"BSG-Krankengeld-Falle" - endlich die Sensation !

Kommentare nur via facebook?

Hallo Machts Sinn,

das Kommentieren funktioniert "nur" über facebook, oder habe ich etwas übersehen? (für meinen Teil würde ich das bedauern)

Es wäre jedenfalls schön, wenn User ihre Kritik und ihre Hoffnung an die Medien hinterlassen würden - die, die facebook nutzen und hinter der Sache stehen.
@Machts Sinn:
An dieser Stelle großen Respekt an dich!
Du hast eine wahnsinnig umfangreiche Linksammlung zu dem Thema!
Du bist für im Internet suchende Betroffene eine der hilfreichsten und informiertesten Personen zu dem Thema.
Danke dafür und für die viele Arbeit auch, die dahintersteckt!
* * * :) * * * * * :) * * * * * :) * * * * * :) * * *
Jeder Nichtbetroffene hat ein Riesenglück, nicht in diese wirklich verzwickte Krankengeldfalle getappt zu sein.

Langzeitkranke im privaten Umfeld und Ärzte informieren!
Oder wusstet IHR das alle - hättet ihr ohne Macht Sinns Hartnäckigkeit davon gewusst (als nicht davon betroffene Forianer), dass man sich überlappend krankschreiben lassen muss, um den Krankengeldanspruch nicht zu verlieren?

Also, DANKE @Machts Sinn,
nutzt bei facebook-Sympathie mal die Kommentarfunktion, bevor sie sie schließen :D

Liebe Grüße
HWS-Schaden
 
nähere Betrachtungen:

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Aus der Perspektive der Betroffenen / Versicherten ist der Beitrag prima! Er bringt exakt auf den Punkt, was sich hinter dem Begriffen „sozial“ und „Versicherung“ nach der Beitragsphase für sie wirklich verbirgt:

Im „Versicherungsfall“ ist niemand sicher. Schnell steht man ganz allein. Von wegen Solidarität: „abgemeldet“, Achselzucken , "anonymer Gesetzgeber" … .

Aber alles andere war „öffentlich-rechtlich“ – geeignet, die Diskussion um die GEZ-Gebühr zu beleben http://deutsche-wirtschafts-nachric...e-ein-donnerhall-gez-sender-haben-ausgedient/ und eine Diskussion um „Zwangs-Job-Rotation“ im gesamten öffentlich-rechtlichen Bereich zu beginnen.

Jedenfalls begann und begünstigt der Beitrag die Mauscheleien um die Schuld-Zuweisung:

Florian Lanz vom GKV-Spitzenverband dazu:

Es ist schlicht und ergreifend geltendes Recht
und als gesetzliche Krankenkassen haben wir
uns an das geltende Recht zu halten.“

Das stimmt so allein nicht:

a. Exkurs zum "geltenden Recht" (leider noch nicht fertig): BSG-Krankengeld-Rechtsprechung – Kompetenzbereich des Gesetzgebers – Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 und 3 GG – Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

b. wenn es "geltendes Recht" wäre und sich die Krankenkassen an geltendes Recht halten müssen, muss zwingend näher betrachtet werden, wie sich das seit 01.01.1989 "geltende Recht" entwickelt hat, insbesondere in den Zeiträumen von 1989 bis 2007, von 2008 bis 2011 und seit 2012.

c. wenn die Äußerung jetzt stimmen würde, wäre geltendes Recht in der Vergangenheit schwerwiegend und lange Jahre verletzt worden - trotz Verantwortung der Rechtsaufsichtsbehörden (Bundesversicherungsamt, Länderministerien) hätten die Krankenkassen viel Geld rechtswidrig ausgegeben.

Gruß!
Machts Sinn
 

hier ist sie:

Völlig überraschend ohne äußeren Anlass hat der 1. Senat des Bundessozialgerichtes nach über 16 Jahren die nach zähem Ringen des Gesetzgebers zum 01.01.1989 wirksam gewordene Regelung selbstherrlich zum Nachteil der Versicherten umgestaltet. Stillschweigend – von der SPD wohl immer noch nicht bemerkt oder nicht richtig verstanden – rückte das Gericht vom ursprünglich einzigen gesetzlichen Karenztag ab und führte Karenztage – mit anspruchsvernichtender Wirkung – zu jeder einzelnen Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ein:

Mit Urteil vom 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, konstatierte das Gericht zunächst lediglich, der Grundsatz, dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem Zeitpunkt des Versicherungsfalles bestimme, schließe es nicht aus, bei der abschnittsweisen Gewährung von Krankengeld die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nach jedem Bewilligungsabschnitt für jeden weiteren Leistungsabschnitt neu zu prüfen.

Diese Rechtsprechung wurde am 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, präzisiert. Für den geltend gemachten Krankengeld-Anspruch sei an den jeweils in Betracht kommenden Entstehenstatbestand anzuknüpfen, wie er z. B. in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V geregelt sei. Die Voraussetzungen des Krankengeld-Anspruchs müssten bei zeitlich befristeter Arbeitsunfähigkeits-Feststellung und dementsprechender Krankgengeld-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden. Die Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (über das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt) finde auch uneingeschränkt Anwendung, wenn es um eine Folge-AU aufgrund derselben Krankheit gehe.


Fortsetzung folgt.


Gruß!
Machts Sinn
 
Viel neuer Text für Deutschlands Sozialrichter

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Zur Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 16.12.2014, B 1 KR 31/14 R, liegt das schriftliche
Urteil vor – Masse statt Klasse!

Offenbar sehen die obersten Sozialrichter nur noch Wald, aber keine Bäume mehr, wenn sie aus der
Entwicklungsgeschichte, dem Regelungssystem und –zweck folgern, wann die BSG-Krankengeld-Falle
zuschnappen muss und dass ihre Funktion nicht nur mit dem Wortlaut der Normen vereinbar ist, sondern
der Gesetzeswortlaut des § 46 SGB V die volle Funktionsfähigkeit dieser „Höllenmaschine“ verlangt.

Das ist absolut eindeutig und duldet keinen Widerspruch – jedenfalls nicht von jemandem, der die
„geringere Normdichte“ im System der „denkmöglichen Verästelungen“ und der „Vielgestaltigkeit der
Möglichkeiten“ nicht zu deuten weiß. Schließlich steht nicht im Gesetz, dass der Einsatz der BSG-
Krankengeld-Falle verboten ist. Eine solche Aussage würde der Gesetzeskonzeption mit den im Gesetz
verankerten und den Versicherten zumutbaren Informationsverteilungslasten sowie dem Regelungs-
zweck widersprechen.

Das galt schon im Deutschen Reich, hat also Geschichte und ist nicht nur als BSG-Kulturgut unverzichtbar,
sondern auch im Sinne der Versicherten und ihrer Verwaltung durch die Krankenkassen sachlich gerecht-
fertigt und der eigentlichen Funktion des Krankengeldes dienlich; das System kann nur mit der „Ausschluss-
regelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB V“ funktionieren.

Für Sentimentalität bleibt da kein Raum. Dies gilt auch wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen
zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten am Erlöschen seines Anspruchs keinerlei Verschulden trifft.

Die Systemgesichtspunkte und die Schutzfunktion der ärztlichen AU-Feststellung, auch als Einschätzungs-
grundlage für Versicherte, dürfen keinesfalls vernachlässigt werden. Hier gilt strikte Handhabung!. Skrupel
sind deplatziert, denn die Obliegenheiten der Versicherten sind umfassend, eindeutig, zumutbar – und na-
türlich ist an jemand, der Geld aus der Krankenversicherung will, die Erwartung angemessen, dass er die
ihm aufgestellte BSG-Krankengeld-Falle umgeht. Dies gilt auch, wenn es gar nicht darauf ankommt.

Hier zum Nachlesen: http://juris.bundessozialgericht.de...=bsg&Art=tm&Datum=2014-12&nr=13739&linked=urt

Mir wird übel! Aber wie wird es erst Deutschlands Sozialrichter ergehen, wenn sie ihre Kopiervorlagen schon
wieder anpassen müssen?

Gruß!
Machts Sinn
 
Ergänzung

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Zur Begründung der BSG-Krankengeld-Falle kann das BSG nicht überzeugend auf die Gesetzeskonzeption oder gar auf Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck, jedenfalls nicht auf die RVO verweisen. Die (un-) rechtliche Konstruktion ist vom BSG nämlich erst nach 45 Jahren insoweit unveränderter Rechtslage im Jahr 2007 eingeführt worden.

Dazu ist dieser Blick in die Gesetzesmaterialien hilfreich - speziell zum Karenztag:



Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber nach intensiver politischer Auseinandersetzung 1961 einen Karenztag vor Beginn des Krankengeldes festlegte und das Entstehen des Anspruchs am Tag danach regelte. Da keine Rede davon war, Karenztage auch nach jeder Folge-AUB einzuführen, ist nur der Tag der ersten Feststellung der Arbeitsunfähigkeit betroffen. Damit ist gesichert, dass der Gesetzeswortlaut wortgetreu – im Singular – gemeint ist und sich jede andere Auslegung verbietet, weil sie dem Gesetz und dem dahinter stehenden Willen des Souverän widerspricht.

Da die Klägerin in diesem Rechtsstreit offenbar von der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten wird, hätte sie unter Berücksichtigung der zumutbaren Informationsverteilungslasten und dem Zweck der DGB-Rechtsvertretung erwarten dürfen, dass dieser Standpunkt vor Gericht zur Sprache geltend gemacht wird.

Von der Formulierung der Erwartungen an die Rechtsprechung kann unter solchen Umständen abgesehen werden.

Gruß!
Machts Sinn
 
BSG Urteile vom 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, und B 1 KR 25/14

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Inzwischen liegen zwei weitere Urteile des BSG zu den Entscheidungen vom 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, B 1 KR 25/14, vor:

http://juris.bundessozialgericht.de...=bsg&Art=en&Datum=2014&nr=13749&pos=3&anz=213
http://juris.bundessozialgericht.de...=bsg&Art=en&Datum=2014&nr=13744&pos=4&anz=213



Kommentar zu AZ B 1 KR 19/14 R:

Das Urteil des BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, ist alles andere als überzeugend; es geht sowohl am Kern als auch an den Details der Sache vorbei. Das Ergebnis jenseits der Regelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V dürfte weder nach Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck gerechtfertigt noch mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar sein:

Die Mängelliste beginnt beim Tatbestand. Das BSG geht davon aus, dass von Dipl.-Med. M. ab 13.10.2008 durchgehend, letztmalig am 26.11.2008, für die Zeit bis 10.12.2008 Arbeitsunfähigkeit (AU) festgestellt wurde, bevor der Kläger auf Veranlassung der Krankenkasse den behandelnden Arzt wechselte und sich am 28.11.2008 in die Behandlung von Dr. Dr. T. begab, der zunächst keine weitergehende AU-Feststellung vornahm, den Kläger am 09.12.2008 auf den Untersuchungstermin am 11.12.2008 verwies und AU ab dem 11.12.2008 fortlaufend bis 3.4.2009 feststellte.

Diese Ausführungen enthalten vorweggenommene rechtliche Wertungen und überschreiten die Grenzen objektiver Sachverhaltsdarstellung.

Das verbindliche Muster der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sieht die Unterscheidung in „Erstbescheinigung“ und „Folgebescheinigung“ sowie Datumsangaben zu „arbeitsunfähig seit …“ und zu „voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich …“ vor. Diese Bescheinigungsdaten entsprechen in aller Regel nicht der ärztlich festgestellten (prognostizierten) Dauer der AU (dazu sogleich). Auch durch den vorgedruckten Text „festgestellt am …“ werden die eingetragenen Daten nicht zu Daten der „ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ als Tatbestandsvoraussetzung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V.

Dies wird bei den sog. Auszahlscheinen noch deutlicher, weil im verbindlichen Muster statt „festgestellt am …“ zutreffend ein „Ausstellungsdatum“ vorgesehen ist. Im Übrigen ergibt sich aus dem Text „Noch arbeitsunfähig?“ und dem Ankreuz-Feld „ja“ mit dem Datum zu „ggf. voraussichtlich bis …“ eindeutig, dass es sich dabei nur um ein Zwischendatum aber nicht um das Ende der Arbeitsunfähigkeit handelt. Erkennt der Arzt bei seiner Feststellung (Prognose), dass die Arbeitsunfähigkeit endet, ist dies von ihm unter „Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit …“ gesondert anzugeben. Daraus ist zwingend zu schließen, dass der Arzt nicht von der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ausgeht, wenn dieses Feld frei bleibt. Insoweit ist die Formulargestaltung des Auszahlscheins selbsterklärend.

Entgegen den tatsächlichen Verhältnissen unterstellt somit bereits der Tatbestand nicht nur mehrere zeitlich befristete Arbeitsunfähigkeits-Feststellungen, auch am 26.11.2008 bis 10.12.2008, sondern zudem, dass nach dem Arztwechsel anlässlich der Behandlung vom 28.11.2008 Arbeitsunfähigkeit nicht festgestellt wurde.

Diesen Fehler machen sich die Entscheidungsgründe wie selbstverständlich zu Nutze: „Die den Anspruch vermittelnde, auf der Beschäftigtenversicherung beruhende Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten endete mit Ablauf des 10.12.2008, des letzten Tages der befristeten AU-Feststellung von Dipl.-Med. M. Als der Kläger am 11.10.2008 erneut Dr. Dr. T. aufsuchte, um sich untersuchen und die Fortdauer der AU feststellen zu lassen, war er deshalb nicht mehr nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V mit Anspruch auf Krg versichert.“

Damit wurden aus Folgebescheinigungen (wahrscheinlich mit „voraussichtlich bis“-Daten) definitive "ärztliche Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit" als Tatbestandsmerkmal des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die zitierte Formulierung unterstellt ohne jede Basis nicht nur, dass die frühere Arbeitsunfähigkeits-Feststellung auf die Zeit bis 10.12.2008 beschränkt war, der Arzt also ab 11.12.2008 von Arbeitsfähigkeit ausging, sondern auch dass der weitere Arzt anlässlich der Behandlung vom 28.11.2008 keine Arbeitsunfähigkeit erkannte bzw. von einer prognostizierten Dauer nicht über den 10.12.2008 hinaus ausging.

Dies erscheint jedoch äußerst unwahrscheinlich. Da die Arbeitsunfähigkeit bereits über 6 Wochen und fast weitere vier Monate bis 03.04.2009 andauerte, spricht nichts dafür, dass am 26./28.11.2008 das Ende der AU am 10.12.2008 in Sicht war. Stattdessen ist der für den 11.12.2008 vergebene Termin ein Indiz dafür, dass auch Dr. Dr. T. Arbeitsunfähigkeit über den 10.12.2008 hinaus erkannte.


Fortsetzung folgt.

Gruß!
Machts Sinn
 
Zuletzt bearbeitet:
Präzisierung

.
Der letzte Beitrag geht davon aus, dass die AOKen dieses verbindliche Muster
des Auszahlscheins berücksichtigen:



Offenbar sind jedoch inhaltlich abweichende Formulare in Gebrauch:



Falls im hier diskutierten Fall solche Vordrucke verwendet wurden, ist die Sache
im Sinne der Versicherten noch eindeutiger und die „Recht“sprechung des BSG noch
fragwürdiger.

Wenn zur Dauer der AU nicht mal ein „voraussichtlich bis“-Datum genannt, sondern
allenfalls ein „wiederbestellt zum …“ –Datum angegeben ist, spricht absolut nichts
für ein Ende der AU. Unter „Arbeitsunfähig ab: …“ und „weiter arbeitsunfähig ja“
versteht jeder der deutschen Sprache einigermaßen Kundige, dass das Ende
offen ist.

Die Tatsache, dass die bei „Beendigung der Arbeitsunfähigkeit“ auszufüllenden
Felder, insbesondere bei „Bescheinigung des Arztes … bei Ende der Arbeitsun-
fähigkeit“ zu „Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit …“ leer sind, ist eine
zusätzliche eindeutige Bestätigung.

Werden solche Gesichtspunkte insgesamt übergangen, darf „Recht“sprechung
nicht mehr schweigend hingenommen werden!

Gruß!
Machts Sinn
 
Diese Formulare sind eindeutig, da fragt man sich, ob das oberste deutsche Sozialgericht der deutschen Sprache nicht mächtig ist
 
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