Hallo,
durch einen User wurde ich auf ein Urteil des LG Paderborn aufmerksam gemacht. Da aber die für sich werbende Kanzlei "vergessen" hat darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, habe ich den Namen der Kanzlei entfernt.
An den User trotzdem ein Dank für die Info.
Die Gliedertaxe ist eine Tabelle, nach der in der privaten Unfallversicherung der Invaliditätsgrad bei vollständigem Verlust oder vollständiger Gebrauchsunfähigkeit bestimmter Gliedmaßen oder Sinnessorgane festgelegt wird. Beispielsweise wird für den Verlust oder die vollständige Funktionsunfähigkeit eines Armes ein Invaliditätsgrad von 70 Prozent angesetzt. Verliert man den Geschmackssinn, so hat dies einen Invaliditätsgrad von fünf Prozent zur Folge. Bei teilweisem Verlust oder teilweiser Gebrauchsunfähigkeit werden entsprechende Teilsätze anhand der Gliedertaxe ermittelt. Die Höhe der Versicherungsleistung ist vom Invaliditätsgrad abhängig. Sind als Grundsumme zum Beispiel 100 000 Euro versichert, erhält man beim Verlust eines Armes 70 000 Euro, beim Verlust des Geschmackssinns 5000 Euro.
Wie heißt der neue Slogan der Aachen Münchner Versicherung und Ihrer DVAG ? "Mit Geld spielt man nicht!" Dafür dass die Bildzeitung diese Volksversicherung gemeinsam mit Schumi anpreist, sollte sich jeder überlegen, ob er da wirklich unfallversichert sein möchte !
Private Unfallversicherung: Mandantin erhält 100.000 Euro und lebenslange monatliche Rente von 1.500 Euro
Eine Mandantin erhält von ihrer privaten Unfallversicherung eine einmalige Zahlung von knapp 100.00 Euro sowie eine monatliche Rente in Höhe von 1.500 Euro. Dies hat das Landgericht Paderborn entschieden.
Offenbar um sich vor einer Rentenzahlung zu drücken, hat eine Versicherung ein Handgelenk kurzerhand zum Arm erklärt und geglaubt, somit etwa eine halbe Million Euro sparen zu können.
Ina O. aus Paderborn hatte bei der Aachen-Münchener schon vor Jahren eine Unfallversicherung abgeschlossen. Beim Radfahrer im Urlaub an der Nordsee passierte es: Mit dem Vorderrad geriet die 58-Jährige in eine Bodenrille und stürzte auf den Ellenbogen.
Bei dem Sturz erlitt sie eine Radiusköpfchenfraktur am linken Ellenbogen sowie Bänderrisse und einen massiven Bluterguss im linken Handgelenk. Die Verletzung hatte weitreichende Folgen: Das Handgelenk musste operativ versteift werden, sechs Schrauben haben es unbeweglich gemacht.
Ina O. meldet den Unfall ihrer privaten Unfallversicherung. Diese holte zwei Gutachten des Paderborner St. Vincenz-Hospitals ein. In dem zweiten Gutachten heißt es, das Handgelenk sei »in zehn Grad Überstreckstellung mit einer diskreten Ellenwärtsneigung von fünf Grad eingesteift«. Zudem sei die Unterarmdrehung schmerzhaft stark eingeschränkt. Die Hand könne nur noch als »Beihand« angesehen werden. Der Unfall, so die Gutachter, führe »zu einer dauernden Beeinträchtigung der Funktion von Gliedmaßen«.
Daraufhin zahlt die Versicherung der Paderbornerin 80 273 Euro. Was der jedoch seltsam vorkam. Denn die Aachen-Münchener rechnet nach der so genannten Gliedertaxe nicht nach dem Wert »Hand im Handgelenk« ab, sondern nach dem Wert »Arm«, obwohl offensichtlich das Handgelenk versteift, der Arm als Ganzes jedoch nicht betroffen ist.
Ina O. schaltete deshalb eine auf Gesundheitsrecht spezialisierte Kanzlei ein. »Die Versicherung war der Ansicht, dass hier prozentual der Armwert zugrunde zu legen sei, weil unsere Mandantin ja noch ihre Finger bewegen könne. Deshalb sei die Hand nicht vollständig funktionsunfähig, sondern der ganze Arm zu 60 Prozent«, erläutert der Rechtsanwalt. »Die Versicherung hat dabei ein Urteil des Bundesgerichtshofes ignoriert«, sagte der Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht.
Der BGH habe nämlich bereits 2003 entschieden, dass bei Versteifungen des Handgelenks auf den Handwert in voller Höhe abzustellen ist, unabhängig davon, ob man die Finger noch beweglich sind. »Die Frau hat also Anspruch auf den vollen Handwert, das sind 55 Prozent.« Was entscheidend ist. Denn bei einem Invaliditätsgrad von mehr als 50 Prozent hat man in der privaten Unfallversicherung nämlich grundsätzlich Anspruch auf eine lebenslange Unfall-Rente. Der Anwalt erhob Klage beim Landgericht Paderborn. Binnen weniger Minuten hatten die Richter den Fall zugunsten der gestürzten Fahrradfahrerin entschieden. Ina O. erhält eine zusätzliche Einmalzahlung von 90 000 sowie lebenslang eine monatliche Unfall-Rente von 1467,41 Euro. Die summiert sich bei einer statistischen Lebenserwartung von 82 Jahren auf 422 000 Euro.
»Wahrscheinlich wollte die Aachen-Münchener diese Rente nicht leisten und ging davon aus, dass unsere Mandantin eine Klage scheut«, sagte der Fachanwalt.
LG Paderborn, Az.: 2 O 276/10
Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Versicherung, wie sollte es auch anders sein, in Berufung gegangen ist. Allerdings zumindest die Hoffnung kann man schon mal haben, das die Spielchen der Versicherungen nicht immer klappen.
Gruss von der Seenixe
durch einen User wurde ich auf ein Urteil des LG Paderborn aufmerksam gemacht. Da aber die für sich werbende Kanzlei "vergessen" hat darauf hinzuweisen, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, habe ich den Namen der Kanzlei entfernt.
An den User trotzdem ein Dank für die Info.
Die Gliedertaxe ist eine Tabelle, nach der in der privaten Unfallversicherung der Invaliditätsgrad bei vollständigem Verlust oder vollständiger Gebrauchsunfähigkeit bestimmter Gliedmaßen oder Sinnessorgane festgelegt wird. Beispielsweise wird für den Verlust oder die vollständige Funktionsunfähigkeit eines Armes ein Invaliditätsgrad von 70 Prozent angesetzt. Verliert man den Geschmackssinn, so hat dies einen Invaliditätsgrad von fünf Prozent zur Folge. Bei teilweisem Verlust oder teilweiser Gebrauchsunfähigkeit werden entsprechende Teilsätze anhand der Gliedertaxe ermittelt. Die Höhe der Versicherungsleistung ist vom Invaliditätsgrad abhängig. Sind als Grundsumme zum Beispiel 100 000 Euro versichert, erhält man beim Verlust eines Armes 70 000 Euro, beim Verlust des Geschmackssinns 5000 Euro.
Wie heißt der neue Slogan der Aachen Münchner Versicherung und Ihrer DVAG ? "Mit Geld spielt man nicht!" Dafür dass die Bildzeitung diese Volksversicherung gemeinsam mit Schumi anpreist, sollte sich jeder überlegen, ob er da wirklich unfallversichert sein möchte !
Private Unfallversicherung: Mandantin erhält 100.000 Euro und lebenslange monatliche Rente von 1.500 Euro
Eine Mandantin erhält von ihrer privaten Unfallversicherung eine einmalige Zahlung von knapp 100.00 Euro sowie eine monatliche Rente in Höhe von 1.500 Euro. Dies hat das Landgericht Paderborn entschieden.
Offenbar um sich vor einer Rentenzahlung zu drücken, hat eine Versicherung ein Handgelenk kurzerhand zum Arm erklärt und geglaubt, somit etwa eine halbe Million Euro sparen zu können.
Ina O. aus Paderborn hatte bei der Aachen-Münchener schon vor Jahren eine Unfallversicherung abgeschlossen. Beim Radfahrer im Urlaub an der Nordsee passierte es: Mit dem Vorderrad geriet die 58-Jährige in eine Bodenrille und stürzte auf den Ellenbogen.
Bei dem Sturz erlitt sie eine Radiusköpfchenfraktur am linken Ellenbogen sowie Bänderrisse und einen massiven Bluterguss im linken Handgelenk. Die Verletzung hatte weitreichende Folgen: Das Handgelenk musste operativ versteift werden, sechs Schrauben haben es unbeweglich gemacht.
Ina O. meldet den Unfall ihrer privaten Unfallversicherung. Diese holte zwei Gutachten des Paderborner St. Vincenz-Hospitals ein. In dem zweiten Gutachten heißt es, das Handgelenk sei »in zehn Grad Überstreckstellung mit einer diskreten Ellenwärtsneigung von fünf Grad eingesteift«. Zudem sei die Unterarmdrehung schmerzhaft stark eingeschränkt. Die Hand könne nur noch als »Beihand« angesehen werden. Der Unfall, so die Gutachter, führe »zu einer dauernden Beeinträchtigung der Funktion von Gliedmaßen«.
Daraufhin zahlt die Versicherung der Paderbornerin 80 273 Euro. Was der jedoch seltsam vorkam. Denn die Aachen-Münchener rechnet nach der so genannten Gliedertaxe nicht nach dem Wert »Hand im Handgelenk« ab, sondern nach dem Wert »Arm«, obwohl offensichtlich das Handgelenk versteift, der Arm als Ganzes jedoch nicht betroffen ist.
Ina O. schaltete deshalb eine auf Gesundheitsrecht spezialisierte Kanzlei ein. »Die Versicherung war der Ansicht, dass hier prozentual der Armwert zugrunde zu legen sei, weil unsere Mandantin ja noch ihre Finger bewegen könne. Deshalb sei die Hand nicht vollständig funktionsunfähig, sondern der ganze Arm zu 60 Prozent«, erläutert der Rechtsanwalt. »Die Versicherung hat dabei ein Urteil des Bundesgerichtshofes ignoriert«, sagte der Fachanwalt für Versicherungs- und Medizinrecht.
Der BGH habe nämlich bereits 2003 entschieden, dass bei Versteifungen des Handgelenks auf den Handwert in voller Höhe abzustellen ist, unabhängig davon, ob man die Finger noch beweglich sind. »Die Frau hat also Anspruch auf den vollen Handwert, das sind 55 Prozent.« Was entscheidend ist. Denn bei einem Invaliditätsgrad von mehr als 50 Prozent hat man in der privaten Unfallversicherung nämlich grundsätzlich Anspruch auf eine lebenslange Unfall-Rente. Der Anwalt erhob Klage beim Landgericht Paderborn. Binnen weniger Minuten hatten die Richter den Fall zugunsten der gestürzten Fahrradfahrerin entschieden. Ina O. erhält eine zusätzliche Einmalzahlung von 90 000 sowie lebenslang eine monatliche Unfall-Rente von 1467,41 Euro. Die summiert sich bei einer statistischen Lebenserwartung von 82 Jahren auf 422 000 Euro.
»Wahrscheinlich wollte die Aachen-Münchener diese Rente nicht leisten und ging davon aus, dass unsere Mandantin eine Klage scheut«, sagte der Fachanwalt.
LG Paderborn, Az.: 2 O 276/10
Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Versicherung, wie sollte es auch anders sein, in Berufung gegangen ist. Allerdings zumindest die Hoffnung kann man schon mal haben, das die Spielchen der Versicherungen nicht immer klappen.
Gruss von der Seenixe