Hallo,
Viele private Unfallversicherungen reden sich ja nach einem Schädel-Hirn-Trauma damit heraus, dass sie nicht leistungspflichtig wären, weil es in der Bildgebung keinen Nachweis von Einblutungen gegeben hat, obwohl die UO nachweislich noch - z.T. Jahren nach dem Unfall - mit Beschwerden zu kämpfen haben.
Doch es gibt ein Urteil vom OLG Frankfurt, das bestätigt, dass strukturelle Schädigungen des Gehirns auch OHNE bildgebenden Beweis existieren können - ein Argument für viele UO gegen die Behauptung der Versicherungen anzugehen:
OLG Frankfurt, Urteil vom 04.05.2016 – 7 U 259/13
https://rabüro.de/zur-leistungspfli...er-epilepsie-nach-sturz-auf-einer-rolltreppe/
"Denn zu berücksichtigen ist, dass die Anforderungen an den Nachweis einer substantiellen Hirnschädigung mittels bildgebender Verfahren, wie die Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, nach den einschlägigen Leitlinien nicht für die Beurteilung sogen. diffuser axionaler Schädigungen gelten, für die bislang keine Normwerte für MRT-Nachweise existieren. Daher kann auch dann, wenn im MRT keine nachweisbare strukturelle Schädigung vorliegt, nicht ausgeschlossen werden, dass ein traumatischer Zusammenhang aufgrund anderer Umstände anzuerkennen ist (vgl. Protokoll v. 17.11.2015, S. 9, Bl. 999 d.A.). Dies ergibt sich auch aus den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 24.06.2014 vorgelegten AWMF-Leitlinien (Stand 07/2013) (vgl. Bl. 672ff d.A.), da hierin das Problem des Nachweises oder Ausschlusses einer substantiellen Hirnschädigung durch das wissenschaftlich mittlerweile hinreichend belegte Konzept der leichten traumatischen axionalen Schädigung ausdrücklich erwähnt wird (vgl. S. 9, Bl. 680 d.A.). Darüber hinaus stellen die Leitlinien nicht zwingend darauf ab, dass für den Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung entweder ein positiver Befund bei den im Gutachten vom 23.12.2015 aufgeführten bildgebenden Verfahren oder den dort aufgeführten klinischen Symptomen (vgl. S. 8., Bl. 1029 d.A.) vorliegen muss."
Hier der entsprechende Text aus der AWMF-Leitlinie:
https://www.awmf.org/uploads/tx_szl...ung-nach-gedecktem-SHT-Erwachsene_2018-07.pdf
"Es wurde mit Recht darauf hingewiesen, dass der häufig benutzte Terminus „diffuse axonale Läsion“ den Sachverhalt multipler kleiner fokaler Läsionen nicht trifft (Meythaler et al. 2001). Die Leitlinien-Arbeitsgruppe hält die Bezeichnung „traumatische axonale Schädigung“ für angemessen. Ihre prognostische Bedeutung trotz unauffälliger initialer CT-Diagnostik konnte erstmals von Scheid et al. (2003) gezeigt werden.
...
Das Problem des Nachweises oder Ausschlusses einer substantiellen Hirnschädigung wurde verschärft durch das wissenschaftlich mittlerweile
hinreichend belegte Konzept der leichten traumatischen axonalen Schädigung. Es handelt sich dabei um Patienten, die initial nicht zwingend länger als eine Stunde bewusstlos sind, die bei Erstkontakt mit dem Notarzt oder Aufnahmearzt nicht zwingend einen GCS < 15 aufweisen, die in der akuten Bildgebung meist keine eindeutig pathologischen Befunde aufweisen (jedoch mit mäßiger Sensitivität in CTs und hoher Sensitivität in MRs nach > 12h, wobei diese Befunde in der Standardbildgebung nach einigen Wochen (CT)/ Monaten (MR) häufig nicht mehr zu erfassen sind), die jedoch in den ersten Wochen nach Trauma deutliche und nach Monaten noch nachweisbare neuropsychologische Defizite von Aufmerksamkeits-, frontal-exekutiven und -behavioralen sowie Gedächtnisfunktionen aufweisen (Mittl et al. 1994;Wallesch et al. 2001 a/b, Ruff 2011)."
(Ich habe diesen Text bereits im Thread von Rosi eingestellt, aber ich denke, dass das Urteil für viele UO wichtig sein kann, deshalb habe ich hier noch einen Extra-Thread aufgemacht. Ich denke, das Urteil sollte bekannter werden!)
Viele Grüße
Rudinchen
Viele private Unfallversicherungen reden sich ja nach einem Schädel-Hirn-Trauma damit heraus, dass sie nicht leistungspflichtig wären, weil es in der Bildgebung keinen Nachweis von Einblutungen gegeben hat, obwohl die UO nachweislich noch - z.T. Jahren nach dem Unfall - mit Beschwerden zu kämpfen haben.
Doch es gibt ein Urteil vom OLG Frankfurt, das bestätigt, dass strukturelle Schädigungen des Gehirns auch OHNE bildgebenden Beweis existieren können - ein Argument für viele UO gegen die Behauptung der Versicherungen anzugehen:
OLG Frankfurt, Urteil vom 04.05.2016 – 7 U 259/13
https://rabüro.de/zur-leistungspfli...er-epilepsie-nach-sturz-auf-einer-rolltreppe/
"Denn zu berücksichtigen ist, dass die Anforderungen an den Nachweis einer substantiellen Hirnschädigung mittels bildgebender Verfahren, wie die Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, nach den einschlägigen Leitlinien nicht für die Beurteilung sogen. diffuser axionaler Schädigungen gelten, für die bislang keine Normwerte für MRT-Nachweise existieren. Daher kann auch dann, wenn im MRT keine nachweisbare strukturelle Schädigung vorliegt, nicht ausgeschlossen werden, dass ein traumatischer Zusammenhang aufgrund anderer Umstände anzuerkennen ist (vgl. Protokoll v. 17.11.2015, S. 9, Bl. 999 d.A.). Dies ergibt sich auch aus den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 24.06.2014 vorgelegten AWMF-Leitlinien (Stand 07/2013) (vgl. Bl. 672ff d.A.), da hierin das Problem des Nachweises oder Ausschlusses einer substantiellen Hirnschädigung durch das wissenschaftlich mittlerweile hinreichend belegte Konzept der leichten traumatischen axionalen Schädigung ausdrücklich erwähnt wird (vgl. S. 9, Bl. 680 d.A.). Darüber hinaus stellen die Leitlinien nicht zwingend darauf ab, dass für den Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung entweder ein positiver Befund bei den im Gutachten vom 23.12.2015 aufgeführten bildgebenden Verfahren oder den dort aufgeführten klinischen Symptomen (vgl. S. 8., Bl. 1029 d.A.) vorliegen muss."
Hier der entsprechende Text aus der AWMF-Leitlinie:
https://www.awmf.org/uploads/tx_szl...ung-nach-gedecktem-SHT-Erwachsene_2018-07.pdf
"Es wurde mit Recht darauf hingewiesen, dass der häufig benutzte Terminus „diffuse axonale Läsion“ den Sachverhalt multipler kleiner fokaler Läsionen nicht trifft (Meythaler et al. 2001). Die Leitlinien-Arbeitsgruppe hält die Bezeichnung „traumatische axonale Schädigung“ für angemessen. Ihre prognostische Bedeutung trotz unauffälliger initialer CT-Diagnostik konnte erstmals von Scheid et al. (2003) gezeigt werden.
...
Das Problem des Nachweises oder Ausschlusses einer substantiellen Hirnschädigung wurde verschärft durch das wissenschaftlich mittlerweile
hinreichend belegte Konzept der leichten traumatischen axonalen Schädigung. Es handelt sich dabei um Patienten, die initial nicht zwingend länger als eine Stunde bewusstlos sind, die bei Erstkontakt mit dem Notarzt oder Aufnahmearzt nicht zwingend einen GCS < 15 aufweisen, die in der akuten Bildgebung meist keine eindeutig pathologischen Befunde aufweisen (jedoch mit mäßiger Sensitivität in CTs und hoher Sensitivität in MRs nach > 12h, wobei diese Befunde in der Standardbildgebung nach einigen Wochen (CT)/ Monaten (MR) häufig nicht mehr zu erfassen sind), die jedoch in den ersten Wochen nach Trauma deutliche und nach Monaten noch nachweisbare neuropsychologische Defizite von Aufmerksamkeits-, frontal-exekutiven und -behavioralen sowie Gedächtnisfunktionen aufweisen (Mittl et al. 1994;Wallesch et al. 2001 a/b, Ruff 2011)."
(Ich habe diesen Text bereits im Thread von Rosi eingestellt, aber ich denke, dass das Urteil für viele UO wichtig sein kann, deshalb habe ich hier noch einen Extra-Thread aufgemacht. Ich denke, das Urteil sollte bekannter werden!)
Viele Grüße
Rudinchen