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Rentenschaden

tamtam

Mitgliedschaft beendet
Registriert seit
13 Mai 2007
Beiträge
797
Hallo @ all,

ich komme nochmal auf einen Beitrag von Joker zurück:

§ 119 SGB X sieht vor, dass der Rentenversicherungsträger kraft eines
gesetzlichen Forderungsübergangs den Beitragsausfall selbst reguliert. Gegenüber dem Geschädigten ist der Rentenversicherungsträger hierbei wie ein
Treuhändler tätig. Der Beitragseinzug orientiert sich in aller Regel an der
Höhe des Verdienstausfallschadens. Furtmayr wies darauf hin, dass der
Beitragsregress seit der Neuregelung der Erwerbsminderungsrenten im Rentenreformgesetz 1999 für Zeiten ab 1.1.2001 nicht mehr geeignet ist, einen
für den Geschädigten eintretenden Rentenschaden ausreichend auszugleichen.
Durch die gesetzliche Neuregelung werde ein Abschlag auf die Entgeltpunkte
errechnet, die bereits vor der Schädigung liegen. Dieser Abschlag sei bei allen Renten wegen Erwerbsminderung zu beachten, die vor dem 63. Lebensjahr bewilligt werden und gelte auch bei Bezug einer Altersrente oder der Hinterbliebenenleistung. Durch den Beitragsregress nach § 119 SGB X werde zwar der Beitragsausfall für die Zeit nach der Schädigung reguliert. Der Schaden, der durch die Kürzung der vor der Schädigung liegenden Entgeltpunkte eintritt,
sei hierdurch jedoch nicht regulierbar. Insoweit bestehe auch kein Forderungsübergang gegenüber dem gesetzlichen Rentenversicherungsträger. Der dem Geschädigten dadurch entstehende weitere Nachteil bei seinem
künftigen Rentenbezug ist von ihm selbst geltend zu machen, so Furtmayr.


Ich muss gestehen, ich verstehe es nicht.

Auf meinem Rentenbescheid steht natürlich der 10,8 %ige Abzug, aber nach meinem Verständnis erfolgt doch der Beitragsregress "wie als würde ich normal Arbeiten" und erst von der aufgrund der Entgeltpunkte errechneten Rente wird dann erst der Abzug getätigt und nicht bereits schon bei den Entgeltpunkten.

Kann jemand weiterhelfen?

Danke
tamtam
 
Hallo tamtam,

also ich habe es so verstanden: nehmen wir mal an, du beziehst seit dem Unfall eine EM-Rente von 892 €.
Gäbe es den 10,8%igen Abzug nicht, hättest du eine Rente von 1000 €. Somit hast also Du einen monatlichen Schaden von 108 €. Den aber kann der Rentenversicherer nicht regressieren, da er diese Differenz ja niemals ausgezahlt hat.

Der Beitragsregress bezieht sich zwar auf dein früheres Brutto, wirkt sich aber erst auf die Höhe deiner Altersrente aus (vorausgesetzt Unfalltag = Eintritt des Leistungsfalls bei der RV). Für die Dauer deiner Rente hast du also einen nicht unerheblichen Schaden, den der Rentenversicherungsträger nicht für dich einfordern kann.

Diesen Rentenschaden müsste man als Geschädigter selber gegenüber der gegnerischen Haftpflicht geltend machen, um durch den Unfall nicht schlechter gestellt zu werden.

Der Abzug findet übrigens nicht direkt bei den Entgeltpunkten statt, sondern beim Zugangsfaktor, s. Wikipedia zum Zugangsfaktor, aber nach meinem Verständnis ist die Auswirkung die gleiche.

Was ich jetzt aber nicht verstehe:
Der Abschlag bleibt bis zum Ende der Rente bestehen, fällt also nicht etwa bei Erreichen der regulären Altersgrenze wieder weg. Auch bei einer eventuellen späteren Hinterbliebenenrente bleibt der Abschlag bestehen (§ 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).

Eigentlich dürfte der Abschlag doch nicht bestehen bleiben, wenn die RV die Beiträge und gezahlten Renten erfolgreich regressiert hat, oder? Dann ist doch - zumindest fiktiv und beitragstechnisch - der Zustand wieder hergestellt, so dass es keinen Grund für den Abschlag bei der Altersrente geben dürfte, oder?

Gruß
Joker
 
Hallo Joker,
hallo tamtam,


Rentenabschläge fallen nicht nur bis zum Ende des 65. Lebensjahres an. Einmal entstanden, bleiben sie für immer.

So gesehen tamtam, ist derjenige, der unverschuldet eine gesetzl. Rente vorzeitig in Anspruch nehmen muss, doppelt geschädigt. Selbst das BSG hat sich hier gegen seinen ehemaligen IV. Senat gestemmt:

Bei Rechtsstreitigkeiten in Rentensachen entscheiden die Gerichte bis hoch zum Bundessozialgericht in Kassel in der Hauptsache so, daß die Rentenkassen geschont werden. Warum ist das so? Richter fürchten sich vor 2 Sachen: 1. Die Veröffentlichung, die anschließend durch die Literatur geht. 2. Die nächste Instanz. Ein Richter will schließlich Karriere machen und nicht in der untersten Instanz versauern und wenn viele seine Entscheidungen kassiert werden, dann kann es leicht passieren, dass er versauert. Der ehemalige Bundessozialrichter Wolfgang Meyer wurde in den "zeitweiligen" Ruhestand versetzt, weil er politisch unliebsame Urteile zu Lasten der Rentenversicherung gefällt hatte.

Selbst wenn das BSG nochmals anders entscheiden sollte, erkennt die DRV die Entscheidung einfach nicht an, und lässt es wie unlängst passiert, auf eine Verfassungsbeschwerde ankommen. Und die hat bekanntermassen, das BVerfG für die DRV mit Beschluss positiv entschieden.

Also was dann die Gerichte nicht kassieren, wird von der Politik nachträglich durch Änderungen des Rentengesetzes wieder passend gemacht. Seit inkrafttreten des neuen Erwerbsminderungsrentengesetz zum 01.01.2001 wurde m. W. schon die vierte Änderung wieder vorgenommen. Aber nicht zugunsten der Rentner und Rentnerinnen, leider wurden diese Änderungen so konform gestaltet, dass die Rentenversicherer nach wie vor geschont bleiben.


Gruss
kbi1989
 
Hallo kbi,

vielen Dank für deine Antwort. Dass die Abschläge auch vom Verfassungsgericht durchgewunken wurden war mir klar. Aber ist dieses Urtei tatsächlich auf Fälle übertragbar, wo ein Regress nach § 116 und 119 SGB X stattgefunden hat?

Das würde ja bedeuten 100% werden regressiert, knapp 90% ausgezahlt und was passiert mit der Differenz des Rentenkontos? Dieses Verfahren dann auch noch als treuhänderisch :eek: zu bezeichnen grenzt dann ja eher an Hohn.

Sind dir evtl Urteile bekannt, in denen schon über Abschläge nach erfolgreich betriebenen Regressverfahren entschieden wurden?

Nachtrag: meine Frage bezieht sich ausschließlich auf die Kürzung der Altersrente im Anschluss an eine EM-Rente!

@ tamtam

Sorry für diesen Nebenaspekt deiner Frage - ich hoffe wir bewegen uns dadurch nicht zu sehr von deinem Anliegen weg.

Gruß
Joker
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo @all,

jetzt habe ich mir doch tatsächlich einmal die Nachricht über den Beitragsregress ausgesucht und siehe da, die DRV zieht tatsächlich nur 89,7 % des letzten Bruttos ein.

Da ich aber lt. Gesetzgeber ja lebenslang meine 10,3 % Abzug von der EU- und Altersrente habe macht es doch gar keinen Sinn, jetzt höheren Beitragsregress zu fordern, sondern ich klage direkt die Rentendifferenz ein, oder?

Im Moment verstehe ich Herrn Furtmayr nicht so ganz....

Folgendes Urteil habe ich noch gefunden (was sich mir leider aber auch nicht so ganz erschließt)

LSG NRW L 13 RA 44/04

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU). Er meint für die Zeit vom 1.3.1989 bis zum 31.12.1990 müssten Beiträge nach § 119 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren (SGB X) bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.

Der Kläger erlitt am 14.2.1989 einen unverschuldeten PKW-Unfall. Wegen der Folgen dieses Unfalls bezog er zunächst bis zum 31.12.1990 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit und ab dem 1.1.1991 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer.

Am 14.2.1997 verunglückte der Kläger erneut. Er bezieht nunmehr seit dem 12.11.1997 wieder eine Rente wegen EU. Die zunächst zeitlich befristete Rente bewilligte wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 18.08.1998 auf Dauer bewilligt.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners des Unfalls aus dem Jahr 1989 - die Q Versicherung - leistete für den Zeitraum vom 1.10.1992 bis 1.11.1997 im Hinblick auf den Beitragsschaden Ausgleichszahlungen an die Beklagte.

Am 11.9.1998 wandte sich der Kläger gegen den Rentenbescheid vom 18.8.1998 und bemängelte, dass die Ausgleichszahlungen der Q Versicherung keine Berücksichtigung bei der Bemessung der Rentenhöhe gefunden hätten. Mit Bescheid vom 22.6.2001 änderte die Beklagten daraufhin ihren Bescheid vom 18.8.1998 ab. Es ergaben sich eine höhere Rente und eine Nachzahlung.

Am 20.7.2001 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein: Seines Erachtens hätte sich wegen der Ausgleichszahlung der Q ein größerer Nachzahlungsbetrag ergeben müssen. Es sei nicht zu erkennen, dass diese Ausgleichszahlung bei dem vorliegenden Versicherungsfall eingeflossen sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Bescheid vom 24.9.2002 zurück: Aufgrund des ersten Unfalls vom 14.2.1989 seien Beitragszeiten nach § 119 SGB X für die Zeit vom 1.10.1992 bis 11.11.1997 festgestellt und bis zum 28.2.1997 bei der Rentenberechnung bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach § 159 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung) - SGB VI - berücksichtigt worden.

Eine rechtliche Beschwer liege daher für diesen Zeitraum nicht vor. Auch für die außerhalb dieser Feststellung liegende Beitragszeit nach dem Unfall vom 1.3.1989 bis 29.9.1989 und vom 1.5.1990 bis 30.9.1992 seien Beitragszeiten allein aufgrund einer abhängigen Beschäftigung bereits bis zur Beitragsbemessungsgrenze versichert. Zu Recht seien die Beitragszeiten lediglich bis zum 28.2.1997 angerechnet worden, da nach § 75 SGB VI bei einer Rente wegen EU Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Leistungsfalls nicht zu ermitteln seien. Für die Zeit vom 1.3.1997 bis 30.4.2008 sei eine Zurechnungszeit nach § 59 SGB VI korrekt angerechnet und mit Entgeltpunkten bewertet worden.

Mit seiner am 11.10.2002 zum Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass ihm von der Beklagten ein höherer Rentenbetrag aufgrund von Beitragsansprüchen der Beklagten gegen die Q nach § 119 SGB X bis in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zustehe. Die Beklagte habe eine nicht unerhebliche Ausgleichszahlung erhalten, die die bei ihm infolge des schweren Unfalls eingetretene Erwerbsminderung ausgleichen solle. Diese Ausgleichszahlung habe sie so verbucht, dass sie ihm nicht zugute gekommen sei. Sie habe Ausgleichszahlungen erhalten, die ihm nicht zugute gekommen seien.

Die Beklagte hat sich im Verhandlungstermin am 29.6.2004 bereit erklärt, für das Jahr 1997 Entgeltpunkte nach Maßgabe der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Die Beklagte hat im Übrigen ausgeführt: Im Streit stehe allein die Gewährung und Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente, da in den angefochtenen Bescheiden keine Entscheidung über den Umfang eines Beitragsübergang nach § 119 SGB X und einer Verwendung von Ausgleichszahlungen seitens der Haftpflichtversicherung getroffen worden sei.

Zur Verwendung der Ausgleichzahlungen der Q hat sie dargelegt: Von dieser Versicherung habe sie für den Zeitraum vom 1.10.1992 bis 1.11.1997 insgesamt 17.406,99 DM erhalten. Diese Summe setze sich wie folgt zusammen: für das Jahr 1992 481,44 DM, für das Jahr 1993 2.136,40 DM, für das Jahr 1994 4.134,34 DM, für das Jahr 1995 5.774,19 DM und für das Jahr 1997 4.880,62 DM. Für die Jahre 1991 und 1996 habe der Kläger aufgrund seiner Erwerbstätigkeit die Beitragsbemessungsgrenze erreicht, so dass keine weitere Beitragsspeicherung erfolgen konnte. Für die Jahre 1989 und 1990 habe kein Regressanspruch nach § 119 SGB X gegen die Q Versicherung durchgesetzt werden können, weil das Versichertenkonto des Klägers die Voraussetzungen zur Erfüllung einer unfallfesten Position im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) erfüllt habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.6.2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klage sei nur hinsichtlich des Zeitraums vom 16.8.1989 bis 31.12.1990 zulässig. Für den Zeitraum vom 1.1.1991 bis 1.11.1997 fehle dem Kläger das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ausweislich des unverschlüsselten Versicherungsverlaufs zum Bescheid vom 22.6.2001 seien bei dem Kläger für die Jahre 1991 bis 1996 bereits bis zur Beitragsbemessungsgrenze Entgeltpunkte gespeichert. Auch für das Jahr 1997 fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar habe die Beklagte für das Jahr 1997 noch nicht bis zur Beitragsbemessungsgrenze Entgeltpunkte gespeichert. Die Beklagte habe diesen Anspruch des Klägers jedoch in dem Verhandlungstermin vom 29.6.2004 anerkannt und der Kläger habe dieses Anerkenntnis angenommen.

Für den verbleibenden Zeitraum vom 10.8.1989 bis 31.12.1990 sei die Klage unbegründet.

Es könne dabei dahinstehen, ob § 119 SGB X im Rahmen dieses Rechtsstreits, in dem ein Rentenbewilligungsbescheid der Rentenhöhe nach angefochten sei, überhaupt einen Anspruch auf Zugrundelegung von Entgeltpunkten nach Maßgabe der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze begründen könne. Denn jedenfalls habe die Beklagte von der Q Versicherung für diesen Zeitraum weder eine Ausgleichszahlung erhalten noch hätte sie einen diesbezüglichen Anspruch gegen die Beklagte geltend machen und durchsetzen können.

Nach der Rechtssprechung des BGH zur sog. unfallfesten Position habe die Beklagte keinen Regressanspruch nach § 119 SGB X durchsetzen können, da das Versichertenkonto des Klägers die Voraussetzungen zur Erfüllung einer unfallfesten Position aufgewiesen habe. In solchen Fällen habe der BGH einen Anspruch auf Ausgleich der unfallbedingten Beitragsausfälle verneint, weil er die Zuerkennung eines solchen Anspruchs nicht mehr als wirtschaftlich sinnvoll angesehen habe.

Trotz der Einführung des § 62 SGB VI durch Art. 1 Rentenreformgesetz - RRG – vom 18.12.1989 könne die Beklagte nach der Gesetzesänderung keine Ansprüche für den Zeitraum vom 10.8.1998 bis 31.12.1990 gegen die Q Versicherung geltend machen. Durch die Einführung des § 62 SGB VI habe der Gesetzgeber den als unbefriedigend angesehen Umstand beseitigt, dass der Vorteil beitragsfreier Anrechnungszeit dem Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherung zugute gekommen und der Schädiger insoweit auf Kosten der Solidargemeinschaft von seiner Ersatzpflicht befreit worden sei. Infolge der genannten Gesetzesänderung könne der Beitragserstattungsanspruch im Rahmen des § 119 SGB X nicht mehr verneint werden, weil der Geschädigte eine unfallfeste Position erlangt hatte, die Rechtsprechung zur unfallfesten Position sei mithin überholt (Hinweis auf BGH NJW 1995,1968-1969). Hinsichtlich der Folgen für vor dem 1.1.1992 eingetretene Schadensfälle sei jedoch trotz der Gesetzesänderung weiter die Rechtsprechung des BGH zum Entfallen des Beitragsersatzanspruches bei "unfallfester Position" maßgebend, da sich § 62 SGB VI gemäß Art. 85 Abs. 1 RRG erst ab 1.1.1992 auswirke.

Für einen weiteren Schadensersatzanspruch verbleibe auch aufgrund der vom Kläger mit der Q Versicherung geschlossen vertraglichen Regelung kein Raum. Der Anspruch der Beklagten auf Ersatz von Beiträgen gegen die Q Versicherung sei aufgrund der vom Kläger unterzeichneten Abfindungserklärung vom 7.5.1993. ausgeschlossen. In dieser Erklärung habe sich der Kläger gegen die Zahlung von weiteren 200.000,00 DM mit allen Ansprüchen gegen die Q Feuerversicherungsanstalt der Rheinprovinz aus dem Schadensereignis vom 14.9.1989 für endgültig abgefunden erklärt. Nach dem Wortlaut dieser Abfindungserklärung wirke diese auch gegenüber jedem Dritten, soweit dieser Ausgleichsansprüche gegen die Q Feuerversicherungsanstalt der Rheinprovinz geltend machen könne. Sie wirke somit auch gegenüber der Beklagten.

Gegen das am 28.7.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.8.2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus: Zu Unrecht habe das SG seiner Klage bezüglich der Jahre 1991 bis 1997 das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen, denn die Beklagte habe ihm mitgeteilt, dass diese Leistungen erst bei der Altersrente berücksichtigt würden. Bezüglich des Zeitraumes 10.8.1989 bis 31.12.1990 müsse die Beklagte offen legen, welche Beträge geflossen seien. Es sei davon auszugehen, dass wesentlich höhere Beiträge gezahlt wurden. Es sei damals von mehreren 100.000 DM die Rede gewesen. Außerdem wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, weitere Ansprüche gegenüber der Q Versicherung geltend zu machen. Auch sei die Auffassung, dass § 62 SGB VI sich erst ab dem 1.1.1992 auswirken könne, unrichtig. Schließlich stehe auch die von ihm mit der Versicherung geschlossene Vereinbarung nicht einer Geltendmachung des Beitragsschadens entgegen, denn die Vereinbarung betreffe nicht den Beitragsschaden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.6.2004 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 zu verurteilen, dem Kläger auch für die Zeit vom 01.03.1989 bis 31.12.1990 Entgeltpunkte nach Maßgabe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zuzubilligen und ihm eine entsprechend höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zum 11.11.1997 sei ein Ausgleich nach §§ 116, 119 SGB X von insgesamt 146.825,15 DM erfolgt, wovon auf § 119 SGB X 17.406,99 DM entfallen seien, die dem Konto des Klägers gut geschrieben worden seien. 127.420,61 DM seien auf die von ihr an den Kläger geleisteten und von der Q nach § 116 SGB X zu erstattenden Rentenzahlungen für die Zeit vom 16.8.1989 bis 11.11.1997 entfallen. Auf weiteren Ersatz von Rentenversicherungsbeiträgen habe der Kläger keinen Anspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand er mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die allerdings insgesamt zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid vom 22.6.2001 und der Widerspruchsbescheid vom 24.9.2002 sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren EU-Rente. Insbesondere sind für den streitigen Zeitraum vom 1.3.1989 bis 31.12.1990 nach § 119 Abs. 3 SGB X keine weiteren Entgeltpunkte unter Zugrundlegung von Pflichtbeiträgen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen.

Soweit der Schadensersatzanspruch eines Versicherten auch den Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB X auf den Versicherungsträger über ( gesetzlicher Forderungsübergang, vgl. BSG Urt. v. 31.2002 – B 13 RJ 23/01 R), wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeiträge nachweist. Die eingegangenen Beiträge gelten gemäß § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X als Pflichtbeiträge. Für den streitigen Zeitraum sind hier jedoch keine regressierten Beiträge eingegangen.

Voraussetzung für die Gutschrift von Beiträgen auf dem Versicherungskonto des Verletzten ist nach dem Wortlaut des § 119 Abs. 3 Satz 1 SGB X, dass die regressierten Beiträge tatsächlich eingegangen sind. Erst der Eingang der Beiträge löst die Bewertung als Pflichtbeiträge aus (vgl. Plagemann in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl. 2001 Rn. 145; Pickel, SGB X § 119 Rn 14; vgl. auch Senatsurteil vom 17.1.2003 – L 13 RJ 3/99). Weil die Beklagte für den streitigen Zeitraum im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur so genannten unfallfesten Position keine Beiträge regressiert hat und dem entsprechend keine weiteren Beiträge eingegangen sind, scheidet die Berücksichtigung weiterer Pflichtbeiträge nach § 119 Abs.3 Satz 1 SGB X aus.

§ 119 SGB X enthält auch keine Regelung darüber, welche Konsequenzen die Unterlassung eines vom Versicherten für geboten gehaltenen Beitragsregresses hat. Ob der Kläger im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden könnte, als seien – vermeintliche - übergegangene Ansprüche auf Ersatz des Beitragsschadens erfolgreich von der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung geltend gemacht worden, oder ob im Falle einer unzureichenden Geltendmachung des Beitragsregresses nur ein Amtshaftungsanspruch bliebe, kann der Senat hier dahin gestellt sein lassen. Denn für den hier streitigen Zeitraum war ein Beitragsregress der Beklagten gegenüber der Haftpflichtversicherung nach der früheren Rechtsprechung des BGH zur so genannten unfallfesten Position ausgeschlossen.

Das folgt entgegen der Ansicht des SG allerdings nicht daraus, dass § 62 SGB VI für Unfälle vor dem 1.1.1992 nicht anzuwenden sei. Gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI sind nämlich Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Daraus folgt, dass § 62 SGB X auch für Unfälle vor dem 1.1.1992 (und nach dem 30.6.1983 ( Inkrafttreten des § 119 SGB X am 1.7.1983)) gilt (vgl. das – i.ü. auch vom SG zitierte- Urteil des BGH vom 9.5.1995 – VI ZR 124/94 = BGHZ 129,366 – 371 = NJW 1995, 1968-1969). Mit dem Inkrafttreten des § 62 SGB X am 1.1.1992 ist die Rechtsprechung des BGH zur so genannten unfallfesten Position überholt. Für Zeiten davor, mithin für den hier streitigen Zeitraum, stand diese Rechtsprechung jedoch einem Beitragsregress der Beklagten entgegen.

Offen lassen konnte der Senat, ob auch die vom Kläger mit der Haftpflichtversicherung getroffene Abfindungserklärung einem Beitragsregress entgegen gestanden hätte, wie das SG meint, obwohl insoweit nicht der Kläger, sondern die Beklagte aktiv legitimiert wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden. Von der Frage, ob ein Herstellungsanspruch grds. in Betracht gekommen wäre, hing die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ab und die Frage, ob für Zeiten vor dem 1.1.1992 bei so genannter unfallfester Position ein Beitragsregress möglich ist, erschien dem Senat mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH nicht im Sinne des § 160 SGG klärungsbedürftig.


Wenn der Kläger seit seinem ersten Unfall durchgängig EU war, wieso wurde dann die Rente wegen Beitragsregress von der DRV für die EU des zweiten Unfalls erhöht?

Gruß
tamtam
 
hallo zusammen, habe den Thread jetzt gerade erst entdeckt.

Mein Unfallgegner hat keine Haftpflicht Versicherung und auch sonst ist bei ihm wohl nichts zu holen.

Meine Erwerbsunfähigkeitsrente wurde auch in eine Dauerrente bis zum regulären Renten Eintrittsjahr umgewandelt.

Vor Gericht hatten wir versucht die Ausfälle wegen der RV mit einzuklagen, dies jedoch wurde abgelehnt, mit dem Hinweis dieses wäre Sache der RV.

Bedeutet das was ich hier gelesen habe jetzt :( das ich keine Rentenanpassung mehr bekomme? Dann bin ich ja doppelt und dreifach bestraft und das als Unfallopfer!

lG
Petra61
 
Hallo Petra,

Du mußt tatsächlich der DRV die notwendigen Urteile überlassen und sie zum Regressieren auffordern.

Sollte der Unfallgegner aber wirklich mittellos sein, sieht es wirklich schlecht für Dich aus, dann wird sich voraussichtlich die Altersrente bei Dir nicht mehr erhöhen.

Gruß
tamtam
 
danke tamtam, für deine Antwort. Das Urteil hat mein RA schon an die RV weitergeleitet. Nur bisher haben wir hierzu keine Stellungnahme.

lG
Petra61
 
Hallo Petra,

ich habe in meiner Sache damals auch lange nichts gehört, und nach ca. 9 Monaten bekam ich dann den Bescheid über den Regress.

Beantrag doch einfach mal Akteneinsicht, damit Du weißt, ob es vorwärts geht.

Gruß
tamtam
 
Rentschaden - Beitragsschaden

Hallo an Sachkundige tamtam, fender und andere,

ich hatte einen unverschuldeten Autounfall und konnte eine neue Arbeitsstelle (Angestellter) nicht mehr antreten, da ich durch den Unfall zu 100% erwerbsunfähig wurde. Mir wurde die volle EU-Rente der DRV gewährt bis zum Erreichen der Regelaltersrente. Diese Regelaltersrente fällt natürlich jetzt viel niedriger aus, da ich ja seit dem Unfall keine Beiträge an die DRV mehr eingezahlt habe.

Nun habe ich innerhalb des Zivilprozesses gegenüber der gegnerischen HPV aber keinen Rentenschaden und auch keinen Rentenbeitragsschaden geltend gemacht. Mein Anwalt meinte, dass ich das nicht machen müßte. Ein Anruf bei der DRV hat ergeben, dass die DRV den für mich enstandenen Rentenschaden und den auch der DRV entgangenen Beitragsschaden nach dem Gerichtsurteil für mich errechnen würde und die HPV ja in Regress nehmen würde. Heißt dass, dass die DRV mir den Rentenanschaden dann nach Regreßnahme der HPV ersetzt?

Ich habe zwar einen Erwerbsschaden abzüglich der gezahlten EU-Rente eingeklagt, da ich ja meine Arbeitsstelle nicht mehr antreten konnte, doch bin ich mir nicht sicher, ob ich nicht selbst in meiner Klage diesen Rentenschaden (nicht Beitragsschaden) hätte geltend machen müssen?

Ich werde aus den Beiträgen hier im Forum nicht schlau? Kann mir jemand weiterhelfen?

Viele Grüße Bobb
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Bobb,

ich habe mich gerade sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Den Beitragsregress in Richtung Altersrente muß nicht von Dir eingefordert werden. Dieser Anspruch ist auf den Sozialversicherungsträger ( hier DRV) übergegangen. Dazu gibt es höchstrichterliche Rechtssprechung. Diese ist auch erst in den letzten 3 Jahren erfolgt. 2013 kannten wir diese Urteile und die geänderte Rechtslage überhaupt nicht. In Juris gab es dann 2018 einen entsprechenden Kommentar zu den beiden Urteilen BGH, Urt. v. 20.12.2016 - VI ZR 664/15 und BSG, Urt. v. 13.12.2017 - B 13 R 13/17 R.
Beide Urteile sind bei uns im FAQ-Bereich hinterlegt.
In der Kommentierung wird als Auswirkung für die Praxis folgendes ausgeführt:

In Konsequenz dieser Entscheidung sind Regelaltersrenten künftig ohne geminderten Zugangsfaktor zu berechnen, wenn eine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente dem Rentenversicherungsträger erstattet worden ist. Beiträge nach § 187a SGB VI sind insoweit nicht zu zahlen. Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer kann deshalb auch nicht von einem Unfallversicherungsträger in Anspruch genommen werden; ein nach § 116 SGB X übergangsfähiger Anspruch auf Ersatz eines Verdienstausfallschadens liegt nach Erreichen der Regelaltersgrenze in diesen Fällen grds. nicht mehr vor. Eine Verletztenrente wird nach der Vorschrift des § 93 SGB VI auf die Altersrente angerechnet.
Für die bereits abgewickelten Fälle wird es darauf ankommen, inwieweit sich der Geschädigte bzw. ein Sozialleis-tungsträger gegenüber dem Schädiger auf die Bindungswirkung unanfechtbarer Leistungsbescheide berufen kann. Liegt ein (unanfechtbarer) Bescheid über eine Altersrente mit gemindertem Zugangsfaktor vor und ist dieser „Rentenkürzungsschaden“ vom Schädiger noch nicht ausgeglichen worden, liegt ggf. ein Vorgehen nach § 44 SGB X oder § 48 Abs. 2 SGB X im Interesse des Geschädigten.
Der Senat hat seine Entscheidung ausdrücklich auf den Fall der vollständigen Erstattung der vorgezogenen Altersrente bezogen. Im Fall der teilweisen Erstattung etwa aufgrund einer geringeren Haftungsquote, dürfte aber nach den Grundsätzen der obigen Entscheidung eine anteilige Anhebung des Zugangsfaktors entsprechend der Ersatzquote in Betracht kommen.
Ist der Schädiger nicht in der Lage oder willens, die Beträge der vorzeitigen Rente zu erstatten, kann es konsequenterweise auch zu keiner Anhebung des Zugangsfaktors kommen. Denn der entscheidende Grund für die Analogie liegt gerade darin, dass der Versichertengemeinschaft durch die tatsächliche Erstattung der vorzeitigen Altersrente kein Nachteil entstanden ist.
Schwieriger sind Fälle mit Teilungsabkommen nach § 116 Abs. 9 SGB X oder anderen Abreden im Innenverhältnis zwischen Schädiger bzw. Haftpflichtversicherer und Sozialversicherungsträger zu beurteilen. Hier ist fraglich, ob z.B. Abreden über eine niedrigere Haftungsquote dennoch eine volle Erfüllung des Erstattungsanspruchs und damit im Reflex auch eine Erhöhung des Zugangsfaktors auf 1,0 bewirken können oder ob es für die analoge Anwendung des § 77 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB VI auch in solchen Fällen auf die tatsächliche Höhe der Erstattungsleistung ankommt. Im letzteren Fall müsste jedenfalls der zivilrechtliche Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des Rentenkürzungsschadens unberührt bleiben, da kein Vertrag zulasten Dritter geschlossen werden darf.
Die Grundsätze der Entscheidung dürften auch bei der Inanspruchnahme von Renten wegen Erwerbsminderung gelten.


Leider habe ich noch keine Genehmigung den ganzen Beitrag aus der Zeitschrift einzustellen, werde mich aber bemühen eine Freigabe zu bekommen.
Aber die Urteile sind sehr aussagefähig.
Wenn Du diesen Beitragsschaden einklagen würdest, würdest Du also verlieren, weil Du nicht dazu berechtigt bist.

Gruß von der Seenixe
 
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