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Entgeltzahlung wenn kein Ansprauch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht?

eisenwolf

Neues Mitglied
Folgendes Problem:

Mitarbeiter (Baugewerk) beginnt am 01. des Monats eine Tätigkeit im Straßenbau. Aufgrund eines altersbedingten Rückenleidens (er geht auf die 60 zu) und schwerer körperlicher Arbeit erkrankt er in der zweiten Woche nach der Neueinstellung an einer Skeletterkrankung. Er ist eine Woche krank und humpelt in der dritten Woche wieder auf die Baustelle um zu arbeiten.

Da er lt. Entgeltfortzahlungsgesetz keine Zahlung durch den AG erhält, wandte er sich an die Krankenkasse, um für die Woche der Krankheit Krankengeld zu beantragen. Die Mitarbeiterin wies in forsch ab, in seinem Fall gäbe es kein Krankengeld. Dies sei bei Unternehmen im Bauwesen so üblich, die Arbeit sei zu schwer und die Kranken würden dann bloß die Krankenkasse belasten. Da hätte er halt Pech gehabt.

Der Straßenbaumitarbeiter bat um eine schriftliche Erklärung, um dagegen Widerspruch einlegen zu können. Die Krankenkassenmitarbeiterin sicherte eine schriftliche Ausfertigung zu.

Nun hat aber der Straßenbaumitarbeiter für eine Woche kein Einkommen. Was kann man da machen? Hat jemand Vorschläge?
 
Hallo eisenwolf,

laut Gesetz muss die Krankenkasse Krankengeld zahlen in den ersten 4 Wochen. Es ist ohne Belang, welche Ursache die Arbeitsunfähigkeit hat.
Hier ein Auszug:

Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben Arbeitnehmer, wenn sie aufgrund unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit daran gehindert sind, ihre Beschäftigung auszuüben. Einer Krankheit steht es gleich, wenn jemand infolge Schwangerschaftsabbruchs oder Sterilisation an der Arbeitsleistung gehindert ist oder unter bestimmten Voraussetzungen eine Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchführt. Auch Arbeitsunfähigkeit infolge einer Lebendspende von Organen oder Geweben ist der unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit gleichgestellt und begründet einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Bei der Arbeitsunfähigkeit ist die Ursache ohne Belang. So werden auch Berufskrankheiten, Sport-, Verkehrs- oder sonstige Unfälle darunter subsumiert. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur dann nicht, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet wurde. Was man dabei unter dem Begriff "Selbstverschulden" verstehen darf, ist im Bereich der Entgeltfortzahlung ganz eigen definiert. Danach ist eine selbstverschuldete Arbeitsunfähigkeit nur bei einem groben Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten gegeben.
Bei neu begründeten Arbeitsverhältnissen kommt die Entgeltfortzahlung erst nach 4-wöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit) in Betracht. Ein Arbeitnehmer, der in den ersten 4 Wochen nach der Beschäftigungsaufnahme erkrankt, hat also erst ab der 5. Woche Anspruch auf Entgeltfortzahlung...

Schönes Restwochenende !
Louise
 
Hallo,
deine Frage ist eigentlich ganz einfach beantwortet. Sie gilt nicht nur für das Bau-Gewerbe sondern auch für alle anderen Arbeitnehmer
Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, hat er nach dem sog. Entgeltfortzahlungsgesetz einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber sein Entgelt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, maximal jedoch für 6 Wochen, weiter zahlt.

Diese Regelung ist zwingend, d.h. von ihr kann daher vertraglich nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers (jederzeit jedoch zu seinen Gunsten) abgewichen werden.
Voraussetzung für den Anspruch ist jedoch, dass das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden hat. Dies ist insbesondere für die neueingestellten Arbeitnehmer wichtig.

Nicht jede Krankheit führt allerdings gleich zur Arbeitsunfähigkeit, sondern nur solche Krankheiten, die den Arbeitnehmer daran hindern, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit auszuüben. So muss z.B. eine Heiserkeit bei einem Arbeitnehmer am Montageband noch nicht zwingend zur Arbeitsunfähigkeit führen, während eine Telefonistin ihre Arbeit wohl deswegen nicht mehr verrichten kann.

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht auch nur, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nicht verschuldet hat. Die Beurteilung, ob dem Arbeitnehmer nunmehr konkret ein Verschulden zum Vorwurf gemacht werden kann oder nicht, ist in der Praxis nicht immer einfach. Die Rechtsprechung hat hierzu zahlreiche Entscheidungen gefällt. Von einer verschuldeten Arbeitsunfähigkeit ist jedoch in der Regel immer dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer seine Gesundheit leichtfertig auf das Spiel gesetzt hat, z.B. bei Trunkenheit am Steuer, Nichtbeachtung der Gurtpflicht, Teilnahme an einer Schlägerei oder auch bei Ausübung einer besonders gefährlichen Sportart.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt mit dem ersten Tag der Erkrankung, es sei denn der Arbeitnehmer wird während der Arbeit krank. Dann beginnt die Zahlung erst ab dem nächsten Tag.

Die Entgeltfortzahlung wird für die Dauer von maximal sechs Wochen geleistet. Der Arbeitnehmer erhält dabei grundsätzlich die Vergütung, die er erhalten hätte, wenn er nicht krank gewesen wäre, sondern gearbeitet hätte. Hat der Arbeitnehmer ein festes Monatsgehalt, wird dieses Gehalt in dieser Zeit einfach weitergezahlt.

Wenn du dir dieses also durchgelesen hast, ist zu fragen, was der Mitarbeiter vor der Aufnahme der Tätigkeit im Straßenbau gemacht hat.
Wenn dann, wie du schreibst eine altersbedingte Erkrankung zum Ausbruch kommt, dann muss man sich natürlich fragen, ob die Bewerbung in diesem Beruf so sinnvoll war.

Vielleicht hätte er eine Arbeit nehmen sollen, in dem er vier Wochen durchhält.

Sorry, eine andere Auskunft kann ich dir da nicht geben. Falls der Kollege keine Rücklagen hat, muss er notfalls Sozialhilfe beantragen.

Gruß von der Seenixe
 
"Wenn du dir dieses also durchgelesen hast, ist zu fragen, was der Mitarbeiter vor der Aufnahme der Tätigkeit im Straßenbau gemacht hat.

Wenn dann, wie du schreibst eine altersbedingte Erkrankung zum Ausbruch kommt, dann muss man sich natürlich fragen, ob die Bewerbung in diesem Beruf so sinnvoll war.
Vielleicht hätte er eine Arbeit nehmen sollen, in dem er vier Wochen durchhält.
"

Vor der Aufnahme der Tätigkeit im Straßenbau war der Kollege Jahrzehnte im Tiefbau beschäftigt, hat dort Straßen und Fußwege inkl. Entwässerung gebaut.

Die Firma musst er wechseln, weil ihn sein alter Chef gekündigt hat. Damit er die letzten Jahre bis zur Rente ein Einkommen erzielt, hat er sich bei einer anderen Firma beworben und wurde dort eingestellt.

Eine Bewerbung in einer anderen Branche erschien nicht sinnvoll, da er nur für den Tief-/Straßenbau ausgebildet ist.

Das Rückenleiden resultiert aus der schweren körperlichen Arbeit im Straßen-/Tiefbau und dem fortgeschrittenen Alter.
Ob damit ein Eigenverschulden vorliegt?

Hätte er mit Harz IV-Bezügen auf der Couch gefaulenzt, dann er hätte er sich ja auch ein Rückenleiden wegen Erschlaffung der Rückenmuskulatur zu ziehen können. Ist das dann auch Eigenverschulden?

Den Vorschlag mit dem Sozialamt finde ich gut, da kann dann die Allgemeinheit für den 1,5 Wochen ohne Entgelt aufkommen.




 
Hallo Eisenwolf,

du schreibst, das Rückenleiden resultiere aus der schweren körperlichen Arbeit im Straßen/Tiefbau. Wenn eine Chance besteht, das nachzuweisen, dann wäre zu prüfen, ob das Leiden als BK anerkannt werden kann.
(Vielleicht weiß dazu jemand mehr und die BK-Nummer, falls du schreibst, um welche Krankheit es sich handelt - ich bin Laie.)

Alles Gute für den Kollegen,
liebe Grüße
HWS-Schaden
 
Hallo,
der Hinweis auf eine Berufskrankheit würde ich ernst nehmen. Eine Erkrankung des Skeletts heilt auch nicht in anderthalb Wochen wieder aus. Er wird also zukünftig häufiger damit zu tun haben. Auch die Einzahler in die Krankenkasse würde ich als Allgemeinheit bezeichnen.
War der Betroffene durchgängig beschäftigt? Ich meine also, hat der Betroffene die Firma direkt gewechselt ohne zwischendurch Bezieher von Leistungen der Agentur für Arbeit gewesen zu sein?

Übrigens: Krankengeld gibt's auch ohne Lohnausfall
Scheidet ein Arbeitnehmer aus seinem Beschäftigungsverhältnis aus, so hat er noch einen Monat lang Leistungsansprüche, die bei Arbeitsunfähigkeit auch die Zahlung von Krankengeld einschließen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer durch seinen ebenfalls gesetzlich krankenversicherten Ehepartner kostenfrei mitversichert wäre. Der nachgehende Anspruch aus eigener Mitgliedschaft geht vor. BSG, 07.05.2002 - B 1 KR 24/01 R

Ich kann mir vorstellen, dass die Situation misslich ist, aber es kann durchaus sein das es hier eine Lücke im Gesetz gibt. Bezüglich der relativ frechen Antworten der Mitarbeiterin der Krankenkasse kann er sich überlegen, ob er eine Dienstaufsichtsbeschwerde verfasst.

Gruß von der Seenixe
 
...ich möchte noch einmal die entsprechenden §§ Nachreichen zu meiner Aussage :

Arbeitnehmer sind während der 4-wöchigen Wartezeit nicht ohne Entgelt. Sie können nach Maßgabe der §§ 44 ff. SGB VKrankengeld beanspruchen. Dieses Krankengeld zahlt die Krankenkasse. Zu beachten ist dabei allerdings § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V:

Die angegebenen §§ bezüglich der Ausnahmen treffen aber nach dem was eisenwolf hier schreibt nicht zu, aber genaueres weisst Du/ er nur selbst.

Ansonsten schliesse ich mich der Meinung an, einmal eine BK ins Auge zu fassen ...

Louise
 
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