Hallo Jeschiki,
ich selber habe mehrere solcher Begutachtungen hinter mich gebracht - es waren stets Mediziner Prof. Dr. XY, die an einer Klinik tätig waren z.T. Leiter der Neurologie bzw. Neuropsychologie- einmal veranlasst von der gegnerischen Haftpflichtversicherung, da war es ein Prof. der inzwischen im Ruhestand war- ein zweites vom Amtsarzt beauftragt bei dem Leiter einer Neurorehaklinik, der die Dienstfähigkeit nach Dienstunfall feststellen sollte, binnen zwei Jahren dort ein nächstes und schließlich vom Berufungsgericht beauftragtes bei einem Prof. Dr. Dr. einem Buchautor, damals im Vorstand aktiv bei der Deutschen Neurologischen Gesellschaft.
Also meistens lief das so ab. Ankommen und anmelden, dann wurden einige Papiere ausgehändigt, die ich ausfüllen sollte, darunter ein Körperbild bei dem ich die akuten Schmerzstellen und deren Heftigkeit anzeichnen sollte. Zusätzlich ein Intelligenztest, wobei ich auf zwei Seiten je Reihe mit fünf Wörtern das falsche streichen sollte, das nicht dazu passte. natürlich auch ein Depressionsfragebogen usw. Der letzte vom Gericht bestellte hatte vorab schon einige Blätter mir zugesandt. So konnte ich schon zu Hause eine Liste ausfüllen mit aktuellen Medikamenten und jenen, die ich bereits versucht hatte. Dasselbe auch für Therapien u Rehaaufenthalten. Bei anderen bekam ich diese Blätter mit und sollte sie ausgefüllt zurück schicken.
Dann erfolgte ein Vorgespräch mit dem Gutachter - warum und wieso ich da war - was er alles geplant hat und wie der Zeitablauf wäre. Dann folgten von medizinischem Fachpersonal begleitet z. B. EEG und Testungen am PC, bei dem ich mich sehr konzentrieren musste. Im Hintergrund sitzt ein Beobachter, der deine eigene Nervosität mit Verspannung, Schultern hochziehen, Hände zittern alles notiert und auch mal meint dich zu anzufeuern und zur Schnelligkeit auffordert.
Mehrfach musste ich dann den LKW-Busfahrer Test absolvieren, d.h. in Stufen sollte man den Finger auf einen Metallknopf legen und erst bei einem bestimmten Ton eines von vier Lämpchen hier das rote drücken, dann bei hoch das eine beim tiefen Ton ein anderes, dann bei weiß ein Fußpedal usw. dabei musste der Finger auf einem Startpunkt liegen - das ist alles sehr schnell stressig. Es wird das Reaktionsvermögen aufgezeichnet. Beim Schlechtachter wurde am selben standartisiertem Testgerät der Startknopf als nicht so wichtig man dürfe von den Farbknöpfchen hin und her springen ohne auf den Ausgangsmetallknopf zurück zu legen - was natürlich die Reaktionszeit verkürzt! Dann behaupten, es sei zwar langsam aber noch in der unteren Norm.
Zur Merkfähigkeit wurden einem zehn Worte vorgelesen und man sollte sie aus dem Gedächtnis wiederholen, ganz einfache, wie Haus, Gabel, Hund... nach einer Viertel Stunde mit anderen Sachen, sollte man nochmals die Worte aufzählen, an die man sich noch erinnert. Oder Zahlenreihen wiederholen oder Zahlen rückwärts abziehen, lauter solche Gedächtnisleistungen.
Immer wieder waren dazwischen mal eine halbe mal eine ganze Stunde Pause, während denen ich was Essen konnte oder Zeit hatte für die Fragebögen. Zum Schluss fand dann das ausführliche Gutachtergespräch statt. Die guten hatten meine Akten parat und schon offene Fragen formuliert und ich konnte dazu mich äußern. Meistens wurde dann direkt die Sätze in ein Diktiergerät aufgenommen, sodass ich bei Fehlern korrigieren konnte. Ich war immer wieder überrascht, dass eigentlich von meiner Seite klar dargestellte Fakten so unterschiedliche Wahrnehmungen nach sich gezogen hatten.
Gleichzeitig findet eine körperliche Untersuchung statt. Nicht wundern musst du dich, wenn dabei eine wortreiche Provokation stattfindet, nach der Devise: das geht doch bestimmt noch, stellen sie sich nicht so an, auch bei den Testungen passiert das, wenn das so langsam geht, dann gehen sie Gefahr ihren Führerschein zu verlieren etc Die wollen dich unter Druck setzen und beobachten wie du auf "Ausnahmesituationen" reagierst, ob du dich einschüchtern lässt, ob du dich wehrst, ob du aus der Reserve gelockt werden kannst. Vorbeugen, wie weit der Abstand deiner Hände zum Boden beträgt, wie beweglich du in Rotation bist, Rumpf, Hals etc. Ein Schlechtachter ließ mich Einbeinstände machen und eine Minute Hüpfen und direkt danach hat er sehr umständlich Blutdruck gemessen. Natürlich war der hoch, nach der Hüpfaktion, jeder weiß, dass nach mehreren Minuten Ruhe das erst aussagekräftig ist. Egal für ihn war ich ein Fall für die Kardiologie.
Zum eigenen Verhalten: bleibe ruhig und besonnen, dein Gegenüber hat nicht deine Schmerzen, deine Ausfälle, deine Probleme. Deshalb ist es wichtig, dass du alles demonstrierst und in Worten beschreibst. Vielleicht kannst du jeweils Alltagsbeispiele dazu setzen, die zeigen, wie stark dich das tagtäglich einschränkt, zu Hause, in der Familie, im Umfeld, bei der Arbeit und wie es dagegen früher ging. So tapfer und beherrscht du deinem Alltag meisterst, da ist dieses Verhalten vor dem Gutachter falsch. du musst sagen und äußern wie schmerzhaft dies und jenes ist ruhig ein AUA äußern und nicht nur die Stirn kräuseln. Sei nicht zu tapfer!n, jedoch ist ein jammerndes lammentieren auch falsch. Theatralik kann nach hinten los gehen. Bleib nüchtern und klar, spreche ruhig und das wirkt überzeugend. Das Gutachten beginnt nicht ab Betreten des Arztzimmers, sondern bereits ab Anmeldung, wie kommst du herein, wie stehst du nach dem Aufruf auf, wie trägst du deine Tasche, welche Schuhe hast du an. Sinnvoll ist es jemanden zu Begleitung dabei zu haben, der dich hinfahren kann, denn solch ein Tag ist sehr anstrengend und ich war froh, dass ich nicht mehr selber fahren musste. Das ist auch oft eine Frage des Gutachters, hast du die Anreise alleine geschafft oder nicht (dann könnte ja alles nicht so schlimm sein).
Zum Zeitumfang, der Schlechtachter sah mich incl. körperlicher Untersuchung gerade mal 40min. Das ausführlichste waren locker mehr als zwei Stunden Begegnung mit dem Gutachter, unterbrochen von 2-3h Testungen und 1-2h Wartezeit.
Nur Mut, es ist weiterer Schritt zu Klärung der Probleme.
Lieben Gruß Teddy