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Gesucht wird: Folgeentscheidung des LSG nach BSG-Urteil B 2 U 4/04 R

Joker

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2 Sep. 2006
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1,302
Ort
am Rhein
Hallo zusammen,

es existiert ein interessantes Urteil des BSG vom 13.09.2005, AZ B 2 U 4/04 R , das sich u.a. mit Aspekten wie Verletzung des rechtlichen Gehörs, MdE-Erfahrungswerten und Leistungsdauer des Verletztengeldes bei fehlendem Verwaltungsakt zur Leistungseinstellung beschäftigt.

Das BSG hat den Fall nach seinem Urteil an das Sächsische Landessozialgericht zurückverwiesen. Leider ist mir kein Aktenzeichen des LSG bekannt. Sofern hier jemand im Forum an juristische Datenbanken herankommt: kann mir jemand ein Aktenzeichen oder Link zur Verfügung stellen, um zu erfahren wie die Sache ausgegangen ist. Volltext wird auch immer gerne genommen ;)

Gruß
Joker
 
Hallo,

Das veröffentlichte Urteil des LSG ist das Urteil, dass das BSG dann zurückverwiesen hat. Die überprüfte Entscheidung des LSG (also nach Urteil des BSG von 2004) konnte ich bisher nicht finden. Das Aktenzeichen des LSG sollte das geliche bleiben, allerdings mit Datum nach der Entscheidung des BSG.

Gruß von der Seenixe
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Joker,

das BSG hat übrigens zum gleichen Thema unter Bezug auf sein eigenes Urteil später erneut entschieden. Hier das Urteil:

BSG B 2 U 31/06 R 30.10.2007
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. September 2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Umstritten ist die Dauer der Zahlung von Verletztengeld.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger hat den Beruf des Maschinen- und Anlagenmonteurs gelernt und war später jahrelang als Schlosser und zeitweise als Bauarbeiter berufstätig. Während einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Sanierungs- und Abbrucharbeiten) erlitt er am 15. Juli 1999 einen Arbeitsunfall. Ein nachfolgender Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) endete mit einem Vergleich, in dem die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Unfallfolge eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes ohne rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) anerkannte und sich verpflichtete, dem Kläger für die Zeit ab 30. August 1999 Verletztengeld nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Außerdem bewilligte die Rechtsvorgängerin dem Kläger ab 10. September 2001 eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme für zehn bis dreizehn Monate (Bescheid vom 10. August 2001). Auf Nachfrage des Klägers teilte sie diesem mit, dass er Anspruch auf Verletztengeld nur bis zum 14. Januar 2000 habe (formloses Schreiben vom 20. November 2001). Sein auf eine längere Verletztengeldzahlung gerichteter Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2002).
Die dagegen mit dem gleichen Begehren erhobene Klage wurde vom SG abgewiesen (Urteil vom 17. März 2005). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers die Beklagte verurteilt, dem Kläger über den 14. Januar 2000 hinaus bis zum 9. September 2001 Verletztengeld zu gewähren (Urteil vom 11. September 2006), und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Anspruchsgrundlage für das Verletztengeld sei § 45 Abs 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), weil der Kläger durchgehend bis zum 9. September 2001 arbeitsunfähig gewesen sei und bis zur Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit oder bis zu einem Anspruch auf Übergangsgeld Anspruch auf Verletztengeld gehabt habe (§ 46 Abs 3 Satz 1 SGB VII). Der Anspruch auf Verletztengeld sei grundsätzlich zeitlich unbegrenzt, weil es die vorrangige Aufgabe der Unfallversicherungsträger sei, die Arbeitsfähigkeit des Verletzten wiederherzustellen. Die Sonderregelung für den Fall, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei (§ 46 Abs 3 Satz 2 SGB VII), erfordere eine Prognoseentscheidung des Unfallversicherungsträgers, die vorliegend nicht getroffen worden sei und vom Gericht nicht ersetzt werden dürfe (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 13. September 2005 - B 2 U 4/04 R -). Anspruch auf Verletztengeld könne auch bei Arbeitsfähigkeit bestehen, wenn Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich seien (§ 45 Abs 2 SGB VII). Der Kläger sei jedoch bis zum 9. September 2001 durchgehend arbeitsunfähig gewesen, sodass sich die Frage eines solchen Wartezeitanspruchs nicht stelle. Das Gutachten der Arbeitsagentur vom 17. Februar 2000, nach dem der Kläger für fähig erachtet worden sei, als Hausmeister oder im Schlüsseldienst tätig zu sein, indiziere gerade nicht ein Ende seiner Arbeitsunfähigkeit, weil eine rentenversicherungsrechtlich zulässige Verweisung und der mögliche soziale Abstieg in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht in Kauf genommen werden müssten. Für eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit sprächen die andauernden Beschwerden des Klägers und die mangelnde Einsatzfähigkeit seiner Schulter. Nichts anderes folge aus der Schätzung der MdE wegen der Unfallfolgen auf nur 10 vH sowie der Arbeitslosmeldung des Klägers. Im Übrigen beruhe das Datum "14. Januar 2000" auf einem Rechenfehler, weil die 78. Woche nach dem Arbeitsunfall erst am 15. Januar 2001 abgelaufen sei.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend: Die Auffassung des Senats in der Entscheidung vom 13. September 2005, dass das Ende des Verletztengeldanspruchs durch Verwaltungsakt festzustellen sei, die das LSG seinem Urteil zugrunde gelegt habe, habe Widerspruch in der Literatur erfahren (Hinweis auf Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, § 46 RdNr 46 - 55). Nach letzterem sei eine Frist von 78 Wochen für das Verletztengeld grundsätzlich für die Unfallversicherungsträger verbindlich. Die Auffassung, der Ablauf der 78. Woche stelle kein absolutes Limit für die Verletztengeldzahlung dar, wenn die Arbeitsunfähigkeit fortdauere und ein Verwaltungsakt über die Feststellung einer negativen Wiedereingliederungsprognose nicht ergangen sei, weiche von § 46 Abs 3 SGB VII ab. Verletztengeld sei eine vorübergehende Leistung ähnlich dem Krankengeld. Eine Zahlung über die 78. Woche hinaus sei nur möglich, wenn die stationäre Behandlung noch nicht beendet sei oder keine Klarheit über den Wegfalltatbestand vorliege. Für das Ende des Verletztengeldanspruches kommt es nicht darauf an, ob das Ende mit Verwaltungsakt festgestellt worden sei, sondern lediglich, ob Klarheit über den Wegfalltatbestand vorliege. Zu dem Zeitpunkt, in dem objektiv feststehe, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei, würden die Voraussetzungen für den Wegfall des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs 3 Satz 2 SGB VII vorliegen. Dass es nur auf die objektiven Verhältnisse und nicht auf eine Prognoseentscheidung ankomme, zeige auch die Fallkonstellation, in der der Unfallversicherungsträger erst nach Jahren Kenntnis von dem Arbeitsunfall erlange. Im Übrigen müsse anderenfalls, wenn die Anerkennung eines Versicherungsfalls über Jahre hinweg umstritten sei, der Unfallversicherungsträger immer rechtssichernd einen Verwaltungsakt zur Begrenzung des Verletztengeldanspruchs erlassen. Ein solches Erfordernis sei § 46 Abs 3 SGB VII nicht zu entnehmen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn bis zur Entscheidung über den Wegfall aufgrund eines Verwaltungsakts Verletztengeld gezahlt werde. Wenn ein zeitlich nicht begrenzter Verwaltungsakt über die Zahlung von Verletztengeld vorliege, sei ein beendender Verwaltungsakt aufgrund der einschlägigen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) notwendig (Hinweis auf Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd 3, Gesetzliche Unfallversicherung, § 46 RdNr 19). Liege aber kein Verwaltungsakt über die Gewährung von Verletztengeld vor, bedürfe es auch keines aufhebenden Verwaltungsakts. So sei es im vorliegenden Fall gewesen.
Das LSG habe auch das Kriterium der Arbeitsunfähigkeit unzutreffend gewürdigt. Arbeitsfähigkeit liege vor, wenn der Versicherte auf eine ähnliche oder gleichartige Tätigkeit verwiesen werden könne. Die Verweisungstätigkeit müsse wirtschaftlich gleichwertig sein. Dafür müsse die Einkommenseinbuße unter 10 vH liegen. Dies habe das LSG nicht beachtet. Das vom LSG angeführte Urteil des LSG für das Saarland zur Verweisbarkeit eines Metallfacharbeiters sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Das LSG setze sich auch über den Eingliederungsvorschlag der Bundesagentur für Arbeit vom 5. September 2000 sowie das Arbeitsamtsärztliche Gutachten von Dr. K. vom 17. Februar 2000 hinweg, ohne den Sachverhalt hinsichtlich der aufgeführten Tätigkeiten als Hausmeister zu würdigen. Bei der vom Kläger ausgeübten Abrissarbeit habe es sich um eine angelernte Tätigkeit gehandelt, sodass er auf die aufgezeigten Tätigkeiten verweisbar gewesen sei. Der Kläger habe nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden, sodass als Maßstab nicht die völlige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bezogen auf die bisher ausgeübte oder allenfalls ähnliche Tätigkeit in Betracht komme.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. September 2006 aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, das LSG sei nicht von einer bloß angelernten Tätigkeit ausgegangen. Auch im Rentenverfahren sei ein Berufsschutz seinerseits als Facharbeiter - Schlosser - angenommen worden. Die ungelernten Abrissarbeiten seien nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls habe er in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden.
II
Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachte Zahlung von Verletztengeld vom 15. Januar 2000 bis zum 9. September 2001 aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 15. Juli 1999 nicht aus.
Verletztengeld wird insbesondere erbracht, wenn ein Versicherter infolge eines Versicherungsfalles arbeitsunfähig ist, unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen hatte (§ 45 Abs 1 SGB VII) und kein Beendigungstatbestand iS des § 46 Abs 3 SGB VII vorliegt. Außerdem besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf sog Übergangs-Verletztengeld, wenn Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind (§ 45 Abs 2 SGB VII).
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann vom Senat aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden, denn es ist unklar, inwieweit der Kläger in der umstrittenen Zeit vom 15. Januar 2000 bis zum 9. September 2001 arbeitsunfähig war (nachfolgend 1.). War er in dieser Zeit infolge des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig, hatte er für diese Zeit Anspruch auf Verletztengeld, weil kein Beendigungstatbestand iS des § 46 Abs 3 SGB VII vorliegt (nachfolgend 2.). Im Übrigen wäre, wenn nach diesen Vorschriften kein Anspruch auf Verletztengeld gegeben ist, ein Anspruch des Klägers auf sog Übergangs-Verletztengeld nach § 45 Abs 2 SGB VII zu prüfen, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ab 10. September 2001 eine Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation bzw nach der durch das Neunte Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) vom 19. Juni 2001 (BGBl I 1046) zum 1. Juli 2001 geänderten Terminologie "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" bewilligt hatte.
1. Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (vgl zur stRspr in der gesetzlichen Krankenversicherung nur BSGE 26, 288 = SozR Nr 25 zu § 182 RVO; BSGE 61, 66 = SozR 2200 § 182 Nr 104; BSGE 85, 271, 273 = SozR 3-2500 § 49 Nr 4 S 12 f; zur Literatur nur Höfler in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2007, SGB V, § 44 RdNr 10 ff; zur Übernahme dieses Begriffs in die gesetzliche Unfallversicherung: BSG, Urteil vom 29. November 1972 - 8/2 RU 123/71 - USK 72181; BSG SozR 3-2200 § 560 Nr 1; BSG SozR 3-2700 § 46 Nr 1; zur unfallversicherungsrechtlichen Literatur nur Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: März 2007, § 46 RdNr 7 mwN). Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeit entsprechend der Funktion des Kranken- bzw Verletztengeldes eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, sodass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufes eingeschränkt ist.
Die erste entscheidende Voraussetzung zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten ist demgemäß die Feststellung der von ihm zur Zeit des Unfalls ausgeübten versicherten Tätigkeit. Schon daran mangelt es vorliegend: Das LSG hat nur ausgeführt, der Kläger sei "zu einer ABM-Tätigkeit (Sanierungs- und Abbrucharbeiten) eingeteilt" gewesen bzw der Unfall habe sich bei dem Abriss einer Trockenwand ereignet. Es hat die Arbeit des Klägers als zumindest angelernte Tätigkeit angesehen, wie sich aus dem Vergleich mit dem gehobenen Büroboten und der Erörterung einer rentenversicherungsrechtlich zulässigen Verweisung von Metallfacharbeitern ergibt. Was die zur Zeit des Unfalls ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Bezugspunkt für die Beurteilung seiner Arbeitsunfähigkeit war, bleibt jedoch unklar. Das Fehlen diesbezüglicher Feststellungen des LSG wird auch im Revisionsvorbringen der Beteiligten deutlich: Die Beklagte geht von einer bloß angelernten Tätigkeit aus, während der Kläger meint, das LSG sei zumindest von einer solchen Tätigkeit ausgegangen, in Wirklichkeit stehe ihm aber Berufsschutz als Facharbeiter - Schlosser - zu. Die ungelernten Abrissarbeiten seien für die von ihm ausgeübte Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen, ob das Beschäftigungsverhältnis, während dessen sich der Unfall ereignete, fortbestand und wie lange es fortbestand, hat das LSG ebenfalls keine Feststellungen getroffen. Ohne eine Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses stellt sich jedoch die Frage der Verweisung auf andere gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten überhaupt nicht bzw erst ab dem Zeitpunkt der Beendigung. Zwar spricht eine ABM-Tätigkeit, wie der Kläger sie nach den Feststellungen des LSG ausübte, für eine zeitlich befristete Beschäftigung, notwendig wäre aber die Feststellung des genauen Zeitpunktes ihrer Beendigung, weil erst ab diesem Termin die angesprochene Verweisung in Betracht kommt. Auch der Beteiligtenvortrag im Revisionsverfahren ist widersprüchlich, ohne dass er anhand von Feststellungen des LSG geklärt werden könnte: Während die Beklagte anführt, der Kläger habe nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden, wird vom Kläger genau das Gegenteil behauptet. Außerdem kann, wie ausgeführt, ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis vorgelegen haben.
Zu den in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten ist in Übereinstimmung mit der obigen Rechtsprechung zur gesetzlichen Krankenversicherung nur darauf hinzuweisen, dass der Kreis dieser Tätigkeiten erheblich enger begrenzt ist als mögliche Verweisungstätigkeiten im Rahmen der Prüfung der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl nur: BSGE 61, 66 = SozR 2200 § 182 Nr 104). Nur wenn es sich um eine gleich oder ähnlich geartete Tätigkeit handelt, ist in einem weiteren Schritt die wirtschaftliche Gleichwertigkeit anhand des zu erzielenden Entgelts zu prüfen.
2. Falls der Kläger in der umstrittenen Zeit vom 15. Januar 2000 bis zum 9. September 2001 infolge des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig war, hat er für diese Zeit Anspruch auf Verletztengeld, weil entgegen dem Revisionsvorbringen der Beklagten kein Beendigungstatbestand iS des § 46 Abs 3 SGB VII für diesen in der Zeit vorher unstreitig bestehenden Anspruch gegeben ist.
a) Nach § 46 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB VII endet das Verletztengeld mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder der Hinderung an einer ganztägigen Erwerbstätigkeit durch eine Heilbehandlung. Damit werden die Folgen des Wegfalls der in § 45 Abs 1 Nr 1 SGB VII normierten Grundvoraussetzung für Verletztengeld wiederholt. Inwieweit der Kläger in der umstrittenen Zeit arbeitsunfähig infolge des Arbeitsunfalls war, wurde schon oben erörtert und ist aufgrund der Feststellungen des LSG zur Zeit nicht abschließend zu beurteilen.
b) Die sich aus § 46 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB VII ergebende Beendigung des Verletztengeldes mit dem Entstehen eines Anspruchs auf Übergangsgeld dient der Vermeidung einer Doppelversorgung, weil das bis zum 30. Juni 2001 nach der damaligen Fassung der §§ 49 ff SGB VII und das ab dem 1. Juli 2001 nach den heute geltenden §§ 49 f SGB VII iVm dem SGB IX zu zahlenden Übergangsgeld eine andere Entgeltersatzleistung ist, die dann an die Stelle des Verletztengeldes tritt. Diese Voraussetzung ist für die umstrittene Zeit gerade nicht gegeben, weil die dem Kläger von der Beklagten bewilligte berufliche Rehabilitationsmaßnahme erst am 10. September 2001 begann.
c) Des Weiteren endet das Verletztengeld nach § 46 Abs 3 Satz 2 SGB VII, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und berufsfördernde Leistungen bzw seit dem 1. Juli 2001 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind,
1. mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung soweit abgeschlossen ist, dass der Versicherte eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen kann,
2. mit Beginn der in § 50 Abs 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) genannten Leistungen (zB Renten wegen voller Erwerbsminderung, Vollrente wegen Alters), es sei denn, dass diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3. im Übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.
Dass die Voraussetzungen der Nr 1 oder der Nr 2 des § 46 Abs 3 Satz 2 SGB VII erfüllt sind, hat das LSG nicht festgestellt und von Seiten der Beklagten ist auch keine auf diese Alternativen gerichtete Revisionsrüge erhoben worden.
Die Voraussetzungen der Nr 3 sind ebenfalls nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, hinsichtlich deren die Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben hat, nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat keine Prognoseentscheidung über den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers getroffen und dem Kläger im Übrigen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation ab 10. Januar 2001 bewilligt. Auf den Einwand der Beklagten, eine Prognoseentscheidung hinsichtlich des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei entgegen der Entscheidung des Senats vom 13. September 2005 (- B 2 U 4/04 R -) nicht erforderlich gewesen, braucht nicht eingegangen zu werden. Denn dies ist nur eines der zwei in dem Einleitungsteil des Satzes 2 des § 46 Abs 3 SGB VII genannten Erfordernisse, die beide erfüllt sein müssen, damit der Verletztengeldanspruch enden kann. Da die andere Voraussetzung - keine Erbringung von berufsfördernden Leistungen bzw Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - nach den oben angeführten tatsächlichen Feststellungen des LSG auf jeden Fall nicht erfüllt ist, wie sich aus der Gewährung dieser Leistungen durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten an den Kläger zum 10. September 2001 aufgrund ihres Bescheides vom 10. August 2001 ergibt, scheidet auch eine Beendigung des Verletztengeldes aufgrund dieser Vorschrift aus.
Auf das von der Beklagten in den Mittelpunkt ihres Revisionsvorbringens gestellte Überschreiten der 78 Wochen seit dem Arbeitsunfall durch reinen Zeitablauf kommt es nicht an, wie der Senat schon im Urteil vom 13. September 2005 (- B 2 U 4/04 R -) ausgeführt hat. Das SGB VII enthält keine Höchstgrenze von 78 Wochen für das Verletztengeld (so auch die einhellige Auffassung in der Literatur: Benz/Köllner, BG 2000, 39 ff; Jung in Wannagat, SGB VII, Stand Dezember 2005, § 46 RdNr 8; Krasney in Brackmann, Gesetzliche Unfallversicherung, § 46 RdNr 27; Mehrtens in Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Stand März 2007, § 46 RdNr 12; Nehls in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Februar 2007, § 46 RdNr 15). Der von der Beklagten angeführten Kommentarstelle von Fröhlke in Lauterbach ist nichts anderes zu entnehmen, wenn die wiedergegebene Aussage - eine Frist von 78 Wochen für das Verletztengeld ist grundsätzlich für den Unfallversicherungsträger verbindlich - nicht isoliert, sondern im Zusammenhang gelesen wird (vgl Fröhlke in Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Oktober 2006, § 46 RdNr 53, 48).
Da der Senat die notwendigen Tatsachenfeststellungen zur Beurteilung der umstrittenen Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 15. Januar 2000 bis zum 9. September 2001 als Revisionsgericht nicht selbst nachholen kann, ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur Durchführung der entsprechenden Ermittlungen sowie einer erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes). Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.


Gruß von der Seenixe
 
Und gleich noch eins drauf:

die DGVU hat an alle Berufsgenossenschaften folgendes kommuniziert:

1. Das Ende des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII ist durch Verwaltungsakt festzustellen, weil es eine Prüfung im Sinne einer Prognoseentscheidung erfordert, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann.
2. Die Widerspruchsstellen der Unfallversicherungsträger sind funktionell und sachlich nicht zuständig, an Stelle der Ausgangsbehörden der Träger die erforderliche Prognoseentscheidung zu treffen.
§ 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII, § 42 SGB X
Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.04.2013 – L 3 U 269/11 –
Bestätigung des Urteils des SG Potsdam vom 06.10.2011 – S 12 U 50/11 –
Streitig war das Ende eines Verletztengeldanspruchs. Der beklagte UV-Träger hatte die Krankenkasse der Klägerin mit Schreiben vom 08.03.2010 aufgefordert, an diese bis zum 29.11.2010 Krankengeld auszuzahlen. Die Klägerin, die eine Kopie des Schreibens nachrichtlich erhalten hatte, legte dagegen Widerspruch ein (Rn 2). Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid zurückgewiesen; die Festlegung des Beendigungszeitpunkts gemäß § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VII sei zu Recht erfolgt (Rn 6).
Das LSG ist dieser Auffassung nicht gefolgt (Rn 19). Die (formalen) Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 3 SGB VII lägen nicht vor. Ausgangspunkt sei dabei (Rn 20), dass nach der Rechtsprechung des BSG das Ende des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII durch Verwaltungsakt festzustellen sei, weil es eine nicht durch das Gericht ersetzbare Prüfung im Sinne einer Prognoseentscheidung erfordere (Hinweis auf Urteil des BSG vom 13.09.2005 – B 2 U 4/04 R –, HVBG-Info 003/2006, S. 270 ff.).
Es sei schon fraglich, ob das Schreiben an die Krankenkasse vom 08.03.2010 überhaupt die Qualität eines VA gegenüber der Klägerin gehabt habe, auf jeden Fall sei darin nicht die erforderliche Prognoseentscheidung getroffen worden (Rn 21). Soweit dann der Widerspruchsbescheid, wenn auch unzureichend, erstmals eine Prognoseentscheidung enthalten habe, habe dies den Fehler nicht behoben, denn die Widerspruchsstelle sei funktionell wie sachlich nicht zuständig gewesen, an Stelle der Ausgangsbehörde des UV-Trägers hierüber zu entscheiden.
Dieser Verfahrensfehler sei auch i.S. des § 42 SGB X beachtlich und begründe einen Aufhebungsanspruch (unter Hinweis auf Urteil des BSG vom 20.07.2010 – B 2 U 19/09 R -, UV-Recht Aktuell 20/2010, S. 1297 ff.). Abgesehen davon sei die Prognoseentscheidung auch unvollständig gewesen und habe – in unzulässiger Weise – eine zurückbezogene Einschätzung vorgenommen (Rn 21).
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 11.04.2013 – L 3 U 269/11 – wie folgt entschieden:

Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung des ihr von der Beklagten gezahlten Verletztengelds.
Die 1956 geborene, bei der Beklagten in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Klägerin war in häuslicher Krankenpflege beschäftigt. Die Klägerin erkrankte wegen eines atopischen Hautekzems arbeitsunfähig. Die Beklagte forderte die Krankenkasse der Klägerin mit Schreiben vom 08. März 2010 auf, an die Klägerin vom 02. Juni 2009 bis zum 29. November 2010 Krankengeld in dort näher bestimmter Höhe auszuzahlen. Die Beklagte übersandte der Klägerin nachrichtlich eine Kopie dieses Schreibens unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung. Die Klägerin erhob am 23. März 2010 hiergegen Widerspruch.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 26. März 2010 bei der Klägerin das Bestehen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 (BK 5101) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) an.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2010 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus, dass sich die Dauer des Verletztengelds nach § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) richte, weil die Klägerin aufgrund der anerkannten BK für die bisher ausgeübte hautgefährdende Tätigkeit nicht mehr arbeitsfähig werde und schon aus rechtlichen Gründen für die zuvor ausgeübte Tätigkeit arbeitsunfähig sei und bleibe, weshalb bei ihr das Verletztengeld mit Ablauf der 78. Woche ab dem Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit, mithin am 29. November 2010 ende.
Zwischenzeitlich holte die Beklagte das hautfachärztliche Gutachten des Oberarztes der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum S Dr. S vom 16. August 2010 ein. In der Folgezeit bestand zwischen den Beteiligten Uneinigkeit darüber, ob die Klägerin sich tatsächlich weigerte, an konkret von der Beklagten angebotenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen, vgl. etwa das an die Beklagte gerichtete Schreiben der Klägerin vom 23. November 2010.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 u.a. den gegen eine Festlegung des Beendigungszeitpunkts des Verletztengelds auf den 29. November 2010 gerichteten Widerspruch zurück. Die Beklagte behielt zunächst ihre im Schreiben vom 21. Mai 2010 geäußert Auffassung bei und führte ergänzend aus, die Festlegung des Beendigungszeitpunkts sei gemäß § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VII zu Recht erfolgt. Zum Zeitpunkt der Verletztengeldfeststellung sei davon auszugehen gewesen, dass unter weiterer konsequenter Heilbehandlung und Ausschöpfung aller Möglichkeiten grundsätzlich innerhalb von 78 Wochen ein Hautzustand zu erreichen sei, der die Aufnahme einer leidensgerechten Tätigkeit erlaube.
Die Klägerin hat ihr gegen eine Beendigung des Verletztengelds zum 29. November 2010 gerichtetes Begehren mit der am 14. Januar 2011 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie habe Anspruch auf Fortzahlung des Verletztengelds. Solange der Unfallversicherungsträger – wie hier – noch nicht geklärt habe, ob die gesetzlichen Merkmale „mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ist nicht zu rechnen“ und „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht zu erbringen“ vorlägen, habe der Versicherte weiterhin Anspruch auf Verletztengeld.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 06. Oktober 2011 verurteilt, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 08. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2010 Verletztengeld über den 29. November 2010 hinaus dem Grunde nach zu gewähren. Im Schreiben vom 08. März 2010 sei kein Verwaltungsakt zu sehen. Es liege lediglich ein Scheinverwaltungsakt vor, weil die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid das Schreiben vom 08. März 2010 als Verwaltungsakt gewertet habe. Der nach § 45 SGB VII dem Grunde nach bestehende Verletztengeldanspruch bestehe fort. Ein Ende des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VII liege nicht vor. Es fehle an der notwendigen Einstellung durch Verwaltungsakt.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 07. November 2011 zugestellte Urteil am 22. November 2011 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass bereits im Schreiben vom 08. März 2010 ein das Verletztengeld beendender Verwaltungsakt zu sehen sei. Ein derartiges Verfahren sei jedenfalls bei BKen mit Unterlassungszwang wie bei der hier vorliegenden BK 5101 gerechtfertigt.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 06. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Maßgabe, unter welcher die Berufung zurückzuweisen ist, beruht darauf, dass es sich bei der allein verfahrensgegenständlichen Beendigung des Verletztengelds um eine isolierte verwaltungsaktsmäßige Regelung handelt, gegen die bereits allein mit der Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGG effektiver Rechtsschutz eröffnet ist. Der Klageantrag ist gemäß § 123 SGG dementsprechend auszulegen gewesen. Eines Leistungsantrags bzw. -ausspruchs bedarf es nicht, weil mit der Aufhebung der Beendigung des Verletztengelds zum 29. November 2010 der Verletztengeldanspruch für die Folgezeit automatisch wieder auflebt. Hierfür ist unerheblich, ob bereits mit der im Schreiben vom 08. März 2010 enthaltenen zeitlichen Begrenzung auf den 29. November 2010 eine logisch abtrennbare Nebenbestimmung i.S.v. § 32 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) oder spätestens mit der im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 verfügten Beendigung eine verwaltungsaktsmäßige Regelung i.S.v. § 31 S. 1 SGB X zu sehen ist.
Das Schreiben vom 08. März 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 sind rechtswidrig und beschweren die Klägerin, soweit die Beklagte hierin unzutreffend eine Beendigung des Verletztengelds zum 29. November 2010 bestimmt. Soweit hier als Ermächtigungsgrundlage für die Beendigung des Verletztengelds, wie dies im Ansatz auch die Beklagte richtig erkennt, allein § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII in Betracht kommt, liegen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor.
Nach dieser Vorschrift endet das Verletztengeld, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung. Sämtlichen Tatbeständen für eine Ende des Verletztengeldanspruchs in § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB VII ist gemein, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist, d.h. mit der Beendigung der infolge des Versicherungsfalls eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zumindest für die nächsten 78 Wochen nicht zu rechnen sein darf. Weiterhin darf zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf berufsfördernde Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, bestehen. Liegt weder ein Ende des Verletztengeldanspruchs nach Nr. 1 oder nach Nr. 2 von § 46 Abs. 3 Satz 2 vor und sind auch die für alle drei Tatbestände gemeinsamen Voraussetzungen nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII nicht gegeben, so tritt auch nach Nr. 3 der Vorschrift allein wegen des Ablaufs der Frist von 78 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit kein Ende des Verletztengeldanspruchs ein, sondern Verletztengeld ist über die 78. Woche hinaus zu zahlen. Das Ende des Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII ist durch Verwaltungsakt festzustellen, weil es eine Prüfung im Sinne einer Prognoseentscheidung erfordert, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann. Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers an. Eine rückwirkende Feststellung der Voraussetzungen eines Verletztengeldanspruchs nach § 46 Abs. 3 S. 2 SGB VII kommt dabei nicht in Betracht (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 13. September 2005 – B 2 U 4/04 R –, zitiert nach juris Rn. 41 f.).
Dies zugrunde gelegt fehlt es bereits im einzig als Ausgangsverwaltungsakt für die Beendigung des Verletztengelds in Betracht kommenden Schreiben der Beklagten vom 08. März 2010 an der erforderlichen Prognoseentscheidung, wie sie das BSG nach der vorzitierten Rechtsprechung verlangt. Das Schreiben enthält lediglich eine gegenüber der Krankenkasse ausgesprochene Befristung des Zahlungsauftrags, für welche mithin bereits fraglich ist, ob diese für die Klägerin regelndbindende Wirkung i.S.v. § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) Wirkung entfaltete. Soweit nun jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 erstmals eine Prognoseentscheidung ansatzweise gestellt bzw. nachgeholt wird, führt dies nicht zu einer rechtmäßigen Beendigung des Verletztengelds. Die Widerspruchsstelle ist nämlich funktionell und sachlich nicht zuständig, an Stelle der Ausgangsbehörde des Unfallversicherungsträgers zu entscheiden, wobei der hierdurch erzeugte Verfahrensfehler gemäß §§ 62 Hs. 2, 42 S. 1 SGB X beachtlich ist und einen Aufhebungsanspruch begründet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Juli 2010 – B 2 U 19/09 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ferner enthält der Widerspruchsbescheid entgegen der vorzitierten Rechtsprechung des BSG auch nur eine unzulässigerweise auf den Zeitpunkt des Schreibens vom 08. März 2010 zurückbezogene Einschätzung des Beendigungstatbestands und stellt dementsprechend gerade keine – eigentlich kraft Natur der Sache zukunftsgerichtete – Prognose dar. Schließlich ist die (Prognose-) Entscheidung im Widerspruchsbescheid auch unvollständig, weil sich dort nicht zur Teilhabe am Arbeitsleben geäußert wird. Die vorstehenden Defizite können auch nicht im Wege der gerichtlichen Urteilsfindung ausgeglichen werden, weil es den Gerichten eben ja verwehrt ist, eine eigene Prognoseentscheidung an die Stelle derjenigen der Behörde zu setzen, wenn der Gesetzgeber wie hier mit der Formulierung „nicht zu rechnen ist“ der Behörde einen Einschätzungsvorsprung einräumt, welcher von der Gerichten nicht zuletzt auch aus Gründen der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 S. 2 des Grundgesetzes <GG>) beachtet werden muss.
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob die materiellen Beendigungsvoraussetzungen nach § 46 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VII im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gegeben gewesen wären, nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.


Interessant ist das schon- oder?

Gruß von der Seenixe
 
Hallo buchfreundin,

vielen Dank für den Link, aber wie seenixe schon schrieb, scheint es sich aufgrund des Datums um das Urteil zu handeln, gegen das man gerade in Revision ging.

Hallo seenixe,

vielen Dank für die Urteile und den Lesestoff. Wird gleich Bettlektüre...

Gruß
Joker

So, da bin ich wieder: ist schon interessant, wie die BG versucht hat durch Umdeutungen, isolierten Literaturzitaten usw versucht hat, die Gerichte auf's Glatteis zu führen. Und gut, dass die Gerichte da nicht mitgespielt haben :)

Beide von seenixe eingestellten Urteile haben jedoch eine etwas andere Fallkonstellation als das Verfahren B 2 U 4/04 R. Dort finde ich sehr interessant, dass während des Verletztenrentenverfahrens eine von der DRV anerkannte Erwerbsminderung eingetreten ist, die möglicherweise mit dem Unfall in Zusammenhang steht. Wäre dem so, dürfte auch der Renteneintritt kein Beendigungsgrund für das Verletztengeld sein. Insofern würde mich interessieren, wie lange tatsächlich Verletztengeld nachgezahlt werden musste. Aber vielleicht ist dieses Folgeverfahren beim LSG ja auch per Vergleich ausgegangen, dann erfährt man ohnehin nichts.

Dennoch vielen Dank für die Unterstützung!

Gruß
Joker
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo miteinander,

ja, das ist schon alles sehr interessant. ;)
Besten Dank für diese Hinweise.


Viele Grüße
sachsblau
 
Hallo Joker,

vielen Dank

Das Urteil passt bei mir "wie Faust auf Auge".

Werde übers Wochenende gleich mal einen neuen Antrag schreiben. Neun Kalenderjahre in der ersten Instanz kann man doch sicher noch etwas dehnen. Was für ein Glück, dass es so lange dauert, da wäre mir ja glatt Geld entgangen.

Allerdings verstehe ich Deinen Gedankengang "dürfte auch der Renteneintritt kein Beendigungsgrund für das Verletztengeld sein." nicht ganz. Hilf mir mal auf die Sprünge. Warum?

Beste Grüße
tamtam
 
Hallo tamtam,

ich schließe meine Äußerung aus § 46 Abs. 3, Satz 2 SGB VII:

(3)(...)
Wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind, endet das Verletztengeld

1. mit dem Tag, an dem die Heilbehandlung so weit abgeschlossen ist, daß die Versicherten eine zumutbare, zur Verfügung stehende Berufs- oder Erwerbstätigkeit aufnehmen können,
2. mit Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches genannten Leistungen, es sei denn, daß diese Leistungen mit dem Versicherungsfall im Zusammenhang stehen,
3. im übrigen mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an, jedoch nicht vor dem Ende der stationären Behandlung.

In § 50 SGB V sind u.a. Erwerbsminderungsrenten genannt. Jetzt mein Verständnis: wenn die EM-Rente mit dem BG-Unfall in Zusammenhang steht, liegt kein Beendigungstatbestand für das Verletztengeld vor. Theoretisch kann das Verletztengeld also nur durch einen anderen Endetatbestand enden. Ich vermute mal, durch die 78 Wochen. (Deshalb hätte mich das Folgeurteil des BSG ja so interessiert ;) )

Solange aber die BG keinen Verwaltungsakt erstellt hat, der
- weder die Prognoseentscheidung über den mangelnden Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit enthält
- noch die Prüfung auf Teilhabeleistungen abgeschlossen ist
- noch die Erwerbsminderung auf andere Ursachen zurückzuführen ist
dürfte nach meinem Verständnis das Verletztengeld nicht enden.

Je nach Einzelfall müsste nach dieser Theorie die BG für ihre schleppenden Bearbeitungen oder unterlassenen Verwaltungsakte also kräftig bluten.

Achso, natürlich darf bei Bezug einer EM-Rente die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werden, bzw. ggf wird bei der Nachzahlung von Verletztengeld die EM-Rente komplett gestrichen. Andererseits dürfte in den meisten Fällen das Verletztengeld deutlich höher liegen als die EM-Rente, so dass man die gegenseitige Verrechnung verschmerzen können sollte.

Viel Erfolg bei deinem Antrag, ich würde mich allerdings auf ein Klageverfahren mental einstellen.

Beste Grüße zurück
Joker
 
Hallo Joker,

ich war bis jetzt überhaupt noch nicht auf die Idee gekommen, dass EM-Rente und Verletztengeld irgendwie zusammen hängen könnten, zumal ich nach 4 Wochen bereits als ausgeheilt und wiederhergestellt vom Arzt entlassen wurde. Daher hatte ich mich ausschließlich auf die Verletztenrente versteift und lediglich in einem kleinen Nebenantrag beantragt festzustellen, dass ich nach 4 Wochen noch nicht arbeitsfähig war.

Wenn die jetzt für zehneinhalb Jahre nachzahlen müssen....:D Da bricht ja bei mir der Wohlstand aus.

Muss mal meine Zahlen heute neu durchgehen. Und am Montag werden sie am SG wohl rotieren.

Danke,danke - besonders noch zu Deinem Nachtrag

tamtam
 
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