksichtigung finden („Adäquanzprüfung“).
Im Sozialrecht (Gesetzliche Unfallversicherung, soziales Entschädigungsrecht) und Teilen des Verwaltungsrechts (z.B. bei der Entschädigung von Dienstunfallfolgen) gilt die Relevanztheorie oder „Lehre von der wesentlichen Bedingung“. Sie erfordert eine Bewertung aller Ursachen, die am Eintritt einer Schädigung mitgewirkt haben. Der Gutachter muss also neben dem Schädigungsereignis (z.B. Unfall) konkurrierende Kausalitäten (z.B. Vorerkrankungen) berücksichtigen und in ihrer Bedeutung für den Schadenseintritt qualitativ bewerten. Eine rechnerische Gewichtung der einzelnen Ursachen ist nicht vorzunehmen. Kommt einer der Ursachen (Unfallereignis oder Vorerkrankung) eine „überragende“ Bedeutung für den Kausalverlauf zu, drängt sie also die jeweils andere Ursache in den Hintergrund, so ist sie allein „wesentlich“ und damit ursächlich im Sinne dieser Kausallehre. Haben beide Faktoren einen „annähernd gleichwertigen“ Ursachenbeitrag geliefert, gelten alle Umstände als „wesentliche (Teil-) - Ursachen. Lediglich dann, wenn eine nicht unfallbedingte Ursache, z. B. eine Vorerkrankung, so schwer ist, d. h. die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar war, dass jede Belastung des alltäglichen Lebens den gleichen Schaden hätte herbeiführen können, tritt das Unfallereignis in seiner rechtlichen Bedeutung zurück und stellt keine wesentliche Bedingung mehr dar. Das Unfallereignis besitzt auch dann die Qualität der wesentlichen Ursache im Rechtssinn, wenn es den unvermeidlichen Schadenseintritt um zumindest ein Jahr beschleunigt hat. Da das Sozialrecht keine „geteilte Kausalität“ kennt, vielmehr den Schaden einheitlich bewertet, reicht eine wesentliche Mitverursachung des Gesundheitsschadens aus, um die volle Entschädigungsleistung zu erhalten.
Grüße nach HH
Siegfried21