Unfall Trauma - Postraumatisches Belastungssyndrom - Selbsthilfegruppe - Hilfe nach dem Unfall

Lieber @Marcus H. ,
Du hast ja schon etwas mehr von Dir und Deinem Unfall geschrieben. Du wirst sicherlich Menschen finden, die auf der Suche nach Hilfe sind und sich einer Gruppe anschließen wollen.

Dies kann funktionieren, wenn man sich klare Regeln gibt und Grenzen setzt, welche dann auch eingehalten werden. PTBS als Bedingung für den Zugang zur Gruppe zu nehmen, halte ich für wenig sinnvoll, konzentriert Euch auf Menschen, die einen Verkehrsunfall erlitten haben.

Ich war in mehreren Bereichen des Gesundheitswesens tätig, u.a. bin ich auch in der Schnellen Medizinischen Hilfe mitgefahren. In der ehemaligen DDR war der Rettungsdienst anders organisiert als heute.

Deinen Schilderungen zu folge, musstest Du lange am Unfallort warten, ehe sich jemand um Dich gekümmert hat, Du hast viele Eindrücke aufnehmen können und dies macht es Dir heute so schwer, das Geschehene zu verarbeiten. Den Weg, der für alle Beteiligten eine Hilfe darstellt gibt es nicht. Man hat Empfehlungen zur Krisenintervention, die dann angewendet werden. Nicht jedem Beteiligten hilft das Angebot.

Den Abstand von 2 Wochen zwischen den Therapiesitzungen kann ich gut nachvollziehen, da Du die besprochenen Thematiken erst einmal verarbeiten musst.

Die Zeit vor einem bestimmten Ereignis (Du schriebst, dass sich am 09.10. der Unfall zum ersten Mal jährt) ist immer schwierig zu bewältigen. Bitte frage Deinen Therapeuten nach Hinweisen, wie Du mit schwierigen Situationen an diesem Tag umgehen kannst. Eine zusätzliche telefonische Rücksprache kann nützlich sein.

Herzliche Grüße,
KS1973

Lieber @Marcus H. ,
hier ist noch ein Link zur Deutschen Gesellschaft für Psychotraumatologie, vielleicht hilft er Dir weiter:
Bitte schaue einmal hier:

www.degpt.de

Herzliche Grüße,
KS 1973
 
Zuletzt bearbeitet:
Ihre angedachte Begleitung ist zwar nett, aber nicht das, was ein Traumaopfer braucht. Da gehört nämlich noch viel mehr dazu als einfach nur da sein. Denken Sie nur mal an das Vertrauen, was qualifiziert Sie, dass man Ihnen überhaupt vertrauen kann? Dagegen spricht aus meiner Sicht, dass Sie die Kompetenz von Therapeuten infrage stellen. Wenn Sie mit dieser Haltung an einen Traumapatienten gehen, richten Sie durch Ihre „Begleitung“ vermutlich großen Schaden an.
LG Gudrun
Hallo Marcus,
hallo Gudrun,

ich möchte ausdrücklich auf diese Punkte hinweisen und deutlich machen, wie hoch die Gefahr einer Retraumatisierung ist. Ich habe das selbst erlebt – sogar bei Therapeuten, die sich nicht ausreichend mit Trauma auskannten. Es war für mich damals besonders schwer zu verarbeiten, dass ich in einem vermeintlich sicheren Raum erneut eine Retraumatisierung erfahren habe.

Wenn Du eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufst, übernimmst Du Verantwortung – nicht für für den Weg der Heilung selbst, - sondern für das Wohlergehen und die Sicherheit der Teilnehmenden. Deine Haltung und Kenntnisse sind entscheidend, denn Hilfe im Traumabereich bedeutet nicht einfach da zu sein, sondern sehr genau zu wissen, wann und wie Interventionen sinnvoll und vor allem sicher sind.

Vor allem ist die Frage zentral: Bist Du wirklich bereit, diese Verantwortung – für Leben und seelische Stabilität – zu übernehmen? Dazu gehört auch die eigene Reflexion, ob Du das nötige Fachwissen und die Grenzen kennst, um Schaden zu vermeiden.

Deine Rückmeldung ist mir sehr wichtig, denn bei einer unqualifizierten Begleitung von traumatisierten Menschen besteht tatsächlich eine hohe Gefahr der Retraumatisierung. Gerade bei Schocktraumata ist es entscheidend, dass nicht mit überwältigenden Emotionen gearbeitet wird, sondern zunächst nur mit Empfindungen – und das auch nur in einem stabilen, geschützten Rahmen mit Co-Regulation.

LG thinkwice
 
Hallo,

irgendwie amüsiert mich die Formulierung "...Deine Rückmeldung ist mir sehr wichtig!" Und das ist jetzt bitte nicht bös' gemeint!

Aber das sagte meine Psychologin mir auch, bevor sie in den Urlaub ging und ich auf der Eisenbahnbrücke stand und die Telefonseelsorge mich doch bat "ruf doch mal bitte in einer halben Stunde noch einmal an...!"

Gleich vorweg. Ich habe keine Ambitionen mehr, eine Selbsthilfegruppe zu gründen!

Aber nicht, weil ich "Angst vor Verantwortung für Leben und seelische Stabilität..." habe.

Die hatte der alte Mann bei meinem Unfall auch nicht, in dem er die Straßean jenem morgen betrat und nicht darüber nachdachte, wie es mit meiner "seelischen Stabilität" in meinem Leben sein würde.
Auch er hatte Verantwortung sich durch Warnschutz sichtbarer zu machen, was er nach Aussage seiner Verwandten aber grundsätzlich nicht wollte.......

Ich wollte in meiner Naivität nur mal aufzeigen, das eben nicht alles so rosig für Unfallopfer wie mich verläuft, auch wenn es so schön in Fachworte gekleidet wird. Unfallseelsorge, Retraumatisierung, EMDR, ach, das klingt alles so schöön...sicher und aufgehoben. Um- und Versorgt.

Ich glaube in meinem Fall hat das sowieso keinen Zweck mehr. Es ist am Anfang, wie auch jetzt, niemand für mich da gewesen. Auch wenn das in den Medien so verlautete. "Das Opferschutzteam kümmerte sich...die Reha ist erfolgreich."
Am Anfang war gar nichts und dann zögerlich und mit "Armbädern" in der Reha vollkommen am Bedarf vorbei.

Ich fühle mich wie ein Ertrinkender und die Kreuzfahrtschiffe mit Ihren Therapeuten und Anwendungen fahren winkend an mir vorbei.

Also. Lange Rede, kurzer Sinn.
Ich werde selbst als Verantwortlicher keine Selbsthilfegruppe gründen. Da es hier auch keine gibt, hat sich das dann damit auch erledigt.
 
Lieber @Marcus H. ,
hier im Forum haben sich viele Menschen, die einander nicht persönlich kennen (meistens) Gedanken zu Deinen Problemen gemacht und versucht zu helfen.
Ich wollte in meiner Naivität nur mal aufzeigen, das eben nicht alles so rosig für Unfallopfer wie mich verläuft, auch wenn es so schön in Fachworte gekleidet wird. Unfallseelsorge, Retraumatisierung, EMDR, ach, das klingt alles so schöön...sicher und aufgehoben. Um- und Versorgt.

Dies mussten hier sehr viele User erfahren, sonst hätte das Forum nicht so einen großen Zulauf. Es ist schwierig, Hilfe zu finden und diese auch finanziert zu bekommen, siehe die Therapie, gemeinsam mit branntverletzten Menschen.

Journalisten schreiben ihre Beiträge für die Zeitung, wenn am Unfallort das Kriseninterventionsteam von xy stand, dann haben sie ebend die Opfer versorgt. Ob ihnen wirklich geholfen worden ist, steht nicht zur Debatte.

Es ist gut, dass Du den Kontakt zu den Angehörigen des hochbetagten Mannes gesucht hast. Dies war sicherlich für Dich sehr schwierig. So hast Du etwas über seine Einstellung zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr erfahren können, die er nicht für erforderlich hielt.

Meine Daumen sind erst einmal gedrückt, für die Zeit bis zum 09.10.2025. Bitte gib Dir Zeit, dass die seelischen Wunden heilen können. Es gibt eine große Anzahl Menschen, denen ähnliches passiert ist.

Herzliche Grüße,
KS 1973
 
Hallo @Marcus H.,
ich halte deine Entscheidung für richtig. Allerdings finde ich, dass du die Flinte nicht schon wieder ins Korn werfen solltest. @KS1973 hat dir einen Link geschickt und ich selbst kann dir nur raten, dich hier im Forum zu beteiligen und herumzulesen.

Du machst gerade die typischen Phasen einer psychischen Erkrankung durch, beginnend bei der Frage nach eigener Schuld, dem Wunsch nach Entschuldigung und/oder anderen Personen, denen dasselbe passiert ist. Vermutlich, um dann sagen zu können: es gibt auch andere, also war ein etwaiger „Fehler“ nicht so schlimm. Auch das schreit nach dem Absolutions-Wunsch. Und nun möchtest du auch den letzten Rest Schuld an den alten Mann abgeben, weil dieser mies gekleidet war.

All das ist völlig normal, aber du wirst eine Befreiung von der Schuld auf diesem Wege nicht erlangen, denn rein physikalisch trägst du nun einmal zumindest eine Mitschuld. Aber - und das ist ganz wichtig - Dinge im Leben geschehen nun einmal. Manchmal bekommt man sie mit, wie du jetzt gerade. Aber wenn du den alten Mann nur um Haaresbreite verfehlt hättest, dann wäre es auch möglich, dass er sich aufregt und daran verstirbt. Das hättest du dann nicht mitbekommen und aufgrund des Alters wäre wohl auch niemand auf die Idee gekommen, dass du daran beteiligt sein könntest. In deinem Fall bist du es aber und wirst auch dann beteiligt bleiben, wenn jemand sagt: @Marcus H., Du konntest nichts dafür.

Versuch deinen Frieden mit der Situation zu schließen. Versuch die Schuldfrage aus dem Fokus zu nehmen und dich mit der greifbaren Situation auseinanderzusetzen. Wenn es dir hilft, dann nimm Kontakt zu den Hinterbliebenen auf und/oder informier dich über den 89-jährigen. Ihr seid Lebenspartner. Er wird dich noch lange begleiten, also gib ihm Raum. Nicht der schicksalhaften Begegnung, sondern dem Menschen.

Dass niemand für dich da ist, stimmt so nicht. Alleine hier schreiben dir einige Menschen, die jedes Wort gelesen haben und versuchen, dein Hadern, dein Leid, zu verstehen.

Du darfst dir aber auch einmal vor Augen halten, dass du vergleichsweise glimpflich davon gekommen bist. Sei froh darüber, denn die Begegnung hätte auch für dich viel schlimmer enden können.

Wäre ich an deiner Stelle, dann würde ich versuchen, das Leben jetzt einfach doppelt so intensiv zu leben. Für dich und für den 89-jährigen. Schaff dir schöne Erlebnisse und wenn du kannst, dann erleb sie nach. Bann sie auf Fotos. Schreib sie auf. Erzähl sie schweigend dem 89-jährigen. Du kriegst das hin, das Leben ist schön. :)
LG Gudrun
 
Hallo.
Ich danke allen, die sich hier zu meinem Fall Gedanken machen und gemacht haben.

Ich will auch nicht kritisieren oder so. Ich möchte nur bitten, aufzupassen. Mahnen nichts helles im Dunkeln zu tragen, nicht diese unfallträchtige Erfindung des E Scooters zu benutzen und schon gar nicht zu zweit oder wie auch bereits gesehen zu dritt!

Vielleicht engagiere ich mich verstärkt in der Unfallprävention. Das hilft mir vielleicht auch über vieles hinweg, was ich bereits wieder im Straßenverkehr gesehen habe.Hier in Münster werden kostenlos Warnschutzwesten verteilt...(" Zeig Dich von Deiner Schokoladenseite"), aber auch erst wieder im November...(!)

Wir haben nicht alles 100%ig im Griff.

Gefahren erkennen, Risiken kritisch bewerten und Risiken kontrollieren.
 
Liebe Gudrun,

ich danke Dir erneut für Deine Rückmeldung und Beiträge.
Ich merke jedoch zunehmend, daß dies doch nicht so das geeignete Medium für meine PTBS ist.
Ich danke Euch für die Ratschläge und Links und Eure Empathie.
Aber das ist doch nicht das Medium, weil nicht alle Informationen für Euch verfügbar sind.

Die von Dir angesprochen, typischen Phasen einer psychischen Erkrankung sind bei mir schon lange nicht mehr die Schuldfrage oder Absolution.

Das Verfahren ist eingestellt worden. Ich brauche keine Absolution. Die Schuldfrage hat das Gericht geklärt. Auch für mich. Ich bin der typische "Eisenbahner", dem das passiert ist. Die Absolution habe ich von dem alten Mann bereits bekommen, in dem er selbst die Situation für sich eingeschätzt hat und losgelassen ist, obwohl ich auch mit modernster Zusatzbeleuchtung wahrgenommen werden konnte.

Aber da ist schon erneut die Problematik, daß dies nicht das richtige Medium für mein Anliegen ist. Da wurde und werde ich hier erneut missverstanden.

Ich wollte eine Selbsthilfegruppe gründen, die Ihren Fokus tatsächlich auf die schönen Dinge des Lebens richtet. Gemeinsam Sport. Gemeinsame Kino-und Theaterbesuche, Museen und ganz besonders... Musik, was auch viele Therapeuten unter den Tisch fallen lassen. Ich meine Musik, und nicht aufgezwungene Rythmen aus dem MP3 Player in einer Therapiestunde. Die Gruppe sollte sich an den Interessen und Musikrichtungen der Unfallopfer vor dem Unfall richten.

Ich suche also keine Gruppe, in der wir uns sagen, wie schlecht die Welt ist und alle sind gemein zu mir und verstehen mich nicht. Ich habe Schuld.

Das brauche ich nicht, daß brauch keiner. Dazu bin ich doch auch gar nicht kompetent und das darf ich mir doch gar nicht erlauben.

Diese Gruppe sollte sich durch Ihre Menschen und nicht Ihre Tragödien definieren. Aber trotzdem mit einer gemeinsamen Vergangenheit, die allen bewußt ist. Einem Unfall.

Ich bleibe hier weiter gespannt auf Eure Rückmeldungen.
 
Hallo noch einmal in die Runde,

ich muß der Ehrlichkeit auch nunmehr sagen, daß diese Idee der Selbsthilfegruppe, die eben mehr den Menschen und gemeinsame Freizeitaktivitäten im Vordergrund hat nicht ganz allein auf meinem Mist gewachsen ist....und ich weiß auch gar nicht, ob ich dies aufführen soll...

Ich habe in meinem Bekanntenkreis einen ehemaligen Besucher der Flugtage in Ramstein 1989...und ich wollte dies auch gar nicht publizieren. Dies ist kein Vergleich mit meinem Erlebten. Und ich spreche mit großem Respekt und Ehrfurcht mit und über ihn. Und wir halten auch über bestimmte Themen Stillschweigen und respektieren uns und das erlebte. Wenn auch nur bei Ihm aus der sicheren Ferne...

Er weiß nur zu gut, wie schwer es war, wieder Fuß zu fassen. Übrigens kann ich die filmische Aufarbeitung "Das durchstoßene Herz" jedem wärmstens an Herz legen.
 
Hallo zusammen,
hallo Markus,

Du bist mit Deiner Erfahrung nicht allein – vielen Menschen mit Traumatisierungen geht es ähnlich. Das weiß ich aus meiner eigenen Erfahrung, aus meinem Netzwerk und aus Weiterbildungen. Die Erwartung, dass sich alles innerhalb eines Jahres nach einer solchen Erfahrung vollständig wieder normalisiert, halte ich für zu hoch. Eine nachhaltige Traumaintegration braucht Zeit und ist ein Prozess.

Ich selbst habe einen schweren Verkehrsunfall knapp überlebt; der Unfallverursacher stand unter Medikamenteneinfluss, was sein Reaktionsvermögen stark beeinträchtigte. Neben der PTBS habe ich auch eine schwere funktionelle Schädigung an der Halswirbelsäule und den Kopfgelenken, einschließlich neurologischer Begleiterscheinungen. Das liegt nun bereits 10 Jahre zurück. Chronische Schmerzstörungen und PTBS sind ein schweres Paket, das man mit sich trägt.

Jeder muss seinen eigenen Weg finden, auch wenn das herausfordernd ist. Meiner Meinung nach fehlt es oft an spezialisierter Behandlung für Schocktraumata, gerade in den geschlossenen Bereichen von Kliniken. Ein wichtiger Aspekt bei Trauma ist die Selbstregulation sowie Impuls- und Emotionskontrolle – das möchte ich Dir als wertvollen Hinweis mit auf Deinen Weg geben.

In älteren Beiträgen habe ich bereits über andere Behandlungsmöglichkeiten, unter anderem die Körperpsychotherapie, gesprochen und entsprechende Anlaufstellen genannt.

Und ich bin vollkkommen bei Gudrun, das Leben ist schön, der Himmel ist blau und man betrachtet nun vieles aus anderen Augen und schätzt die kleinen Dinge des Lebens.

Dir alles Gute und VG thinktwice
 
Hallo.

Vielen lieben Dank für Eure Empathie und Eure Beiträge. Ich wünsche allen Unfallopfern auch die Sicht auf einen blauen Himmel und ja, daß Leben ist schön!
Aufgeben kann man auf der Post...;-)
 
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