Moin moin!
Als Allererstes schicke ich zur Vorsicht für Nachfolgendes voraus:
Auch wenn ggf. manches gleich bei dir als unfreundlich ankommen könnte, es ist keinesfalls so gemeint. Sondern auf der Basis meiner Erfahrungen, meines Wissens, dem Eindruck der Erfahrungen Anderer hier aus dem Forum und und und...
1) Nicht ich bin zu schnell, sondern du und dein RA sind zu langsam.
Zumindest hinsichtlich der Hintergrundrecherche zu den geseztlichen Vorschriften zur Seetauglichkeit und damit eines ersten Ansatzes um gg. "Der GA behauptet der Verlust eines notwendigen Dokumentes ohne welches ich nicht in der Lage bin meinen Beruf auszuüben, und den damit verbundenen Verlust des Arbeitsplatzes haben keinen Zusammenhang mit dem Unfall." argumentieren zu können hättet ihr schon längst aktiv werden können. Das Gleiche gilt für eine zumindest erste telefonische Kontaktaufnahme mit dem seedienstlichen Ärztestelle zwecks Abklärung.
2) Zum Gutachterzitat "Kränkend erlebt der ... bzw deinen Anmerkungen:
- Da ich nicht dabei war, als der Gutachtertermin ablief und damit nicht weiß, was wortwörtlich gelaufen ist, muß ich also spekulieren:
Hat dein RA eine Gegendarstellung gemacht? Im Sinne von: Mein Mandat hat wortwörtlich gesagt:"...". Die Darstellung des Gutachters, daß der Kläger das Verhalten der BG als kränkend empfindet ist unserseits damit nicht nachvollziehbar.
Zum Thema Lebensplan würde ich euch empfehlen die Füße still zu halten. Wenn du auch nur etwas annähernd Analoges wie hier zu deiner ergänzenden Meinung gesagt hast, gehört dir der Hintern versohlt.
Der Gutachter war mit dieser Interpratation deiner Aussage noch sehr höflich.
Was ich daraus gemacht hätte, wäre in etwa "Der Kläger hat ein Rentenbegehren. Begründbar dadurch, daß er nicht bereit ist trotz der Möglichkeit einer kurzzeitigen Umschulung und einer im Verhältnis dann noch sehr langen Möglichkeit einer Berufstätigkeit dieses auch nur in Betracht zu ziehen."
Sprich das Verhältnis von Umschulungszeit : Berufstätigkeit liegt bei 1 : 6 bis 1 : 12.
Anderns sähe es aus, wenn du eine Umschulung machen müßtest, die im Sinne eines neuen Berufes etwa 3 Jahre dauern würde und du dann ggf. noch 1 oder 2 Jahre bis zur Rente würdest arbeiten können. Und selbst dann wäre der Vorwurf, du bist nicht einmal ansatzweise bereit eine Alternative in Betracht zu ziehen, begründbar.
Im Forum sind viele, die für diese Möglichkeit, so es sie denn für sie gäbe, dankbar wären und sofort zugreifen würden. Nur so als Hinweis.
Ratschlag für die nächsten Gutachten: Zu dem Thema den Mund halten.
3) "Das Wort „affektierte Störung“ hat der GA erfunden, ich glaube auch diese Wortwahl hat nur einen Zweck den Kläger als weinerlich, übertreibent, einfach unrichtig, genauso wie Du es beschrieben hast, darzustellen."
Was du gerade machst und der Tod jeder Gegenargumentation auf ein Gutachten ist, ist die Anwedung dessen, was ich gerne und zum Unmut einiger als die Anwednung von "Gala-Wissen oder Apotheken-Rundschau-Wissen" nenne bzw der Richter gerne auch falsches Laienwissen.
Affektierte Störung ist ein Synonym der affektiven Störung. Und eine vorhandene, im ICD-10-Diagnoseschlüssel codierte Erkrankung. Es gibt verschiedene Formen dieser Störung.
http://www.icd-code.de/icd/code/F30-F39.html
F30-F39 affektive Störungen
Info.: Diese Gruppe enthält Störungen deren Hauptsymptome in einer Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder ohne begleitende(r) Angst - oder zur gehobenen Stimmung bestehen. Dieser Stimmungswechsel wird meist von einer Veränderung des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen Symptome beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang mit dem Stimmungs- und Aktivitätswechsel leicht zu verstehen. Die meisten dieser Störungen neigen zu Rückfällen.
Der Beginn der einzelnen Episoden ist oft mit belastenden Ereignissen oder Situationen in Zusammenhang zu bringen.
Dieses widersprich nicht der Schilderung deines Arztes "Mein behandelnder Arzt spricht von:
--rezidivierende depressive Störung begleitend mit starken Stimmungsschwankungen, Antriebsverlust, Zukunftsangst und beginnenden Alkoholmißbrauch."
Auf dieser Basis gegen den Gutachter zu argumentieren führt dazu, daß dir der Gutachter zurecht deine Argumentation um die Ohren haut.
- Hat der Gutachter seine Diagnose mit einer ICD-10-Ziffer dokumentiert? Wenn nicht, dann ist der Ansatz, daß zu einer korrekten, vollständigen und nachvollzieh- und nachprüfbaren Diagnose die Angabe der dazugehörigen ICD-10-Ziffer zwingend ist.
Das gleiche gilt für die Aussage deines Arztes. er hat dir bis dato nach deinen Angaben keine einzige Diagnose genannt sondern es sind nur Symptombeschreibungen.
Such dir bitte die ICD-10 zu deiner Diagnose heraus. Ggf. frag deinen Arzt.
- Gibt es Vorgutachten? Ist dort Diagnostik/Persönlichkeitstest etc. gelaufen? Welches Ergebnis? Was hat die Reha-Klinik dazu geschrieben? Welche Diagnose/Persönlichkeitesbeschreibung hat sie formuliert? Welche ICD-10-Ziffern hat sie dokumentiert?
- Womit begründet der Gutachter seine Diagnose "affektierte Störung"? Hat er irgendwelche Test gemacht? Oder hat er die von anderen genutzt?
- Hat der Gutachter "rigiden Persönlichkeitsstruktur" irgendwomit bewiesen? Oder stellt er diese einfach aus dem luftleeren Raum fest?
Sprich, Ansatz wäre: Der Gutachter behauptet das Vorliegen einer "rigiden Persönlichkeitsstruktur". Mangels nachweisbarer und nachvollziehbarer Erläuterung und seine Aussage bestätigende Untersuchungsergebnisse ist diese weder nachweisbar noch nachvollziehbar.
- "Diese geringe Anpassungsfähigkeit des Klägers an neue Situationen ist einer rigiden Persönlichkeitsstruktur geschuldet und nicht Ausdruck einer psychischen Traumafolge", hat der Gutachter dieses begründet? Irgerndwelche Testverfahren verwendet? Erklärt, warum dieses so ist?
Oder stellt er dieses einfach so fest.
Dann wäre der Ansatz: Der Gutachter behauptet das Vorliegen einer "geringe Anpassungsfähigkeit des Kläger ... nicht Ausdruck einer psychischen Traumafolge". Mangels nachweisbarer und nachvollziehbarer Erläuterung und seine Aussage bestätigende Untersuchungsergebnisse ist diese weder nachweisbar noch nachvollziehbar.
Desgleichen gilt für seine Verallgemeinerung "an neue Situationen". Welche anderen Situationen, in denender Kläger eine "geringe Anpassungsstörung" geziegt hat, kann der Gutachter für diese Verallgemeinerung anführen?
- Wenn der Gutachter behauptet, diese affektierte Störung ist nicht Traumafolge sonder hat schon vorher vorgelegen, welche Beweise hat er dafür angeführt (s.o.)?
Dann wäre der Ansatz: Der Gutachter behauptet ... Mangels nachweisbarer und nachvollziehbarer Erläuterung und seine Aussage bestätigende Untersuchungsergebnisse ist diese weder nachweisbar noch nachvollziehbar.
Zusammengefaßt:
Eine Mischung aus Festnageln auf den Inhalt der Aussage "Sie (die affektierte Störung) steht ... in Zusammenhang mit dem Verlust der Seediensttauglichkeit, dem Verlust des Arbeitsplatzes und der fehlenden Möglichkeit sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen" und dem Fehlen eines Nachweises, daß die affektierte Störung schon vorher vorgelegen hat wäre mein Ratschlag gegen das Gutachten vorzugehen.
Ich gebe aber auch zu, dazu braucht es zweierlei:
1) Ein guter Anwalt mit Biß
2) ggf. ein guter Gutachter, der o. g. gerichtsverständlich und sauber ausformuliert.
Ich denke, ich habe dir einiges an Denkansätzen und Ratschlägen an die Backe gehauen. Und auch Einiges, was gg. einen Erfolg spricht.
Was du erst einmal alles verdauen mußt.
Gruß