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ML Mona Lisa vom 01.06.08 - Wenn Kleider krank machen - BK-Fall

Cateye

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11 Sep. 2006
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1,059
Frau K. arbeitet im Textilhandel. Immer häufiger muss sie sich krank melden, fühlt sich schlecht und hat Wahrnehmungsstörungen. Der Verdacht liegt nahe, dass die Textilien Ursache für ihr schlechtes Befinden sind. Obwohl längst verboten, lassen sich die giftigen Chemikalien noch immer in den Stoffen nachweisen. Dem soll jetzt ein Riegel vorgeschoben werden.


Es begann mit Augenbrennen, Hustenreiz, Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen, sagt Frau K.. Sie habe sich zum Schluss dann kaum mehr auf den Beinen halten können. Es sei unmöglich gewesen, noch zur Arbeit zu gehen. 25 Jahre hat sie in der Textilbranche gearbeitet als Schneiderin, Stickerin und im Verkauf. Sie kam in Kontakt mit den ungewaschenen Textilien, musste sie in ungelüfteten Räumen aufbügeln und atmete die giftigen Dämpfe ein.


Die 48-Jährige ist sich sicher, dass andere Kollegen auch Probleme haben: "Die Dunkelziffer ist meiner Meinung nach sehr hoch. Es wird halt nichts gesagt weil man Angst hat, den Arbeitsplatz zu verlieren. Es wäre geschäftsschädigend, wenn das so richtig publik werden würde."
Professor Michael Braungart. Quelle: ZDF
ZDF
Prof. Michael Braungart
Chemie schon beim Anbau

In den Anbauländern der dritten Welt beginnt der Chemieeinsatz. Naturfasern wie Baumwolle werden mit Pestiziden und Insektiziden behandelt. So werden schon seit vielen Jahren Menschen und Umwelt in den Anbauländern auf das Schwerste belastet. Weil in der Dritten Welt andere Farb- und DIN-Normen gelten, arbeiten viele Erzeugerländer mit Chemikalien, die bei uns längst verboten sind. Die mit Chemie überschüttete Rohware wird bei der Weiterverarbeitung und Veredelung einer weiteren chemischen Rosskur unterzogen: Baumwolle knitterfrei, Wolle filzfrei - die Chemie macht es möglich, mit ernsthaften Folgen.


Prof. Michael Braungart, Direktor des Beratungsinstituts Internationale Umweltforschung (EPEA), nennt Fakten: "Etwa 30 Prozent aller Chemikalien, die verwendet werden, gehen in Textilien. Dadurch werden auch viele schädliche Chemikalien verwendet. Etwa die Hälfte unserer Kinder im Alter von sieben Jahren haben inzwischen Hautallergien. Ich gehe davon aus, dass etwa ein Drittel dieser Allergien direkt auf Textilien zurückgeht."

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Prof. Michael Braungart rät:

- Am besten fünfmal jedes Kleidungsstück vor dem ersten Tragen waschen.
- Kinder möglichst nur mit Ware aus dem Second-Hand-Laden einkleiden.
-Zwei Ökosiegel versprechen unbelastete Kleidung: Öko-Tex-Standard 100 und Toxprofi.
Christel Brem. Quelle: ZDF
ZDF
Christel Brem wurde krank.
Textilien machen krank

Christel Brem erkrankte schwer in ihrem eigenen Trachtenmodengeschäft. Einst entwarf und schneiderte sie Dirndl für die bayrische Prominenz. Doch die chemischen Rückstände in den Trachten machten sie mit nur 42 Jahren zur Frührentnerin. Toxikologische Tests ergaben eine hochgradige Verseuchung ihres Blutes mit Pestiziden. Seit 20 Jahren kämpft sie nun gegen die Verantwortlichen in der Textilindustrie, gegen ihr Schweigen, gegen die vielfache Verharmlosung.


Christel Brem fordert daher "ein gewisses Teilverbot, dass man verschiedene Chemikalien verbietet und dadurch weniger Chemikalien einsetzt, dann kann man sie leichter kontrollieren. Und Chemikalien von denen man weiß, dass sie gesundheitsschädlich oder Allergie auslösend wirken, die sollten kennzeichnungspflichtig werden. Dann kann der Verbraucher von sich aus entscheiden, nehme ich oder nehme ich nicht."

Giftige Zusätze

Bislang werden allein in Deutschland zur Veredelung von Textilien jährlich rund 110.000 Tonnen Textilhilfsmittel, bis zu 250.000 Tonnen Grundchemikalien und etwa 12.000 Tonnen Farbmittel eingesetzt. Der Einsatz von Chemikalien liegt überwiegend im Ermessen der Industrie. Kontrollen gibt es viel zu wenige. So geraten immer wieder unüberschaubare Chemiecocktails in die Textilen und die können Mitarbeiter und Verbraucher krank machen.
Christine Throl. Quelle: ZDF
ZDF
Christine Throl von ÖKO-TEST

ÖKO-TEST lies je drei Damenoberteile von elf beliebten Modelabels einkaufen. Unter einigem Umstrittenen und Bedenklichen, war ein Shirt gar nicht verkaufsfähig. Christine Throl von ÖKO -TEST erklärt: "Street One ließ die Tunika vom Markt nehmen. Die Unsicherheit im Umgang mit Textilien bleibt. Doch während einige der gängigen Modeketten inzwischen manche Einsicht zeigen und Verbesserungen anstreben, fehlt im Luxusbereich solches Bewusstsein." Prof Michael Braungart: "Die Topdesigner haben immer noch nichts begriffen. Die setzen den letzten Giftmüll ein. Blei, Chrom, Quecksilber, Kadmium sind enthalten, Haut schädigende Materialien, weil man nur auf das schöne Aussehen achtet.

Infobox
Tipps von ÖKO-TEST:

-Vor dem ersten Tragen Kleidung lieber waschen. Sind Textilien lediglich leicht verschmutzt, kann man sie getrost im Pflegeprogramm waschen. Das schont die Wäsche.
-Aufdrucke sind häufig die Quelle für kritische Chemikalien, daher besser zu unbedruckten Teilen greifen.

Schwerkrank und arbeitslos

Frau K. hat Atteste über ihre Vergiftung mit Chemikalien. Berufsunfähig kämpft sie für eine Anerkennung ihrer Krankheit. Mit geringen Chancen, wie sie weiß: "Weil das die Berufsgenossenschaften eine Menge Geld kosten würde. Sie müssten ja dann auch andere Fälle anerkennen und da ist die Dunkelziffer wirklich hoch." Klare gesetzliche Vorgaben darüber, welche Substanzen in Textilen verarbeitet werden dürfen - daran doktert die Politik schon lange herum.
Anja Weisgerber. Quelle: ZDF
ZDF
Europa-Parlamentarierin Dr. Anja Weisgerber

Reach heißt die EU-Kontrollverordnung. Darunter fallen zehntausende Substanzen, die die Industrie seit heute melden muss. Bis 2018 sollen die Stoffe registriert und auf ihre Gefährlichkeit überprüft werden. Dr. Anja Weisgerber, Mitglied des Europäischen Parlaments für die CDU/CSU: "Nicht die Behörden reagieren, sondern der Hersteller selbst muss diese chemische Substanz registrieren und er muss selbst beweisen, ob die Substanz in der jeweiligen Anwendung gefährlich ist. "Die Kritik der Experten an Reach: nur Einzelstoffe würden geprüft, es fehle aber eben die wichtige Forschung, wie schädlich die Stoffe kombiniert wirken.
 
Hallo Cateye,
Reach kannst Du vergessen; denn was dort geprüft werden soll, ist für den Endverbraucher fast irrelevant; denn es sind die Grossprodukte, die uns seit Jahren auf die "Gesundheit" gedrückt werden.
Das Dumme ist, das wir alle unterschiedlich sind. Nicht jede Substanz ruft bei jedem die gleiche (gesundheitliche/metabolische) Reaktion hervor.
Manche Raucher sinken mit 99,5 Jahren an Alterschwäche in Grab, andere schon mit 40 oder 50 an Krebs.
Schnelle Acetylierer erkranken durch aromatische Amine schneller an Blasenkrebs, als langsame Acetylierer, die dafür empfindlicher gegen Methylbromid (ein Vergasungsmittel von Kammerjägern).
Das Kästchendenken der BG'en hilft deshalb nicht. Es ist notwendig, die individuelle Empfindlichkeit zu überprüfen.
Meine Appelle an die GA, sind leider verhallt.
Tausende von Leuten vertragen die Textilchemikalien, also muss die Dame spinnen, oder?
Aber sie ist permanent diesen Substanzen ausgesetzt, ihre Atemluft ist damit gesättigt und evtl. ist sie besonders empfindlich dafür.
Alle 3 Parameter werden mit dem "normal" Menschen bzw. Kunden gleichgesetzt, der nur ein Teil kauft und es evtl. vor dem Tragen noch wäscht.
Es wäre Aufgabe der "Amtsermittlung" diese Parameter zu eruieren und den BK'lern eine Lösung zu bieten, leider wird von denen nur marginalisiert.
Ich habe eine SG-Verhandlung mit erlebt, wo eine Frau mit einer starken Allergie gezwungen wurde, die Tätigkeit "versuchshalber" wieder Aufzunehmen, da keiner eine Ursache gefunden hatte.
Unsere Fälle leiden alle an dem mangelndem Einsehen an die Individualität des Menschen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Paro,

Du darfst das Positive jedoch nicht außer Acht lassen: in dem Beitrag wurde die Berufsgenossenschaft genannt. Dass wir BG-Opfer verstärkt in den Medien vorkommen, das scheint mir eine positive Entwicklung!

Vor ein paar Jahren ging es ebenfalls mal in einem Bericht über einen Billigdiscounter, namens KIK (ich hoffe, dass die Nennung keine Probleme beireitet).

LG,
Cateye
 
Hallo Cateye,
KIK geht z.Z. wg. Kinderarbeit in den asiatischen Herstellerländern durch die Medien.
Aber die Textilchemikalien und -farben sind gar kein so neues Problem. Es existiert ein Urteil des Bayrischen LSG, indem einer Hutmacherin eine BK 1301 anerkannt wurde, da sie 20 Jahre lang den Staub von azogefärbten Filzhutstumpen eingeatmet hatte. Ein GA bestätigte damals, dass sich Azofarben in die relevanten Amine zurückspalten können und damit kausal für den Blasenkrebs seien können.
 
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