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Zahlungsfrist Invalidität

Rajo1967

Erfahrenes Mitglied
Hallo Zusammen,

da hier schon sehr häufig die Frage aufgekommen ist, ab wann der Versicherer in der Zahlungsfrist bei der privaten Unfallversicherung in Verzug kommt, hier ein eindeutiger Gerichtsbeschluss zu diesem Thema.
Vielen wir das ein bischen Sicherheit im Vorgehen geben, denke ich.

http://www.iww.de/vk/personenversic...-er-weitere-unterlagen-angefordert-hat-f68723

VR muss bei Anerkenntnis zahlen, auch wenn er weitere Unterlagen angefordert hat

von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

  • 1. Das uneingeschränkte Anerkenntnis der Leistungspflicht führt in der Unfallversicherung auch dann zur Fälligkeit der Invaliditätsentschädigung, wenn zeitgleich weitere Unterlagen angefordert werden.

  • 2. Ein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO kommt im Prozess nicht mehr in Betracht, wenn der VR vorprozessual den fälligen Betrag trotz Aufforderung des VN nicht gezahlt hat.
(OLG Karlsruhe 16.1.12, 9 W 64/11, Abruf-Nr. 132531)

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Die VN hatte nach einem Unfall ihren VR vorprozessual u.a. zur Zahlung einer Invaliditätsentschädigung in Form einer Rente aufgefordert. Nach mehrmonatiger Prüfung erklärte der VR, dass ihm nun die ärztlichen Berichte von Krankenkasse und Gutachter vorlägen und danach die Leistungspflicht anerkannt werde. Gezahlt wurde trotz Mahnung jedoch nichts. Drei Monate später erhob die VN Klage, verlangte aber eine zu hohe Rente. Im Prozess haben sich die Parteien geeinigt, wobei die Kostenentscheidung nach den Grundsätzen des § 91a ZPO dem Gericht übertragen wurde. Das LG hat die Kosten insgesamt der VN auferlegt. Auch wenn sie den Rechtsstreit gewonnen hätte, sei der Rechtsgedanke des § 93 ZPO (sofortiges Anerkenntnis) anzuwenden.

Die sofortige Beschwerde hatte mit einer Quote von 1/7 Erfolg. Die Parteien haben in ihrem Vergleich keine Kostenregelung getroffen, sondern diese dem Gericht überlassen. Dabei haben sie gleichzeitig bestimmt, dass bei der Kostenentscheidung nicht die Regelung in § 98 ZPO Anwendung finden soll. Vielmehr soll die gerichtliche Kostenentscheidung die Grundsätze gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO berücksichtigen. Nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO (Kosten bei Erledigung der Hauptsache) richtet sich die Kostenentscheidung „unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen“ des Gerichts. Maßgeblich für die Ermessensausübung des Gerichts ist in der Regel die Frage, wie der Rechtsstreit voraussichtlich ausgegangen wäre, wenn sich das Verfahren nicht erledigt hätte. Im vorliegenden Fall wäre die Beklagte bei einer streitigen Fortsetzung des Rechtsstreits voraussichtlich teilweise unterlegen, sodass ihr eine entsprechende Kostenquote aufzuerlegen war.

Entgegen der Auffassung des LG kommt eine Anwendung der Grundsätze gemäß § 93 ZPO zugunsten des VR nicht in Betracht. Denn die Voraussetzungen für ein sofortiges Anerkenntnis liegen nicht vor. Der VR hat trotz Aufforderungen der VN vorprozessual keine Zahlung geleistet. Auf die Frage, ob und inwieweit sie damit rechnen konnte, dass der VR nach seinen schriftlichen Ankündigungen – irgendwann – eine Zahlung leisten würde, kommt es im Rahmen von § 93 ZPO nicht an. Wer unter dem Druck der (von der VN angekündigten) Klageerhebung eine fällige Forderung nicht bezahlt, zeigt damit, dass er zur Anrufung des Gerichts Anlass gegeben hat (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Auflage 2012, § 93 ZPO, Rn. 6 „Geldschulden“).

Die Rechtslage wäre nur anders zu beurteilen, wenn die Invaliditätsleistungen, wie der VR meint, vorprozessual noch nicht fällig geworden wären. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen. Sie sind spätestens 14 Tage nach Anerkenntnis fällig geworden. Die Fälligkeit ergibt sich aus § 11 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 AUB 88.


  • Nach dieser Regelung wird die Versicherungsleistung innerhalb von zwei Wochen fällig, wenn der VR den Anspruch anerkennt. Das Schreiben des VR enthält ein Anerkenntnis im Sinne dieser Regelung („… anerkennen wir unsere Leistungspflicht“). Die Formulierung ist eindeutig und enthält keine Einschränkungen und Vorbehalte.


  • Der Umstand, dass der VR in seinem Schreiben gleichzeitig noch ein weiteres ärztliches Attest verlangt hat, ändert an den Wirkungen des Anerkenntnisses nichts. Denn in dem Schreiben findet sich keine Einschränkung und kein Vorbehalt hinsichtlich des zuvor erklärten Anerkenntnisses.

Praxishinweis

Nach § 14 Abs. 1 VVG werden Geldleistungen grundsätzlich mit der Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungen des VR notwendigen Erhebungen fällig. In der Unfallversicherung muss sich der VR allerdings zu seiner Leistungspflicht erklären (§ 187 VVG). Dazu hat er, soweit es um die Invaliditätsentschädigung geht, drei Monate nach Vorlage der zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen Zeit (§ 187 Abs. 1 S. 2 VVG). Das schließt die Anwendbarkeit von § 14 VVG nicht aus. Bei Vorliegen eines Anerkenntnisses bleibt es also dabei, dass der Anspruch zwei Wochen später fällig wird (§ 187 Abs. 2 S. 1 VVG). Die gesetzliche Regelung stimmt mit der vom OLG allein geprüften AUB 88 überein. Das ist deswegen bedeutsam, weil § 187 VVG nicht zum Nachteil des VN abänderbar ist (§ 191 VVG).

Dieser Zeitpunkt hat große Bedeutung. Ab Fälligkeit kann nicht nur der VN die Leistungen verlangen. Vorher kann der VR auch nicht in Verzug geraten. Von besonderer Bedeutung ist allerdings, dass der VR mit Ablauf der zwei Wochen stets auch ohne Mahnung in Verzug gerät (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Frühestens ab Fälligkeit kann die Verjährungsfrist laufen (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Das ist in der Unfallversicherung besonders wichtig, weil neben dem fristgerechten Eintritt der Invalidität deren fristgerechte ärztliche Feststellung Anspruchsvoraussetzung ist. Eine Treuwidrigkeit des VR kann nur über die Verspätung hinweghelfen, nicht aber über das Fehlen einer ärztlichen Feststellung überhaupt. Verjährung spielt deshalb in der Praxis im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Invaliditätsentschädigung keine Rolle.

Ferner hat die Fälligkeit Bedeutung für die Frage, ob ein Anerkenntnis im Prozess nach § 93 ZPO noch von der Kostenlast befreien kann. Ein Anerkenntnis, das im Sinne des § 187 VVG fristgerecht ist, ist stets ein sofortiges. Entscheidend bleibt aber nach § 93 ZPO, ob der Beklagte zur Erhebung der Klage Anlass gegeben hat. Dies hat er trotz eines sofortigen Anerkenntnisses auch dann, wenn er nicht zugleich zahlt.
 
Unfallopfer alleingelassen – Versicherer drücken sich ums Zahlen

HINWEIS Frontal 21 Dienstag 28.10.2014, 21Uhr, ZDF

Unfallopfer alleingelassen – Versicherer drücken sich ums Zahlen
Wer mit schweren Folgeschäden einen Unfall überlebt, kann froh sein, eine Versicherung genau für diesen Schicksalsschlag abgeschlossen zu haben. Doch bevor die Versicherung zahlt, sind einige Hürden zu überwinden. Zentrale Frage ist die der Kausalität. Mit anderen Worten: Hat der Unfall zweifelsfrei die Schäden verursacht? Doch gerade um diesen Punkt gibt es zwischen Versicherten und Versicherungen häufig Streit. Die Geschädigten sind dann oft im Nachteil, weil sie rückwirkend nachweisen müssen, dass der Unfall die Gesundheitsschäden verursacht hat.

Frontal21 berichtet über Unfallversicherer, die im Schadensfall Versicherte im Stich lassen.

Gruss an alle die davon betroffen sind

LG Teddy
 
Hallo Teddy,

danke für den Hinweis. Allerdings ist hier schon wieder ein Fehler, der häufig gemacht wird:

Hat der Unfall zweifelsfrei die Schäden verursacht?

Kausalität muss nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden.
Behauptete "Vorschäden und Mitwirkungen" hingegen muss der Versicherer im Vollbeweis führen!

Deshalb auch das Urteil von mir eingestellt. Hat man zunächst eine Unfallmeldung und dann später eine Invaliditätsfeststellung eingereicht, ist diese in Form und Inhalt nicht zu beanstanden, dann hat der Versicherer die Erklärung zur Leistungspflicht innerhalb von drei Monaten abzugeben und innerhalb weiterer zwei Wochen zu zahlen. Macht er beides nicht, dann wird die Leistung der Höhe nach nach diesem Zeitraum fällig. Selbst wenn der Sachverhalt streitig ist muss der Versicherer leisten, er hat im Zweifelsfall das Gegenteil im Strengbeweis zu führen.
 
Hallo Rajo,

Mal wieder ein sehr hilfreicher Beitrag von dir! Vielen Dank. Kommt für mich genau zum richtigen Zeitpunkt.

Alles Gute für dich und deine Frau.

LG
Astrid
 
Hallo Wenn ich das richtig verstehe muß die Invalidität anerkannt werden nach 3 Monaten.Bei mir wurde das KH Tagegeld und Hilfsleistungen schon gezahlt.Nun haben die zur Feststellung der Invalidität ein Gutachten angefordert was im Kh wo die Op stattfand gemacht wurde.Wird die Zeit danach erst gerechnet oder wann ich den Antrag gemacht habe.Die könnten ja alles verzögern wenn die immer neue Befunde haben wollen.Wie sieht es dabei aus müssen da auch Frißten gehalten werden und ab wann ?

LG SONJA
 
Guten Morgen Sonja,

die Gesellschaft muss, und da führt kein Weg dran vorbei, drei Monate nach dem Eingang aller Unterlagen die der Versicherungsnehmer einreichen muss (also die ärztliche Invaliditätsanmeldung) die Erklärung zur Leistungsanerkenntnis abgeben.
Das kann nicht dadurch umgangen werden, das weitere Arztberichte oder sonstige Vorwände vorgeschoben werden.
Passiert dies nicht, dann wird die Leistung spätestens nach 3 Monaten und 2 Wochen fällig.
Ist dann einklagbar Punkt und Ende und die Erklärung kann auch nicht nachgeholt werden.

Also noch einfacher, wenn die innerhalb der Frist keine Erklärung abgeben, oder die Leistungspflicht anerkennen dann müssen die im Klagefall die Invaliditätszahlung leisten. Egal was sie noch vorbringen.
 
Hallo Rajo

Auf der I)nvaliditätsanmeldung hatte der Orthopäde aber geschrieben das man es noch nicht feststellen kann da noch nichts verheilt ist und nach frühestens einen Jahr die Materialentnahme statt finden kann.Ne Erklärung sowie Bild nach der OP und ein vorherigen Befund das dort keine Arthrose war habe ich auch zur Feststellung mit gesand nicht das die meinen das vom Unfall vor 25 Jahren Vorschäden waren.
Die SB meinte das es besser wäre ein Gutachten an zu fertigen weil es sich um was kompliziertes handelt was die im KH besser beurteilen können.
LG SONJA
 
Hat er denn bestätigt, das dauernde Schäden in Sinne einer Invalidität bleiben, nur die Höhe noch nicht feststeht?
 
Vollbeweis für Mitwirkung - wie?

Hallo Rajo,

wo ist geregelt, dass die UV den Vollbeweis für mitwirkende Krankheiten und Gebrechen führen muss? Wie kann die UV den Vollbeweis führen? Kann sie dazu Unterlagen oder komplette Schweigepflichtsentbindungen von mir verlangen?

Alles Gute.
LG
Lindgren
 
Hallo Lindgren,

zum Vollbeweis: https://openjur.de/u/261577.html

Tja, das mit dem Vollbeweis ist doch das Problem der VS-Gesellschaft und nicht deines :D
Du darfst natürlich keine Vorerkrankungen an dem betreffenden Körperteil verschweigen. Alles andere geht die VS-Gesellschaft rein überhaupt nichts an.
Schweigepflichtentbindung immer nur auf den Zustand des geschädigten Körperteils geben....
 
Gern geschehen ;)

P.s.: eine Vorschusszahlung, wenn diese geleistet wird, wird als sogenanntes konkludentes Handeln gesehen.

Also als schlüssiges Handeln zu einer Willenserklärung
 
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