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Kassel, den 3. November 2006
Termin-Vorschau Nr. 60/06
Der 11b. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 23. November 2006 über sechs Revisionen aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
1) 9.30 Uhr - B 11b AS 3/05 R - 1. C. Me.
2. M. Mü. ./. Job-Center Tempelhof-Schöneberg
Die Kläger, die seit vielen Jahren als bildende Künstler selbständig tätig sind, begehren von der beklagten Arbeitsgemeinschaft (Arge) als Leistung nach dem SGB II die Übernahme der Miet- und Heizungskosten für das von ihnen angemietete Atelier.
Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung für die Klägerin zu 1) sowie für Unterkunft und Heizung. Die beantragte Übernahme der Aufwendungen für das angemietete Atelier wurde abgelehnt. Das SG hat die Klage abgewiesen und das LSG hat diese Entscheidung bestätigt. Für den von den Klägern erhobenen Anspruch gebe es keine Rechtsgrundlage. So könne der Anspruch weder auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II (Leistungen für Unterkunft und Heizung) noch auf § 16 SGB II (Leistungen zur Eingliederung) noch auf § 29 SGB II (Einstiegsgeld) gestützt werden, zumal die letztgenannten Vorschriften schon deshalb nicht einschlägig seien, weil es bei den Klägern nicht um eine Eingliederung in Arbeit gehe, sondern sie ihre seit Jahren ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit lediglich fortsetzen wollten. In diesem Zusammenhang könne offen bleiben, ob den Klägern überhaupt Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II zustünden, dh sie zum Kreis der "Arbeitsuchenden" gehörten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung des materiellen Rechts, insbesondere des Verfassungsrechts. Das LSG habe bei seiner Entscheidung die in § 1 SGB II umschriebene Aufgabe und Zielsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende verkannt, wonach diese ua erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern solle, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten könnten. Da das Atelier für sie für die Ausübung ihres Berufs unverzichtbar sei, komme dies einer Hinderung der Ausübung ihres Berufs gleich und verletze außerdem Art 5 Abs 3 GG.
SG Berlin - S 55 AS 4609/05 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 14 AS 1187/05 -
2) 10.30 Uhr - B 11b AS 1/06 R - S. ./. Grundsicherung für Arbeitsuchende
im Landkreis Lörrach
Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie ist verheiratet und bewohnte - wie vom LSG bezogen auf den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6. 2006 festgestellt - mit ihrem Ehemann und der 1984 geborenen Tochter eine gemeinsame 61 qm große 3-Zimmer-Wohnung. Ihr Ehemann erhält seit 1.7.2004 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich 928,44 € netto. Die Tochter befand sich in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und erhielt bis 7.8.2005 Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 257 €. Ferner wurde für die Tochter Kindergeld in Höhe von monatlich 154 € gezahlt.
Die Klägerin bezog bis Oktober 2004 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Ihren Antrag auf Leistungen nach dem SGB II lehnte die Agentur für Arbeit mit Bescheid vom 11.2.2005 ab, da sie nicht hilfebedürftig sei. Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde von der beklagten Arge zurückgewiesen. In der Begründung wurde ua ausgeführt, zur Bedarfsgemeinschaft gehörten die Klägerin sowie ihr Ehemann, nicht jedoch die volljährige Tochter. Die Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu je einem Drittel zu berücksichtigen, da die Haushaltsgemeinschaft aus drei Personen bestehe.
Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte habe im Ergebnis zu Recht eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin verneint, denn das zu berücksichtigende Einkommen in Höhe von 898,44 € (Renteneinkommen in Höhe von 928,44 € abzüglich Versicherungspauschale in Höhe von 30 €) übersteige den Gesamtbedarf von 857,85 € (= Regelleistungen: 2 x 311 € + Kosten der Unterkunft und Heizung: 235,58 €). Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Regelungen des § 20 Abs 2 und 3 SGB II (Regelleistung) und des § 11 SGB II (zu berücksichtigendes Einkommen) nicht verfassungswidrig.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften des § 20 Abs 2 und Abs 3 SGB II sowie des § 11 SGB II. Entgegen der Ansicht des LSG klaffe hinsichtlich der Höhe der Regelsätze eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
SG Freiburg - S 7 AS 1281/05 -
LSG Baden-Württemberg - L 8 AS 2764/05 -
3) 11.30 Uhr - B 11b AS 9/06 R - 1. H.-G. A.
2. M. A. ./. Landkreis Ammerland
Die Kläger begehren von dem Beklagten höheres Arbeitslosengeld II (Alg II), nämlich in Höhe der vom Kläger zu 1) bis zum 31.12.2004 bezogenen Alhi.
Der 1943 geborene Kläger zu 1) bezog bis Dezember 2000 Alg und im Anschluss daran Alhi bis zum 31.12.2004, zuletzt in Höhe von 227,43 € wöchentlich. Bereits im Jahre 2001 hatte er eine Erklärung zu § 428 SGB III unterzeichnet, wonach er Leistungen "unter erleichterten Voraussetzungen" erhalten kann.
Im September 2004 beantragte der Kläger zu 1) für sich und seine mit ihm im Haushalt lebende Ehefrau bei der Agentur für Arbeit die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom November 2004 wurde für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.6.2005 dem Kläger zu 1) und seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Alg II in Höhe von insgesamt 495,85 € bewilligt. Von dem Gesamtbedarf in Höhe von 843,83 € (2 x 311 €, Kosten der Unterkunft in Höhe von 221,83 €) wurde Einkommen der Ehefrau in Höhe von 347,89 € berücksichtigt. Dem Widerspruch des Klägers wurde nur in Höhe von 24,76 € stattgegeben. Der Beklagte führte ua aus, mit der Erklärung nach § 428 SGB III sei keine Festlegung oder Garantie einer bestimmten Leistungshöhe verbunden gewesen. Der Kläger könne auf Grund des § 65 Abs 4 SGB II iVm § 428 SGB III auch in Zukunft Leistungen nach dem SGB II unter erleichterten Voraussetzungen beziehen, ohne der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen, allerdings nicht in Höhe der zuvor bezogenen Alhi.
Klage und Berufung hatten keinen Erfolg. Das LSG hat ausgeführt, den Klägern stehe für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.6.2005 kein Anspruch auf Alg II in Höhe der zuletzt bewilligten Alhi zu. Ab dem 1.1.2005 könne Alhi nicht mehr gezahlt werden, weil die entsprechenden Vorschriften aufgehoben worden seien. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Entscheidung des Gesetzgebers bestünden nicht. Aus der im Jahre 2001 unterschriebenen Erklärung zu § 428 SGB II folge nichts Anderes. Die bewilligte Leistung für Januar bis Juni 2005 sei im Übrigen unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften zutreffend ermittelt worden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung von Verfassungsrecht, insbesondere Art 14 Abs 1 GG iVm dem Grundsatz des Vertrauensschutzes.
SG Oldenburg - S 47 AS 249/05 -
LSG Niedersachsen-Bremen - L 8 AS 345/05 -
4) 12.15 Uhr - B 11b AS 17/06 R - W. ./. Arge Duisburg
Auch in dieser Sache begehrt der 1944 geborene Kläger höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Hinweis auf die von ihm bis 31.12.2004 bezogene Alhi und seine im Oktober 2002 unterzeichnete Erklärung nach § 428 SGB III. Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger ebenfalls eine Verletzung von Verfassungsrecht.
SG Duisburg - S 32 (12) AS 30/05 -
5) 13.00 Uhr - B 11b AS 3/06 R - 1. W. B.
2. T. B. ./. Job-Center Wilhelmshaven
Auch in dieser Sache begehren die Kläger Leistungen in Höhe der früheren, dem Kläger zu 1) bis zum 31.12.2004 gezahlten Alhi unter Hinweis auf die von diesem im September 2003 unterzeichnete Erklärung zu § 428 SGB III.
SG Oldenburg - S 47 AS 57/05 -
LSG Niedersachsen-Bremen - L 8 AS 310/05 -
6) 13.45 Uhr - B 11b AS 25/06 R - V. ./. Landkreis Hersfeld-Rothenburg
In dieser Sache geht es ebenfalls um Leistungen nach dem SGB II in Höhe der zuvor bezogenen Alhi unter Hinweis auf die vom Kläger im September 2004 unterzeichnete Erklärung nach § 428 SGB III.
SG Fulda - S 1 AS 18/05 -
Heute ist der große Tag.
Ich bin sehr gespannt, welche Urteile rauskommen.
Gruß von der Seenixe