"BSG-Krankengeld-Falle" - endlich die Sensation !

Hallo Machts Sinn,

<<Mit der am 23.07.2015 in Kraft getretenen Rechtsänderung wurde die BSG-Krankengeld-Falle um einen Tag sowie um Wochenend- und Feiertage entschärft und in den Stand der Gesetzgeber-Krankengeld-Falle erhoben.>>


wollte mal nachfragen wie das in meinem Falle nun aussieht.

Folgender Sachverhalt:


Seit 2011 liegt mein Fall beim SG (zuerst SG, nun beim LSG). Krankengeld wurde zuerst abgelehnt wegen: Gleiche Krankheit, dann hinzugetretene Krankheit, dann innerer/äußerer Zusammenhang usw.
Nachdem dies alles durch fachärztliche Gutachten widerlegt werden konnte kam der damalige Richter am SG (Saarbrücken) zur Auffassung, ich hätte ohnehin keinen Anspruch, da meine AU bis Freitags lief und erst Montags verlängert wurde.
Auch hier wurde nachgewiesen, dass ich an dem besagten Freitag die AU nicht verlängern lassen konnte (Gründe hierfür wurden nachgewiesen). Hat das Gericht aber auch nicht interessiert.

Kurz und gut, der letzte Stand der Dinge war der:

In Sachen xxx ./. DAK besteht entsprechend der Anfrage des erkennenden Gerichts vom 23.10. 2014 Einverständnis mit einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts.

Nachdem das BSG ja nun am 23.7.15 entschieden hat müsste das für mich dann doch auch gelten, oder?
Mein RA ist leider bis 17.8. im Urlaub.
Kannst Du mir ein wenig Hoffnung machen (Immerhin geht es um Minimum 9000 Euro).

Im voraus herzlichen Dank.

LG
Tina
 
Hallo,

mir geht es ähnlich, AU bis 31.8.14 ( Sonntag) dann neue am 01.09.14 .

Bestehen da aufgrund der Gesetzesänderung Chancen ?

Gruss
 
Hallo @lle UO,

ich habe da im VdK Bericht etwas gelesen, könnte ja einigen eventuell helfen.

Nächster Praxistermin begrenzt „bis auf Weiteres“ nicht
LSG Mainz: keine Bescheinigungslücke beim Krankengeld

Hat ein Arzt in einem Auszahlschein für Krankengeld eine Arbeitsunfähigkeit „bis auf weiteres“ bescheinigt, liegt darin keine zeitliche Begrenzung. Auch einen in der Bescheinigung angegebenen nächsten geplanten Untersuchungstermin darf die Krankenkasse nicht als Endzeitpunkt annehmen, wie das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am Montag, 1. Juni 2015, veröffentlichten Urteil entschied (Aktenzeichen: L 5 KR 254/14).

LG
Wolle
 
bisherige BSG-Krankengeld-Rechtsprechung für die Tonne

Hallo Sonnenschein und Busch,

die bisherige Krankengeld-"Recht"sprechung des 1. BSG-Präsidenten-Senates
- zuletzt in 6 Entscheidungen vom 16./17.12.2014 - ist untauglich, entbehrt erkennbar
jeglicher rechtlichen Grundlage.

Dies ergibt sich beispielsweise aus diesem Urteil des SG Speyer vom 22.05.2015

http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={F072D367-03AA-40B0-983C-27400D013D77}

wie auch aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung nie wollte und
erst jetzt eine um einen Tag sowie um Wochenend- und Feiertage entschärfte
Gesetzgeber-Krankengeld-Falle geschaffen hat.
 
Alle Staatsgewalt geht vom VolkeR aus
http://www.rp-online.de/politik/deu...tionschef-kaempft-um-autoritaet-aid-1.5318056

Mit diesem neuen Text des Art. 20 GG witzeln die Abgeordneten der Unionsfraktion in erster Linie über sich selbst.
Mit Politik haben die in diesem Thread dargestellten Vorgänge zur Rechtsänderung beim Krankengeld aber nichts
zu tun, eher mit blindem Gehorsam, der im Bereich "Gesundheit" von Dr. Edgar Franke offenbar vorbildlich garantiert
wird. Ohne zu diskutieren, streiten und abzustimmen sind offenbar alle - blind - gefolgt. Damit empfehlen sich nach
der Kauder´schen Logik alle für größere Aufgaben, jedenfalls muss keiner um seinen verantwortungsvollen Posten
fürchten.

Das ist für sie beruhigend. Aber nicht für uns und für den Staat!
 
Hallo Machts Sinn,

sorry, dass ich erst heute antworte, aber ich hatte leider keine Benachrichtigung über die Anwort erhalten.

Vielleicht verwirre ich mich auch selber aber irgendwie verstehe ich es nicht so ganz. Ist diese Änderung eine Entscheidung des BSG oder vom Bundestag verabschiedetes „Versorgungsstärkungsgesetz".

Bin gerade dabei meinem Anwalt ein Fax zu schicken damit er dafür sorgt, dass das Verfahren - welches ja ruht bis "zur Entscheidung des BSG" - wieder aufzunehmen.
Muss das Gericht nun - bei Wiederaufnahme des Verfahrens - zu meinen Gunsten entscheiden oder kann es sich wieder mit irgenwelchen fadenscheinigen Ausreden rausreden? Heißt: Sollte besser noch mit der Wiederaufnahme gewartet werden?

Für eine kurze Rückmeldung besten Dank.

Gruß
Tina
 
Hallo Tina,

bisher weiß ich von keinem Rechtsanwalt, der sich dieser Problematik adäquat
angenommen hätte. Ob deiner da eine Ausnahme ist … ?

Jedenfalls hat das BSG am 16.12.2014 in 5 Fällen entschieden, zwar alle zu deinem
Nachteil, aber deutlich erkennbar ohne Rechtsgrundlage, nur unter Berufung auf sich
selbst, ohne seine Standpunkte jemals rechtlich nachvollziehbar begründet zu haben.
Dein Rechtsanwalt wird dies im Vergleich mit den 3 bzw. 4 Ausgangsentscheidungen des
LSG NRW vom 17.07.2014 und der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des SG Speyer
leicht nachvollziehen können. Gelegentlich steuere ich hier noch zusätzliche Argumente
bei. Das Wichtigste ist im Moment, dass es in der Vergangenheit nur einen gesetzlichen
Karenztag gab und die Rechtsauslegung des BSG zu § 46 SGB V mit jeweils einem
Karenztag zu jeder Folge-AUB – also X-Karenztagen!
– sehr deutlich am Recht
vorbei geht.

Eine Rechtsgrundlage gibt es erst seit 23.07.2015. Danach fällt bei AUB bis Freitag und
weiterer AUB am Montag das Krankengeld nicht weg! Allerdings gibt es keine Übergangs-
regelung, also keine gesetzliche Bestimmung dass dies auch für die Vergangenheit gilt.
Trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Krankengeld-
Verlust in deinem Falle nie wollte und das BSG in der Vergangenheit weit über das
rechtliche Ziel hinausgeschossen ist.

Auch die jetzige gesetzliche Regelung ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil sowohl
die Verhältnismäßigkeit und die Gleichheit im Recht verletzt scheinen und statt des
Wegfalls des Krankengeldes das tageweise Ruhen angemessen und ausreichend wäre.
Zudem hat das Gesetzgebungsverfahren versagt, indem Fraktionsvorgaben blind durch-
geschoben wurden. (Für die Vergangenheit fällt meine Kritik viel, viel schlimmer aus.)

Ob es klug ist, das Sozialgerichtsverfahren gerade jetzt wieder zum Laufen zu bringen,
weiß ich nicht. Die unsägliche Rechtsprechung des 1. BSG-Senates unter Leitung des
Präsidenten ist zwar zum 31.12.2014 beendet worden, aber es gibt noch keine ein-
schlägigen Entscheidungen des nun zuständigen 3. BSG-Senates; das kann vor- oder
nachteilig sein.

Jedenfalls sollte in Präzedenzfällen auch geltend gemacht werden, dass die Krankengeld-
Bewilligung nicht ausdrücklich abschnittsweise befristet war und zudem nicht abschnitts-
weise befristet erfolgen durfte, womit die Einstellung der Zahlung von einer Aufhebungs-/
Rücknahmeentscheidung (§§ 45, 48 SGB X) abhängig ist, an der es regelmäßig mangelt.

Wenn weitere Fragen sind, evtl. auch von deinem RA: gerne, auch wenn bei der Antwort
Verzögerungen eintreten können.

Jedenfalls würde ich die Hoffnung nicht aufgeben, bevor ich keine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes hätte.

Gruß!
Machts Sinn
 
Hallo Machts Sinn,

vielen herzlichen Dank für Deine rasche und sehr ausführliche Antwort. Und NEIN, auch mein RA ist hier definitiv keine Ausnahme.
Vor ca. 15 Minuten habe ich mit ihm telefoniert. Seine Aussage war wie folgt:

Nachdem das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts ruht muss das LSG das Verfahren von sich aus wieder aufnehmen und das kann dauern. Und bezüglich der Änderungen bei der Krankengeldfalle möchte er sich auch nicht abschließend äußern.

Eine Rechtsgrundlage gibt es erst seit 23.07.2015. Danach fällt bei AUB bis Freitag und
weiterer AUB am Montag das Krankengeld nicht weg! Allerdings gibt es keine Übergangs-
regelung, also keine gesetzliche Bestimmung dass dies auch für die Vergangenheit gilt.

Diesbezüglich gibt es ja einen Fall der aus 2013 stammt (Urteil SG Speyer) http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={F072D367-03AA-40B0-983C-27400D013D77} und diese Regelung somit ja für die Vergangenheit angewandt wurde. Oder sehe ich das falsch?


Ist es auch tatsächlich so, dass das ruhende Verfahren vom LSG wieder aufgenommen wird und nicht der RA dies beantragen muss?


Und wenn ich Dich richtige verstehe ist es eher sinnvoll mit der Wiederaufnahme noch abzuwarten


LG
Tina
 
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Das Urteil aus Speyer ist vom 22.05.2015, S 19 KR 959/13. Damals gab es die
erst seit 23.07.2015 neue Rechtslage noch nicht, weswegen sie auch nicht für die
Vergangenheit angewandt worden sein kann. Vielmehr ist das Urteil aus Speyer aus-
schließlich zur bisherigen Rechtslage ergangen, wonach es auch nach meiner Auffassung
keinen Ansatzpunkt für die sog. "Recht"sprechung des BSG gibt. Die SG Trier und Mainz
sowie das LSG Essen sehen das ebenso; alle anderen haben nicht selbst Recht angewandt,
sondern blind-hörig die Phrasen des BSG übernommen.

Ich persönlich würde die Fortsetzung des Verfahrens schnellstmöglichst beantragen,
damit die rechtlichen Argumente eingebracht werden können, bevor womöglich auch
vom 3. BSG-Senat rechtlich nicht nachvollziehbare Entscheidungen das künftige
Verfahren belasten.

Aber dein Rechtsanwalt dürfte mit all dem erst mal überfordert sein, wenn er heute
aus dem Urlaub zurück kam und die Entwicklung seit 2013 nicht laufend verfolgte.
 
Sorry, aber wahrscheinlich ist mir das alles etwas zu hoch. Das Verfahren aus dem Urteil Speyer wurde doch zu Gunsten des Klägers entschieden.

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Ich persönlich würde die Fortsetzung des Verfahrens schnellstmöglichst beantragen,
damit die rechtlichen Argumente eingebracht werden können, bevor womöglich auch
vom 3. BSG-Senat rechtlich nicht nachvollziehbare Entscheidungen das künftige
Verfahren belasten.

Aber dein Rechtsanwalt dürfte mit all dem erst mal überfordert sein, wenn er heute
aus dem Urlaub zurück kam und die Entwicklung seit 2013 nicht laufend verfolgte.

Für mich ist dieses ganze "Rechtsdeutsch" einfach zu hoch. Und sicherlich ist es etwas viel verlangt aber könntest Du mir evtl. behilflich sein bei den "rechtlichen Argumenten"?
Mein RA will sich da wohl irgendwie nicht dazu herablassen (bei Rechtschutzfällen tun die Anwälte ja eh immer nur das nötigste) und ich möchte daher ungern Fehler machen oder gar das ganze aufs Spiel setzen.

LG
Tina
 
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Ja, das SG Speyer "pfeift" auf die sog. Krankengeld-"Recht"sprechung des BSG und
auf die Papageien- oder Kopien-"Recht"sprechung der übrigen Krankengeld-Richter und
wendet stattdessen selbst Recht an mit der Begründung:

Die Bezugnahme auf obergerichtliche Rechtsprechung ersetzt keine gesetzliche
Grundlage für die Beschränkung eines gesetzlich eingeräumten Anspruchs.


und

... auch durch eine ständige Wiederholung kann eine solche Rechtsprechung nicht
zu „Gesetz und Recht“ werden. Nur hieran aber sind Verwaltung und Gerichte
gemäß Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.

Wenn du damals bei der DAK versichert warst, ist zunächst wichtig, dass diese Krankenkasse
zu der Zeit, in der dein Fall spielt, die BSG-Krankengeld-Falle noch gar nicht anwandte.
Nachteile daraus hast du nur, weil sich die Krankenkasse zunächst auf einen unhaltbaren
Ablehnungsgrund stützte und bis zur Klärung durch Gutachten viel Zeit vergangen ist.

Deswegen dürfte die nachträgliche Anwendung der BSG-Krankengeld-Falle eine unzu-
lässige Rückwirkung und Ungleichbehandlung
darstellen.

Dazu zunächst hier:

http://www.sozial-krankenkassen-ges...2-2014-B-1-KR-35-14-R/?postID=17519#post17519

Teile doch mal die Ablauf-Daten mit (Bescheid, Widerspruchsbescheid, Klage, Ruhensbeschluss).
 
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Wenn du damals bei der DAK versichert warst, ist zunächst wichtig, dass diese Krankenkasse
zu der Zeit, in der dein Fall spielt, die BSG-Krankengeld-Falle noch gar nicht anwandte.

Krankengeld wurde zuerst abgelehnt wegen: Gleiche Krankheit, dann hinzugetretene Krankheit, dann innerer/äußerer Zusammenhang usw.
Nachdem dies alles durch fachärztliche Gutachten widerlegt werden konnte kam der damalige Richter am SG (Saarbrücken) zur Auffassung, ich hätte ohnehin keinen Anspruch, da meine AU bis Freitags lief und erst Montags verlängert wurde. Die KK selbst hatte damit überhaupt kein Problem denn sonst hätte sie ja bereits im Mai 2011 mit dieser Begründung das KG ablehnen können.
Und in den Jahren davor (zuletzt von Juni 2008 bis November 2009) kam es häufiger vor, dass die AU bis Freitags ging und erst Montags verlängert wurde.

.Teile doch mal die Ablauf-Daten mit (Bescheid, Widerspruchsbescheid, Klage, Ruhensbeschluss).

Ich habe von Juni 2008 bis einschließlich Dezember 2009 Krankengeld bezogen. Dies war begründet durch mein CRPS. Danach wurde ich ausgesteuert.

Im Mai 2010 wurde bei mir ein Bandscheibenvorfall festgestellt (C4/C5, C5/C6 und C6/C7, also Halswirbelsäule).


02-05/11 Arbeit in der Postsortierung
29.4.11 durchgehend AU
zum 17.5. Kündigung (in der Probezeit)
17.05.2011 Bescheid Ablehnung Krankengeld
24.05.2011 Widerspruch Ablehnung Krankengeld
05.07.2011 Vorlage beim MDK und erneute Ablehnung
13.07.2011 Übergabe an den Rechtsanwalt
19.09.2011 Widerspruch nicht stattgegeben
? Klageerhebung
12/13 Klageabweisung
01/14 Rechtsanwaltswechsel
01/14 Berufung
08/14 erstmalig mündliche Verhandlung
23.10.2014 Ruhestandsbeschluss (beidseitiges Einverständnis)

Solltest Du noch weitere Daten benötigen lass` es mich wissen.

LG
Tina
 
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