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Die Berufskrankheit im Spannungsfeld von Interessen

Joker

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Registriert seit
2 Sep. 2006
Beiträge
1,302
Ort
am Rhein
Hallo,

ich bin soeben über folgendes Buch gestolpert, das auch bei google-books teilweise eingesehen werden kann:

Die Berufskrankheit im Spannungsfeld von Interessen
Fachbuch, 2008, 344 Seiten
Autor: Dr.-Ing. Adalbert Rabich
ISBN (E-Book): 978-3-640-22980-2
ISBN (Buch): 978-3-640-23269-7

Die Zusammenfassung des Verlags:
Dass die Unfallversicherung reformiert werden muss, ist Stand der allgemeinen Erkenntnis. Unterschiedlich ist jedoch die Beurteilung und Bewertung notwendiger einzelner Massnahmen. Es wird dargelegt, dass gegenwärtig bei der Durchführung entsprechend den Menschenrechtskonventionen und den Rechtsstaatsprinzipien die Fairness und die soziale Gerechtigkeit bei der Anerkennung von Berufskrankheiten nach den Erfahrungen und den Fakten im angeführten Real-Beispiel nicht gewährleistet sind. Beispielhaft sind die gegenwärtige Beweissituation zu Lasten des Ansprucherhebenden und das Gutachterwesen, dessen unabdingbare Unbefangenheit in Frage zu stellen ist. Dabei ist nicht unerheblich der sich laufend ändernde Stand von Wissenschaft und Orga¬nisationserfordernissen wie der Grundsatz der Rationalisierung und Zentralisation übergeordneter Aufgaben. Berufskrankheiten werden u.a. von den verschiedensten Stoffen oder Stoffgemischen verursacht, deren analytische Zusammensetzung im Einzelfall nicht eindeutig ist und deren Wirkungsmechanismus nicht immer einwandfrei geklärt ist. Durch die Veränderung des Einsatzes der Personen an den Arbeitsplätzen gerät die bisherige Praxis des Ermittlers nach der Dauer-Exposition in gleichbleibender Höhe und womöglich hauptsächlich über den Luftweg ins Visier des kritischen Untersuchers, besonders bei extrem variablen Expositionen im Bereich der Entwicklung und der Anwendungsforschung. Die Anforderungen an die Fachermittler der Berufsgenossenschaften (als Unfallversicherungsträger in Selbstverwaltung) werden höher. Zudem scheint es in diesem Bereich an einer Qualitätskontrolle ausreichender Ermittlung, Arbeitsplatzanalyse und der erstellten Ergebnisse von beauftragten Gutachtern zu fehlen. Im detaillierten Beispiel wird die Anerkennungsprozedur besonders an einem Fall in der chemischen Industrie 1946, des über 20jährigen Verfahrensablaufes bis zur Anerkennung in den verschiedensten Aspekten demonstriert. Damit werden auch die Grenzen menschenrechtlicher Zumutbarkeit und der Vertrauensbasis Betroffener zum Unfallversicherungsträger aufgezeigt. Darüber hinaus dürfte die Notwendigkeit einer Verbesserung der inneren und qualitativen Struktur der Selbstverwaltung sowie des Erfordernisses einer Fachaufsicht bewiesen sein.

Gruß
Joker
 
Hallo Joker,
ehe ich mich "festlese" erst mal herzlichen Dank für den Hinweis.
Nach meinen eigenen Erfahrungen hat der gute Mann recht und alle Systemfehler herausgearbeitet. Das Buch sollte jeder Soz.-Richter gelesen haben.
Verschleisse im Moment den 4. Professor und 6. GA.
Habe nächstes Jahr 10 Jahre "Kampfjubileum", wenn das LSG kein Einsehen hat.
 
Hallo Joker und Paro,

der von Dir zitierte Ausschnitt zeigt viele der Unzulänglichkeiten in der Arbeit der Berufsgenossenschaften auf, die letztlich zu Lasten des Erkrankten, aber auch des Verunfallten gehen. Man kann nur hoffen, dass endlich auch von den zuständigen Stellen erkannt wird, dass es so nicht weitergehen kann!

Durch die von mir selbst gemachten Erfahrungen sind die letzten Worte Deines Zitates von großer Bedeutung. „Darüber hinaus dürfte die Notwendigkeit einer Verbesserung der inneren und qualitativen Struktur der Selbstverwaltung sowie des Erfordernisses einer Fachaufsicht bewiesen sein.“

Da liegt m.E. der Hund begraben. Ich kann jetzt nur auf die Verfahrensweise bei den Berufskrankheiten durch pysikalische Einwirkungen hinweisen. Hier stellen die BG bzw. deren techn. Aufsichtsdienste die beruflichen Belastungen fest. Meine Beschwerden beim Petitionsausschuß und dem Bundesversicherungsamt ergaben, dass die gleiche Stelle eine erneute Prüfung vornehmen mußte. Dies zwangsläufig, weil es keine andere Stelle gibt, die die erforderliche Qualifikation dazu hat. Wie die erneute Prüfung aussah, brauche ich wohl nicht zu schreiben!

Wie kann es sein, dass der beklagte Versicherungsträger selbst feststellt, ob die beruflichen Belastungen für eine Anerkennung einer BK ausreichend sind und es keine unabhängige oder übergeordnete Stelle gibt die in der Lage ist, die Berechnungen der BG zu überprüfen?

Ideal wäre die geforderte unabhängige Fachaufsicht mit der notwendigen Qualifikation. Dies wird allerdings ein Traum bleiben wenn ich überlege, wo man sich die Qualifikation erwerben kann bzw. wer diese Leute der unabhängigen Fachaufsicht zwangsläufig (und gerne!) schulen wird!

Grüße von
IngLag
 
Hallo Paro, hallo IngLag,

ich denke auch, dass das BG-eigene Werbemotto "Alles aus einer Hand" ein zentrales Problem ist. In der ersten Stufe ermittelt der TAD - also ein BG-Mitarbeiter - um die BG-eigene Leistungspflicht dem Grunde nach zu prüfen. Das ist genauso, als wenn ein Finanzbeamter seine eigene Steuererklärung bearbeitet - Lug und Trug sind die Tore geöffnet...

In der zweiten Stufe kommen wir zum Thema Ärzte. Der Verunfallte (ist das bei BK-Kranken auch so?) muss sich einem D-Arzt vorstellen, weil dieser besser qualifiziert und ausgebildet sei, selbstverständlich durch BG-eigene Seminare, über die im Forum ja schon genug zu lesen war. Ich persönlich habe noch NIE von einer Beschwerde gehört, dass ein freizeitverunfallter eine schlechtere medizinische Behandlung erhalten hat als ein BG-Patient. Brauchen wir wirklich ein solches D-Arzt-System und die systemkonforme Ausbildung der Ärzte?

Dann kommt die BG und meint, dass sich aufgrund der Vorgabe im SGB
a) wirtschaftlich zu handeln, aber
b) dennoch die Gesundheit mit allen geeigneten Mitteln wieder herzustellen
der gesetzgeberische Wille für die "Steuerung und Überwachung des Heilverfahrens (StüHv) ableiten lässt. Auf gut deutsch: nichts anderes als ein Schadensmanagement, wovor in den Medien im Bereich der Haftpflichtversicherungen immer gewarnt wird. Auch der Freizeitverunfallte, der zulasten der Krankenkasse behandelt wird oder der DRV-Rehabilitand, müssen sich einem solchen System nicht aussetzen und werden dennoch medizinisch versorgt.:confused:

Über die medizinischen Schwachverständigengutachten schreibe ich jetzt einfach mal nichts, das Forum ist voll davon.

Schließlich kommt die BG und tritt als Entscheider im Rahmen der Bescheiderteilung auf. Sie entscheidet jetzt selber darüber, ob sie z.B. finazielle Leistungen erbringen muss. Möchte nicht jeder möglichst wenig ausgeben? Sie verlässt sich auf die von ihr so gut ausgebildeten TAD´s, D-Ärzte, Sachverständigen etc. Letztere haben sich durchweg auf von BG-Mitarbeitern verfassten "Standardwerke" wie Schönberger/Mehrtens/Valentin, Muhr und wie sie alle heißen, bezogen.

Und geht die Sache vor Gericht, wird dann die BG-Akte dem Verfahren beigezogen, wo in den Augen der Sozialgerichtsbarkeit ja immer alles ordnungsgemäß und korrekt gemacht wurde :mad:

Fassen wir also zusammen:
Die BG arbeitet als
1. Ermittler
2. Ausbilder der Sicherheitsfachkräfte, TAD´s, D-Ärzte und Sachverständigen
3. Steuerer und Überwacher des Heilverfahrens
4. Rehabilitationsträger und Klinikbetreiber
5. Richter im Rahmen der Bescheiderteilung
6. Versicherung (Auszahlung von finanziellen Leistungen, Beitragseinnehmer)
7. ihr eigener Verteidiger im Gerichtsverfahren
8. Herausgeber der von der Gerichtsbarkeit verwendeten "Standardliteratur"
9. habe ich bestimmt etwas vergessen :eek:

Meines Erachtens ein paar Aufgaben zuviel, zumal durch die zwangsläufig entstehenden Interessenskollisionen eine optimale Versorgung des Erkrankten/Verletzten gar nicht mehr gewährleistet sein kann.

Das System gehört gründlich aufgeräumt und die BG von in sich widersprüchlichen Kompetenzen befreit!

Ideal wäre die geforderte unabhängige Fachaufsicht mit der notwendigen Qualifikation. Dies wird allerdings ein Traum bleiben wenn ich überlege, wo man sich die Qualifikation erwerben kann bzw. wer diese Leute der unabhängigen Fachaufsicht zwangsläufig (und gerne!) schulen wird!
Meinen Idealismus habe ich ebenfalls nach nahezu 10-jährigem Kampf aufgegeben, aber träumen darf man doch ;)

Gruß
Joker
 
Zuletzt bearbeitet:
Vergleichbar ,als würde ein Verbrechersyndikat wie z.B. die Mafia darüber entscheiden ob sie ein Verbrechen begangen haben und die Richter würden ihren Ergebnis folgen !
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Der Wahnsinn pur und WIR alle lassen es uns gefallen , wie Schafe die zur Schlachtbank geführt werden


Gruß Fuchs
 
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