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BGH Erwerbsschaden Prognose

Siegfried21

Erfahrenes Mitglied
Hallo,

um die Prognose des Erwerbsschaden gibt es immer wieder ein Häck-Mäck mit den Versicherungen bzw. diese würden am liebsten, jeden (jung und alt) auf die ALG 2 Ebene stellen.

Info zum BGH- Urteil vom 05.10.2010 :


Trifft ein Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstands zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich ist, so kann es geboten sein, dass der Tatrichter bei der für die Ermittlung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose auch den Beruf sowie die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern berücksichtigt.

Ergeben sich aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des Kindes zwischen dem Zeitpunkt der Schädigung und dem Zeitpunkt der Schadensermittlung (weitere) Anhaltspunkte für seine Begabungen und Fähigkeiten und die Art der möglichen Erwerbstätigkeit ohne den Schadensfall, ist auch dies bei der Prognose zu berücksichtigen und von einem dem entsprechenden normalen beruflichen Werdegang auszugehen.

Der Verdienstausfallschaden ist unter Heranziehung von § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO zu ermitteln. Ist die voraussichtliche berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis zu beurteilen, muss der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar soweit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Prognose dartun. Doch dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden1, insbesondere dann, wenn das haftungsauslösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen hat, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung stand und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit nachweisen konnte.

Trifft das Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstands zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich ist, darf es dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, dass die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs mit nicht zu beseitigenden erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Denn es liegt in der Verantwortlichkeit des Schädigers, dass der Geschädigte in einem sehr frü-hen Zeitpunkt seiner Entwicklung aus der Bahn geworfen wurde und dass sich daraus die besondere Schwierigkeit ergibt, eine Prognose über deren Verlauf anzustellen. Daher darf sich der Tatrichter in derartigen Fällen seiner Aufgabe, auf der Grundlage von § 252 BGB und § 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen.


http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/berufsprognose-fuer-ein-juengeres-kind-323242


http://juris.bundesgerichtshof.de/c...4934c85b4824a74f7d95aef5a01130e9&nr=53754&pos


Grüße

Siegfried21
 
Hallo,

Wichtig: nochmals zum Urteil "Erwerbsschaden-Prognose".

Arbeitsplatzrisiken mit einem Abschlag von 20%:p.


Urteil-Auszug vom BGH vom 05.10.2010:

Die Revision des Klägers bleibt im Ergebnis auch ohne Erfolg, soweit sie meint, es sei rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht eventuelle Arbeitsplatzrisiken mit einem Abschlag von 20 % bewertet und zudem die tatsächliche Arbeitslosigkeit des Klägers nicht als Schadensfolge berücksichtigt habe.

Dabei kann dahin stehen, inwieweit dem Ausgangspunkt des Berufungs-gerichts, es sei eine reine Differenzbetrachtung ohne Berücksichtigung des Ar-beitsplatzrisikos sowohl für den fiktiven als auch für den tatsächlich erlernten Beruf anzustellen, gefolgt werden kann. Im Rahmen der Prognoseentscheidung kann durchaus danach zu fragen sein, inwieweit der Geschädigte den von ihm mit Wahrscheinlichkeit ohne die Schädigung ergriffenen Beruf auch tatsächlich
hätte ausüben und somit ein entsprechendes Einkommen erzielen können (vgl. Senatsurteile vom 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, VersR 1997, 366, 367; vom 20. April 1999 - VI ZR 65/98, aaO).

Der Revision des Klägers sind jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen ausreichenden Vortrag dazu zu entnehmen, dass der Kläger in der Kommunikationsbranche auf keinen Fall von Arbeitslosigkeit betroffen gewesen wäre. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher von seinem Schätzungsermessen gedeckt.


Leute, lasst Euch ja nicht von der geg. Seite ins Boxhorn jagen:mad:


Ein Abzug für Arbeitsplatzrisiken kann zwar §§ konform sein, aber
hierbei muss man Äpfel mit Äpfel vergleichen und kann auch nicht ein
Kind, mit jemanden vergleichen, der z. B. eine mehrjährige Erwerbsbiografie
hinter sich hat.


Es darf nämlich nicht außer acht gelassen
werden, daß es in der Verantwortlichkeit des Schädigers liegt, wenn die berufliche Entwicklung des
Geschädigten beeinträchtigt worden ist und daraus erst die besondere Schwierigkeit folgt, eine
Prognose über die hypothetische Entwicklung anzustellen.



Info Grundlegendes:
Ist zu prüfen, wie die berufliche Entwicklung eines Geschädigten ohne das Schadensereignis verlaufen wäre, so gebietet § 252 BGB
eine Prognose entsprechend dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, insbesondere auf der Grundlage dessen, was zur Ausbildung des
Betroffenen festgestellt werden kann (BGH NJW 1998, 1633 f.). Dabei muss der Geschädigte soweit wie möglich konkrete
Anhaltspunkte für diese Prognose dartun. An die Darlegungs- und Beweislast dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt
werden (vgl. BGH NJW-RR 1999, 1039 f.). Es darf nämlich nicht außer acht gelassen werden, dass es in der Verantwortlichkeit des
Schädigers liegt, wenn die berufliche Entwicklung des Geschädigten beeinträchtigt worden ist und daraus erst die besondere
Schwierigkeit folgt, eine Prognose über die hypothetische Entwicklung anzustellen (vgl. BGH NJW 1998, 1633; VersR 2000, 233;
Senat Urt. vom 4. Oktober 2005 - 12 U 961/99; OLG Nürnberg OLG-Report Nürnberg 2003, 254 f.). Wenn sich weder für einen
Erfolg noch für einen Misserfolg hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge von einem
durchschnittlichen Erfolg des Geschädigten in seiner Tätigkeit auszugehen und der Schaden nach § 287 ZPO zu ermitteln. Es genügt
ein hinreichender Grad an Wahrscheinlichkeit für das angenommene Ergebnis.


Abschlag vom Erwerbschaden

Verbleibende Risiken können mit einem gewissen Abschlag abgefangen werden.
(st. Rspr. , vgl. etwa Senat, NJW-RR 1999, 2039 = VersR 2000, 233, und BGH, NJW 1998,
1634 = LM H. 7/1998 § 252 BGB Nr. 72 = VersR 1998, 770 (772), jew. m. w. Nachw. )".

Z. B.

Im übrigen führt das häufige Wechseln der Arbeitsstelle vor
dem Schadensfall auch dann, wenn hierdurch Zeiten ohne Erwerbseinkommen aufgetreten sind, nicht
ohne weiteres zu der Annahme, daß der Geschädigte ohne den Unfall gar nicht mehr gearbeitet haben
würde, wenngleich derartiges Verhalten bei der Bemessung des unfallbedingten
Verdienstausfallschadens einen Abschlag rechtfertigen kann.


Wenn sich feststellen lässt, dass der degenerative Vorschaden vergleichbar
beeinträchtigende Auswirkungen früher oder später zur Folge gehabt hätte oder haben würde, wäre zu
prüfen, ob ein prozentualer Abschlag oder eine zeitliche Begrenzung des Ausgleichs von
Verdienstausfall geboten ist (vgl BGH VersR 1998, 203 f).


Grüße

Siegfried21
 
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