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Technisches Gutachten im Sozialgerichtsprozess

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,846
Ort
Berlin
Hallo,
habe ja zur Zeit, viel Muse im Internet zu recherchieren. Ich fand folgenden Artikel. Vielleicht hilft es vielen BK-Opfern.

Das technische Gutachten, das eine hand- und stichfeste Begründung für seine Aussage beinhalten muss, kann nur von einem Sachverständigen erstellt werden, der innerlich und äußerlich unabhängig und völlig neutral ist, die technische und toxikologische Problematik detailliert kennt, auf diesem Gebiet viele Jahre erfolgreich gearbeitet hat und mit den sozialrechtlichen Vorgaben voll vertraut ist. Wesentliche Voraussetzung für eine sach- und fachgerechte Aussage sind die Arbeits- und u. U. auch die soziale Anamnese, die evtl. vom Gutachter durch eigene intensive Ermittlungen selbst eruiert werden müssen. Eine retrospektive Ermittlung mit sich anschließenden sicheren Aussagen zur betrieblichen Situation in früheren Jahren (z. T.30—50 Jahre zurückliegend) ist fast immer möglich (Literatur über alte Verfahren, intensive Befragungen älterer, auch ehemaliger Belegschaftsmitglieder, Ablagerungen von Gefahrstoffen am früheren Arbeitsplatz usw.). In der Ermittlung und Bewertung von schädlichen Einwirkungen im Betrieb und der sachgerechten Zuordnung ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Sozialgerichtsbarkeit unbedingt erforderlich.

P.Mayer • Herzogenrath
Technisches Gutachten im Sozialgerichtsprozess unter besonderer Berücksichtigung der Berufskrankheiten
Die Überlegungen des Verfassers, diese Thematik anzusprechen, in die insbesondere die Berufsgenossenschaften mit ihren Spezialkliniken, ihren technischen Aufsichtsdiensten und mit ihren Verwaltungen eingebunden sind, scheinen insofern richtig zu sein, weil die genannten Institutionen unmittelbar von dieser Thematik betroffen sind. Es können aber auch die Universitäten, die Fachhochschulen, sicher auch Teile der auf diesem Gebiet tätigen Staatsverwaltungen, die Sozialgerichtsbarkeit, aber auch die Industrie, die Dienstleistungsbetriebe und das Handwerk von diesen Aussagen partizipieren. Dabei hat der Verfasser versucht, seine mehr als 30-jährige Erfahrung auf diesem Gebiet in seine Aussagen mit einzubringen. Der Verfasser ist insbesondere in seiner Eigenschaft als Hochschullehrer der Fachgebiete Sicherheitstechnik und Arbeitsschutzrecht, wobei zur Sicherheitstechnik u. a. auch die Gefahrstoffe, die ionisierenden und nichtionisierenden Strahlen gehören, von Sozialgerichten, aber auch von ordentlichen Gerichten zur Erstellung von technischen Gutachten, meist in nicht ganz einfachen Fällen, aufgefordert worden. Der Verfasser ist diesen Aufforderungen, so weit er kompetent war, immer nachgekommen.

Kritikpunkte zum Feststellungsverfahren
Bei der Erstellung von Gutachten, und zwar dann, wenn Fragen zur Entschädigung von Berufskrankheiten anstanden, ist aufgefallen, dass die Feststellungen und damit auch die Aussagen im Rahmen des Feststellungsverfahrens sowohl von medizinischer als auch von technischer Seite nicht immer der gegebenen Situation gerecht wurden. Dies traf sowohl hinsichtlich der Einwirkung von Gefahrstoffen als auch hinsichtlich physikalischer Einwirkungen in Verbindung mit Lärm, aber in Einzelfällen auch mit Schwingungen, zu.
Im Vordergrund der Kritik stehen zunächst die Anamnesen, die in vielen Fällen nicht sehr aussagekräftig waren, weil die Tätigkeiten des Probanden und auch die Zeiträume der Exposition nicht sachgerecht dargelegt waren. Selbstverständlich waren auch keine Gefahrstoffkonzentrationen angegeben. Diese Mängel führten dazu, dass sich das Verfahren zur Feststellung möglicher Expositionen in nicht mehr vertretbar langen Zeiträumen z. B. über mehrere Jahre hinzog. Gerade diese lange Ermittlungszeit ist ein Schwerpunkt der Kritik am Feststellungsverfahren.
Diese Umstände in Zukunft zu vermeiden helfen, ist Ziel dieses Artikels - immerhin geht es dabei auch um die Glaubwürdigkeit, die Kompetenz und damit um das Ansehen der BG. Es geht aber auch um das sittliche Fundament dieser Institution, fehlt dieses, ist jede Tätigkeit gewissenlos.

Fallbeispiele
Beispielhaft sollen 3 Fälle aufgezeigt werden.

Fall 1
Ein Mitarbeiter eines Konzerns, der auch eine handwerkliche Ausbildung abgeschlossen hatte, stellte sich während seiner Lehrzeit von 1949-1952 nahezu jedes Wochenende für besondere Arbeiten zur Verfügung. Eine der wesentlichen Arbeiten an diesen Wochenenden war es, etwa 2-mal im Monat aus Kesseln mit dem Drucklufthammer Kesselstein zu entfernen. Die Arbeit gestaltete sich so, dass das linke Ohr jeweils zusätzlich in voller Höhe vom „Rückschall" getroffen wurde, sodass es einer wesentlich stärkeren Belastung ausgesetzt war als das rechte Ohr.
Eine HNO-Ärztin stellte am linken Ohr eine wesentlich höhere Vertäubung fest als am rechten Ohr, was mit dieser Belastung vollständig korreliert, führte aber aus dem Grund des unterschiedlichen Ausmaßes an beiden Ohren den relativ hohen Gehörschaden links nicht auf eine berufliche Belastung zurück und hat eine entsprechende MdE aufgrund der unterschiedlichen Vertäubung beider Ohren nicht als berufsbedingt, sondern mehr im privaten Bereich gesehen. Der zuständige technische Aufsichtsbeamte konnte im Rahmen des Feststellungsverfahrens ebenfalls keine plausible berufliche Belastungszuordnung finden. Nach geraumer Zeit hat dann der Verfasser diese Akte erhalten und konnte durch intensive Befragung und umfangreiche technische Recherchen mit Rechensimulationen die wahren beruflichen Belastungen aufklären und einer Entschädigung zuführen.

Fall 2
Ein Mitarbeiter, geb. 1940, hatte Tankwart gelernt und war gleichzeitig auch im Bremsendienst der angeschlossenen Werkstatt tätig (5 Jahre). Anschließend war er in einem Eisen- und Stahlwerk 19 Jahre mit verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt. Danach war er als Walzer eingesetzt, später dann zum Schleifen von Walzen und Rollen. Er verstarb mit 48 Jahren an einem Lungenkrebs. Es war noch bekannt, dass er etwa 10 Jahre pro Tag 10 Zigaretten geraucht hatte. Der zuständige technische Aufsichtsbeamte der BG konnte bei seinen Recherchen keine besonderen Gefahrstoffe feststellen, geschweige denn Konzentrationen angeben, und der zunächst in das Feststellungsverfahren eingeschaltete Arzt hat die Lungenkrebserkrankung auf die angesprochenen Rauchgewohnheiten zurückgeführt.
Das Landessozialgericht Duisburg hat den Unterzeichner um ein wissenschaftliches Gutachten mit einer exakt formulierten Fragestellung gebeten. Von Seiten des Verfassers wurde zunächst eine exakte Arbeitsanamnese erstellt und in Verbindung mit dieser die Gefahrstoffsituation erarbeitet. Selbstverständlich kamen dem Verfasser Kenntnisse, die er sowohl in der Erdölindustrie (Raffinerie) als auch im Stahlwerk erworben hat, zugute.
Natürlich wurden auch die vorhandene Literatur technischer und medizinischer Art, letztere besonders hinsichtlich Aussagen zum Rauchen (z. B. Doll, Drings, McLaughlin), und eine Fülle technischer Literatur in die Bewertung einbezogen.

Fall 3
Ein gelernter Glashüttentechniker, etwa 60 Jahre alt, erkrankte an einem Kehlkopfkarzinom. Die zuständige BG war nicht die der keramischen und Glas-Industrie. Der technische Aufsichtsdienst ist im Rahmen des Feststellungsverfahrens davon ausgegangen, dass ein Techniker im wesentlichen Tätigkeiten im Büro oder als Aufsichtsführender im Betrieb ausübt, dadurch aber mit Gefahrstoffen, im speziellen Fall Asbest, kaum etwas zu tun hat.
Der Verfasser wurde dann vom zuständigen Sozialgericht gebeten, ein technisches Gutachten zu erstellen. Unter intensiver Hinterfragung der Betriebe, bei denen der Glastechniker sowohl während seines Praktikums als auch später als Glastechniker beschäftigt war, und durch allgemeine Rückfragen in anderen Betrieben, wurde auch die Plausibilität unter Einbeziehung der eigenen Kenntnisse geprüft. Nur dadurch konnte eine sach- und fachgerechte Aussage gemacht werden, wobei noch herauszustellen ist, dass von Seiten des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Gießen eine umfassende Arbeits- und Sozialanamnese gefertigt worden war.

Technisches Gutachten -Sinn und Zweck

Den Sinn und Zweck von Gutachten beschrieb Wölk zutreffend, indem er davon ausging, dass die Auftraggeber von Gutachten Fragen zu Einzelsachverhalten oder grundsätzlichen Problemen beantwortet haben möchten. Sie haben dabei aber keineswegs allein ein Interesse daran, dass ihre Fragen nur beantwortet werden. Es geht ihnen vielmehr auch darum, eine Begründung für die vom jeweiligen Gutachter vertretene These zu erhalten.

Fragestellung des Gerichts an den Gutachter
In nahezu allen Fällen waren die Forderungen der Gerichte an den Gutachter etwa folgendermaßen formuliert:
„Es soll gem. §106 SGG durch ein wissenschaftliches Gutachten über folgende Fragen Beweis erhoben werden:
1. Welchen Schadstoffen war der Versicherte (Kläger) während seiner verschiedenen beruflichen Tätigkeiten ausgesetzt?
2. a) Lassen sich die zur Frage 1 aufzuführenden Stoffe quantifizieren, insbesondere in Gestalt einer den Zeitfaktor integrierenden kumulativen Gesamtbelastungsdosis (vorzugsweise für jeden einzelnen Gefahrstoff)? Welche Maßeinheiten kommen in Betracht?
b) Mit welchen Unsicherheitsfaktoren ist die jeweilige Berechnung behaftet?
3. Welche der Stoffe, mit denen der Versicherte (Kläger) beruflich in Kontakt gekommen ist, sind
a) generell,
b) jedenfalls aufgrund ihrer im speziellen Fall zu sichernden kumulativen Gesamtbelastungsdosis,
c) zumindest in Kombination oder gar im Synergieeffekt untereinander geeignet, neben den Rauchgewohnheiten des Versicherten zumindest teilursächlich in dem diagnostizierten Karzinom im rechten Lungenunterlappen beizutragen? Was gilt insbesondere noch für eine andere aufgetretene Gefahrstoffgruppe (Nitrosebasis)."
Selbstverständlich kann sich ein Sozialgericht in der Fragestellung zur Beweisaufnahme auch wesentlich kürzer fassen z. B. etwa in der Form:
„Es soll durch ein wissenschaftlich begründetes schriftliches Gutachten gem. §106 SGG über Folgendes Beweis erhoben werden:
- Art und Ausmaß der Schadstoffeinwirkung auf den Kläger während seiner Tätigkeit als Isolierer".
Ein Sozialgericht hat um Folgendes nachgesucht:
„Erstellen Sie gem. §106 SGG ein wissenschaftlich begründetes Gutachten unter Rekonstruktion der Betriebsverhältnisse, um die Gefahrstoffsituation in den Jahren 1960-1975 sicher bewerten zu können."
Bei physikalischen Einwirkungen, wie z. B. bei Lärm, kommt es ganz entscheidend darauf an, wo, also in welchen Bereichen, die Lärmeinwirkungen stattfanden, ob in Kesseln (Autoklaven), z. B. bei Lösen des Kesselsteins, oder in Werkstätten, in Fabrikhallen, aber auch in Fahrerkabinen, wobei oft die Richtung des Lärms zum Gehörorgan eine gewisse Rolle spielen kann.
Man erkennt in diesen Fragestellungen sehr deutlich die hohen Ansprüche, die von Seiten der Sozialgerichte an den Gutachter gestellt werden müssen, um die anliegende Problematik im Sinne des Rechts einwandfrei und neutral lösen zu können.

Allgemeine Anforderungen an den technischen Gutachter

Die Einschaltung eines qualifizierten technischen Gutachters steht immer nur dann zur Disposition, wenn gegen einen Bescheid des Unfallversicherungsträgers geklagt wird, weil der Kläger die aus seiner Sicht oft nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Unfallversicherungsträger einfach nicht versteht und vielfach auch zu Recht nicht nachvollziehen kann.
Wichtig ist, dass der Gutachter bzw. der Sachverständige nur jemand sein kann, der innerlich und äußerlich unabhängig ist und neutral über dem Streit der Sozialpartner steht. Hierzu ist in der Regel Interessenungebundenheit und v. a. Objektivität unbedingt Voraussetzung. Wird ein Gutachtenauftrag übernommen, ist für die unparteiische Erfüllung dieser Aufgabe, hier unterscheidet sich der Ingenieur vom Arzt, nicht allein der von der technischen Wissenschaft gelehrte derzeitige Stand der Erkenntnis verpflichtend, sondern es ist vielmehr der Stand der Technik verpflichtend, der zur Zeit der Exposition des Versicherten (Klägers) im speziellen Betrieb gegeben war. Der technische Sachverständige muss selbstverständlich über die Kenntnisse der sozialrechtlichen Vorgaben verfügen, denn er ist verpflichtet, den Begriffsinhalt der von ihm verwendeten Bezeichnungen im sozialjuristischen Sinn zugrunde zu legen.

Ermittlung der Exposition des Versicherten

Von besonderer Bedeutung für jede gutachterliche exakte Aussage ist die sach- und fachgerechte Ermittlung der Exposition des Versicherten in Verbindung mit seiner Tätigkeit.
Der Arzt, der sich mit den Versicherten z. B. im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung auseinandersetzte, war gezwungen, entweder selbst oder durch seinen Assistenten eine umfassende, alle Einzeltätigkeiten berücksichtigende Arbeitsanamnese zu erstellen bzw. erstellen zu lassen. Sie ist eine wichtige, nicht zu ersetzende Grundlage für das technische Gutachten. Nur dann, wenn eine solche umfassende Anamnese vorliegt, kann der technische Experte ein aussagefähiges Gutachten erstellen. Fehlt diese, müssen die Ermittlungen und die Erstellung der Anamnese einschließlich der Einwirkungen von Gefahrstoffen oder anderer z. B. physikalischer Belastungen (Einwirkungen) mit den entsprechenden Daten wie Konzentrationen oder z. B. Schalldrücken und der Expositionszeiten ermittelt werden. Nur dann können richtungweisende bzw. sichere Aussagen getroffen werden.

Berufsgenossenschaftliche Erhebungen im Rahmen des Feststellungsverfahrens (Amtsermittlung)

Begriff „Amtsermittlung"
Es stellte sich die Frage, ob der Begriff „Amtsermittlung" auch für die Ermittlung von Fakten durch die technischen Aufsichtsdienste aus rein rechtlicher Sicht richtig ist. Dies ist zu bejahen, da als „Amt" die Organisationseinheit der Verwaltung, deren Aufgabe und Zuständigkeit vorgeschrieben ist, bezeichnet wird. Eine weitere Definition ist auch „Gesamtheit der Aufgaben eines Geschäftsbereiches der Staatsgewalt oder der Selbstverwaltung". Die Amtsermittlung z. B. bei Berufskrankheiten mit relativ langer Latenzzeit, wie bei Erkrankungen durch Asbestfeinstäube, die faserförmig auftreten, oder aber auch bei Quarz- oder quarzhaltigen Feinstäuben oder bei Lärmeinwirkungen und ionisierenden Strahlen, ist in vielen Fällen von den technischen Aufsichtsdiensten nicht aller, aber doch vieler Berufsgenossenschaften aus einer Reihe von Gründen, vorsichtig ausgedrückt, nicht optimal gelungen.

Ursachen für Fehleinschätzungen
Eine nicht unwichtige Ursache für manche Fehleinschätzung der tatsächlichen Situation sind die langen Latenzzeiten, die in besonderem Maß die tatsächlichen Betriebszustände in Verbindung mit den einzelnen Tätigkeiten betreffen, die in den 50er Jahren völlig anders, und zwar wesentlich gefahrstoffintensiver als Mitte der 80er oder der 90er Jahre gewesen sind. Gerade jüngere technische Aufsichtsbeamte können sich Betriebszustände aus Mitte der 50er Jahre einfach nicht mehr vorstellen. Dies gilt auch für den Einsatz von Führungskräften in diesen Zeiträumen, die ja in vielen Fällen und gerade bei besonders kritischen Situationen unmittelbar vor Ort waren und z. T. auch besonders anspruchsvolle Arbeiten selbst erledigt haben.
Ein weiterer Punkt ist, dass es heute Verfahren, die bis etwa 1980 gängig waren und auch Gefahrstoffe freigesetzt haben, nicht mehr gibt und dass diese vielfach auch nicht mehr bekannt sind. So ist es schwer, von z. T. schlecht ausgebildeten Aufsichtspersonen (§9 SGB VII) derartige Verfahren bezüglich einer Gefahrstoffexposition von früheren Versicherten, die mit diesen Verfahren umgegangen sind, richtig einzuschätzen.
Der Verfasser hatte z. B. vor kurzem ein Gutachten in Verbindung mit Asbestbelastung zu erstellen, wobei auch ein Umgang mit Talkum gegeben war. Der technische Aufsichtsdienst einer großen Berufsgenossenschaft hat ohne jede Begründung eine Asbestexposition kategorisch ausgeschlossen. Da dieses Verfahren in optisch-mechanischen Werkstätten etwa bis 1980 üblich war, muss man sich natürlich fragen, ob dieses kategorische „nein" ohne jede Prüfung des gegebenen Tatbestands eine möglicherweise gerechtfertigte Leistung von vornherein ausschließen sollte. Hier wäre dann ein Punkt erreicht, wo tatsächlich die Glaubwürdigkeit der gesamten gesetzlichen Unfallversicherung auf dem Prüfstand stünde. Ein solcher kategorischer Ausschluss ist aber kein Einzelfall. Vielfach müssen heute gesetzliche Unfallversicherungsträger bei sicher etwas schwierigeren Fällen insbesondere in Verbindung mit der doppelten Kausalität von den Sozialgerichten zur Erbringung von Leistungen gezwungen werden. Diesen Gerichtsentscheidungen geht aber meistens ein qualifiziertes Gutachten von einem technischen Experten voraus, was natürlich die Entschädigungsverfahren nicht gerade beschleunigt. Gerade dies ist aber stets ein Punkt der Kritik an den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern gewesen. Man muss aber in diesem Zusammenhang feststellen, dass die Amtsermittlungen, aber auch die Stellungnahmen z. B. zu den technischen Gutachten der vom Gericht bestellten Sachverständigen sehr lange dauern. Das macht deutlich, wie wichtig eine exakte Anamnese ist.

Anamnese, die Grundlage jedes Ermittlungsverfahrens

Es wurde bereits dargelegt, dass die Anamneseerhebung eine, ja vielleicht sogar die wesentliche Grundlage für ein qualifiziertes technisches Gutachten ist. Sie gestaltet sich nicht immer einfach, was an einigen Anamnesen - sehr guten, aber auch unbrauchbaren - kurz aufgezeigt werden soll.
Die beste Anamnese, die der Verfasser je gesehen hat, wurde vom Institut und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Gießen erstellt, die schlechteste von einer bekannten und sehr erfolgreich arbeitenden Klinik.


Probleme bei Amtsermittlungen
Woitowitz führte zur Amtsermittlung folgendes aus: „Die Folgen der Amtsermittlung entscheidungsrelevanter Tatbestände für das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Begutachtung können nicht kritisch genug bewertet werden."
Dies soll an einem Fallbeispiel aufgezeigt werden. Zu beantworten war die Frage, ob der Tod eines 53-jährigen Versicherten auf eine Lungenasbestose zurückzuführen sei:
Im Verwaltungsverfahren, d. h. dem BG-Feststellungsverfahren, verfügten die ärztlichen Sachverständigen nicht über eingehende Kenntnisse der gesundheitsgefährdenden Einwirkungen von Asbestfaserstaub am langjährigen Arbeitsplatz des Patienten. Es wurde daher maßgeblich auf das Ergebnis der Amtsermittlung durch den zuständigen technischen Aufsichtsbeamten der gewerblichen BG Bezug genommen. Aufgrund der auf knapp einer Seite negativ bzw. vage gehaltenen Formulierungen... „vergleichbare Messwerte heute nicht mehr zu erhalten" ... bzw. ...„eine Asbeststaubexposition kann nicht ausgeschlossen werden" ... war die haftungsbegründende Kausalität medizinisch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Obwohl die Arbeitsanamnese vom behandelnden Arzt qualifiziert und erschöpfend erhoben war und eine jahrzehntelange, erhebliche Asbestfaserstaubeinwirkung aufzeigte, wurde der asbestosetypische Sektionsbefund gutachtlich - letztlich aufgrund der sicherheitstechnischen Amtsermittlung -als „idiopathische (ursächlich nicht zu klärende) Lungenfibrose" gedeutet. Die Voraussetzungen zur Anerkennung einer „Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)" im Sinne der Nr. 4103 der Berufskrankheitenverordnung (BeKV) wurden damit verneint.
Daraufhin kam es zum Sozialgerichtsverfahren. Im Rahmen der richterlichen Beweisermittlung gelang es, eine weitere sicherheitstechnische Expertise beizuziehen. Sie umfasste etwa 21 Seiten und enthielt ausführliche Tabellen über vergleichbare Messwerte der Asbestfaserstaubkonzentrationen und eindrucksvolle Abbildungen der früheren Arbeitsplatzverhältnisse. Zugrunde gelegt wurde die Arbeitsbiographie des Versicherten.

In Übereinstimmung mit der qualifizierten Arbeitsbiographie und der Expertise des Leitenden technischen Aufsichtsbeamten war damit der positive Wahrscheinlichkeitsbeweis der haftungsbegründenden Kausalität zu erbringen. Die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer tödlich verlaufenden Lungenasbestose gem. Nr. 4103 BKV mit einer MdE zu Lebzeiten von 100% wurden bejaht.
Aufgrund der eigenen, nahezu 25-jährigen praktisch-poliklinischen und wissenschaftlichen Erfahrungen mit Berufskrankheitenfragestellungen muss eine inadäquate Amtsermittlung geradezu als die Achillesferse der arbeitsmedizinischen Begutachtung von Berufskrankheiten angesehen werden. Trotz der resultierenden Verzögerungen sollte der ärztliche Sachverständige daher ggf. von seinem Recht Gebrauch machen, zunächst die noch ausstehenden, genaueren Ermittlungen vornehmen zu lassen, bevor er sein Gutachten erstattet.

Beispiele schlechter Anamnesen
Nach obiger exzellenter Anamnese sollen noch einige Arbeitsanamnesen vorgestellt werden, die diesen Namen einfach nicht verdienen, weil der technische Gutachter hiermit nur sehr wenig anfangen kann.

Derartige Anamnesen sind auch in Gerichtsakten zu finden. Natürlich sind in den Akten noch Stellungnahmen der technischen Aufsichtsdienste und medizinische Untersuchungsbefunde, die BK-Anzeige, Stellungnahmen der Verwaltung und letztlich auch ein Bescheid über das Ergebnis des Feststellungsverfahrens sowie der Widerspruch des Probanden und die Klage, meistens von einem Rechtsanwalt formuliert, sowie eine entsprechende Vollmacht.

Retrospektive Ermittlung durch Gutachter im Klageverfahren

Selbstverständlich können aus den Gerichtsakten z. B. aus Zeugenaussagen, meist sind die Zeugen Arbeitskollegen des Klägers oder der Klägerin, die ja auch namentlich und mit Anschrift genannt sind, oder aus ärztlichen Feststellungen, die sich z. T. intensiv mit dem Kläger auseinander gesetzt haben, eine Reihe von technischen Details entnommen worden. Der Verfasser hat in sehr vielen Fällen, in denen er von den technischen Aufsichtsdiensten so gut wie nichts erfahren konnte, durch Probenahmen von Stahlträgern oder Oberlichten, in persönlichen Gesprächen mit den Sicherheitsingenieuren, Mitarbeitern, Meistern, aber auch durch Betriebsbegehungen eine Reihe von Details, die er intensiv hinterfragt hat, auch umfangreiche Informationen über eingesetzte Stoffe, Gefahrstoffe und auch Expositionen erhalten können. Der qualifizierte Gutachter, der ja häufig die Verfahren kennt, kann im Betrieb, auch wenn lange Latenzzeiten zu der Erkrankung führten, durch qualifizierte Hinterfragung in sehr vielen Fällen ein zutreffendes Bild zur Exposition erhalten. Auch in Verbindung mit Messergebnissen, also der retrospektiven Ermittlung z. B. auch in ähnlich gelagerten Betrieben, sind intensive Befragungen notwendig, da der qualifizierte Sicherheitsingenieur Messergebnisse, die oft Jahrzehnte zurückliegen, u. U. erst nach konsequentem Nachfragen herausgibt.
Der Verfasser hat zudem häufig auf Kongressen im In- und Ausland Informationen erhalten, die in den Kongressniederschriften enthalten sind, die auch retrospektiv eine Ermittlung der alten Zustände in den Betrieben erlauben.
Zu Recht wurde von Woitowitz auf die negativen Folgen langer Latenzzeiten für die Amtsermittlung hingewiesen, wenn er sagt:
„Es liegt auf der Hand, dass ein langer Zeitabstand zwischen dem Beginn der schädigenden Einwirkung und dem Auftreten der Wirkung, die sog. Latenzzeit -allein aus erkenntnistheoretischen Gründen - generell weitreichende, negative Folgen für eine adäquate Amtsermittlung entscheidungsrelevanter Tatbestände nach sich zieht".
In der Regel ist das zwar so, aber es muss nicht immer so sein. Der Verfasser hat vor einiger Zeit einen Fall zu bearbeiten gehabt, bei welchem ein heute 70-jähriger Mitarbeiter an einer Pleuraasbestose erkrankte. Dabei war zunächst nicht ganz klar gewesen. woher die Pleuraasbestose stammte, ob sie berufsbedingt war oder nicht. Der Verfasser besuchte den Betroffenen im Rahmen seines Gutachtenauftrags und befragt ihn intensiv, was er alles gearbeitet habe. Dabei kamen 2 für die Erkrankung entscheidende Fakten zu
Tage:
1. Der Erkrankte hatte im Rahmen von Notstandsarbeiten in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg bei der Sprengung von ehemaligen Luftschutzbunkern mitgewirkt. Bei nicht abgesaugten Trockenbohrungen im Beton ist er dabei mit Asbest in Berührung gekommen, da beim Bau dieser Bunker in den Jahren 1942/43 - hier sind auch Erkenntnisse aus den Feuerstürmen in Lübeck im Jahr 1942 mit eingeflossen - Asbest als feuerfestes Material bei den Abdichtungen nach außen verwendet wurde. Zudem war von der Gesteinsauswahl her eine Asbestbelastung zu vermuten, die auch nachgewiesen werden konnte.
2. Der Erkrankte war während seiner Feinmechanikerlehre z. T. in erheblichem Umfang mit asbesthaltigem Talkum umgegangen.
Bei den retrospektiven Ermittlungen, wenn sie sach- und fachgerecht erfolgen sollen, kommt es selbstverständlich darauf an, dass alle Arbeitsvorgänge detailliert untersucht werden und penibel die einzelnen Arbeitsverrichtungen analysiert und intensiv hinterfragt werden. Dann können mit Sicherheit sachgerechte Einblicke auch in die einzelnen Gefahrstoffe, mit denen der Versicherte umgegangen ist, ermittelt und vielfach auch Erkenntnisse über ihre mögliche Freisetzung und die gegebenen Konzentrationen gewonnen werden. Gute Ansätze hierzu sind im BG Report 1/97 und aus zahlreichen Literaturstellen zum entsprechenden Gefahrstoff ersichtlich.
Von Bedeutung für die retrospektive Ermittlung ist die intensive Befragung des Probanden, so lange das möglich ist. Gute Erfolge hat man auch mit schriftlichen Aufzeichnungen des Betroffenen gemacht, die dann detailliert hinterfragt werden können und müssen. In nahezu allen Fällen wird man auch bezüglich der Fragen der kausalen Zusammenhänge weiterkommen, das trifft bei der intensiven Befragung von früheren Arbeitskollegen und v. a. bei der Einbeziehung der Vorgesetzten zu. Hierbei kann es vorkommen, dass von Seiten der mittleren Führung, aber auch der Betriebsleitung Fragen nach der Verantwortung am Arbeitsplatz gestellt werden und ob sie im zur Frage stehenden Fall evtl. zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden könnten, beispielsweise dann, wenn sie auch über Gefahrstoffkonzentrationen unterrichtet gewesen wären. Es wird dann immer auf ein Urteil verwiesen, in welchem ein Unternehmer, der über Jahrzehnte hinweg Asbest verarbeitet hat und in dessen Betrieb auch Todesfälle aufgetreten sind, vom Gericht vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung nach §222 StGB aus einer Reihe von Gründen freigesprochen wurde.
Solche Gespräche können für die retrospektive Ermittlung sehr wertvoll sein.

Anforderungen an die technische Begutachtung
Grundsatz ist, dass die Aussagen in sich sachlich richtig und ohne Widerspruch sein müssen. Das bedeutet, dass die angesprochenen und bewerteten Fakten eindeutig, in sich plausibel und im weitesten Sinne soweit möglich nachprüfbar sein müssen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn technische Beweise dokumentiert sind. Im Beweisverfahren in Verbindung mit Berufskrankheiten steht das in einem Messbericht dokumentierte Messergebnis im Vordergrund. Aber auch Messergebnisse aus der Literatur bei gleichen oder ähnlichen Verfahren können gute Beweise darstellen.
Bei Arbeitsunfällen, um dieses Problem nur einmal kurz anzusprechen, können dokumentierte Bruchflächen, aber auch z. B. fotografisch dokumentierte Risse in Verbindung mit einer plausiblen Entstehungstheorie gute Beweismittel sein. Wichtig ist auch die Eindeutigkeit des Tatbestands.
Bei Arbeitsunfällen sind, wie auch bei Berufskrankheiten, Fragen der doppelten Kausalität zu beachten. Gleichzeitig sind aber Erkenntnisse zu §110 SGB VII zu berücksichtigen. Selbstverständlich muss man sich auch mit Fragen der Nichtbeachtung von Arbeitsschutzbestimmungen und der Vorsorgeverantwortung der Führungskräfte auseinanderzusetzen, weil bei grober Fahrlässigkeit in Verbindung mit §110 SGB VII auch Fragen der Lohnfortzahlung zu klären wären.
Nun könnte man davon ausgehen, dass im Rahmen des Feststellungsverfahrens durch die für den Betrieb zuständige Aufsichtsperson (technischer Aufsichtsbeamter) des gesetzlichen Unfallversicherungsträgers, die am Feststellungsverfahren beteiligt war, die technischen Fragen, wie
- Exposition des Versicherten,
- Zeiträume der Exposition, und auch,
- wenn es sich um Gefahrstoffe handelt, die jeweiligen Konzentrationen und die an der möglichen BK beteiligten Gefahrstoffe einwandfrei ermittelt wurden. Das setzt voraus, dass die Aufsichtsperson die vorliegende Gefahrstoffkonzentration messtechnisch am Arbeitsplatz des Versicherten über die gesamte Beschäftigungszeit eindeutig erfasst hat. Dazu kann es erforderlich sein, wenn aus früherer Zeit keine exakten Ergebnisse vorliegen, diese zu simulieren, um allen Erfordernissen gerecht zu werden. Weiterhin ist es notwendig, auch die einzelnen beruflichen Stationen des erkrankten Mitarbeiters detailliert zu ermitteln und zu bewerten.

Einschätzungsschwierigkeiten aufgrund völlig veränderter Arbeitsplatzsituation
Aus der Sicht des Verfassers ist das oft recht schwierig, weil, wie schon kurz angesprochen, die jüngere Generation der technischen Aufsichtsbeamten die alten Betriebsverhältnisse und die daraus resultierenden Belastungen z. B. in Verbindung mit der Freisetzung von Gefahrstoffen einfach nicht kennt und sich derartige Situationen auch nicht vorstellen kann. Vor allem können die damit verbundenen Einwirkungen von Gefahrstoffen nicht zugeordnet, geschweige denn quantifiziert werden.

Im Lauf der Zeit veränderter Tätigkeitsbereich von Führungskräften

Der Verfasser hat in Verbindung mit der so genannten Amtsermittlung auch erfahren müssen, dass der Einsatz der Führungskräfte in früheren Zeiten vielfach vollkommen anders war als die jüngeren Aufsichtspersonen annehmen oder es sich vorstellen können. In zahlreichen Betrieben war es üblich, dass bei schwierigen Arbeitsvorgängen oder bei Störungen immer die Führungskräfte eingesetzt wurden. Meist, das liegt aber in der Natur der Sache, sind die Führungskräfte der unteren und mittleren Ebene stärker gefordert gewesen als diejenigen der oberen Etagen, sicher auch deswegen, weil sie sich handwerklich besser helfen konnten als das obere Management. Das hat aber dazu geführt, dass eben auch Führungskräfte an entsprechenden Berufskrankheiten erkranken konnten und noch können.
An diese Fakten ist bei der Erstellung der Anamnese zu denken.

Auswertung von Arbeits- und Sozialanamnesen
Der Verfasser hat im Rahmen eines Forschungsvorhabens 183 Arbeits- und z. T. auch Sozialanamnesen renommierter Kliniken und z. T. namhafter Arbeitsmediziner, aber auch solche, die in Zusammenarbeit mit Sicherheitsingenieuren gefertigt wurden, ausgewertet. Nur etwa 20% konnten für das Forschungsvorhaben, von der einen oder anderen Einschränkung abgesehen, gut verwendet werden. Um aussagefähige Gefahrstoffexpositionen zu erhalten, mussten insgesamt 147 Probanden, deren Angehörige, Mitarbeiter in den Betrieben und Sicherheitsingenieure aus den betroffenen Betrieben zum größten Teil telefonisch, einige aber auch persönlich befragt werden, um eine sachgerechte Exposition der Probanden ableiten zu können. Obwohl z. T. Messergebnisse vorlagen, waren die Bewertung und die sachgerechte Einordnung in die Zeitabläufe nicht ganz einfach, denn die Arbeitszeit ist nicht immer auch Expositionszeit.
Wichtig für den technischen Gutachter ist es auch, zu erkennen, wo seine Grenzen liegen, in Bezug auf die Zuordnung gemeinsam auftretender z. B. kanzerogener Stoffe oder solcher, von denen einer kanzerogen ist und der andere nicht oder noch nicht sicher als kanzerogen erkannt bzw. noch nicht eingestuft ist. Hier wäre z. B. auch an Quarzfeinstaub zu denken.
Interessant kann natürlich auch die Zuordnung gemeinsam auftretender Asbeste, wie z. B. Chrysotil und Krokydolith oder aber Amosit und Aktinolith, aber auch Tremolit sein. Die Bewertung wird im Wesentlichen dem qualifizierten Arzt für Arbeitsmedizin oder dem Toxikologen zukommen müssen, wobei der toxikologisch gut ausgebildete Ingenieur im Rahmen seines Gutachtens durchaus begründete Vorschläge machen sollte.
In der Ermittlung und Bewertung von chemischen, physikalischen und mechanischen Einwirkungen in Verbindung mit sachgerechten Zuordnungen im Rahmen des Berufskrankheitenrechts wird doch sehr deutlich, wie wichtig eine sachgerechte und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und der Sozialgerichtsbarkeit auf dem sittlichen Fundament, das diese 3 Wissensbereiche im Kern verbindet und verbinden muss, ist. Diese Zusammenarbeit kann letztlich auch eine gute Grundlage für das Funktionieren der Sozialsysteme sein.

Fazit
1. Das technische Gutachten im Sozialgerichtsprozess, insbesondere in Verbindung mit Klagen von Versicherten gegen die gesetzlichen Unfallversicherungsträger in Verbindung mit Berufskrankheiten, gewinnt an Bedeutung. Die Gründe hierfür scheinen in den nach Auffassung der Kläger nicht immer sachgerechten Entscheidungen der Versicherungsträger zu liegen. Aus der Sicht des Verfassers ist in der Tat die Amtsermittlung, die von den technischen Aufsichtsdiensten, und zwar in der Regel von dem oder der für den Betrieb zuständigen Aufsichtsperson, vorgenommen wird, häufig sachlich nicht nachzuvollziehen, weil man den Eindruck gewinnt, dass die Ermittlungsergebnisse oft nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Die Gründe hierfür liegen vielfach in dem Unvermögen der Ermittler, sich in die in den 50er und 60er Jahren gegebenen betrieblichen Verhältnisse hineinzudenken, denn durch die langen Latenzzeiten liegt der Ursprung der Erkrankung häufig 30-50 Jahre vor dem Ausbruch der Berufskrankheit.
2. Das technische Gutachten kann nur von einem Sachverständigen erstellt werden der innerlich und äußerlich unabhängig ist und völlig neutral über dem Streit der Sozialpartner steht und der sowohl die gegebene technische und toxikologische Problematik detailliert kennt, auf diesem Gebiet viele Jahre erfolgreich gearbeitet hat und mit den sozialrechtlichen Vorgaben voll vertraut ist.
3. Da das technische Gutachten neben den arbeitsmedizinischen Gutachten die Grundlage für einen Verwaltungsakt ist, muss es eine hand- und stichfeste Begründung für seine Aussage beinhalten.
4. Eine wesentliche Voraussetzung für eine sach- und fachgerechte Aussage sind die Arbeits- und evtl. auch die soziale Anamnese. Sind diese nicht oder in nicht ausreichender Form vorhanden, müssen sie vom Gutachter durch eigene intensive Ermittlungen selbst erstellt werden, um die tatsächlichen Einwirkungen beruflich bedingter Belastungen objektiv beurteilen zu können.
5. Eine retrospektive Ermittlung mit sich anschließenden sicheren Aussagen zur betrieblichen Situation in früheren Jahren ist fast immer möglich. Man kann einmal aus der Literatur, in der alte Verfahren beschrieben und abgebildet sind, bei entsprechender Erfahrung und dem Willen, die frühere Situation exakt darstellen zu wollen, in Verbindung mit intensiven Hinterfragungen älterer, auch ehemaliger Belegschaftsmitglieder eine Fülle von Tatsachen erfahren. Sehr häufig finden sich auch im Bereich von Elementen der Hallenkonstruktion Ablagerungen von Gefahrstoffen, aus denen man sehr gute Schlüsse zur früheren Situation ziehen kann.
6. In der Ermittlung und Bewertung von schädlichen Einwirkungen im Betrieb und der sachgerechten Zuordnung ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und der Sozialgerichtsbarkeit auf dem sittlichen Fundament, das diese 3 Wissensgebiete im Kern verbindet, unbedingt erforderlich.
 
Hallo,
habe ja zur Zeit, viel Muse im Internet zu recherchieren. Ich fand folgenden Artikel. Vielleicht hilft es vielen BK-Opfern.

Das technische Gutachten, das eine hand- und stichfeste Begründung für seine Aussage beinhalten muss, kann nur von einem Sachverständigen erstellt werden, der innerlich und äußerlich unabhängig und völlig neutral ist, die technische und toxikologische Problematik detailliert kennt, auf diesem Gebiet viele Jahre erfolgreich gearbeitet hat und mit den sozialrechtlichen Vorgaben voll vertraut ist. Wesentliche Voraussetzung für eine sach- und fachgerechte Aussage sind die Arbeits- und u. U. auch die soziale Anamnese, die evtl. vom Gutachter durch eigene intensive Ermittlungen selbst eruiert werden müssen. Eine retrospektive Ermittlung mit sich anschließenden sicheren Aussagen zur betrieblichen Situation in früheren Jahren (z. T.30—50 Jahre zurückliegend) ist fast immer möglich (Literatur über alte Verfahren, intensive Befragungen älterer, auch ehemaliger Belegschaftsmitglieder, Ablagerungen von Gefahrstoffen am früheren Arbeitsplatz usw.). In der Ermittlung und Bewertung von schädlichen Einwirkungen im Betrieb und der sachgerechten Zuordnung ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Sozialgerichtsbarkeit unbedingt erforderlich.
hallo seenixe,du bist ja wirklich sehr aktiv.
Ich hatte Unfall im geschäft,seit 1,5 jahren
kreuzband u.s.w. jetzt wurde verschlechterung festgestellt.
Ich hätte jetzt die möglichkeit eine selbstängige vertretung zu machen,da ich meine alte arbeit nicht mehr machen kann...
ich weiß aber nicht wie ich da vorgehen soll,da ich durch meinen knieschaden eingeschrängt bin..
ist das erste mal das ich hier schreibe,da ich nicht weiss wie es funktioniert..
lg oligoplex
 
Technisches Gutachten

Hallo Oerni,

welche fachlichen Anforderungen an einen technischen Gutachter zwecks Rekonstruktion von Arbeitsabläufen, der Feststellung von schädigenden Einwirkungen auf den Körper des Klägers usw. gestellt sind, hängt im Wesentlichen von den Beweisfragen ab.

Vergiftung des Klägers durch Giftstoffe:
Hier wäre auf jeden Fall ein Chemiker von Vorteil

Gehörschäden des Klägers:
Hier wäre ein Akkusitiker von Vorteil

Schäden am Bewegungsapparat durch Krafteinwirkung:
Hier wäre ein Ingenieur, so wie meine Fachrichtung von Vorteil.

Schäden am Bewegungsapparat durch Temperatureinwirkung:
Hier wäre ein Thermodynamiker von Vorteil.

Herzliche Grüße vom RekoBär:)
 
Hallo Seenixe,

Bericht ist schon etwas älter, aber immer noch aktuell ...

ich bin diesen Bericht für mich durchgegangen - das schlimmste was mir noch bewuster wurde:

Ich habe von meinem Arbeitgeber meine Vorsorgekartei bekommen, und
- der bewußte Zeitraum mit den Belastungen ist nicht ausgefüllt,
- die Begründung/Erwähnung der Tätigkeit fehlt
- die Anschrift vom AG fehlt

- meine BERUFSBEZEICHNUNG fehlt


...damit soll ich später im Rahmen einer Berufskrankheitsanzeige meine Belastung belegen.

MfG

Der Forstwirt
 
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