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Verkehrsunfall mit Todesfolge

Martin85

Neues Mitglied
Registriert seit
2 Sep. 2012
Beiträge
15
Guten Morgen!

Auf meiner Suche im Internet bin ich auf dieses Forum gestoßen.
Vielleicht kann uns hier jemand weiter helfen oder nützliche Tips geben.

Es geht um folgenden Fall:

Meine Freundin hatte vor 2 Wochen einen Unfall mit einem Motorrad.
Sie wollte von der mittleren auf die rechte Spur wechseln und das Motorrad hat sie währenddessen (vermutlich mit überhöhter Geschwindigkeit) rechts überholt und sie leicht touchiert.

Dabei flog der Mann gegen einen Ampelmast. Er lag fast zwei Wochen im künstlichen Koma, bis wir gestern die schreckliche Nachricht bekamen, dass er seinen Verletzungen erlegen sei.

Die letzten 2 Wochen waren schon eine furchtbar schwere Zeit, weil sie sich furchtbare Vorwürfe macht. Ich weiß nicht wie ich jetzt mit ihr umgehen soll (wie am besten beruhigen)

Gestern war auch eine Seelsorgerin vom Roten Kreuz da, die uns eine Telefonnummer für psychologische Notfälle (Lebensfragen?) gegeben hat, die jedoch erst ab Montag zu erreichen ist.

Wir haben (da sie die letzten Wochen auch schon traumatisiert war) probiert einen Psychater zu finden, was gar nicht so leicht ist...teilweise wurden uns Termine für Mitte November angeboten...wie soll sie das bis dahin aushalten?

Bisher hat sie vom Hausarzt Schlaftabletten und Psychopharmaka verschrieben bekommen, die jedoch auch nicht die Lösung sein können, da diese ja abhängig machen...

Ich habe auch schon nach Selbsthilfegruppen gesucht, aber ich weiß nicht ob eine Selbsthilfegruppe für Unfallopfer das Richtige ist (dort werden vermutlich eher körperlich geschädigte hin gehen?)


Macht es Sinn, einen Brief an die Ehefrau des Motorradfahrers zu schreiben, bzw. auf die Beerdigung zu gehen, oder wäre das der falsche Weg?

Ich wäre dankbar für jeden Rat oder Tip!

Gruß Martin
 
Hallo,

vielleicht kann man Dir bzw. Deiner Freundin zunächst hier helfen: http://www.telefonseelsorge.de/

Dies ist ein Angebot, welches vom Bundesministerium gefördert wird.

Falls es arg zu schlimm wird, kann Sie jederzeit in einer psychiatrischen Klinik vorstellig werden - dort ist immer ein entsprechender Arzt und oftmals auch Psychotheraputen diensthabend.

Gruß
Jürgen
 
Hallo Martin,

wie gut das Du uns gefunden hast.
Deiner Freundin ist etwas furchtbares passiert....ein kleiner Augenblick...und ein Leben ist beendet. So passieren Unfälle. Unfälle die man leicht hätte verhindern können, wäre man an diesem Tag zuhause geblieben.....wäre man weiter auf der Spur geblieben, hätte man den Motorradfahrer gesehen.....hätte man auch nur geahnt was passieren kann.....es war eben nur ein kleiner Augenblick, jedem von uns ist es schon passiert.......9999x gehts gut aus....ein einziges mal nicht.

Unverzeihlich wäre, hätte sie Alkohol getrunken, wäre leichtsinnig und mit stark überhöhter Geschwindigkeit gefahren.

Es spricht für sie, dass sie diesen Unfall nicht einfach abstreift, sagt "Pech gehabt".....sie ist ein mitfühlender Mensch der sich furchtbar Vorwürfe macht, sie leidet sicher sehr und braucht schnell Hilfe. Ich denke sie ist auch noch sehr jung, bitte lasst sie nicht alleine.

Ich würde, sollte ich in so ein schreckliche Situation kommen auf jeden Fall die Angehörigen aufsuchen, ich würde auch auf jeden Fall zur Beerdigung gehen.......aber das ist meine Meinung, ich bin auch einen ganzen Schwung älter. Nur so könnte ich damit umgehen.
Ich würde auch später die Nähe der Angehörigen suchen.......nur müssen diese auch dafür bereit sein. Vorwürfe helfen keinem weiter.

Gerichtlich wird die Schuldfrage abgearbeitet........im Kopf sollte aber immer für jeden von uns die Möglichkeit des Sekundenversagens zugelassen sein. Für einen kurzen Augenblick eine falsche Entscheidung treffen.....kann schlimme Folgen haben.

Ich wünsche Euch viel Kraft, eine gute Wortwahl und Verständnis.

Ganz viel Glück
Kai-Uwin
 
Hallo Martin,

auch ich begrüße Dich erst einmal hier im Forum.

Nun zu Deinem Anliegen: Du schreibst, dass Ihr schon versucht habt, einen Termin bei einem Psychiater zu bekommen. Es dauert meistens eine ganze Zeit bis man einen Termin erhält. Kenne ich aus eigener Erfahrung(habe selbst in 2007 einen schweren Motorradunfall gehabt und bin traumatisiert worden). Habe einen Haufen Psychologen(mit Zulassung für Traumatherapie; wäre auch für Euch sehr wichtig!) angerufen und wurde weitgehend abgelehnt weil sie für 6-8 Monate im voraus ausgebucht waren. Habe dann dennoch Glück gehabt und eine Traumatherapeutin gefunden(im weiteren Umkreis von meinem Wohnort(50 km)).

Ich kann Dir nur einen Rat geben: Falls Ihr keinen Therapeuten auf die schnelle findet, geht einmal zu einem Pfarrer oder Pastor. Habe vor ca. 30 Jahren einen schweren Motorradunfall beobachtet bei dem der Fahrer sehr schwer verletzt wurde und ich als Ersthelfer zur Stelle war. Als der Fahrer dann ins Krankenhaus abtransportiert wurde, merkte ich, dass ich stark anfing zu Zittern. Meine damalige Ehefrau und ich gingen dann in eine Kirche und der Pfarrer dort hat sich meiner angenommen. Kann nur sagen, dass ich durch das Gespräch mit ihm sehr ruhig wurde und es mir besser ging. Nehmt das Angebot der Seelsorgerin an und geht zu dieser Stelle für psychologische Notfälle. Es wird Euch sicher sehr helfen.

Weiter fragst Du, ob eine Selbsthilfegruppe für Unfallopfer das Richtige ist. Es werden dort nicht nur Unfallopfer selbst, sondern auch Beteiligte herzlich aufgenommen!

Ihr könnt versuchen, mit den Angehörigen des Opfers in Kontakt zu treten. Hoffe für Euch, dass diese auch dafür bereit sind! Bei meinem Unfall(bin zwar nur schwer Verletzt worden) hätte es mir sehr geholfen, wenn sich der Unfallverursacher bei mir gemeldet hätte. Leider hat sich dieser nie nach mir erkundigt und es kam auch keine Entschuldigung.

Ich wünsche Euch jedenfalls sehr, dass Deiner Freundin geholfen wird und wünsche mir ganz stark, dass Du deiner Freundin zur Seite stehst. Es wird in naher Zukunft sehr schwer für sie werden und da kann sie jede Hilfe und Zuspruch gebrauchen!

VG pswolf
 
Hallo!

Vielen Dank schon mal für die Antworten :)

Ich werde heute abend darauf eingehen...

ich muss mich um unsere 6 Monate alte Tochter kümmern (das kommt noch erschwerend hinzu)
 
Hallo Martin

das mit den Terminen bei Therapeuten kennen hier viele, mein Tipp: ruft häufig dort an, sprecht auf den Anrufbeantworter: Termin dringend, oft muss jemand absagen und man kann früher in Therapie eintreten.

Für den Akutfall ist die Telefonseelsorge rund um die Uhr erreichbar, man kann alle Ängste, Sorgen loslassen, sie haben auch Adressen wo man sich hinwenden kann.

Deine Freundin kann nachts um 3 dort anrufen, wenn sie die Verzweiflung quält. Denn wenn man darüber spricht, verlassen die Gedanken das Hirn, der Druck kann kurzzeitig nachlassen.

Schön dass du für sie da bist, nehm sie an die Hand, geht spazieren, rede, spreche mit ihr, mache ihr Mut, manchmal ist man so in sich gefangen, da hört man lieber jemanden sprechen und bleibt selbst stumm.

Kleine Gesten, eine Karte mit Mutmachspruch, eine Blüte, eine Umarmung hilft auch wenns nur winzige Sekunden sind, alles was ihr guttut ist jetzt wichtig.

Vorwürfe macht sie sich genug, Unglücke entstehen, die Gelegenheiten sind für jeden Jederzeit da, viele andere haben nur unbeschreibliches GLück, dass nichts passiert.

Dir/Euch ist es passiert - manche brechen sich ein Bein und brauchen eine Krücke, sei du ihre Krücke, ihre mentale Gehhilfe im Leben. Krücken stützen, sind ein drittes Bein beim Laufen, weil man sonst wackelt, umfällt.

Ein Therapeut ist auch eine Art Krücke, wenn die Gedanken schmerzen, ist er der beste Helfer. Manche Kliniken bieten eine Psychologische Ambulanz an, ist sie tief im emotionalen Tal, kann es sein, dass sie die Kraft nicht hat, den Weg dorthin zu meistern. Dann nimm sie an der Hand, geh mit ihr dorthin, damit sie zügig die Hilfe bekommt, die sie nach diesem Trauma braucht.

Euch beiden viel Kraft für die nächsten Tage und Wochen und viel viel Mutmacher

LG Teddy
 
Hallo Martin,

es wurden ja schon etliche Möglichkeiten der Therapie vorgeschlagen und wo ihr euch Hilfe holen könnt.

Vielleicht bringt es deiner Frau auch etwas, wenn sie ihre Gedanken und Gefühle zu Papier oder PC bringen kann. Einmal alles aufschreiben, was im Kopf los ist...

Außerdem würde ich an die Familie einen Brief schreiben. Sagen wie leid es mir tut, die Sorgen und Ängste schildern die mich deshalb niederschmettern, die Anteilname bekunden und
um Entschuldigung bitten!

Sofern die Familie, denen ja ein Sohn, Bruder, Ehemannn usw. genommen wurde, die Entschuldigung / Anteilnahme annimmt, würde ich zur Beerdigung gehen.
Denn nicht nur die Familie ist traumatsiert, sondern deine Frau erst recht!
Wenn die Familie ihr die Chance gibt, zu verzeihen, die Entschuldigung (auch, wenn sie nicht schuldig an dem Unfall ist) anzunehmen, werden beide Parteien einen inneren Frieden finden können.

Gruß
indi
 
Hallo Martin,

auch ich möchte Dich begrüßen, wenn auch zu einem nicht so schönen Anlass.

Sind schon sehr gute Ratschläge gekommen und hätte da auch noch was.


Notfallseelsorge in Deutschland .......
0800 - 111 0 111 und 0800 - 111 0 222 .............Diese Nummern sind kostenfrei.

www.notfallseelsorge.de/

Die Notfallseelsorger haben eine extra Ausbildung und dies hat (
wie einige glauben) nichts mit Religion zutun. Sondern hier wird jedem geholfen!


Solltet ihr den persönlichen Kontakt vorziehen, dann kann euch die Polizei oder Feuerwehr weiter helfen. Denn die kennen die Notfallseelsorger vor Ort.


Ich wünsche EUCH viel, viel Kraft für die nächste Zeit.


LG
Artur

 
Was ist das eigentliche Problem

Hallo Martin,

worüber macht sich Deine Freundin denn tatsächlich Vorwürfe? Dass sie den Kradfahrer übersehen hat? Dass sie den Unfall eventuell hätte vermeiden können?

Vielleicht hatte Deine Freundin gar keine Chance den Unfall zu vermeiden.

Ich hatte in meiner Praxis einen ähnlichen Fall. Dort war ein Pkw-Fahrer angeklagt wegen fahrlässiger Tötung. Auch hier war ein Kradfahrer nach dem Unfall verstorben. Meinem Mandanten hat es große Überwindung gekostet den Unfallort wieder aufzusuchen. Das war aber notwendig, um per Fahrversuche herauszufinden, ob er den Unfall hätte vermeiden können oder nicht. Letztendlich stellte sich heraus, dass er keine Chance hatte.

Es macht den Kradfahrer zwar nicht mehr lebendig, aber immerhin konnte der Mandant seinen eigenen Frieden finden, was sicher auch Deiner Freundin helfen würde.

Herzliche Grüße vom RekoBär:)
 
Hallo Martin,

zunächst auch von mir die besten Wünsche und viel Kraft für die kommende Zeit.
In größeren Städten gibt es Institutsambulanzen - dort sollte schnellerer Kontakt möglich sein.
Des weiteren gibt es Traumaambulanzen in vielen Orten.

z.B. solcher Art:

http://www.zi-mannheim.de/fileadmin/user_upload/pdfdateien/flyer/Trauma-Ambulanz_2010-3.pdf

http://www.aerzteblatt.de/archiv/121915/Traumaambulanzen-Schnelle-Hilfe-fuer-Gewaltopfer

Hier musst Du gezielt in Eurer Nähe suchen.
Für eine Konfrontation mit den Angehörigen und einen Besuch am Grab halte ich persönlich es für zu früh.
Deine Frau ist noch völlig instabil und muss sich erst einmal fangen.
In einer Therapie kann man einen solchen Schritt dann gezielt vorbereiten und der Therapeut kann sie entsprechend auffangen.
Die Angehörigen des Verstorbenen sind ja ebenfalls noch im inneren Chaos und sollten zur Ruhe kommen dürfen.
Wenn das Bedürfnis auf eine Mitteilung sehr stark ist - könnte ich mir vorstellen, dass Du einen Kontakt zum Pfarrer im Ort des Verstorbenen herstellst.
Dieser kann dann der Familie gegenüber Euer Mitgefühl ausdrücken und ihnen ankündigen, dass ihr Euch bei gegebener Zeit, nach gesundheitlicher Stabilisierung der Freundin, nochmals melden wollt - falls ihnen dies überhaupt recht ist.
Natürlich könnte er auch fragen ob für die Angehörigen eine Teilnahme an der Beerdigung hilfreich wäre (falls dies Euer Wunsch ist).
Eine Begegnung zum jetzigen Zeitpunkt kann für alle Beteiligten emotional belastend sein. Eine Mitteilung über einen Pfarrer oder einen Anwalt hingegen verschlechtert zumindest einmal nichts (denke ich).
Auch für das Ablegen von Blumen solltet Ihr um das Einverständnis der Angehörigen bitten (über Pfarrer einholen).

Liebe Grüße
Feuerle
 
Vorsicht!

Hallo,

meine Bedenken: Eine Entschuldigung könnte gegen Deine Freundin ausgelegt werden. Bevor der juristische Status Deiner Freundin nicht geklärt ist, würde ich die Füsse still halten. Dies gebietet nach meiner Meinung das System, dass leider nicht viel Platz für Menschlichkeit lässt.

Aber was wäre, wenn Deine Freundin Angeklagte ist (siehe Rekobärs Beitrag) und dann kommt der gegnerische Anwalt mit dem Vortrag, dass Deine Freundin ihre Schuld ja indirekt bereits eingestanden hat, weil eine Entschuldigung und der Kontakt nur zustande gekommen sind, weil Deine Freundin die Schuld nicht mehr ausgehalten hat.

Wenn ein Richter so etwas hört, ist es verdammt schwer, dass wieder aus seinem Hirn zu bekommen oder ihm klar zu machen, dass es nur eine menschliche Geste war.

Ich wäre da sehr, sehr vorsichtig.
Und ich glaube nicht, dass ich an Paranoia leide, sondern habe lediglich seit ein paar Jahren mit Juristen und Richtern zu tun.

Grüße
oohpss

PS.: Ansonsten hast Du bereits genügend gute Ratschläge bekommen.
 
Hallo!

Danke für die vielen netten Antworten! Nun schreibe ich persönlich!

Anscheinend sieht es momentan so aus : Beide sind schuld da ich den Motoradfahrer übersehen habe und dieser rechts überholt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu schnell war.

Aber in diesem Fall wurde schon soooo viel gesagt!

Mich quält das menschliche! Habe fruchtbare Angst vor der Beerdigung und würde diese auch nur mit Tabletten überstehen.
Ich wollte den Angehörigen signalisieren das es mir auf keinen Fall gleichgültig ist und dadurch auch mein Leben zerstört wurde.

Ich weiß aber echt nicht wie das aufgefasst wird da die Ehefrau, als der Mann noch im Koma, lag keinen telefonischen Kontakt mit mir wollte.

Ich bin echt ratlos. Morgen müsste die Todesanzeige angezeigt werden. Am besten red ich mal mit dem Pfarrer oder was meint ihr?

Vielen Dank
Sonja
 
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