Gutachten
Hallo kranki,
oh je, wenn ich zum Gutachten müsste, würde es mir auch schlecht gehen. Ich versuche dann bis dahin, nur automatisch zu funktionieren und die gedanken daran zu verdrängen, sonst mache ich mich vorher schon verrückt. Hilft aber nicht viel.
Versuche dich gut vorzubereiten und sei freundlich, aber sachlich (wobei das auch nach hinten losgehen kann, erzählt man von seinen beschwerden, heißt es hinterher, man sei leidensbetont, ist man sachlich, wirkt man unglaubwürdig und wird als Simulant hingestellt).
Ist ja auch immer ein blödes Gefühl vor dem Gutachten. Wir alle wissen, dass das, was dort geschrieben wird, einem oft ein Leben lang anhängt. Selbst wenn es offensichtlich falsch und unfundiert ist und man es richtig stellt, wird es gerne von der gegnerischen Partei immer wieder aus der Kiste geholt, wenn sie es brauchen.
Ich hoffe, dass das bei dir nicht so ist.
Ich verstehe auch dieses hohe Ansehen der Ärzte in Deutschland nicht (nicht falsch verstehen, ich selbst kenne hervorragende Ärzte, aber ich kenne auch super Krankenschwestern und die haben dagegen null Ansehen (und kaum Bezahlung)).
Ansonsten liegt mir mein Verfahren vor dem SG noch im Magen. Das schriftliche Urteil für die Klageabweisung müsste in den nächsten Wochen kommen. Wenn der Richter es schriftlich so begründet wie mündlich, dann könnte ich darüber lachen, wenn ich nicht betroffen wäre. Da ich gesundheitlich deswegen nicht auf der Höhe bin, habe ich überlegt, ob ich überhaupt in Berufung gehe, aber da es überhaupt keine rechtliche Grundlage gibt, meine Klage abzuweisen, werde ich weitermachen, alleine schon um diesen, gelinde ausgedrückt, BG-freundlichen Richter zu ärgern.Ich halte euch auf dem laufenden mit dem Urteil damit ihr auch was zum lachen habt.
Die PTBS samt daraus entstandener Depression hat mich sehr verändert. Ich bin sehr gereizt und habe auf einige Menschen wohl schon durch meinen Anbblick eine seltsame Wirkung. Auf jeden Fall wirke ich seit dem Unfall wohl so unsicher, dass ich für alle Behörden ein gefundenes Fressen für willkürliche, auch rechtlich nicht einwandfreie, Entscheidungen bin. Meine FReunde finden es schon unglaublich, was mir an sachen widerfährt, aber ich hätte vorher auch nicht geglaubt, was alles in Deutschland im Sozialsystem passiert...Im MOment bin ich fast verwundert, wenn ich jemanden treffe, der von Beginn an mit mir ganz normal umgeht...
Und ich könnte ausflippen, wenn ich hier lese, was anderen Unfallopfern für Ungerechtigkeiten widerfahren, vor allem diese Arroganz vieler Sachbearbeiter, die ja wirklich glauben, ihnen könnte niemals ein schlimmer Unfall geschehen.
Beruflich habe ich seit dem Unfall auch nicht Fuß gefasst. Ist ja auch blöd, wenn man vorher den Traumberuf hatte. Ich habe mir jetzt einige jahre fest eingeredet, dass mir der neue Beruf genauso viel Spaß macht und habe mit aller macht versucht, das alte zu vergessen, aber das Herz siegt über der Vernunft.
Auch ich habe häufig das Bedürfnis, alleine zu sein. Selbst smalltalk mit den Nachbarn ist mir schon zuviel.
was aber besser geworden ist im Laufe der Jahre sind die körperlichen beschwerden. In der Rehaklinik sagte jemand, alles braucht seine Zeit und das hat sich diesbezüglich bestätigt.
Neben all meinen Beschwerden versuche ich auch das positive zu sehen. Es hätte bei dem Unfall viel schlimmer kommen können, ich habe einfach trotz allem Glück gehabt. Und ich denke, dass ich vor dem Unfall ähnlich oberflächlich wie viel BG-Sachbearbeiter war und bin dankbar, dass sich das geändert hat.
Achte jetzt besonders darauf, dass du dir jeden Tag etwas gutes tust. nehme dir jeden tag etwas vor, auf das du dich freust. Und mache das nicht nur jetzt vor dem Gutachten, sondern immer. Wenn wir alle darauf ahcten, sich auch um sich selbst zu kümmern, sind wir auch offener für die bedürfnisse anderer und freundlicher zu anderen. Du hilfst also nicht nur dir, wenn du dir was gutes tust, sondern auch anderen.
Ich wünsche dir viel Kraft.
Viele Grüße,
muppet