Nun lass dich nieder, flüchtige Taube,
du Unruhevolle, halte Rast !
In meines Gartens dunklem Laube
erscheinst du wie ein seltener Gast.
Hier tönen keine Vogellieder,
kein Rosenflor erblüht für mich -
verstoßne Taube, lass dich nieder,
an meinem Busen berg ich dich!
Wohl stand den Sinn in blaue Ferne,
dein Auge trank das goldne Licht,
doch bis hinauf ins Reich der Sterne
die müde Schwinge trug dich nicht.
Es sank dein Heim der Glut zum Raube,
irr flatternd flogst du weit hinaus...
nun lass dich nieder, flüchtige Taube,
in meinem Garten ruh dich aus!
Verschüchtert Kind, lass ab zu zittern,
nicht schreib ich dir ein hart Gesetz,
ich berg dich nicht in goldenen Gittern
und spanne deinem Flug kein Netz:
Ein Dach für dich im lichten Laube,
ein Nest für dich im tiefen Grün...
an einem Herzen, flüchtige Taube,
soll dir die Heimat neu erblühn!
Clara Müller-Jahnke
MFG Pharao50