Hallo Inga 1971,
dein Zitat:
Verkehrsunfall Schleudertrauma
Ich hatte bis zum Zeitpunkt des Unfalls immer mal wieder Probleme mit der HWS - Vorwölbung von 2 BS nach einem Skiunfall. Nach diesem Autounfall habe ich nun 2 BS-Vorfälle in der HWS.
Gibt es bei Vorschäden überhaupt eine Chance?
Auszug: KG, Urteil vom 2.9.2002- 12 U 10719/99
Ferner ist zu beachten gewesen, dass ein Schädiger sich nicht darauf berufen kann, dass ein
Schaden nur deshalb eingetreten ist oder ein besonderes Ausmaß erlangt hat, weil der Verletzte infolge körperlicher Anomalien zur Krankheit besonders anfällig gewesen sei. Wer einen gesundheitlich schon geschädigten Menschen verletzt, kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wenn der Betr. gesund gewesen wäre. So ist die volle Haftung auch in Fällen zu bejahen, in denen der Schaden auf einem Zusammenwirken körperlicher Vorschäden und der Unfallverletzung beruht (vgl BGHZ 132, 341ff = NJW 1996, 2435 f. = VersR 1996, 990 f. = DAR 1996, 351 f; NJW 1997, 455 f; VersR 1998, 201 f; DAR 2000, 117 f. = MDR 2000, 267 f; KG, Urteile vom 7. 6. 1999 - 12 U 705/97 - S 24; 24. 4. 2001 - 12 U 1885/99 -).
Nur wenn sich feststellen lässt, dass der degenerative Vorschaden vergleichbar
beeinträchtigende Auswirkungen früher oder später zur Folge gehabt hätte oder haben würde, wäre zu
prüfen, ob ein prozentualer Abschlag oder eine zeitliche Begrenzung des Ausgleichs von
Verdienstausfall geboten ist (vgl BGH VersR 1998, 203 f).
Auszug: BGH VI ZR 275/95-05.11.1996
Teilnahme am Straßenverkehr — Sozialadäquates Verhalten — Keine
Schmerzensgeldminderung — Schadensbereitschaft in Geschädigtenkonstitution —
Berücksichtigung der Schadensanfälligkeit
Vor diesem Unfall war der unter chronischen Rückenbeschwerden leidenden Klägerin operativ ein
Metallimplantat zur Versteifung der Lendenwirbelsäule im August 1986 eingesetzt worden (sogenannte
Spondylodese). Bei einer Kontrolle im Frühjahr 1987 wurde festgestellt, daß sich das Implantat
teilweise gelockert hatte. Darauf wurde das gesamte Material bei einer weiteren Operation im Juni 1987
entfernt und bei einem nochmaligen Eingriff im August 1988 durch ein neues Metallimplantat ersetzt
(Respondylodese). Diese Operation hatte Komplikationen zur Folge: Es kam zu einer Öffnung des
Duralsackes links mit Liquorverlust und schweren Knochenschädigungen im Bereich der
Lendenwirbelsäule, die mit einer erheblichen Schmerzbelastung einhergingen. Die Klägerin leidet
seitdem dauerhaft unter schmerzhafter Taubheit im linken Bein bis in Höhe der linken Beckenhälfte. Sie
hat in diesem Bereich ein Hitzegefühl und neigt zu Supinationstraumen. Ebenfalls taub und leicht
gelähmt ist der rechte Großzeh. Als weitere Schädigung ist es zu einer Blasen- und Darminkontinenz
gekommen. Sie belastet die Klägerin in starkem Maße. Nur durch Blasentraining und 1 1/2-stündige
Nykturie kann sie ein Einnässen abwenden.
Allerdings entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß sich der Schädiger, wie auch das
Berufungsgericht nicht verkennt, nicht darauf berufen kann, daß der Schaden nur deshalb eingetreten
ist, weil der Verletzte aufgrund beson derer Konstitution für den Schaden besonders anfällig war
(Senatsurteil vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95 - VersR 1996, 990, 991 - zur Veröffentlichung in BGHZ
vorgesehen). Auch der Umstand, daß sich der mit einer schadensbegünstigenden Anlage Behaftete
einer gefahrträchtigen Situation ausgesetzt hat, andert - von hier nicht in Betracht kommen den
Ausnahmen abgesehen (Senatsurteil vom 24. Januar 1984 VI ZR 61/82 - VersR 1984, 286 -
Glasknochen, und vom 22. September 1981 - VI ZR 144/79 - VersR 1981, 1178) - an der vollen
Haftung des Schädigers nichts. Er ist insbesondere nicht geeignet, ein Mitverschulden des Verletzten zu
begründen (OLG Koblenz VRS 72, 403, 406 = VersR 1987, 122 i.V. mit NA-Beschluß des Senats vom
13. Januar 1987 - VI ZR 138/86 - Bluter als Mitfahrer auf einem Mokick).
Anders verhält es sich dagegen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes. Da der Verletzte nur
Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld hat, für dessen Festsetzung nach § 847 BGB
Billigkeitsgesichtspunkte maßgebend sind, kann es, wie der Bundesgerichtshof wiederholt
ausgesprochen hat, bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes durch aus geboten sein zu
berücksichtigen, daß die zum Schaden führende Handlung des Schädigers nur eine bereits vorhandene
Schadensbereitschaft in der Konstitution des Geschädigten ausgelöst hat und die
Gesundheitsbeeinträchtigungen Auswirkungen dieser Schadensanfälligkeit sind (BGH, Urteil vom 16.
November 1961 - III ZR 189/60 - VersR 1962, 93; Senatsurteil vom 2. April 1968 - VI ZR 156/66 -
VersR 1968, 648, 650; vom 19. Dezember 1969 - VI ZR 111/68 - VersR 197O, 281, 284; vom 29.
September 1970 - VI ZR 74/69 - VersR 197O, 1110, 1111; vom 22. September 1981 aaO. S. 1180).
Zu den Gesundheitsbeeintrachtigungen der Klägerin ist es, wovon im Sinne ihrer Revision auszugehen
ist, deshalb gekommen, weil die leichte Streifkollision der Fahrzeuge zu einer Lockerung des bei der
Klägerin einige Zeit zuvor in die Wirbelsäule eingesetzten Metallstücks geführt hat und dadurch weitere
Operationen mit für die Klägerin belastenden Folgen notwendig wurden.
Auszug: KG, Urteil vom 16.10.2003- 12 U 58/01
Grundsätzlich haftet ein Schädiger für alle gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Geschädigte
durch die Schädigungshandlung erleidet, gleich ob körperlicher oder seelischer Art, auch für das
unfallbedingte Zutagetreten vorhandener Schadensanlagen (vgl Senat, NZV 2003, 328 = KGR 2003,
160 Ls.; auch BGH, NJW 1998, 813). Für den Beweis einer Ursächlichkeit des Unfalls für die
Rechtsgutsverletzung, also den sogenannten "Ersterfolg" (haftungsbegründende Kausalität), gilt der
Maßstab des § 286 ZPO . Dies bedeutet, dass das Gericht nicht nur von der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit, sondern von der Wahrheit der behaupteten Tatsache zu überzeugen ist; hierfür
genügt ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass er Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig
auszuschließen. Für die Ursächlichkeit zwischen einer feststehenden Verletzung des Rechtsgutes
(Körper oder Gesundheit) und der Weiterentwicklung oder dem Umfang des Schadens
(haftungsausfüllende Kausalität) hingegen gilt § 287 ZPO mit der Folge, dass hierfür der Beweis einer
überwiegenden oder erheblichen Wahrscheinlichkeit genügt (vgl Senat, KGR 2000, 81 m. w. N.).
Grüße
Siegfried21