Gericht/Institution: BSG Erscheinungsdatum: 07.04.2016 Entscheidungsdatum: 07.04.2016 Aktenzeichen: B 5 R 26/14 R, B 5 AL 1/15 R, B 5 R 26/15 R, B 5 RE 2/15 R Quelle:
Terminbericht des BSG Nr. 13/16 zur gesetzlichen Rentenversicherung
Der 5. Senat des BSG berichtet über seine Sitzung vom 07.04.2016, in der er über vier Revisionen aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu entscheiden hatte.
1. B 5 RE 2/15 R
SG Speyer - S 11 R 745/10
LSG Mainz - L 2 R 549/12
Die Beteiligen streiten über die Fälligkeit und die Verjährung von Beiträgen für die Beigeladene als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Die Beigeladene pflegte ihre Tochter (Pflegebedürftige) seit der Geburt (23.03.1973) bis zur Aufnahme in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung am 18.11.2002. Die Pflegebedürftige bezog bis zum 31.03.1995 Leistungen bei Schwerstpflegebedürftigkeit nach §§ 53 ff. SGB V und wurde zum 01.04.1995 gemäß Art 45 PflegeVG ohne Antragstellung zunächst in die Pflegestufe II (21 Stunden) eingestuft. Im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahrens wurde 1996 festgestellt, dass die Pflegebedürftige seit dem 01.04.1995 in die Pflegestufe III einzustufen sei. Einen von der Klägerin an die Beigeladene übersandten Fragebogen sandte diese auch nach Erinnerung nicht zurück. Mit Schreiben vom 10.03.2008 forderte die Beigeladene die Klägerin auf, ihr einen weiteren Fragebogen zu übersenden. Die Beigeladene übersandte den Fragebogen zurück. Unter dem 20.05.2008 teilte die Klägerin der Beigeladenen mit, dass eine Beitragszahlung für die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.11.2002 nicht in Betracht komme, weil Verjährung gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV eingetreten sei.
Im Juni 2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Prüfung der Beitragszahlung für Pflegepersonen durch. Mit Bescheid vom 24.06.2010 forderte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis zum 18.11.2002 i.H.v. 23.712,20 Euro sowie Ausgleichszahlungen ab 15.07.2008 i.H.v. 6.212,00 Euro. Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahin gehend abgegeben, den Bescheid vom 24.06.2010 insoweit aufzuheben, als sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Beigeladene für die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.09.1995 geltend gemacht hat.
Das Sozialgericht hatte mit Urteil vom 12.11.2012 den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2010, geändert durch das Teilanerkenntnis der Beklagten, aufgehoben, soweit Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.10.1995 bis zum 30.11.2000 und Ausgleichszahlungen/Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis zum 30.11.2000 geltend gemacht worden sind und hatte im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Fälligkeit der Beiträge für den Zeitraum ab dem 01.12.2000 richte sich "unstreitig" nach § 23 Abs. 1 Sätze 5 und 6 SGB IV in der Fassung ab dem 01.01.2001, sodass es für die Fälligkeit auf die "unstreitige" Feststellung der Versicherungspflicht durch die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vom 20.05.2008 ankomme. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Landessozialgericht den Bescheid vom 24.06.2010 auch hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge/Ausgleichszahlungen für den Zeitraum vom 01.12.2000 bis zum 30.11.2002 aufgehoben. Der Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV n.F. lasse hinreichend deutlich erkennen, dass zum einen die Fälligkeit von Beiträgen für Pflegepersonen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren zur deklaratorischen Feststellung der Versicherungspflicht bestimmt werde. Zum anderen treffe § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV lediglich eine Regelung zur erstmaligen Fälligkeit von Beiträgen für versicherte Pflegepersonen und enthalte keine Regelung für Beiträge nach der Feststellung der Versicherungspflicht. Aber auch die Fälligkeit von Beiträgen vor Beginn des Verwaltungsverfahrens zur deklaratorischen Feststellung der Beitragspflicht richte sich nach § 23 Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Die bezüglich der Fälligkeit speziellere Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV finde auf bereits vor dem Beginn des Verwaltungsverfahrens fällig gewordene Beiträge keine Anwendung. Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision ist nach Hinweis auf die mögliche Unzulässigkeit des Rechtsmittels wegen Fehlern der Begründung zurückgenommen worden.
2. B 5 R 26/15 R
SG München - S 56 R 2477/12
LSG München - L 14 R 97/14
Die Beteiligen streiten darüber, ob die Klägerin der Beklagten überzahlte Rente erstatten muss. Die im Jahre 1962 geborene Klägerin war ab dem 07.04.2010 arbeitsunfähig krank, nahm vom 09.09.2010 bis zum 05.10.2010 an einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil und erhielt in dieser Zeit Übergangsgeld. Die beigeladene Krankenkasse (Beigeladene zu 1) gewährte ihr vom 19.05.2010 bis zum 08.09.2010 und vom 06.10.2010 bis zum 09.09.2011 Krankengeld. Die beigeladene Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) zahlte vom 10.09.2011 bis zum 31.12.2011 Arbeitslosengeld I. Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 08.04.2011 ab dem 01.08.2010 ein Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit einem monatlichen Anspruch i.H.v. 288,95 Euro ab dem 01.06.2011 längstens bis zum 31.05.2029 und setzte den unter Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ermittelten Nachzahlbetrag für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.05.2011 auf 2.367,60 Euro fest. Gleichzeitig wies sie auf Seite 7 des Bescheides auf folgendes hin. "Zurzeit prüfen wir noch, ob ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen eines verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes besteht. Sobald wir die Prüfung abgeschlossen haben, erhalten Sie einen weiteren Bescheid." Aus dem Nachzahlbetrag erfüllte die Beklagte den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 12.04.2011 i.H.v. 1952,19 Euro komplett und überwies der Klägerin den Restbetrag von 415,41 Euro. Nach Abschluss der Ermittlungen zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 04.11.2011 "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.11.2010 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.10.2013. Auf Seite 3 des Bescheides verlautbarte sie unter der Überschrift "Mehrere Rentenansprüche" folgendes: "Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, leisten wir nur die höchste Rente. Bei gleich hohen Renten gilt eine gesetzliche Rangfolge. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist daher nicht zu zahlen." Aus dem Nachzahlbetrag i.H.v. 7.303,86 Euro erfüllte die Beklagte die Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 13.04. bis 09.09.2011 i.H.v. 3959,84 Euro und der Beigeladenen zu 2) für die Zeit vom 10.09. bis 31.12.2011 i.H.v. 1.587,30 Euro, sodass 1.756,72 Euro verblieben. Mit Bescheid vom 23.05.2012 verfügte die Beklagte folgendes: "Der Bescheid vom 08.04.2011 über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird hinsichtlich des Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X aufgehoben. Für die Zeit 01.11.2010 bis 31.12.2011 ergibt sich eine Überzahlung von 3.520,92 Euro. Der überzahlte Betrag ist zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Den überzahlten Betrag haben wir in Ihrem Interesse bereits mit der Rentennachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 verrechnet, die nach Erfüllung der Ansprüche anderer Stellen verblieben ist. Die restliche Überzahlung beträgt noch 1.764,20 Euro. Dieser Betrag ist von Ihnen an uns zurückzuzahlen." Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012).
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren erklärt hatte, aus der Vorschrift des § 51 SGB I derzeit keine Rechtsverletzung geltend zu machen, hatte das Sozialgericht die Klage, die es darauf gerichtet angesehen hatte, "den Bescheid vom 23.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2012 aufzuheben und die Nachzahlungen der Bescheide vom 04.11.2011 und 08.04.2011 neu zu berechnen", abgewiesen (Urteil vom 28.11.2013). Das Landessozialgericht hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der sie neben der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen Bescheide die Verurteilung der Beklagten erstrebte, "eine neue Abrechnung der Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 vorzunehmen mit der Maßgabe, dass zunächst die geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mindernd vor Erfüllung der Erstattungsansprüche berücksichtigt wird". Die Klägerin wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision war erfolgreich.
Das Landessozialgericht hat durch die Bestätigung der angefochtenen Verwaltungsakte Bundesrecht verletzt. Der Beklagten steht ein Erstattungsanspruch im streitigen Umfang nicht zu.
Der Bescheid vom 23.05.2012 verlautbart zunächst (erneut) die Aufhebung von monatlichen Zahlungsansprüchen aus einem Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X. Die Beklagte wiederholt damit im Sinne eines ersetzenden und erneut den Rechtsweg eröffnenden sog. Zweitbescheids eine Regelung, die sie der Sache nach bereits im Bescheid vom 04.11.2011 getroffen hatte, indem sie der Klägerin für den genannten Zeitraum "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt hatte (vgl. BSG, Urt. v. 05.09.2010 - B 5 KN 4/08 R Rn 33 m.w.N.).
Diese Regelung stützt sich zu Unrecht auf § 48 SGB X, dessen Anwendungsbereich indessen auf die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung im Fall einer nach deren Erlass eintretenden Änderung der einschlägigen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beschränkt ist. Ein befristetes Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Folge hieraus monatlich entstehender Einzelansprüche auf Zahlung für dessen Dauer war jedoch kraft Gesetzes bereits bei Erlass des Bescheides vom 08.04.2011 am 01.11.2010 entstanden. Bereits damals stand folglich "bei objektiver Betrachtung" fest, dass durchsetzbare Ansprüche auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gleichzeitig bestehen konnten (§ 89 Abs. 1 Nr. 7, § 11 SGB VI). Die Entscheidung des Senats vom 07.09.2010 im Rechtsstreit B 5 KN 4/08 R, der unzweifelhaft eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse zugrunde lag, ist insofern nicht einschlägig. Ihr ist auch nicht etwa ein Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, dass in Fällen des § 89 SGB VI stets § 48 SGB X zur Anwendung kommen müsse.
Eine Umdeutung (§ 43 SGB X) des aufhebenden Verwaltungsakts im Bescheid vom 23.5.2012 in einen solchen nach § 45 Abs 1 SGB X scheidet schon deshalb aus, weil es insofern für Fälle der vorliegenden Art der Ausübung von Ermessen bedurft hätte. Die pauschalen Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 genügen dem weder zeitlich noch inhaltlich. Aus denselben Gründen kommt auch ein Nachschieben von Gründen bzw eine Auswechslung der Rechtsgrundlage nicht in Betracht.
Damit entfällt gleichzeitig die Anwendbarkeit von § 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 SGB X als einzig in Betracht kommender Grundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch.
3. B 5 AL 1/15 R
SG München - S 37 AL 878/09
LSG München - L 9 AL 303/11
Die Beteiligen streiten über die (Antrags-)Pflichtversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung ab dem 05.12.2008. Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.2001 bzw. vom 01.05.2001 bis 31.10.2008 als Entwicklungsingenieur versicherungspflichtig beschäftigt. Am 30.07.2008 meldete er sich mit Wirkung zum 01.11.2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Am 27.08.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses und gab an, dass er am 05.12. eine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter aufnehmen werde. Mit Bescheid vom 04.11.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.11.2008. Gleichzeitig stellte sie den Leistungsbetrag für die Zeit vom 01.11.2008 bis 23.01.2009 auf täglich 0,00 Euro wegen einer Sperrzeit von 12 Wochen auf Grund Arbeitsaufgabe fest. Am 09.12.2008 gab der Kläger bei der Beklagten an, die selbstständige Tätigkeit am 05.12.2008 aufgenommen zu haben. Mit Bescheid vom 10.12.2008 hob die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld" ab 05.12.2008 wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 05.03.2009 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 24.01.2009 bis 23.10.2009. Mit Bescheid vom 24.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 30.07.2009 lehnte sie den Antrag des Klägers auf "freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III" ab.
Mit Urteil vom 25.05.2011 hatte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom "24.03.2009" und 30.07.2009 verurteilt, "den Kläger ab dem 05.12.2008 freiwillig arbeitslos gemäß § 28a SGB III zu versichern". Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte das Landessozialgericht mit Urteil vom 29.01.2015 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt werde, dass der Kläger ab dem 05.12.2008 antragspflichtversichert sei. Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision war erfolgreich.
Die Voraussetzungen des § 28a SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 01.07.2008 bis 31.12.2010 liegen nicht vor.
Von den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB III a.F. liegen jedenfalls diejenigen der Nr. 2, deren Regelung 3 von vorne herein ausscheidet, nicht vor. Der Kläger hat die behauptete selbstständige Tätigkeit nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts erst am 5.12.2008 aufgenommen. Damit fehlt es an einem unmittelbaren Anschluss an das vorbestehende Versicherungspflichtverhältnis bis zum 31.10.2008 (Regelung 1). Der Kläger hat auch nicht unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in der Gestalt von Arbeitslosengeld bezogen (Regelung 2). Wie der Senat bereits mit Urteil vom 04.12.2014 (B 5 AL 1/14 R) entschieden hat, setzt § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III voraus, dass der Antragsteller eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III tatsächlich erhalten hat. Das dem Kläger ab dem 01.11.2008 bewilligte Arbeitslosengeld ist dem Kläger jedoch nicht ausbezahlt worden, weil der Anspruch hierauf aufgrund einer Sperrzeit ruhte (bestandskräftiger Verwaltungsakt vom 04.11.2008).
4. B 5 R 26/14 R
SG Oldenburg - S 5 R 132/10
LSG Celle-Bremen - L 2/12 R 382/12
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung von überzahlten Witwenrentenleistungen in Höhe von insgesamt 727,08 Euro. Die am 19.11.2009 verstorbene Versicherte (V) bezog von der Klägerin Witwenrente, die auch nach ihrem Tod auf ein bei der beklagten Bank bestehendes Girokonto für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 i.H.v. monatlich 363,54 Euro weitergezahlt wurde. V hatte am 05.08.1993 eine über ihren Tod hinausgehende Bankvollmacht zugunsten von H erteilt. Von dem Tod der V erfuhr die Beklagte am 24.11.2009, wobei dies entweder darauf beruhte, dass ein Mitarbeiter der Beklagten eine Todesanzeige betreffend die V in einer Lokalzeitung gelesen oder ein Angehöriger die Beklagte über den Tod der V informiert hatte. Im Zeitpunkt des Todes der V wies ihr Girokonto ein Guthaben von 1.138,52 Euro auf. Am 27.01.2010 erfolgte die Löschung des Girokontos und die Auszahlung des Restguthabens i.H.v. 1.138,52 Euro an die Töchter der V als Erbinnen. Am 26.03.2010 ging bei der Beklagten ein Schreiben der Deutschen Post (Rentenservice) bezüglich der nach dem Tod der V noch geleisteten Witwenrentenzahlungen ein. Dieses Begehren wies die Beklagte unter Berufung auf die zwischenzeitlich erfolgte Auflösung des Girokontos der V zurück und teilte der Klägerin die Anschrift der Erbinnen mit.
Das Sozialgericht hatte die Beklagte mit Urteil vom 01.07.2014 verurteilt, an die Klägerin 727,08 Euro zu zahlen. Auf die vom Sozialgericht zugelassene Berufung hatte das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 01.07.2014). Eine Verpflichtung zur Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Rentenleistungen bestehe nicht, weil über den der Rentenleistung entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei. Auf die anderweitig erlangte Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Kontoinhabers komme es nach dem Wortlaut von § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nicht an. Die Klägerin wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision. Während des Revisionsverfahrens hat der 13. Senat des BSG mit Urteilen vom 24.02.2016 in den Rechtsstreitigkeiten B 13 R 22/15 R und B 13 R 25/15 R entschieden, dass sich das Geldinstitut bei Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers nicht auf den Auszahlungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen kann und ein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, nicht die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraussetzt.
Der Senat hat beschlossen, beim 13. Senat des BSG anzufragen, ob dieser an der Rechtsauffassung festhält, dass ein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, nicht die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraussetzt.
Quelle: Pressemitteilung des BSG v. 07.04.2016
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Der 5. Senat des BSG berichtet über seine Sitzung vom 07.04.2016, in der er über vier Revisionen aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu entscheiden hatte.
1. B 5 RE 2/15 R
SG Speyer - S 11 R 745/10
LSG Mainz - L 2 R 549/12
Die Beteiligen streiten über die Fälligkeit und die Verjährung von Beiträgen für die Beigeladene als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson. Die Beigeladene pflegte ihre Tochter (Pflegebedürftige) seit der Geburt (23.03.1973) bis zur Aufnahme in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung am 18.11.2002. Die Pflegebedürftige bezog bis zum 31.03.1995 Leistungen bei Schwerstpflegebedürftigkeit nach §§ 53 ff. SGB V und wurde zum 01.04.1995 gemäß Art 45 PflegeVG ohne Antragstellung zunächst in die Pflegestufe II (21 Stunden) eingestuft. Im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahrens wurde 1996 festgestellt, dass die Pflegebedürftige seit dem 01.04.1995 in die Pflegestufe III einzustufen sei. Einen von der Klägerin an die Beigeladene übersandten Fragebogen sandte diese auch nach Erinnerung nicht zurück. Mit Schreiben vom 10.03.2008 forderte die Beigeladene die Klägerin auf, ihr einen weiteren Fragebogen zu übersenden. Die Beigeladene übersandte den Fragebogen zurück. Unter dem 20.05.2008 teilte die Klägerin der Beigeladenen mit, dass eine Beitragszahlung für die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.11.2002 nicht in Betracht komme, weil Verjährung gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV eingetreten sei.
Im Juni 2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Prüfung der Beitragszahlung für Pflegepersonen durch. Mit Bescheid vom 24.06.2010 forderte die Beklagte von der Klägerin die Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis zum 18.11.2002 i.H.v. 23.712,20 Euro sowie Ausgleichszahlungen ab 15.07.2008 i.H.v. 6.212,00 Euro. Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahin gehend abgegeben, den Bescheid vom 24.06.2010 insoweit aufzuheben, als sie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Beigeladene für die Zeit vom 01.04.1995 bis zum 30.09.1995 geltend gemacht hat.
Das Sozialgericht hatte mit Urteil vom 12.11.2012 den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2010, geändert durch das Teilanerkenntnis der Beklagten, aufgehoben, soweit Rentenversicherungsbeiträge für die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.10.1995 bis zum 30.11.2000 und Ausgleichszahlungen/Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 01.04.1995 bis zum 30.11.2000 geltend gemacht worden sind und hatte im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Fälligkeit der Beiträge für den Zeitraum ab dem 01.12.2000 richte sich "unstreitig" nach § 23 Abs. 1 Sätze 5 und 6 SGB IV in der Fassung ab dem 01.01.2001, sodass es für die Fälligkeit auf die "unstreitige" Feststellung der Versicherungspflicht durch die Klägerin gegenüber der Beigeladenen vom 20.05.2008 ankomme. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Landessozialgericht den Bescheid vom 24.06.2010 auch hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge/Ausgleichszahlungen für den Zeitraum vom 01.12.2000 bis zum 30.11.2002 aufgehoben. Der Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV n.F. lasse hinreichend deutlich erkennen, dass zum einen die Fälligkeit von Beiträgen für Pflegepersonen im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren zur deklaratorischen Feststellung der Versicherungspflicht bestimmt werde. Zum anderen treffe § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV lediglich eine Regelung zur erstmaligen Fälligkeit von Beiträgen für versicherte Pflegepersonen und enthalte keine Regelung für Beiträge nach der Feststellung der Versicherungspflicht. Aber auch die Fälligkeit von Beiträgen vor Beginn des Verwaltungsverfahrens zur deklaratorischen Feststellung der Beitragspflicht richte sich nach § 23 Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Die bezüglich der Fälligkeit speziellere Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 6 SGB IV finde auf bereits vor dem Beginn des Verwaltungsverfahrens fällig gewordene Beiträge keine Anwendung. Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision ist nach Hinweis auf die mögliche Unzulässigkeit des Rechtsmittels wegen Fehlern der Begründung zurückgenommen worden.
2. B 5 R 26/15 R
SG München - S 56 R 2477/12
LSG München - L 14 R 97/14
Die Beteiligen streiten darüber, ob die Klägerin der Beklagten überzahlte Rente erstatten muss. Die im Jahre 1962 geborene Klägerin war ab dem 07.04.2010 arbeitsunfähig krank, nahm vom 09.09.2010 bis zum 05.10.2010 an einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil und erhielt in dieser Zeit Übergangsgeld. Die beigeladene Krankenkasse (Beigeladene zu 1) gewährte ihr vom 19.05.2010 bis zum 08.09.2010 und vom 06.10.2010 bis zum 09.09.2011 Krankengeld. Die beigeladene Bundesagentur für Arbeit (Beigeladene zu 2) zahlte vom 10.09.2011 bis zum 31.12.2011 Arbeitslosengeld I. Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 08.04.2011 ab dem 01.08.2010 ein Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit einem monatlichen Anspruch i.H.v. 288,95 Euro ab dem 01.06.2011 längstens bis zum 31.05.2029 und setzte den unter Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ermittelten Nachzahlbetrag für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.05.2011 auf 2.367,60 Euro fest. Gleichzeitig wies sie auf Seite 7 des Bescheides auf folgendes hin. "Zurzeit prüfen wir noch, ob ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wegen eines verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes besteht. Sobald wir die Prüfung abgeschlossen haben, erhalten Sie einen weiteren Bescheid." Aus dem Nachzahlbetrag erfüllte die Beklagte den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Beigeladenen zu 1) für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 12.04.2011 i.H.v. 1952,19 Euro komplett und überwies der Klägerin den Restbetrag von 415,41 Euro. Nach Abschluss der Ermittlungen zur Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 04.11.2011 "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.11.2010 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.10.2013. Auf Seite 3 des Bescheides verlautbarte sie unter der Überschrift "Mehrere Rentenansprüche" folgendes: "Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, leisten wir nur die höchste Rente. Bei gleich hohen Renten gilt eine gesetzliche Rangfolge. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist daher nicht zu zahlen." Aus dem Nachzahlbetrag i.H.v. 7.303,86 Euro erfüllte die Beklagte die Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1 für die Zeit vom 13.04. bis 09.09.2011 i.H.v. 3959,84 Euro und der Beigeladenen zu 2) für die Zeit vom 10.09. bis 31.12.2011 i.H.v. 1.587,30 Euro, sodass 1.756,72 Euro verblieben. Mit Bescheid vom 23.05.2012 verfügte die Beklagte folgendes: "Der Bescheid vom 08.04.2011 über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird hinsichtlich des Zahlungsanspruchs für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X aufgehoben. Für die Zeit 01.11.2010 bis 31.12.2011 ergibt sich eine Überzahlung von 3.520,92 Euro. Der überzahlte Betrag ist zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Den überzahlten Betrag haben wir in Ihrem Interesse bereits mit der Rentennachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 verrechnet, die nach Erfüllung der Ansprüche anderer Stellen verblieben ist. Die restliche Überzahlung beträgt noch 1.764,20 Euro. Dieser Betrag ist von Ihnen an uns zurückzuzahlen." Der hiergegen erhobene Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012).
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren erklärt hatte, aus der Vorschrift des § 51 SGB I derzeit keine Rechtsverletzung geltend zu machen, hatte das Sozialgericht die Klage, die es darauf gerichtet angesehen hatte, "den Bescheid vom 23.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2012 aufzuheben und die Nachzahlungen der Bescheide vom 04.11.2011 und 08.04.2011 neu zu berechnen", abgewiesen (Urteil vom 28.11.2013). Das Landessozialgericht hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der sie neben der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen Bescheide die Verurteilung der Beklagten erstrebte, "eine neue Abrechnung der Rentennachzahlung aus dem Bescheid vom 04.11.2011 vorzunehmen mit der Maßgabe, dass zunächst die geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mindernd vor Erfüllung der Erstattungsansprüche berücksichtigt wird". Die Klägerin wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision war erfolgreich.
Das Landessozialgericht hat durch die Bestätigung der angefochtenen Verwaltungsakte Bundesrecht verletzt. Der Beklagten steht ein Erstattungsanspruch im streitigen Umfang nicht zu.
Der Bescheid vom 23.05.2012 verlautbart zunächst (erneut) die Aufhebung von monatlichen Zahlungsansprüchen aus einem Recht auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2013 nach § 48 SGB X. Die Beklagte wiederholt damit im Sinne eines ersetzenden und erneut den Rechtsweg eröffnenden sog. Zweitbescheids eine Regelung, die sie der Sache nach bereits im Bescheid vom 04.11.2011 getroffen hatte, indem sie der Klägerin für den genannten Zeitraum "anstelle" der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt hatte (vgl. BSG, Urt. v. 05.09.2010 - B 5 KN 4/08 R Rn 33 m.w.N.).
Diese Regelung stützt sich zu Unrecht auf § 48 SGB X, dessen Anwendungsbereich indessen auf die Aufhebung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung im Fall einer nach deren Erlass eintretenden Änderung der einschlägigen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beschränkt ist. Ein befristetes Recht auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Folge hieraus monatlich entstehender Einzelansprüche auf Zahlung für dessen Dauer war jedoch kraft Gesetzes bereits bei Erlass des Bescheides vom 08.04.2011 am 01.11.2010 entstanden. Bereits damals stand folglich "bei objektiver Betrachtung" fest, dass durchsetzbare Ansprüche auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gleichzeitig bestehen konnten (§ 89 Abs. 1 Nr. 7, § 11 SGB VI). Die Entscheidung des Senats vom 07.09.2010 im Rechtsstreit B 5 KN 4/08 R, der unzweifelhaft eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse zugrunde lag, ist insofern nicht einschlägig. Ihr ist auch nicht etwa ein Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, dass in Fällen des § 89 SGB VI stets § 48 SGB X zur Anwendung kommen müsse.
Eine Umdeutung (§ 43 SGB X) des aufhebenden Verwaltungsakts im Bescheid vom 23.5.2012 in einen solchen nach § 45 Abs 1 SGB X scheidet schon deshalb aus, weil es insofern für Fälle der vorliegenden Art der Ausübung von Ermessen bedurft hätte. Die pauschalen Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 genügen dem weder zeitlich noch inhaltlich. Aus denselben Gründen kommt auch ein Nachschieben von Gründen bzw eine Auswechslung der Rechtsgrundlage nicht in Betracht.
Damit entfällt gleichzeitig die Anwendbarkeit von § 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 SGB X als einzig in Betracht kommender Grundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch.
3. B 5 AL 1/15 R
SG München - S 37 AL 878/09
LSG München - L 9 AL 303/11
Die Beteiligen streiten über die (Antrags-)Pflichtversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung ab dem 05.12.2008. Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.2001 bzw. vom 01.05.2001 bis 31.10.2008 als Entwicklungsingenieur versicherungspflichtig beschäftigt. Am 30.07.2008 meldete er sich mit Wirkung zum 01.11.2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Am 27.08.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses und gab an, dass er am 05.12. eine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter aufnehmen werde. Mit Bescheid vom 04.11.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.11.2008. Gleichzeitig stellte sie den Leistungsbetrag für die Zeit vom 01.11.2008 bis 23.01.2009 auf täglich 0,00 Euro wegen einer Sperrzeit von 12 Wochen auf Grund Arbeitsaufgabe fest. Am 09.12.2008 gab der Kläger bei der Beklagten an, die selbstständige Tätigkeit am 05.12.2008 aufgenommen zu haben. Mit Bescheid vom 10.12.2008 hob die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld" ab 05.12.2008 wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 05.03.2009 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 24.01.2009 bis 23.10.2009. Mit Bescheid vom 24.04.2009 und Widerspruchsbescheid vom 30.07.2009 lehnte sie den Antrag des Klägers auf "freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III" ab.
Mit Urteil vom 25.05.2011 hatte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom "24.03.2009" und 30.07.2009 verurteilt, "den Kläger ab dem 05.12.2008 freiwillig arbeitslos gemäß § 28a SGB III zu versichern". Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte das Landessozialgericht mit Urteil vom 29.01.2015 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt werde, dass der Kläger ab dem 05.12.2008 antragspflichtversichert sei. Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision.
Die Revision war erfolgreich.
Die Voraussetzungen des § 28a SGB III in der hier maßgeblichen Fassung vom 01.07.2008 bis 31.12.2010 liegen nicht vor.
Von den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB III a.F. liegen jedenfalls diejenigen der Nr. 2, deren Regelung 3 von vorne herein ausscheidet, nicht vor. Der Kläger hat die behauptete selbstständige Tätigkeit nach den bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts erst am 5.12.2008 aufgenommen. Damit fehlt es an einem unmittelbaren Anschluss an das vorbestehende Versicherungspflichtverhältnis bis zum 31.10.2008 (Regelung 1). Der Kläger hat auch nicht unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in der Gestalt von Arbeitslosengeld bezogen (Regelung 2). Wie der Senat bereits mit Urteil vom 04.12.2014 (B 5 AL 1/14 R) entschieden hat, setzt § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III voraus, dass der Antragsteller eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III tatsächlich erhalten hat. Das dem Kläger ab dem 01.11.2008 bewilligte Arbeitslosengeld ist dem Kläger jedoch nicht ausbezahlt worden, weil der Anspruch hierauf aufgrund einer Sperrzeit ruhte (bestandskräftiger Verwaltungsakt vom 04.11.2008).
4. B 5 R 26/14 R
SG Oldenburg - S 5 R 132/10
LSG Celle-Bremen - L 2/12 R 382/12
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung von überzahlten Witwenrentenleistungen in Höhe von insgesamt 727,08 Euro. Die am 19.11.2009 verstorbene Versicherte (V) bezog von der Klägerin Witwenrente, die auch nach ihrem Tod auf ein bei der beklagten Bank bestehendes Girokonto für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 i.H.v. monatlich 363,54 Euro weitergezahlt wurde. V hatte am 05.08.1993 eine über ihren Tod hinausgehende Bankvollmacht zugunsten von H erteilt. Von dem Tod der V erfuhr die Beklagte am 24.11.2009, wobei dies entweder darauf beruhte, dass ein Mitarbeiter der Beklagten eine Todesanzeige betreffend die V in einer Lokalzeitung gelesen oder ein Angehöriger die Beklagte über den Tod der V informiert hatte. Im Zeitpunkt des Todes der V wies ihr Girokonto ein Guthaben von 1.138,52 Euro auf. Am 27.01.2010 erfolgte die Löschung des Girokontos und die Auszahlung des Restguthabens i.H.v. 1.138,52 Euro an die Töchter der V als Erbinnen. Am 26.03.2010 ging bei der Beklagten ein Schreiben der Deutschen Post (Rentenservice) bezüglich der nach dem Tod der V noch geleisteten Witwenrentenzahlungen ein. Dieses Begehren wies die Beklagte unter Berufung auf die zwischenzeitlich erfolgte Auflösung des Girokontos der V zurück und teilte der Klägerin die Anschrift der Erbinnen mit.
Das Sozialgericht hatte die Beklagte mit Urteil vom 01.07.2014 verurteilt, an die Klägerin 727,08 Euro zu zahlen. Auf die vom Sozialgericht zugelassene Berufung hatte das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 01.07.2014). Eine Verpflichtung zur Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Rentenleistungen bestehe nicht, weil über den der Rentenleistung entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt worden sei. Auf die anderweitig erlangte Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Kontoinhabers komme es nach dem Wortlaut von § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nicht an. Die Klägerin wendet sich hiergegen mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Revision. Während des Revisionsverfahrens hat der 13. Senat des BSG mit Urteilen vom 24.02.2016 in den Rechtsstreitigkeiten B 13 R 22/15 R und B 13 R 25/15 R entschieden, dass sich das Geldinstitut bei Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers nicht auf den Auszahlungseinwand des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen kann und ein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, nicht die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraussetzt.
Der Senat hat beschlossen, beim 13. Senat des BSG anzufragen, ob dieser an der Rechtsauffassung festhält, dass ein Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, nicht die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraussetzt.
Quelle: Pressemitteilung des BSG v. 07.04.2016
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