Im Ermittlungsverfahren zur Strafanzeige
gegen
Frau Dr. med. … vom MDK … wegen Ausstellens eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses
lege ich gegen die mir am ….2013 zugegangene Entscheidung vom ….2013, das Ermittlungsverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen,
B e s c h w e r d e
ein, welche ich unter Hinweis auf die Ausführungen in der Strafanzeige und die ihr beigefügten Anlagen sowie auf der Basis der mir überlassenen Unterlagen wie folgt begründe:
Es ist unstreitig, dass es sich bei dem sozialmedizinischen Gutachten der Frau Dr. med. … für den MDK … bzw. die … vom ….2010 um ein Gesundheitszeugnis im Sinne des § 278 StGB handelt. Ebenso ist eindeutig, dass die Tatbestandsmerkmale "unrichtiges Zeugnis wider besseres Wissen" auch erfüllt sein können wenn ein Arzt ein entsprechendes Zeugnis ohne Untersuchung ausstellt.
Soweit der Strafanzeige nicht gefolgt wurde, ist nochmals auf die tragenden Gründe der Entscheidung des BGH mit Urteil vom 08.11.2006, 2 StR 384/06 zu verwiesen. Dort ist allgemeingültig ausgeführt:
"Nach § 278 StGB macht sich ein Arzt strafbar, der ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseren Wissens ausstellt. Die Vorschrift soll die Beweiskraft ärztlicher Zeugnisse für Behörden und Versicherungsgesellschaften sichern. Ein Zeugnis, das ein Arzt ohne Untersuchung ausstellt, ist als Beweismittel ebenso wertlos wie ein Zeugnis, das nach Untersuchung den hierbei festgestellten Gesundheitszustand unrichtig darstellt (BGHSt 6, 90, 92; RGSt 74, 229, 231). "
So wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht ohne persönliche Begutachtung ausgestellt werden dürfen, sind auch MDK-Ärzte ohne eigene Untersuchung nicht legitimiert, sich entgegen § 4 Abs. 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien AU-RL über die Beurteilung der behandelnden Fachärzte hinwegzusetzen und durch ein nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AU-RL für die Krankenkasse und die behandelnden Vertragsärzte verbindliches gegenteiliges Gutachten Arbeitsfähigkeit festzustellen.
Für den Schuldvorwurf des Ausstellens eines Gesundheitszeugnisses wider besseres Wissen gegen die Gutachterin ist nachrangig, ob der Empfänger des Gutachtens als medizinischer Laie die Begutachtungsmethoden nachvollziehen kann und ob das Gutachten bei ihm den Eindruck erweckt, dass eine Untersuchung stattgefunden hat.
Da die Strafvorschrift des § 278 StGB die Beweiskraft ärztlicher Zeugnisse für Behörden und Versicherungsgesellschaften sichern soll, darf sich der Empfänger auf deren Richtigkeit verlassen; er hat bei weitem nicht denselben Sorgfaltsmaßstab zu erfüllen wie die Gutachterin in ihrer Funktion des eigens dafür in Anspruch genommenen medizinischen Fachdienstes. Dies gilt jedenfalls, wenn das Gutachten wie hier den Begutachtungsauftrag eindeutig beantwortet.
Die Fragestellung bzw. der Begutachtungsauftrag der … an den MDK war klar abgegrenzt und durch die Formulierung präzisiert: "Bitte erstellen Sie ein (positives/negatives) Leistungsbild für den allgemeinen Arbeitsmarkt." - Anlage zu dieser Beschwerde. Dies hat auch Frau Dr. med. … so verstanden und auf Seite 2 oben des Sozialmedizinischen Gutachtens wiederholt: "Die Kasse fragt nach Leistungsbild". - Anlage 1 Seite 2 zur Strafanzeige.
Die Gutachten-Antwort zu dieser Frage bzw. zum Auftrag lautet: "Für die Vermittlungstätigkeit der versicherten Person gelten nach den uns vorliegenden medizinischen Unterlagen folgende Aussagen zum positiv-negativen Leistungsbild: Aufgrund o.g. Erkrankung mit entsprechenden Beeinträchtigungen sind … Tätigkeiten … vollschichtig möglich."
Damit war der Gutachten-Auftrag aus Sicht der … vollständig und zweifelsfrei beantwortet, obwohl es für diese Aussage keine tatsächliche Grundlage gab.
Anders als mit der Entscheidung vom ….2013 bisher geschehen beurteilt sich der Straftatbestand des wider besseres Wissen ausgestellten Gesundheitszeugnisses im Hinblick auf die Person der Gutachterin und deren konkrete Gutachtertätigkeit im Einzelfall. Dabei kann nicht als fachgerecht angesehen werden, dass sich die Gutachterin bei ihrem (psych.) Sozialmedizinischen Gutachten im … 2010 erkennbar auf unzutreffende Beurteilungsgrundlagen stützte indem sie sich an ein Gutachten vom Oktober 2009 anlehnte, auf der Basis eingestandener Unsicherheiten in zwei Richtungen spekulierte und die Zielfrage über eigene Zweifel hinweg eindeutig beantwortete.
Dass die Gutachterin dabei nicht wusste, dass sie wider besseres Wissen handelte und welche leistungsrechtlichen Auswirkungen sich daraus ergeben würden, kann nicht unterstellt werden. Für derartige fachliche Unzulänglichkeiten gibt es aufgrund der Ausführungen des MDK … vom …2010, wonach die Mitarbeiterin über die erforderliche Qualifikation verfügt, keine Anhaltspunkte - Anlage 7 zur Strafanzeige. Es spricht auch nichts dafür, dass sie einer anderen medizinischen Fachrichtung angehört oder wegen unzureichenden Erfahrungen in der Arbeitsunfähigkeits- / Leistungsbeurteilung psychisch Erkrankter qualitativ überfordert war.
Jedenfalls ließ auch das damals gültige Standard-Werk, die "Anleitung zur sozialmedizinischen Beratung und Begutachtung bei Arbeitsunfähigkeit (ABBA 2004)" solches Vorgehen nicht zu. Unter 5.2.3.7 Aussagen zum Leistungsbild (LB), Seite 7 unten, ist ausdrücklich vorgegeben: "Ist ein neues LB zu erstellen, so bedarf dies einer persönlichen Begutachtung. Eine Zeichnung des LB in der SFB nur anhand der Krankenkassenunterlagen ist aus sozialmedizinischer und arbeitsmedizinischer Sicht wegen der Tragweite der leistungsrechtlichen Entscheidung nicht zulässig."
Im Übrigen wird auf 5.4.1 "Erstellen eines Leistungsbildes während der Arbeitsunfähigkeit" mit der Formulierung "Ein Leistungsbild ist auch dann aufzuzeichnen, wenn es bei Arbeitslosigkeit die Grundlage zur Prüfung der Vermittlung bildet. Der Leistungsträger entscheidet auf der Basis des Leistungsbildes." und auf ,,7. Rolle des Gutachters" verwiesen.
In 5.3.1 der ABBA 2004 ist auch eindeutig geregelt: "Die Verantwortung für Inhalte des Gutachtens trägt der Gutachter". Die Gutachterin kann die grobe Verletzung ihrer Gutachterpflichten jedenfalls nicht damit entschuldigen, aus dem Gutachten habe sich für jedermann zweifelsfrei erkennbar ergeben, dass dieses auf unzutreffenden Beurteilungsgrundlagen basiert und eine persönliche Untersuchung nicht erfolgte.
Gerade wenn die Unrichtigkeit des Gesundheitszeugnisses für den Empfänger oder Dritte eindeutig erkennbar war, muss dies erst recht für die Gutachterin gelten. Deswegen war es ihre selbstverständliche Pflicht, bei der Erstellung des Gesundheitszeugnisses als Grundlage für die Entscheidung der … über Krankengeld-Ansprüche Sorgfalt walten zu lassen, statt Spekulationen als wissenschaftlich-methodisch gewonnene Erkenntnisse in ein Gesundheitszeugnis zu verpacken und der … zur Verfügung zu stellen. Deswegen kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre Einschätzung mit erkennbaren Unsicherheiten behaftet ist und dies aus einschränkenden Formulierungen (dass eine Stabilisierung eingetreten sein "sollte"; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit sei "nicht sicher beurteilbar") erkennbar war.
Unerheblich ist dabei, ob die Gutachterin eine Empfehlung gab; dies war nicht Inhalt des Begutachtungsauftrages. Die Folgen ergaben sich aus der Fragestellung der … und aus dem MDK-Gutachten zwangsläufig. Ergänzend wird auf die Gutachter-Empfehlung hingewiesen: "Arzt und Versicherter sollten zeitgerecht informiert werden." Das in der Strafanzeige auszugsweise zitierte Urteil des LSG Hessen ist somit einschlägig.
Mit ihren Erfahrungen als MDK-Ärztin musste Frau Dr. … auch klar sein, dass sich die Krankenkasse nach ihrem Gutachten richten und die Krankengeld-Zahlung einstellen würde. Dass die Krankengeld-Sachbearbeiterin der Krankenkasse eigenständig zu einer anderen medizinischen Einschätzung gelangen könnte oder ein ergänzendes Gutachten anfordern würde, liegt außerhalb jeglicher Realität. Mit dem Gutachten vom ….2010 hatte die Krankenkasse, was sich für die KrankengeldeinsteIlung wollte oder brauchte.
Da das Gutachten mit derart groben Fehlern behaftet ist, dürfte kaum verwundern, dass eine später beabsichtigte persönliche Begutachtung am fehlenden Vertrauensverhältnis scheiterte. Diese Tatsache entlastet Frau Dr. … im Zusammenhang mit ihrem Gutachten vom 25.05.2010 aber nicht. Vielmehr ist die nachträglich für erforderlich gehaltene persönliche Begutachtung Beweis für die Mangelhaftigkeit des tatsächlich erstellten Gutachtens. Gleichzeitig verhält sich der MDK widersprüchlich, indem er an jenem Gutachten gegen alle Einwände nach wie vor festhält.
Entlastende Gesichtspunkte hat Frau Dr. med. … im Ermittlungsverfahren nicht vorgebracht. Die Schilderungen des MDK … deuten stattdessen darauf hin, dass "Verdachtsgutachten" die übliche Verfahrensweise sind und erst auf nachträgliche Einwände genauer geprüft wird. Dazu beziehe ich mich auch auf die Mitteilung vom ….2013.
Nach allem muss davon ausgegangen werden, dass die Beschuldigte wider besseres Wissen ein unrichtiges Gesundheitszeugnis ausgestellt und damit eine Straftat begangen hat.
Das Gutachten führte zwangsläufig zur Einstellung des Krankengeldes und stattdessen zur Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld. Hinweise auf die (Mit-) Verantwortung der … sind aus der Einstellungsverfügung offensichtlich.
1 Anlage
Mit freundlichen Grüßen