Hallo paro, hallo Joachim,
ich denke, unser Versicherungsproblem krankt (u.a.) daran, dass jede Versicherung ihre eigenen Definitionen für Leistungen kreiert, z.B.:
- BG:
a) bei Verletztengeld: Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeits-/Wegeunfalls/Berufskrankheit im aktuell ausgeübten Beruf,
b) bei Verletztenrente: (abstrakte) Minderung der Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Arbeits-/Wegeunfalls/Berufskrankheit
- GKV (gesetzliche Krankenversicherung):
Arbeitsunfähigkeit im aktuell ausgeübten Beruf - egal welcher Ursache -
- Agentur für Arbeit:
Arbeitsunfähigkeit in allen (theoretisch) ausübbaren Berufen
- private Unfallversicherung:
Invaliditität aufgrund eines erlittenen Unfalls, wobei Invalidität ungleich Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der BG
- gesetzliche Rentenversicherung:
Erwerbsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei Erwerbsminderung i.S. der DRV ungleich Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der BG oder ungleich Arbeitsunfähigkeit i. S. der GKV oder ungleich der Invalidität der PUV oder ...
... private BU-Versicherung mit eigenen Definitionen
... private Krankenversicherung mit eigenen Definitionen
Wir sehen also: jeder Versicherer kocht sich ein eigenes Süppchen ohne jeweils die "Anerkenntnisse" des anderen Versicherers zu würdigen oder in seine eigene Entscheidungen pflichtweise zu übernehmen, da man ja "unterschiedliche Definitionen des Leistungsfalls hätte". Formaljuristisch mag dies korrekt sein, mit einem Sozialstaat, der einem im Fall der Fälle unter die Arme greifen (sollte), hat dies jedoch nichts zu tun: jeder Versicherer bezieht sich auf seine eigenen Bedingungen, fließenden Leistungsübergang gibt es defacto nicht. Man berücksichtige z.B., dass private Berufsunfähigkeitsversicherungen (Anmerkung: müssen i.d.R. leisten, wenn der zuletzt ausgeübte Beruf zu mindestens 50% nicht mehr ausgeübt werden kann) noch nicht einmal leistungswillig sind, wenn seitens der DRV eine vollständige Erwerbsminderung (= am allgemeinen Arbeitsmarkt kann keine Tätigkeit über 3 Stunden ausgeübt werden) anerkannt wurde.
Ohne klare Definition "was bedeutet was und was beinhaltet was" (dies lief früher mal unter der ungeliebten Mengenlehre an Grundschulen) kommen wir also keinen Schritt weiter und im Zweifel bleibt der Geschädigte der Dumme, da die eine Definition (scheinbar, und dies in erster Linie unter juristischen Auslegungskriterien) nichts mit der anderen zu tun hat.
Erst wenn sich die Politik bemüht, wirklich ein Sozialsystem zu entwerfen, dass sowohl auf gesetzlicher wie auch privater Versicherungsebene greifen könnte, rentiert es sich über Preise oder Versicherungsbedingungen zu reden.
In der aktuellen Situation sind die angebotenen gesetzlichen oder privaten Versicherungssysteme eine Farce - der eine versteckt sich hinter dem anderen oder windet sich aufgrund o.a. "Definitionsunterschiede" aus seiner Leistungspflicht heraus. Wie so oft ist der Geschädigte der Dumme. Bei viel Pech erhält der Geschädigte von niemandem etwas, die Versicherungen dürfen jedoch ohne Skrupel ihre Beiträge weiter einfordern und dürften nach derzeitiger Rechtslage z.B. im Fall einer fehlenden Prämienzahlung vor jedem deutschen Gericht Recht bekommen.
Gruß
Joker