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Vorschaden in der PUV ?

Polopirko

Mitglied
Registriert seit
5 Juli 2007
Beiträge
33
Hallo Allerseits,

bzgl. der Beurteilungen der PUV für meinen Arbeitsunfall möchte ich folgendes fragen: Bei der GUV ist eine krankheitsbedingte Schwächung oder sogar Vorschädigung der Körperteile (die durch den Arbeitsunfall geschädigt werden) eher von Vorteil: Stichwort "Der Versicherte ist in seinem individuellen Gesundheitszustand bei der GUV versichert".

Nun zur Frage: Wie ist dies bei der PUV ? Beispiel: Ein Wirbelsäulenschaden, seit Geburt besteht und auch dauerhaft behandelt wird, führt bei einem Arbeitsunfall zu einem Wirbelbruch. Bedingt durch die vorgeschädigte Wirbelsäule, sind die Auswirkungen des Unfalls deutlich stärker als bei einem "normalen, nicht vorgeschädigten" Menschen.

Leistet in solch einem Fall die PUV unabhängig vom Vorschaden ? Ist die Leistung sogar höher als ohne Vorschaden ? oder fällt sie geringer aus ?

Gruß, Polopirko
 
Hallo Polopirko,

dein Zitat:

Nun zur Frage: Wie ist dies bei der PUV ? Beispiel: Ein Wirbelsäulenschaden, seit Geburt besteht und auch dauerhaft behandelt wird, führt bei einem Arbeitsunfall zu einem Wirbelbruch. Bedingt durch die vorgeschädigte Wirbelsäule, sind die Auswirkungen des Unfalls deutlich stärker als bei einem "normalen, nicht vorgeschädigten" Menschen.

Leistet in solch einem Fall die PUV unabhängig vom Vorschaden ? Ist die Leistung sogar höher als ohne Vorschaden ? oder fällt sie geringer aus ?

Je nach dem findet die "vorgeschädigte Wirbelsäule" im Leistungsumfang
%---- seine Berücksichtigung, s. u. wenn deren Mitwirkungsanteil am Geschehen, mindestens bei 25 % :eek:


Info:
Beruht die Invalidität auf z. B. der Schädigung einer Bandscheibe muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass dem Unfallereignis hieran ein Verursachungsanteil von über 50 % zukommt.

Anspruchsmindernd ist nur die Mitwirkung von "Krankheiten oder Gebrechen", soweit deren Mitwirkungsanteil mindestens 25 %
beträgt. Dazu zählen normale Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen im Sinne einer altersbedingten Veränderung des Körpers nicht.

Der Unfallversicherer muss deshalb darlegen und beweisen, dass
unfallunabhängige Vorkrankheiten, Verschleißerscheinungen, die er anspruchskürzend z. B berücksichtigen will, über das altersgerechte Maß hinausgehen.

Grüße

Siegfried21
 
Danke...

Hallo Siegfried,

das heißt aber, daß der Ansatz der gesetzlichen Unfallversicherung (wo die individuelle Vorschädigung eher eine stärkere Bewertung der Unfallschädigung ergibt), nicht in der PUV gilt.

Genau dies wollte ich wissen - ist die private Unfallversicherung immer von einem "normalen" Gesundheitszustand ausgehend ?

Gruß, Polopirko
 
Hallo Polopirko,
Wenn jemand von Geburt an eine Krankgeit hat muss er diese bei Vertragsabschluss angeben. Danach richtet sich der Beitrag und der Entschädigungssatzt.
Meine Tochter hat Epelepsie keine Versicherung hat sie aufgenommen und die Beiträge bei der KK sind höher.
LG Wolfgang
 
Hallo Polopirko,

dein Zitat

Genau dies wollte ich wissen - ist die private Unfallversicherung immer von einem "normalen" Gesundheitszustand ausgehend?

Ja mehr oder weniger.

In der privaten Unfallversicherung wird bekanntermaßen nach der Adäquanztheorie beurteilt und der Versicherte ist eben nicht in dem Zustand versichert, (wie z. B. bei der GUV) in dem er sich vor dem Unfall befunden hat.

Bei der gesetzlichen UV- wird nach dem "Alles-oder-Nichts-Gesetz" beurteilt, so dass im Einzelfall, auch bei vorbestehend degenerativen/angeborenen Gegebenheiten, dem Unfallereignis eine nicht hin wegzudenkende Bedeutung hat, so das schließlich die Unfallfolgen anerkannt werden.

In der GUV stellt sich weiter die Frage, was war/ist wesentlich, der Unfall oder die Vorschädigung, wenn z. B. äußere Ereignisse, der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen bringt, spricht man oft bei der GUV von einer Gelegenheitsursache.

Auf dieser Stufe stellt sich letztlich auch die Frage, ob sich beim
Eintritt des Körperschadens bei der Arbeit um die Realisierung des allgemeinen
Lebensrisikos (hierbei ist die GKV-DRV zuständig) oder dem den Erfolg einer
betrieblichen Gefährdung handelt.

Info:
Im Zivilrecht gilt die Adäquanztheorie.


http://www.medsach.de/MEDSACH-2003-...ersicherung,QUlEPTE4NDY4NCZNSUQ9MTA0Mzgw.html

http://www.rechtslexikon24.net/d/adaequanztheorie/adaequanztheorie.htm


In der GUV (Relevanztheorie)

http://www.unsere.de/relevanztheorie.htm


Der Schaden ist mit Sicherheit nachzuweisen. Kausalzusammenhang zum Unfallereignis ist mit überwiegender Wahrscheinlickeit zu belegen. Wenn an dem Zustandekommen des Schadens mehrere Ursachen mitgewirkt haben, so kann der Arbeitsunfall nur dann als kausal anerkannt werden, wenn er eine wesentliche Teilursache der Schadensfolge gewesen ist. Der Kausalzusammenhang kann adäquat und meist auch inadäquat sein.
Bei der Verschlimerung vorbestehender Leiden, muss der Unfall hierfür eine wesentliche Teilursache darstellen.

Grüße

Siegfried21
 
Ich habe diesen Thread noch einmal hochgeholt, weil mir zu dieser Frage zwei neuere Entscheidungen vorliegen, dieser Punkt bei Ansprüchen aus der privaten Unfallversicherung wirklich wichtig und leider noch viel zu unbekannt ist:

Die massgebliche Norm ist dabei § 8 AUB. Dort heisst es:

"Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, so wird die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder der Gebrechens gekürzt, wenn dieser Anteil mindestens 25 Prozent beträgt."Nicht jede Vorschädigung ist dabei aber als eine Krankheit oder ein Gebrechen anzusehen, welches den Versicherer zur Leistungskürzung berechtigen würde! Und dieser Punkt muss sorgfältig herausgearbeitet werden.

Das OLG Celle hat es mit Urteil vom 20.08.2009, Az 8 U 10/09 kurz und knackig auf den Punkt gebracht:

"§ 8 AUB 94 findet nämlich jedenfalls auf einen alterstypischen normalen Verschleißzustand keine Anwendung, da es sich hierbei um keine Krankheit oder Gebrechen handelt (OLG Hamm, VersR 2002, 180 [OLG Hamm 06.07.2001 - 20 U 200/99]. OLG Saarbrücken, VersR 1998, 836 [OLG Saarbrücken 03.12.1997 - 5 U 646/97 62]. OLG Schleswig VersR 1995, 825 [OLG Schleswig 12.01.1995 - 16 U 96/93]. OLG Köln, r+s 1996, 202. Prölss/Martin, a. a. O.. Grimm, § 8 Rdnr. 3. HKVVG/Rüffer, Ziff. 3 AUB 2008 Rdnr. 3). Maßgebend für den regelwidrigen Körperzustand ist der altersbedingte Normalzustand, nicht dagegen ein abstrakter Idealzustand. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird unter "Krankheiten und Gebrechen" nicht Beeinträchtigungen seines körperlichen Zustandes verstehen, die dem durchschnittlichen Gesundheitszustand einer Person gleichen Alters und Geschlechts entsprechen. Weder eine Krankheit noch ein Gebrechen liegt mithin im Falle altersbedingt normaler Verschleiß und Schwächezustände vor, so auch nicht bei der altersbedingten Degeneration des Rotatorenmanschettenapparates (LG Essen, ZfS 1992, 238)."

Auch das LG Bielefeld hat nun aufgrund mündlicher Verhanldung vom 24.11.2010 am 14.12.2010 zum Aktenzeichen: 3 O 110/09 ausgeführt:

"Die insoweit beweisbelastete Beklagte (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 180) hat nicht nachweisen können, dass die unfallunabhängige Mitwirkung eine Krankheit oder ein Gebrechen gem. § 8 AUB 94 war. Typische altersgerechte degenerative Schäden sind weder eine Krankheit, noch ein Gebrechen gem. § 8 AUB 94 (OLG Celle VersR 2010, 205; vgl. auch OLG Hamm, VersR 2002, 180). Nach den gut nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, (...), beträgt der unfallunabhängige Mitwirkungsanteil zwar 90 %, doch handelt es sich dabei ausschliesslich um eine Vorschädigung des Meniskus des Klgers, die als typischer altersgerechter degenerativer Schaden einzustufen ist."

Jeder Geschädigte also, der sich mit mit dem privaten Unfallversicherer über diese Frage streitet, und die unfallunabhängige Vorschädigung wird von den Versicherern ja gerne und häufig eingewendet, sollte - tunlichst ärztlich beraten - klären, ob dieser Vorschäden nicht vielleicht altersgerecht ist, ob also auch bei der Mehrzahl der Bevölkerung dergleichen Alterstruktur solche Schäden auch vorhanden sind - denn dann ist es weder Krankheit noch Gebrechen und somit kann der Versicherer nichts von der Invaliditätsleistung in Abzug bringen.

Also nochmals sorry, dass ich es nochmal hochgeholt habe, aber es scheint mir wirklich wichtig, dass dieser Punkt weder missverstanden noch übersehen wird!
 
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