Grüß Dich, Domi!
Fein, dass Du zu uns gefunden hast. Das Protal ist eine Fundgrube. Hier triffst Du Geschädigte, die aus eigener Erfahrung viel beitragen können, aber auch allerhand Fachleute, die so etwas täglich beruflich zu bearbeiten haben.
01
Das Problem wird werden: Der Mensch hat sehr kräftige Halsmuskeln. Die müssen den Kopf halten und drehen, und da der Kopf je nach Dickschädel 3 - 5 kg wiegt, gibt es damit ständig Arbeit. Ständig! Denn der Schwerpunkt des Kopfes sitzt nicht über der Wirbelsäule. Beweis: Wer vor dem Fernseher einschläft, dem fällt der Kopf auf die Brust.
Dies hochtrainierte Muskulatur ist bei Dir jetzt in Urlaub. Bereits nach 3 Tagen beginnt die muskuläre Dysbalance. Du wirst staunen, was passiert, wenn die Halskrause runterkommt. Du wirst das Gefühl haben: "Ich kann meinen Kopf nicht halten, das ist ja anstrengend!". Sollte dabei Schwindel, ja Schwarzwerden vor den Augen auftreten, wundert mich das nicht.
02
Du schreibst, Du wärest arbeitslos gewesen beim Unfall. Da wüsste ich was. Dass heißt nämlich nicht, dass Du keinen Verdienstentgang geltend machen kannst!
Allerdings: Dazu musst Du was tun. Also: Wie geht das?
(a)
Zunächst musst Du etwas wissen. Es gibt im Recht den Begriff "Entgangener Gewinn". Dazu gehört auch "entgangene Arbeitslohn", das ist einfach so (Palandt, BGB-Kommentar, § 252 BGB Rnr. 1), darüber diskutiert bei den Juristen niemand mehr.
(b)
Nun gibt es in § 252 BGB einen Satz, der ist sehr wichtig:
"Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte."
(c)
Was ich unterstrichen habe, das sind wichtige Beweiserleichterungen. Sie werden sehr oft übersehen, weil sie eigentlich an der falschen Stelle im Gesetz stehen. Aber, wie das im Unfallopfer-Forum so ist: Wir haben's gefunden! Zu Deinem Glück!
(ca)
Du musst gar nicht nachweisen, dass Du wieder Arbeit bekommen hättest! Du musst auch nicht nachweisen, bei welcher Firma!
(cb)
Du musst nur belegen, dass es zu über 50 % wahrscheinlich ist ("....gewöhnlicher Lauf der Dinge...."), dass einer wie Du (Dein Beruf, Dein Alter, Deine Leistungsfähigkeit) in Deiner Gegend wieder Arbeit zu finden pflegt, und, was man dabei verdient.
(d)
Was man dabei verdient, das ist kein Problem. Das packen wir über Deine bisherigen Verdienste, aber auch über die Verdienststrukturerhebung des Statitischen Bundesamtes, über Traifverträge ect..
(e)
Aber: Bitte nimm Kontakt mit Deinem Vermittler der Arbeitsagentur auf, aber jetzt, wo der Unfall noch enigeremaßen frisch ist und die Leute das noch im Kopf haben!
Hole von dort eine Bescheinigung, ich mach mal ein Beipiel, Inhalt frei erfunden, aber es zeigt, auf was es ankommt:
"Herr Domi ist arbeitslos seit 1.8.2014, weil sein bisheriger Arbeitgeber, die Fa. Kettler, damals schon Personal abbauen musste. Jetzt ist sie pleite. Herr Domi ist gelernter Schlosser und hat in den letzten 3 Jahren bei der Handwerkskammer 3 Kurse "Aluminium-Schweißen" absolviert. Sein Gesellenbrief zeigt die Note "gut". Herr Domi war 48, als er arbeitslos wurde. Aber wir haben in der Gegend Fachkräftemangel schon gewirkt. Vermittlungshemmnisse sind nicht bekannt, solche Leute bleiben bei uns allenfalls einen oder zwei Monate arbeitslos, dann haben wir sie in aller guter Regel wieder vermittelt; das wäre ganz unwahrscheinlich, dass wir für ihn nichts gefunden hätten. Mit freundlichen Grüßen, Deine Jobcenter"!
(f)
Dann geschwind zur Innung. Von dort hole eine weitere Bescheinigung, die könnte vielleicht (auch das ist jetzt nur eine Anregung!) so aussehen, denn doppelt genäht hält besser!
"Als Schlosser mit Berufserfahrung ist es auch für 48-jährige kein Problem, Arbeitplätze zu finden, zumal uns Herr Domi gezeigt hat, dass er einen LKW-Führerschein hat. Bei uns ist Konjuktur. Es kann schon sein, jetzt kommen mehr Leute auf den Arbeitsmarkt, wo die Fa. Kettler pleite ist. Aber solche wie der Herr Domi, da sehen wir kein Problem: Die hat der Arbeitsmarkt innerhalb weniger Wochen, höchstens 2 Monate wieder in Lohn und Brot gesetzt. Schlosser sind gesucht! Wir haben jede Woche Anfragen unserer Mitglieds-Meisterbetriebe!"
(g)
Schneid mal feste aus den Zeitungen Inserate aus: "Metallfacharbeiter gesucht". Schön aufpappen auf DIN-A4-Papier, daneben schreiben, wo und wann das Inerat erschienen ist....sammle das emsig und lass nciht nach damit, "Belege sammeln und aufpappen" ist bis auf Weiteres ein wichtiger Job für Dich.
Fang jetzt an. In 2 Jahren schaut die Sache wiedere anders aus, und wo willst Du dann Zeitungen herkriegen?
(h)
Was hast Du für einen Beruf, wie alt bist Du in etwa? Wieviel Berufserfahrung? Welches Bundesland? Seit wann alo? Dann können wir womöglich noch bessere Schachzüge empfehlen.
03
Es funktioniert wirklich. Beispiel aus dem wirklichen Leben, vor einigen Jahren:
Eine junge Dame hatte Null Bock auf Schule. Schloss die Hauptschule ab mit -ach, ich sag's lieber nicht- und ging in die Fabrik, wo sie Brillengestelle lötete, bis die Fabrik pleite war. Da stand sie da. Die Arbeitsagentur sagte ihr: "Wir zahlen Dir die Umschulung zur Bürokauffrau. Aber: Da musst Du schon einen Zahn zulegen! Dann packst Du das in 2 Jahren!"
Gesagt - getan. Die Dame legte sich ins Zeug. 2 Jahre drauf: Die schriftliche Prüfung bestand sie mit Note 1,8: Die mündliche Prüfung konnte nie stattfinden: Unfall 3 Tage nach der schriftlichen Prüfung! Sie wird nie die mündliche Prüfung machen.
Das Landgericht Passau verurteilte den Versicherer des Unfallversursachers, zu zahlen, was man als Beürokauffrau verdient hätte: Denn wer schon das Schriftliche mit 1,8 abgeschlossen hat, der wird wohl auch das Mündliche ähnlich gut packen, sagte das Gericht. Auch Berufsanfänger haben in der Gegend gute Chancen, das wurde dem Gericht belegt, und das reichte dem Gericht nach § 252 BGB (der Verischerung hatte es nicht gereicht. Aber Urteile ersetzen fehlende Einsichten).
Das Landgericht erkannte auch: Nach 2 Jahren hätte sie mehr verdient, nach weiteren 3 Jahren nochmal mehr, denn, Unfall mal weggedacht: Inzwischen wäre sie keine Berufsanfängerin mehr, sondern ein richtige erfahrene und bestens eingearbeitete Fachkraft.
Für all das hatte die Dame Belege und Zettel, wie oben beschrieben. Das bringt's vor Gericht.
04
Das war jetzt nur ein Thema, das wir gründlich befeuern können. Bitte antworte und bleibe am Ball: Denn: Da sind noch Sachen zu regeln, die viel mehr bringen können als das Schmerzensgeld. Wetten, dass Du ncoh staunen wirst?
ISLÄNDER