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Polytrauma mit SHT 3

  • Ersteller des Themas Ersteller des Themas luftine
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum
Hallo cecil b demented,

ich sehe es auf jeden Fall auch so, wie du. Der Freund, der "Holde" ;), von Luftine ist wirklich enorm früh mit der "Krankheitseinsicht". Wenn ich da an mich denke. Ich habe für diesen Punkt mehrere Monate gebraucht. Das was du über deine Erfahrungen schreibst, erinnert mich total an mich. Auch ich habe immer so getan, als ob es nicht so schlimm wäre (Zitat: "Was wollt ihr alle von mir? Ich bin doch fit!" Die Wahrnehmung, dass mit mir etwas nicht stimmt, habe ich ja erst durch eine krasse "Bauchlandung" (Selbstüberschätzung und -überforderung) hinbekommen.

Ein solches "nach hinten losgehen" wünsche ich niemanden! Es ist halt schwierig, nicht mehr so ehrgeizig, wie früher zu sein. Zu viel Ehrgeiz ist nun leider bei mir gestrichen, weil ich es im Moment eben nicht mehr kann. Eine wichtige Einsicht, die ich mir aneignen musste.

Aber ich denke, dass die frühe Einsicht bei Luftine´s Freund auch ein super Vorteil sein kann. Er sieht es schon ein, wo er noch in der Frühreha ist. Besser als bei mir. Ich war nämlich schon im normalen Alltag und bin regelrecht überrannt worden. Deswegen wird er wohl von dieser krassen Situation verschont bleiben. Der Denkprozess hat ja schon in dem Schutz des Krankenhauses (bessere Therapiemöglichkeiten) eingesetzt. Es kann also besser daran gearbeitet werden.

Du beschreibst es sehr gut. Nichts dramatisieren und bloß nicht verharmlosen. Den Mittelweg muss man finden! Ein super Schlusssatz :).
 
Hallo miteinander :)

Da habt ihr auf jeden Fall Recht! ich war sehr sehr überrascht, wie weit er schon ist...sicher gibts da Vor- und Nachteile.

Jetzt ist wieder eine Woche vorbei und alles geht so viel schneller als erwartet. Magensonde und Katheter sind Geschichte, er ist sozusagen "schlauchlos". Er hat Hunger für 3 und futtert an einer Tour :D So ist er sehr gut drauf, die Sprache wird immer besser. In 3 Stunden reden hat ihm nur ein oder zweimal ein Wort gefehlt. Das Kurzzeitgedächtnis ist allerdings immernoch nicht so wie es eigentlich sein sollte und das Lesen funktioniert auch noch nicht. Das ist aber auch wirklich das Einzige was auffällt wenn man sich mit ihm unterhält. Ansonsten ist er stinksauer auf den Autofahrer, der ihm die Vorfahrt genommen hat. Ziemlich gesunde Reaktion find ich ;) Natürlich will er, dass man ihn mit nach Hause nimmt. Er sieht aber auch ein, dass das im Moment einfach noch nicht geht. Er kann ja noch nicht selbst laufen oder duschen, etc. Trotzdem bin ich geplättet, wie schnell sich Muskeln wieder aufbauen können. Immernoch furchtbar dünn, aber so langsam kommt er in seine alte Form zurück...

@ meo
Ich hab ihm gesagt, das ist jemand der auch mal so krank war wie du gerade. Der Holde war glaub ich irgendwie beruhigt, dass er kein Einzelfall ist.

Die "FRÜH"reha wird wohl auch nicht mehr so lang dauern. Man überlegt jetzt ihn schon nächste oder übernächste Woche auf eine B-Station zu verlegen. Alles in allem stört ihn am meisten, dass ihm so furchtbar langweilig ist und er bei allem Hilfe braucht...
Ansonsten noch mein gestriges Lieblingszitat "Ergotherapie sucks!" :D
 
HALLO LUFTINE !
Einfach genial wie flott dein Schatz ist ! Er weiß ja fast, was passiert ist, und was passiert ! Ich habe mir zu der Zeit Schläuche aus mir raus gezogen weil ich glaubte ich sei gefangen und die wollten mir Energie aussaugen ! Ich erzählte Monate nach dem Unfall, dass ich Menschen schwer verletzt hätte. :confused: War wohl meine Art,mit meiner Extremen Erfahrung umzugehen. Ich bin nämlich ein friedlicher Kerl !:)
Das Essen: Ich hatte gefressen wie ein Scheunendrescher und ordentlich zugenommen. Aber mit guter Ernährung und Sport konnte ich dass Meiste wieder los werden. Dein Schatz legt vielleicht zu, aber er braucht ja auch viel Energie, grins !
Gutes braucht seine Zeit !
 
Hallo alle zusammen :)

Nach ganz ganz langer Zeit melde ich mich mal wieder...und zwar aus zwei Gründen. Zum einen wollte ich mich bedanken! Jeder der mir hier geantwortet hat, hat mir geholfen durch eine schwere Zeit zu kommen und mir Mut gemacht, den ich auch gut gebrauchen konnte.
Zum anderen will ich jedem, der in einer ähnlichen Situation steckt und deshalb auf diesen Eintrag stößt Mut machen! Es geht unglaublich viel! Es sind ca 2 Monate seit meinem letzten Beitrag hier vergangen in denen sich viel getan hat.
Der Holde spricht wieder ganz normal und hat sein Gedächtnis größtenteils wiedergefunden ( mit Ausnahme einiger Pin-Nummern - ärgerlich aber es gibt schlimmeres ). Auch mit der Mobilität geht es steil bergauf. Mittlerweile braucht er nicht mal mehr seinen Rollstuhl sondern läuft, langsam aber alleine in der Station herum. Klar hat er noch Einschränkungen, vor allem in der Feinmotorik. Die werden sich im Lauf der Zeit aber wohl weitestgehend normalisieren wenn man den Ärzten glauben darf. Von Verwirrtheit oder Orientierungslosigkeit keine Spur mehr! Wir telefonieren, schreiben SMS und lachen miteinander fast wie früher. Wenn ich mir überlege, dass er erst gute 2 Monate auf der Reha ist und innerhalb des ersten Jahres die Fortschritte am größten sein sollen, bin ich guter Hoffnung, dass er wieder ganz der Alte wird.
Ist übrigens auch in seinem Sinn...der hat eine ganz schöne Wut auf das was ihm passiert ist. Im Moment ist er bestimmt nicht so weit wieder in die Uni gehen zu können, aber in einem Jahr sollte das schon wieder möglich sein.
Was ich damit sagen will: Niemals aufgeben! Der Weg ist lang, der Weg ist schwer, der Weg ist besch.... Aber es ist ein Weg!

LG
 
Grüß Dich, Luftine,

ich habe ungefähr 10 SHT-Opfer beruflich begleitet. Ich hätte einige dringende Tipps loszuwerden:

01
TAGEBUCH FÜHREN: Die Leute, die mit dem Unfallopfer zu tun haben, sollen jeden Tag Tagebuch führen. Mit genauen Aufzeichnungen ("Fahrt zum klinischen Neuropsychologen XY. Abfhart 9:22. Ankunft 9:52. Gewartet bis zum Behandlungsende 10:58. Rückkehr wegen Stau auf der A 8 erst 11:44: Zeit 2:22, 112 km. Parkkosten 4,30 Euro = Beleg Nr 182 im Belegeordner "Kleinschäden").

Wetten, dass diese Tagebücher später 10-Tausende an mehr Schadensersatz bringen?
Ganz wichtig, um hinterher den "Haushaltsführungsschaden" und "Assistenzschaden"/"Pflegeschaden" zu berechnen.

02
Schließe Dich einer SHT-Gruppe an. Müßte es in jeder größeren Stadt geben.


03
Kaufe das überaus schlaue Buch von Fries und anderen: "Teilhaben!", Thieme-Verlag. Es ist nicht dick, aber es zeigt Dir, was MODERNE Neuro-Rehabilitation kann udn tut, und, was die Freunde und das Opfer dazu beitragen. Wenn Du dieses Buch durch hast, tja, danach bist Du sehr, sehr viel weiter!. Das Buch ist zwar im führenden Fachverlag für Ärzte erschienen, es ist aber so, dass ein Laie damit sehr gut zurechtkommt.


04
Achte jetzt, in der Frühphase, auf rechtzeitige neuroppsychologische Testungen. Das ist wichtig, damit hinterher die Beweise zur Hand sind. Wende Dich dazu an einen klinischen Neuropsychologen. Das sind besonders fortgebildete Leute, die sich genau damit befassen. Die GNP (Gesellschaft für Neuropsychologie) hilft weiter. Sehr hilfreich kann auch die Internetseite der öffentlich bestellten Sachverständigen für klinische Neuropsychologie König & Müller (Würzburg) sein.

05
Denke daran: Das Gehirn kann Defizite der Hand wahrnehmen. Bei der Einschätzung seiner eigenen Leistung tut es sich sehr schwer. Regelmäßig meinen die Opfer eines solchen SHT, ach Gott, n bischen Erholung und Reha, und in 2 Monaten bin ich wieder am Schreibtisch. In aller guter Regel: TOTALE FEHLEINSCHÄTZUNG. Viel zu optimistisch. Das Gehrin braucht Zeit. Viel mehr, als ein Beinbruch braucht.

06
Ich teile die Ansichten von MEO78 und Mandy80! Vielen Dank, MEO78 und Mandy80, ihr habt einen bedeutenden Beitrag geschrieben.

07
Es ist derzeit viel zu früh, zu sagen, was hinten rauskommt. Die weithin geliebte Peilung über die Dauer der Bewußtlosigkeit/des Komas ist als grobe Tendenzschätzung m.E. schon recht, aber: da spielen viele, viele Faktoren eine Rolle. Doch spricht viel dafür, dass die Sprachqualität sich unter logopädischer Behandlung sehr bessern wird, wenn das jetzt schon so Fortschritte macht. Freilich: "Wortfindungsstörungen" werden vielleicht dann erst sichtbar. (Nach einem Begriff wird gekramt, schließlich "gefunden": "Schuh" wollte er sagen, "Fuß" hat er gesagt)(ist aber auch behandlebar!).

08 Halte mal fest im Hinterkopf: Was tun, wenn der Neuropsychologe zu einer Maßnahme rät, aber die Kasse zahlt's nicht? Dann im Blick haben, dass das in vielen Fällen der Unfallverursacheer zu zahlen hat.

09 Kannst Du bitte mitteilen, wo ungefähr das Unfallopfer lebt? Dann kann man von HIer aus vielleicht genaueres sagen: Wohin als Nächstes?

10 Bitte antworte auf diesen Beitrag schnell, damit man der Familie gründlich helfen kann.

Bitte denk daran: Was diese Leute aus der Lebensumgebung jetzt erleben, ist dür diese sehr belastend, aber auch sehr fremd. Es ist wichtig, dass sich die nicht im Urwald verlieren und eine Perspektive haben. Ein "das wird schon wieder" reicht da nicht. Wichtig ist gut strukturierte Hilfe. Das geht schon damit los: Wie bewältigt man den Bürokram? Da kommen schnell ein paar Leitzordner zusammen. Bei den Unfall-Opfer-Bayern e.V. gibt's ein ganzes System, wie man seine Akte so bearbeitet, dass auch stets die Daten verfügbar sind.


11
Jetzt ist Mut, Tatkraft, Zuversicht und Gottvertrauen nötig. Aber denk dran: Später einmal kann es sein, dass Dir der Verunglückte auf Knien dankbar ist, dass Du die richtigen Schritte auf den Weg gebracht hast. Das wird auch Dich glücklich machen. Zwar ist es in unserer Gesellschaft der Brauch, dass man dann verschämt abwehren soll, ich halte das für Unsinn:

"Brave freuen sich der Tat! Nur Lumpe sind beischeiden!", Gotehe: Also stimmts.


Bin gespannt, was Du vermeldest.


ISLÄNDER
 
Hallo alle zusammen,
entschuldigung, dass ich hier so rein platze. Ich lese schon seit einiger Zeit sehr aufmerksam eure Beiträge, die mir zum Teil auch schon sehr geholfen haben.
Ich würde gerne eine eigenes Thema öffen, mit meinen eigenen Angaben und Problemen, doch leider weis ich nicht wie das geht.
Kann mir jemand den Ablauf schildern.
Vielen Dank
Rokko
 
Vielen Dank

.



Lieber Isländer,
vielen Dank für diese Tips. Wenn ich sie vor 9 Jahren gehabt hätte, wär mir wohler gewesen. Gut Tagebuch habe ich geführt. Aber wir waren ganz schön alein mit unserer Situation.
Ihnen alles Gute Ophelia
 
Hallo Isländer, Rokko und Angehörige!

Ich glaube eines der größten Probleme ist die völlige verständliche und einfach nur menschliche Unorganisiertheit von Angehörigen und Patienten nach so einem Unfall. Glücklicherweise ist die Familie meines Freundes taff und clever, so dass seit dem ersten Tag ein Tagebuch geführt und ein guter Anwalt eingeschaltet wurde. Bislang gibt es mit gegnerischen Versicherungen noch keine Probleme. Aber was nicht ist kann ja noch werden und da ist es besser, gut vorbereitet zu sein.
Mit den Testungen gebe ich dir auf jeden Fall Recht Isländer. Momentan sind wir ja noch in der "Frühphase", also vor Ablauf der ersten 6 Monate nach dem Unfall. Trotzdem wurde schon zweimal getestet. Ich muss auch sagen, dass ich den Rehaplan ziemlich gut finde ( soweit ich das als Laie beurteilen kann ). Und der Erfolg gibt ja auch Recht.
 
Rokko,

jetzt hät ichs fast vergessen ;)
Such dir auf der Startseite ein Forum raus, in das dein Unfall passt. Wenn du das gefunden hast müsste links oben, über der Liste mit den einzelnen Themen ein Button "Neues Thema" stehen. da kannst du dann deinen eigenen Beitrag einstellen.

LG
 
Hallo luftine dein Beitrag ist schon Jahre her, trotzdem möchte ich gerne fragen wie es euch heute geht. Bin selbst als Angehöriger betroffen und bin dir für eine Antwort sehr dankbar. Log. Chris
 
Grüß Dich, Chrisieha!

01
Im Forum ist ein großes Kommen und auch Gehen, so dass ich fürchte, dass Luftine nicht mehr ins Forum schaut.

02
Ich weiß nicht, ob der Unfall, der zum SHT führte, auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen ist. In diesem Fall könnte ich Dir schon Tipps geben: Z.B., wie man auch für Deine Hilfe zu Entschädigung kommt.

03
Ein wenig dazu, wie sich dann ein SHT-Betroffener selbst einschätzt:

Für die Betroffenen selbst ist es sehr schwer, sich richtig einzuschätzen. Es fällt auf, dass sie die Defizite zunächst nicht wahrnehmen. Ganz typischer Fall: Da war ein Wirtschaftsprüfer. Er konnte wirklich was: Sonst hätte man ihm nicht fast 12.000,00 Euro im Monat dafür bezahlt. Er erlitt ein SHT Grad II - III. 16 Tage war er im Koma. Er kam dann in das 5-Phasen-Modell, so ungefähr 6 Monate war er stationär, dann ambulant, vielleicht auch 1 Monat. Dann beschloss er, Urlaub zu machen: Und dann, so sagte er, freut er sich wieder auf seinen Schreibtisch! "Da komme ich mit", habe ich gesagt, "das will ich sehen". Und so kam es. Er nahm sich einen Leitzordner, und begann sich, dort zu orientieren. Da fand er Aktenvermerke, die er selbst geschrieben hatte. Aber irgendwie sagte ihm der Vermerk herzlich wenig. Hm, na ja. Dann doch lieber für den Anfang eine andere Akte. Er strengte sich an, das Zeug zu bewältigen. Aber wenn er umblätterte....tja....was ist jetzt eigentlich auf der Seite gestanden?

Nah einer Stunde war der Mann fix und fertig, Hemd durchgeschwitzt, komplett erschöpft, auf einem Fensterladen hätten wir ihn nach Hause tragen können. Das hatte ich mir so ähnlich schon gedacht. Deshalb war ich ja auch mitgegangen, auf dem Beifahrersitz schlief er ein. Am nächsten Tag hatten wir erst mal damit zu tun, zu überlegen, welche Ziele man ins Auge fassen soll,welche nicht.

Der Mann arbeitet heute wieder, und zwar so: Er macht im gleichen Büro heute die Einkäufe für Büroartikel und ähnliche Arbeiten - halbtags.

04
Nettes Detail am Rande: Bei dem Wirtscahftsprüfer ist ein (Auto-)Unfallverursacher zu 100 % schadensersatzpflichtig. Der Versicherer sagte: "Den entgangenen Verdienst ersetzen wir. Aber wir wollen, dass sich der Verunglückte die kleinen Erträge aus dem Halbtagsjob anrechen lässt." Muss er das? Oh nein! Ein solcher beruflicher Abstieg ist unzumutbar (BGH NZV 94/63), deshalb keine Anrechnung. Diesen Prozess hat der Mann gewonnen.

ISLÄNDER
 
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