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Morbus Sudeck: Vorsicht bei Wahl der Behandlungsmethode

nanni

Nutzer
Registriert seit
5 Mai 2008
Beiträge
2
Liebe Forumsmitglieder,

dass sich viele Ärzte nicht mit Morbus Sudeck auskennen, ist euch Betroffenen allen klar. Gerade das ist jedoch auch eine "Marktlücke": Auch wenn´s in diesem Zustand schwerfällt und man sich an jeden Strohhalm klammert (was auch fatal ausgenutzt werden kann) - beachtet einige Grundsätze und holt euch Unterstützung von Angehörigen/Freunden bei der Inforecherche, um die Behandlung zu hinterfragen! Tipps aus leidvoller Erfahrung, ohne jemanden persönlich verunglimpfen zu wollen:
- Viele Experten sind der Meinung, dass an erster Stelle eine gute Schmerztherapie (also Behandlung des Symptoms) steht, um die Beweglichkeit des betroffenen Körperteils (oft Hand oder Fuß) für physiotherapeutische Maßnahmen wiederherzustellen. Oft sind jahrelange Schmerzmittelgaben ja auch tatsächlich nötig - aber eben nicht immer, und vor allem: es müssen die richtigen sein.
Bedenkt: Wer über Monate hoch dosierte Schmerzmittel (Lidocain etc.) erhält, der muss dafür auch einen Preis zahlen. Das können Entzugserscheinungen genauso sein wie eine Schädigung anderer Organe (z.B. Niere) - wichtig sind die Vorerkrankungen! Überlegen: Mit welchem Grad an Schmerzen komme ich (auf Dauer, Notwendigkeit einer mehrwöchigen Schmerztherapie ist für den Beginn sicher richtig, wg. Schmerzgedächtnis des Körpers) zurecht, wann übersteigt der Preis den Nutzen!
- Beachtet: ein Facharzt für Anästhesie, also für die Schmerztherapie ist kein Facharzt für Innere Medizin. Natürlich braucht man ein Grundvertrauen zu einem Arzt, aber überschätzt auch nicht seine Kenntnisse außerhalb seines Gebietes. Schmerzmittel wirken aber nicht "nur" schmerzdämpfend, sondern haben Auswirkungen auf andere Organe. Eine seriöse Behandlung kann nur im Zusammenspiel mit einem Internisten erfolgen. Achtet also auf ernsthaft ganzheitlich gemeinte Ansätze. Ein paar Urinproben und ein bisschen Blutabnahme sind damit nicht gemeint, sondern eine ernsthafte Abklärung. Für eine ernsthafte Abklärung muss ein Internist wirklich im Hause und jederzeit ansprechbar sein und nicht nur ab und zu "vorbeikommen".
- Dass jemand technisch versiert ist, also einen guten Internetauftritt hat oder häufig unter dem Stichwort "Sudeck" auftaucht, sagt nichts darüber aus, dass er auch ein guter Arzt ist! Prüft, was wirklich dahinter steckt!
- Sudeck Patienten haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, weil sie sich a) von Ärzten nicht ernstgenommen fühlen, b) keine befriedigende Antwort auf Schmerzsymptome erfahren, c) ihnen keiner wirklich zuhört.
Achtung: Auch ein Arzt, der den Eindruck erweckt, gut zuzuhören, muss deshalb fachlich keine Kapazität sein! Eine Binsenweisheit: Gerade "Genies" auf einem Gebiet haben´s oft nicht so mit der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Ich wünsche euch allen viel Glück und Kraft, die Sache durchzustehen.
 
hallo nanni :)

wilkommen hier im forum
seit wann leidest du an sudeck und was war der auslöser
lg finchen
 
Liebe nanni,
zunächst ein herzliches Willkommen von mir!

Ich denke, den meisten Betroffenen ist längstens bewusst, was Du schreibst. Viele stützen sich dabei gar nicht ausschließlich auf die schulmedizinische Schmerztherapie, sondern schauen noch, was es alternativ gibt. Nur, wirkliche Alternativen gibt es nicht.

Ich bin eine, die erst nach über drei Jahren nach Entstehen des Sudecks überhaupt eine Schmerztherapie angefangen hatte. Das erste, was ich zu hören bekam war, warum ich jetzt erst komme. Das zweite war, dass man nicht mehr viel machen könnte, als lindern. Das dritte war, ich solle eine Psychotherapie machen, damit ich mich vernünftig entspannen lerne (kann ich schon fantastisch).

Es bedarf Mut, Wissen und viel Unterstützung, dass es überhaupt gelingt, ein wenig aus dem Teufelskreislauf Schmerz herauszukommen. Ich habe in der Schmerztherapie eine Patientin kennengelernt, bei der läuft es so, wie Du es beschreibst. Bei mir glücklicherweise nicht, weil ich von Anfang an niederdosierte Medikamente bekam und davon nur ein Mittel (die anderen habe ich wieder abgesetzt).

Es kommt auf die Zielvereinbarung an: ich wollte Linderung, weil mir durchaus bewusst war, dass ich in einem so späten Stadium keine Heilung erfahren würde. Wer aber frisch dabei ist, da ist aber mehr denn je verständlich, dass er sich auch gerne abschießen lässt, um keine Schmerzen mehr zu haben.

Gerne würde ich erfahren, ob Dir Alternativen bekannt sind. Ich rate im allgemeinen dazu, sich intensiv mit Schüsslersalzen auseinandersetzen, es gibt ein Komplexmittel von Wala gegen Sudeck und von der gleichen Firma ein Schmerzöl (Aconit). Viel diskutiert werden Ernährungstherapien, um die Entzündungsfaktoren herunterzubringen oder hochdosierte Gaben von Q10, Vitamin C, Vitamin B-Komplex oder Omega-3-Fettsäuren.

Und dann ist natürlich alles gut, was überhaupt gut ist: der eine mag Wärme, der andere Kälte. Sogar sportliche Bewegung sollte das Schmerzempfinden herabsenken....

Ich wäre gespannt auf einen Austausch.

Liebe Grüsse
Cateye
 
kleiner Auszug aus der Fallgeschichte

Cateye und Finchen, lieben Dank für eure Reaktionen und euer Mitgefühl.

Ich selbst bin glücklicherweise nicht betroffen, aber ein enger Familienangehöriger. Auslöser war eine Radiusfraktur (Bruch Handgelenk links, was tragisch ist, da er Linkshänder ist). Obwohl es in der Familie Mediziner gibt (Krankenschwester, Arzt), sind wir auf den Trichter Morbus Sudeck nicht gleich gekommen. Zumal der behandelnde Chirurg nach dem Bruch (Sommer letzten Jahres) vertröstet hat und sagte, die Schmerzen seien normal, der Bruch müsse eben ausheilen. Dadurch wurde die Sache monatelang verschleppt. Die endgültige Diagnose kam nicht vom Arzt, sondern von einem befreundeten Mediziner aufgrund typischer Symptome (unerträglicher Brennschmerz, Verfärbungen des Narbengebietes, Anschwellen der Hand, immer weiter eingeschränkte Beweglichkeit etc.) Der behandelnde Arzt hat bis zuletzt abgestritten, dass überhaupt die Möglichkeit besteht und in den Sudeck ein zweites Mal hineinoperiert (um Fehlstellungen der ersten, wohl verpfuschten OP und vernarbtes Gewebe zu beseitigen). Das hat die Sache nur schlimmer gemacht. Erst, als bei einer Röntgenaufnahme beider Hände im selben Strahl erste Knochenveränderungen sichtbar wurden, war die Sache klar.
Wir haben hinsichtlich dieses Falles viel Unterstützung vom Deutschen Patientenschutzbund erfahren, den ich nur empfehlen kann.
Dann allerdings kamen wir vom Regen in die Traufe: Die Schmerztherapie in einer anderen auf Sudeck spezialisierten Klinik, die sich vermeintlich gut anließ, wurde schlußendlich beinahe zum Desaster. Anstatt den Patienten hier nach anfänglicher Behandlung mit Schmerzmitteln (Schmerzkatheter) wieder nach einigen Wochen nach Hause zu schicken wie zu Beginn eigentlich besprochen, zog sich das Ganze über Monate hin, vom Arzt aus mit der Begründung, wenn man die Schmerztherapie jetzt abbreche, kämen noch schlimmere Schmerzen wieder. Übrigens wäre ein bestimmtes Maß an Schmerzen für den Patienten gar nicht schlimm gewesen, er ist ziemlich stark und wollte alles andere, als dass man ihn abschießt. Man hat ihm gegenüber aber mit dem Schmerzgedächtnis argumentiert, das man verhindern müsse.
Wir haben lange gebraucht, bis wir kapiert haben, dass hinter der Behandlung noch ganz andere Motive stecken könnten als das Wohl des Patienten. Dazu brauchte es dann erst Komplikationen mit der Niere, die für den Anästhesisten (Chefarzt der Klinik) jedoch keine medizinische Indikation für die Überweisung in ein Akutkrankenhaus darstellte (trotz Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Dreifach-Bypass nach Herzinfarkt). Stattdessen hat er mit unspezifischen Breitbandantibiotikum reagiert.
Mir ist völlig unklar, warum jemand, der als Anästhesist sicher seine Berechtigung und sein Fachwissen haben kann, hier nicht an einen internistischen/ nephrologischen Facharzt abgibt. Fieberschübe und Probleme blieben in dieser Woche der Antibiotikagabe. Sogar in dieser Zeit sollten weiter hochdosierte Schmerzmittel gegeben werden, was das Organsystem überhaupt nicht verkraftet hätte und was wir glücklicherweise abwenden konnten. Wir hatten unschöne Auseinandersetzungen mit dem Arzt, die ich jetzt gar nicht weiter vertiefen will. Kurz und gut: er hat lediglich auf Druck hin und erst, als klar war, dass hier Angehörige mit Vorwissen am Werk sind (was wir natürlich erst nicht haben "heraushängen" lassen) überhaupt einen Nephrologen hinzugezogen und schlußendlich doch eine Überweisung ins Akutkrankenhaus vorgenommen. Das aber ging, nachdem klar war, wer hier agiert, überraschend schnell....
Nach Anlegen einer Blutkultur u.a. Maßnahmen ist dort eine andere Behandlung vorgenommen worden, die sofort anschlug. Wir hatten Glück: behandelnde Ärzte in diesem Krankenhaus kannten sich auch mit Morbus Sudeck aus.
Alles in allem eine endlose Odyssee, bei der ich mich frage, was gewesen wäre, wenn wir nicht selbst auf medizinisches Fachwissen hätten zurückgreifen können. Ich finde es tragisch, dass man in einem Zustand, in dem man ohnehin schwach und angreifbar ist, noch umfangreiche Kenntnisse braucht, um überhaupt adäquat agieren zu können. Der Patient jedenfalls wäre zu bestimmten Entscheidungen nicht in der Lage gewesen, da aufgrund von Fieber und Schmerzmittelentzugserscheinungen völlig außer Gefecht gesetzt. Er hätte allem zugestimmt, nur um seine Ruhe zu haben - vor allem angesichts eines rhetorisch durchaus extrem fähigen Arztes. Da er sich nicht mehr wehren konnte, wurden die Angehörigen, die interveniert haben, jedoch so hingestellt, als seien sie grundlos hysterisch und würden dem Patienten seine Rechte absprechen.
 
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