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Ärztliche Tätigkeiten in die Verwaltung verlagert

  • Ersteller des Themas Ersteller des Themas seenixe
  • Erstellungsdatum Erstellungsdatum

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Hallo,
Bei der "Berliner Zeitung" gibt es einen Journalisten, der sich inzwischen gut auf das Thema DRV eingearbeitet hat. Heute hat er erneut über unhaltbare Zustände bei der DRV berichtet.
Hier sein Artikel:
Psychose statt Depression
Die Deutsche Rentenversicherung verlagert ärztliche Tätigkeiten in die Verwaltung - was zu Diagnose-Fehlern führt.
Inge T. kann froh sein. Ihre Akte gelang in die Hände eines kundigen Arztes und konnte korrigiert werden. Denn Inge T. leidet unter Depressionen und hatte, um wieder gesund zu werden, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) eine Rehabilitation beantragt. Ein Vorgang, der jedes Jahr tausendfach vorkommt. Für Inge T. wäre das fast schief gegangen. Denn aus ihrer Depression machte ein Verwaltungsangestellter bei der Rentenversicherung eine Psychose. Erst ein bei dem Rententräger beschäftigter Arzt entdeckte den Fehler. Ansonsten wäre Inge T. wohl wegen des völligen Verlusts der Realitätskontrolle zur Rehabilitation geschickt worden.

Sachbearbeiter protestieren
Der Vorgang ist in dieser Form neu und geht direkt auf eine Neuverteilung der Kompetenzen zwischen Ärzten und Verwaltungsfachleuten bei dem Rententräger zurück. Und der Fall der Inge T., die in Wirklichkeit einen anderen Namen trägt, ist nach Informationen dieser Zeitung kein Ausrutscher geblieben. Der Rententräger wollte auf Anfrage weder bestätigen noch verneinen, dass es durch die Kompetenzerweiterung der Verwaltungsfachleute zu Fehlern gekommen ist.
Bislang war es so, dass Antragsteller auf eine Rehabilitation bei der Rentenversicherung den Befundbericht ihres behandelnden Arztes einreichen mussten. Die Diagnosen in den Befundberichten sind nach einem komplizierten System mit sogenannten ICD-Nummern verschlüsselt. Diese Nummern haben die Mediziner der Rentenversicherung übersetzt und die Diagnosen in das Verwaltungsprogramm des Rententrägers eingetragen. Aus der Diagnose folgt die Entscheidung, ob eine Rehabilitation genehmigt wird und wo die Therapie in welcher Form stattfindet.
Seit Mitte August können auch Hauptsachbearbeiter, also medizinische Laien, im Verwaltungsprogramm des Rententrägers diese Diagnosen eintragen. Eigentlich ist das sinnvoll, weil es ein reiner Verwaltungsakt ist, und Mediziner damit entlastet werden. Doch die Verwaltungsfachleute sind nicht oder nur unzureichend geschult im Umgang mit ICD-Nummern. Es entstehen Fehler, wie im Fall von Inge T. Das kann dazu führen, dass Patienten eine für sie ungeeignete Therapie erhalten oder in der falschen Reha-Klinik landen.
Die Rentenversicherung hat auf Anfrage der Berliner Zeitung zwar reagiert, aber viele Fragen und Vorwürfe unbeantwortet gelassen. Sie ließ offen, ob Diagnosen, die von Sachbearbeitern ins System eingetragen werden, von Ärzten systematisch überprüft werden. "Soweit Fragen (...) bestehen, wird der hausinterne beratungsärztliche Dienst beteiligt", teilte sie lediglich mit. Weiter wollte der Rententräger nicht beantworten, ob die Hauptsachbearbeiter im Umgang mit den ICD-Nummern geschult wurden.
In der Belegschaft heißt es, dass die Verlagerung ärztlicher Tätigkeiten eine Reaktion auf einen Mangel an Ärzten sei, die die Befundberichte begutachten könnten. Ähnliche Vorwürfe wurden bereits im vergangenen Herbst laut, als schon einmal die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten in die Verwaltung getestet wurde. Die Rentenversicherung teilte dagegen mit, dass "offene Stellen im beratungsärztlichen Dienst kontinuierlich neu besetzt werden". Man sei bestrebt, Verwaltungsverfahren ständig zu überprüfen und zu optimieren. Weiterhin sei eine "höchstmögliche Qualität" gewährleistet. Die Hauptsachbearbeiter aber sind nicht glücklich mit ihren neuen Befugnissen, sie haben gegen die Kompetenzerweiterung und die neue Verantwortung protestiert.

Neben den Kompetenzen, die hier eigentlich gefordert sind habe ich ein großes Problem mit der eventuell von mir erteilten Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht. Wenn auch die anderen Mitarbeiter sicher eine entsprechende Schweigepflichtserklärung unterschrieben haben, dann sehe ich trotzdem Handlungsbedarf bei den Verantwortlichen, weil es sonst nicht mehr der Differenzierung zwischen Schweigepflicht und ärztlicher Schweigepflicht bedarf. Das unser Recht auf informelle Selbstbestimmung durch die Verantwortlichen mit Füßen getreten werden, scheint leider in diesem Land kaum noch irgendwelche Behörden hinter dem Ofen vorzulocken.

Gruß von der Seenixe
 
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