Oh finchen,
ich umarme Dich von der Ferne mal ganz fest (so dass es allerdings nicht schmerzt). Ich habe gerade einen zauberhaften Abend verbracht. Schmerzefrei, weil ich flach lag und gelesen habe
. Zauberhaftes Buch, wunderschöne Musik. Ich habe zwei Stunden Urlaub von mir gehabt. Sollte der Sudeck einen Sinn haben, dann dieser: sich kleine Inseln zu schaffen, die uns nur alleine gehören.
Was wissen denn die Menschen von mir? Ich stehe jeden Tag auf, freue mich an den schönen Dingen, bin freundlich zur Kundschaft und bringe oft mehr Lachen zustande, als mancher, der nichts hat. Aber, wenn mal etwas nicht geht, dann kommt einem soviel Unzufriedenheit entgegen, was mich unglaublich traurig macht. Leute, denke ich nur, was wisst ihr nur, könnt unbehelligt durch den Tag gehen und diese Tatsache ist euch nicht bewusst. Die Ungerechtigkeit liegt in dieser Sache nicht bei mir.
Was leide ich manchmal, mehr als an den Schmerzen, wenn sich die Menschen in meiner Umgebung so wichtig machen und gar nicht fühlen, welchen Krieg sie sich liefern. Da möchte ich nicht hereingezogen werden. Ich habe trotz der Schmerzen das Recht, dass es mir gutgeht. Bleibt mir vom Leib, wenn ihr das nicht versteht.
Genau so fühle ich, finchen: der Sudeck macht irgendwie stark und klar. Für dieses Gefühl würde ich Dich gerne mitreißen. Ich hoffe, Du kannst ein wenig mitfühlen, was ich meine. Es öffnet mir die Augen für die Dinge, die leicht zu übersehen sind. Und es schmerzt aber auch, weil man aufwacht und beginnt, die Menschen anders zu sehen.
In meinen früheren Leben hatte ich Kostümschneiderin (Theater) gelernt, später habe ich bei einer sehr guten Bildhauerin Kurse belegt und war drauf und dran, das professionell zu lernen. Das ist der schmerzliche Teil des Sudecks: ich muss mich zwingen, an diese Dinge nicht mehr zu denken.
Ich hoffe nun, dass ich nicht zu viel gejammert habe.
Alles Liebe,
Cateye