Ich habe diesen Thread noch einmal hochgeholt, weil mir zu dieser Frage zwei neuere Entscheidungen vorliegen, dieser Punkt bei Ansprüchen aus der privaten Unfallversicherung wirklich wichtig und leider noch viel zu unbekannt ist:
Die massgebliche Norm ist dabei § 8 AUB. Dort heisst es:
"
Haben Krankheiten oder Gebrechen bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung oder deren Folgen mitgewirkt, so wird die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder der Gebrechens gekürzt, wenn dieser Anteil mindestens 25 Prozent beträgt."Nicht jede Vorschädigung ist dabei aber als eine Krankheit oder ein Gebrechen anzusehen, welches den Versicherer zur Leistungskürzung berechtigen würde! Und dieser Punkt muss sorgfältig herausgearbeitet werden.
Das OLG Celle hat es mit Urteil vom 20.08.2009, Az 8 U 10/09 kurz und knackig auf den Punkt gebracht:
"§ 8 AUB 94 findet nämlich jedenfalls auf einen alterstypischen normalen Verschleißzustand keine Anwendung, da es sich hierbei um keine Krankheit oder Gebrechen handelt (OLG Hamm,
VersR 2002, 180 [OLG Hamm 06.07.2001 -
20 U 200/99]. OLG Saarbrücken, VersR 1998, 836 [OLG Saarbrücken 03.12.1997 - 5 U 646/97 62]. OLG Schleswig VersR 1995, 825 [OLG Schleswig 12.01.1995 - 16 U 96/93]. OLG Köln,
r+s 1996, 202. Prölss/Martin, a. a. O.. Grimm, § 8 Rdnr. 3. HKVVG/Rüffer, Ziff. 3 AUB 2008 Rdnr. 3). Maßgebend für den regelwidrigen Körperzustand ist der altersbedingte Normalzustand, nicht dagegen ein abstrakter Idealzustand. Auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird unter "Krankheiten und Gebrechen" nicht Beeinträchtigungen seines körperlichen Zustandes verstehen, die dem durchschnittlichen Gesundheitszustand einer Person gleichen Alters und Geschlechts entsprechen. Weder eine Krankheit noch ein Gebrechen liegt mithin im Falle altersbedingt normaler Verschleiß und Schwächezustände vor, so auch nicht bei der altersbedingten Degeneration des Rotatorenmanschettenapparates (LG Essen, ZfS 1992, 238)."
Auch das LG Bielefeld hat nun aufgrund mündlicher Verhanldung vom 24.11.2010 am 14.12.2010 zum Aktenzeichen: 3 O 110/09 ausgeführt:
"Die insoweit beweisbelastete Beklagte (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 180) hat nicht nachweisen können, dass die unfallunabhängige Mitwirkung eine Krankheit oder ein Gebrechen gem. § 8 AUB 94 war. Typische altersgerechte degenerative Schäden sind weder eine Krankheit, noch ein Gebrechen gem. § 8 AUB 94 (OLG Celle VersR 2010, 205; vgl. auch OLG Hamm, VersR 2002, 180). Nach den gut nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen, (...), beträgt der unfallunabhängige Mitwirkungsanteil zwar 90 %, doch handelt es sich dabei ausschliesslich um eine Vorschädigung des Meniskus des Klgers, die als typischer altersgerechter degenerativer Schaden einzustufen ist."
Jeder Geschädigte also, der sich mit mit dem privaten Unfallversicherer über diese Frage streitet, und die unfallunabhängige Vorschädigung wird von den Versicherern ja gerne und häufig eingewendet, sollte - tunlichst ärztlich beraten - klären, ob dieser Vorschäden nicht vielleicht altersgerecht ist, ob also auch bei der Mehrzahl der Bevölkerung dergleichen Alterstruktur solche Schäden auch vorhanden sind - denn dann ist es weder Krankheit noch Gebrechen und somit kann der Versicherer nichts von der Invaliditätsleistung in Abzug bringen.
Also nochmals sorry, dass ich es nochmal hochgeholt habe, aber es scheint mir wirklich wichtig, dass dieser Punkt weder missverstanden noch übersehen wird!