EUROPÄISCHES BEHINDERTENFORUM
1997-2007: ZEHN JAHRE KAMPF UM BEHINDERTENRECHTE
Lasst die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen der Vergangenheit angehören
Die Bekämpfung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen geht uns ALLE an
Im Jahre 1997 haben europäische und nationale Organisationen von Menschen mit Behinderungen und Eltern von jenen Menschen mit Behinderungen, welche sich nicht selbst vertreten können, gemeinsam das Europäische Behindertenforum (EBF) gegründet.
Das EBF ist eine unabhängige und einzigartige Plattform in Europa. Es nimmt eine proaktive Rolle gegenüber den Institutionen der Europäischen Union und deren Entscheidungsträgern ein und schützt und verteidigt die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sein Streben und die alltäglichen Aktivitäten zielen darauf ab, die Gesetzgebung der Europäischen Union zu beeinflussen, da jede EU-Entscheidung und Initiative einen direkten Einfluss auf den Alltag der europäischen BürgerInnen mit Behinderungen auf allen Ebenen hat.
Seit wir unseren Kampf aufgenommen haben ist ein Jahrzehnt vergangen. Heute können wir, Menschen mit Behinderungen und die Eltern von jenen Menschen mit Behinderungen, welche sich nicht selbst vertreten können, zurückblicken und stolz auf unseren Beitrag zu der erzielten Weiterentwicklung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Europa sein. Wir müssen heute bereits nach vorne blicken und uns weiterhin bemühen, die gesetzlichen Nichtdiskriminierungsmaßnahmen in Europa zu stärken, damit die vollständige Integration von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft Realität wird. Wir müssen dies tun, denn Behinderungen ist eine Menschenrechtsangelegenheit und betrifft uns alle.
BEHINDERUNGEN HINTER DEN KULISSEN……
Menschen mit Behinderungen sind keine kleine Minorität, wir sind mehr als 50 Millionen EU-BürgerInnen mit einer Behinderungen, und stellen mehr als 10 % der EU-Bevölkerung dar.
Eine Familie von 4 hat ein behindertes Familienmitglied
Die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine universitäre Ausbildung erreichen, ist um 50 % geringer als bei nicht behinderten Menschen.
Viele behinderte Kinder haben keine Chancengleichheit beim Bildungszugang.
Unser Einkommen setzt sich weniger aus Erwerbseinkommen als aus Zuschussleistungen zusammen. Unser Einkommen ist überdies im allgemeinen wesentlich niedriger als das Einkommen von nichtbehinderten Menschen.
Unsere Arbeitslosenquote ist doppelt so hoch als die von nichtbehinderten Menschen.
Wir leben in einer unzugängigen Umwelt, obwohl wir, gemeinsam mit anderen nur zeitweise mobilitätsbehinderten Menschen, 40% der Bevölkerung ausmachen.
Einer von zwei behinderten Menschen konnte nie an Freizeit-, Kultur-, oder Sportaktivitäten teilnehmen und konnte nie ein Theater, ein Kino, ein Konzert oder Bibliotheken besuchen.
Wir sind mit Isolation und Vorurteilen konfrontiert.
Mehr als 200.000 Menschen mit Behinderungen sind in geschlossenenen Einrichtungen untergebracht, ohne ihr Leben selbstbestimmt gestalten zu können und unter äußerst fragwürdigen menschenrechtlichen Bedingungen.
Die Möglichkeit, sich frei in Europa bewegen zu können, bleibt für uns eine Vision, denn Barrieren aller Art hindern uns daran, unseren Wohnort zu verlassen.
1997-2007: SEIT ZEHN JAHREN DEN WEG BEREITEN
Die allererste Errungenschaft des Europäischen Behindertenforums 1997 machte den Weg frei für ein neues Zeitalter für Menschen mit Behinderungen in Europa. Die Aufnahme des Nichtdiskriminierungsartikels 13 im Vertrag von Amsterdam, der ersten und einzigartigen Bezugnahme auf Behinderungen im EU-Vertrag. Ein maßgeblicher Erfolg, welcher die Rechtsgrundlage schaffte, um Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung zu schützen und zugleich der Europäischen Union die Verantwortung übertrug, in diesem Sinne weiter zu arbeiten. Ein derartiger Erfolg wäre nie möglich gewesen ohne die europaweite Mobilisierung von Menschen mit Behinderungen und ihren repräsentativen Organisationen.
Im Laufe von zehn Jahren intensiver Arbeit auf EU-und nationaler Ebene, ist das Europäische Behindertenforum Triebfeder für zahlreiche europäische Initiativen und legislative Entscheidungen gewesen, die das Leben von Menschen mit Behinderungen in ganz Europa verändert haben und weiterhin verändern werden:
Eine zunehmende Zahl von europäischen Städten bietet zugängige öffentliche Transportmitteln für Menschen mit verminderter Mobilität an und unterstützen dabei ihre Autonomie und Mobilität;
Arbeitgeber müssen Bewerbungsverfahren auf der Grundlage der Chancengleichheit durchführen und eine Anpassung des Arbeitsplatzes anbieten, um den Bedürfnissen von behinderten Menschen gerecht zu werden;
Menschen mit Behinderungen können rechtliche Verfahren einleiten, sollten sie vom Arbeitgeber während des Bewerbungsverfahrens für einen Arbeitsplatz oder für eine Weiterbildung/Ausbildung diskriminiert werden;
Eine wachsende Zahl von öffentlichen Internetseiten ist für Menschen mit Behinderungen zugängig gemacht worden;
Eine wachsende Zahl von Aufzügen entspricht nunmehr den Zugänglichkeitsnormen;
Eine wachsende Zahl von Produkten und Dienstleistungen der Informations-und Kommunikationstechnologie, wie zum Beispiel mobile Telefone, Computerhardware und Software, ist nun für blinde Menschen und Menschen mit Sehbeeinträchtigungen zugängig;
Euro-Münzen und Banknoten sind die zugängigste Währung, die Europa jemals hatte;
Eine wachsende Zahl von Medikamenten werden mit einer informativen Beschriftung in Braille verkauft;
Menschen mit Behinderungen haben einen rechtlichen Anspruch auf qualitativ hochstehende Dienstleistungen, wenn sie mit dem Flugzeug reisen, vom Abflugflughafen bis zum Ankunftsflughafen;
Angeregt durch das EBF, wurde das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 veranstaltet, mit dem Ziel Sensibilisierung hinsichtlich des Themas Behinderungen von der europäischen bis zur lokalen Ebene voranzutreiben; überdies wurden viele politische und legislative Initiativen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten in Angriff genommen;
Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen für Produkte und Dienstleistungen, müssen öffentliche Behörden die Zugängigkeitsbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen;
35 % der EU-Mittel für die Finanzierung von regionalen und lokalen Projekten (Europäische Sozialfonds) müssen die Prinzipien der Nichtdiskriminierung und der vollen Zugängigkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen;
Die Internationale Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, welche maßgeblich durch das Europäische Behindertenforum unterstützt wurde, und durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 2006 beschlossen wurde, ist das erste international rechtsverbindliche Instrument, welches für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten anwendbar ist.
2007 UND DANACH: WIR MÜSSEN ALLE KRÄFTE MOBILISIEREN, UM UNSERE RECHTE ZU SCHÜTZEN!
Zugang zum Rechtsschutz, Geschäftsfähigkeit und Anerkennung durch das Gesetz
Wir, Menschen mit Behinderungen, sollten, so wie jede andere europäischer BürgerInnen auch, rechtlich gleichgestellt sein. In Übereinstimmung mit den bestehenden internationalen Menschenrechteinstrumenten, müssen wir, wie alle anderen BürgerInnen auch, geschäftsfähig sein und diese Geschäftsfähigkeit in allen Lebensbereichen ausüben können, einschließlich des Rechtes auf Eigentum, des Rechtes unsere eigenen Finanzen zu verwalten, Entscheidungen zu treffen und die Wahlmöglichkeit bezüglich Angelegenheiten, die unser Leben betreffen, zu haben sowie schließlich die Teilnahme an der Gesellschaft.
Bildung für alle
Wir, als behinderte Kinder und Erwachsene, müssen gleichberechtigten Zugang zu Bildung haben, die Möglichkeit haben, Bildung zu erhalten, unbesehen ob dies eine spezielle oder allgemeine Ausbildung ist, in einem inklusiven Umfeld und weiters müssen die Wahlmöglichkeit haben, im Dialog mit unseren Familien, unseren Bildungserfordernissen und Wünschen selbst bestimmen zu können.
Gleichbehandlung in Beruf und Beschäftigung
Wir, wie andere BürgerInnen auch, müssen bei der Bewerbung um eine Beschäftigung und bei der Aufrechterhaltung einer Beschäftigung wie alle anderen behandelt werden, ebenso müssen wir den gleichen Lohn und die gleiche Rechte für den gleichen beruflichen Status und Kompetenzen erhalten .
Dienstgeber müssen zudem bereit sein, den Arbeitsplatz den Bedürfnissen des behinderten Menschen anzupassen.
Sozialschutz einschließlich Sozialversicherung
Wir, die behinderten BürgerInnen, haben das Recht auf Chancengleichheit und das Recht, in ein anderes EU-Mitgliedsland umzuziehen, zu studieren, zu arbeiten, mit einem Familienmitglied zusammenzuleben usw. Dies erfordert jedoch die Beseitigung von Hindernissen in den Sozialschutzsystemen.
Unabhängig leben in der Gemeinschaft und unsere eigenen Lebensentscheidungen treffen
Wir, wie andere BürgerInnen auch, müssen die Möglichkeit haben, an dem Ort unserer Wahl zu wohnen, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die unsere Unabhängigkeit und gleichberechtigte Teilhabe sicherstellen (z. B. das Recht auf persönliche Assistenz). Es muss anerkannt werden, dass Familien eine wichtige Rolle bei den lebensprägenden Entscheidungen bezüglich Bildung und soziale Inklusion von behinderten Kindern und Menschen mit mehrfachen Behinderungen, die nicht in der Lage sind, sich selbst zu vertreten, spielen. Ressourcen und Unterstützung, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der behinderten Menschen und ihrer Familien, müssen verfügbar sein.
Zugang zu Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege
Wir, wie andere BürgerInnen auch, und insbesondere als Menschen, deren physische und/oder psychische Integrität gefährdet ist, müssen das Recht auf den Zugang zu qualitativ hochwertigen, wirksamen und leistbaren Gesundheits-und Pflegedienstleistungen haben, die mit Zustimmung des Einzelnen den jeweiligen Bedürfnissen entsprechen. Dies betrifft auch Frühdiagnose, unmittelbare Intervention, Rehabilitation und die Verfügbarkeit von notwendigen Ressourcen zur maximalen Förderung unserer Entwicklung.
Zugang zu Gütern und Dienstleistungen
Wir, wie andere KonsumentInnen auch, müssen in der Lage sein, das vollständige Angebot von Gütern und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Durch gesetzliche Maßnahmen muss sichergestellt werden, dass alle Güter und Dienstleistungen so gestaltet und angeboten werden, dass sie vollständig zugängig sind, entsprechend dem “Design for all” Prinzip.
Zugang zu Kultur, Freizeiteinrichtungen und Sport
Wir, wie andere BürgerInnen auch, müssen in der Lage sein, an allen kulturellen, Freizeit-und Sportaktivitäten teilzunehmen; diese müssen gänzlich zugängig sein und wir müssen die Möglichkeit haben, uns kulturell und künstlerisch auszudrücken.
Zugängigkeit von öffentlichen Verkehrmitteln
Wir, wie alle anderen BürgerInnen auch, müssen in der Lage sein, ungehindert und unabhängig zu reisen, sei es mit Bus, Bahn, Flugzeug oder Schiff, um das gewählte Ziel zu erreichen.
Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen
Wir, wie andere BürgerInnen auch, müssen in der Lage sein, vollständig ungehindert und unabhängig, auch mit Begleitung durch einen Partner-oder Blindenhund, einen sicheren Zugang zu allen öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Flächen zu haben, wie z. B. Parkanlagen, Spielplätze, Restaurants, Bars, Theater, Einkaufszentren, Museen oder zu irgendeinem Teil der erbauten Umwelt, wie z. B. Gehsteige, Straßen, Straßenübergänge. Gesetzliche Maßnahmen müssen sicherstellen, dass die erbaute Umwelt vollständig zugängig ist im Sinne von dem “Design for all” Prinzip
Zugängiges Kommunikations-und Informationsumfeld
Wir, wie alle anderen BürgerInnen auch, müssen ungehinderten Zugang zu allen Informationen im privaten und öffentlichen Sektor in zugängigen Formaten (elektronisches Format, schriftliches Format, Braille, Grossschrift, Gebärdensprache, Audio, Untertiteln, Leicht zu Lesen Text) haben Wir müssen Zugang zum vollen Spektrum der handelsüblichen elektronischen Kommunikationsmitteln haben, damit wir vollständig am sozio-wirtschaftlichen Leben der Gemeinschaft teilnehmen können.
Verbot von diskriminierenden und stereotypen Sichtweisen von Menschen mit Behinderungen
Wir, behinderte Frauen und Männer, verlangen nach Achtung unserer Würde im politischen und öffentlichen Leben, in der Werbung und in den Medien.
Das Recht auf zugängige Wahlmodalitäten und an der Beteiligung an Wahlkampagnen
Wir, wie andere BürgerInnen auch, müssen unser Wahlrecht frei und unabhängig ausüben können (einschließlich das geheime Wahlrecht und die Verfügbarkeit von zugängigen Wahllokalen, Wahlunterlagen und Wahldokumenten) und haben das Recht, in ein öffentliches Amt gewählt zu warden.
DIE BEHINDERTENBEWEGUNG FORDERT:
1. Umfassende behindertenspezifische Nichtdiskriminierungsgesetzgebung, um Menschen mit Behinderungen zu schützen, um bestehende Barrieren zu beseitigen, um die Errichtung von neuen Barrieren zu verhindern, um Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu erreichen.
2. Ein rasches Unterschrifts-und Ratifikationsverfahren durch die Europäische Gemeinschaft und durch die EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der Internationalen Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
3. Konkrete Maßnahmen, Vorgaben und Ziele, um die Gleichbehandlung in der Bildung sicherstellen sowie auch die Teilhabe am sozialen Leben für behinderte Kinder durch regionale, nationale und europäische politischen Maßnahmen zu gewährleisten.
4. Konkrete Maßnahmen, Vorgaben und Ziele, um die Gleichbehandlung in Beruf und Beschäftigung durch regionale, nationale und europäische Politik sicherstellen.
5. Nationale Reformen zur Deinstitutionalisierung von Menschen mit Behinderungen und die zur Verfügungstellung von Alternativen für selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft durch qualitativ hoch stehende und leistbare, entsprechend finanzierte Dienste, auch auf EU-Ebene.
6. Mindestnormen hinsichtlich Zugängigkeit und Nichtdiskriminierung in allen Finanzierungsinstrumenten, auch auf EU-Ebene, um die Schaffung von neuen Barrieren zu verhindern.
7. Fakten und Zahlen über Behinderungen, die die tatsächliche Situation und Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen in Europa darstellen, als eine solide Grundlage für die Entwicklung von legislativen Maßnahmen und Initiativen, um unsere Rechte wirksam zu schützen.
8. Allgemein gültige Normen und Gesetzgebung, um volle Zugängigkeit zu Produkten und Dienstleistungen innerhalb der gesamten Europäischen Union sicherzustellen.
Wir, Menschen mit Behinderungen in Europa, fordern die Europäische Union, sowie die nationalen, regionalen und lokalen ehörden auf, in enger Zusammenarbeit mit den Akteuren der Zivilgesellschaft, Diskriminierung zu einer Fußnote der europäischen Geschichte warden zu lassen!
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