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neues Urteil des BGH zum rechtlichen Gehör bei Privatgutachten

seenixe

Super-Moderator
Mitarbeiter
Registriert seit
31 Aug. 2006
Beiträge
8,846
Ort
Berlin
Hallo,
der BGH hat am 12.01.2011 unter dem Aktenzeichen IV ZR 190/08 ein sehr wichtiges Urteil zum Thema rechtliches Gehör und der Pflicht zur Verwertung eines Privatgutachtens getroffen.

Zusammenfassung:
Werden in einem Verfahren sowohl ein Gutachten eines gerichtlich beauftragen Sachverständigen als auch das Gutachten eines privaten Sachverständigen vorgelegt, deren Ergebnisse nicht übereinstimmen, verletzt es den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn das von ihm vorgelegte Privatgutachten keine Berücksichtigung findet. (Aus den Gründen: ...Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung noch im Rahmen einer Anhörung die Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Richter ein weiteres Gutachten einholen...).

Das vollständige Urteil ist wie immer im FAQ-Bereich abgelegt.

Gruß von der Seenixe
 
Diese Entscheidung des BGH wird aktuell auch in versicherungsrechtlichen Fachzeitschriften besprochen.

Den nachfolgenden Praxishinweis habe ich der Zeitschrift
"Versicherung und Recht kompakt, Ausgabe 04/2011, Seite 67"
entnommen:

Praxishinweis:
Der BGH spricht in seiner Entscheidung deutliche Worte, was die Behandlung eines Privatgutachtens im Prozess angeht:


  • Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH VersR 09, 975).


  • Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen, ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären.

  • Dazu kann es den Sachverständigen zu einer schriftlichen Ergänzung seines Gutachtens veranlassen.


  • Zudem bietet sich die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 3 ZPO an.

  • Ein Antrag der beweispflichtigen Partei ist dazu nicht erforderlich (BGH a.a.O.).


  • Gegebenenfalls muss das Gericht den Sachverständigen unter Gegenüberstellung mit dem Privatgutachter anhören, um dann entscheiden zu können, wieweit es den Ausführungen des Sachverständigen folgen will (BGH VersR 81, 576).



  • Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen (BGH VersR 09, 975).

Da diese Vorgaben des BGH noch nicht bei allen Gerichten angekommen sind, muss der Anwalt hier tätig werden. Hat er für seinen Mandanten ein Privatgutachten vorgelegt, sollte er zum einen das Gericht auf die BGH-Rechtsprechung hinweisen. Zum anderen sollte er die Anhörung des Sachverständigen fordern und diese gut vorbereiten. Um eine Gegenüberstellung zu gewährleisten, sollte der Privatgutachter unbedingt mit zum Termin gebracht werden. Dort kann er den gerichtlichen Sachverständigen befragen und ihm Vorhaltungen machen. Auf diese Weise kann dessen Gutachten optimal erschüttert werden.
 
Privatgutachter

Hallo @,

was hier beschrieben wird, mache ich schon seit 2004. Soll heissen, ich fahre mit in die Gerichtsverhandlung und befrage den Gerichtssachverständigen. Das funktioniert sowohl in Deutschland, als auch in Österreich. In der Schweiz hingegen sind in dieser Hinsicht ein paar Hindernisse zu beachten.

Gruss der RekoBär:):):)
 
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