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Leben ohne Ellenbogengelenk

Biggi0812

Neues Mitglied
Registriert seit
31 Jan. 2019
Beiträge
5
Alter
61
Hallo ich hatte 1991 einen schweren Verkehrsunfall als Insasse, ich hatte unter Anderem eine offene Humerus Trümmerfraktur rechter Arm, Die erste OP war direkt am Unfalltag, mit einer Platte wurde der Ellenbogen geflickt.
Weil ich unter Anderem auch meinen Unterkiefer gebrochen hatte, verlegte man mich in die Zahnklinik um den Kiefer dort mit Platten zu versorgen.
Ich sagte zur Schwester dass ich unter dem Verband eine Narbe habe und diese frisch verbunden werden muss, sie sagte dafür seien sie nicht zuständig. Mir ging es nicht gut ich hatte erhöhte Temperatur und war zu schwach mich durch zu setzen. Am frühen Nachmittag hatte ich etwas über 38 Fieber. Der Arm tat weh und ich fühlte mich wirklich sehr schlecht.
Ich hatte sehr schlimme Schmerzen und bekam hohes Fieber, dann endlich riefen sie in der Chirurgie an und ein Arzt kam, er entfernte den Verband der Arm war blau fast schwarz.
Es folgte eine Not OP, als ich aufwachte hatte ich einen dicken Schlauch für die Spülung aus dem Arm hängen, es folgen 3 weitere OPs immer wieder wurde etwas Knochen entfernt, die vierte OP war die schlimmste.
Als ich aufwachte, sagte der Arzt der an meinem Bett stand, dass man 10 cm aus dem Oberarm und das komplette Gelenk entfernen musste und das es jetzt darum geht den Arm zu erhalten, der Arzt ging raus und ich war geschockt. Dann erst bemerkte ich das Metallteil am Arm ( externer Fixateur) Jeden Tag wurde der Arm frisch verbunden, ich hatte wirklich schlimme Scherzen, Knochensplitter mussten Täglich von der Krankenschwester mit der Pinzette aus der Hut gezogen werden , an den Stangen des Fixateurs wuchs meine Haut hoch und wurde dann wieder mit der Pinzette nach unten geschoben.
Nach einem viertel Jahr konnte ich endlich nach Hause. Zu dem Zeitpunkt ging ich noch davon aus eine Prothese zu bekommen.
Dann kam das böse Erwachen, keine Prothese für mich hieß es. !!!Schock!!! Der Professor schickte meine Röntgenbilder zu einem Studienfreund in die Schweiz, dieser fertigte Spezial Prothesen. Also Hoffnung, Ergebnis leider negativ. Vorschlag alternativ Versteifung......... die erste Versteifung schlug fehl, ein Jahr später der erneute Versuch, klappe auch nicht, wuchs nicht zusammen.
Seit dem lebe ich ohne Ellenbogengelenk, Ich komme im Alltag gut klar, na ja kein Wunder lebe ja auch schon 28 Jahre damit. Schmerzen habe ich nicht mehr so viel, Nachts Trage ich eine Orthese, Tagsüber bin ich ohne Schiene, Orthese oder sonst der Gleichen. Ich mache eigentlich alles mit links, der rechte Arm ist sozusagen mein Angestellter der kleine Hilfsarbeiten übernimmt. Das ich behindert bin merke ich besonders wenn der linke Arm ausfällt, dann geht nichts mehr, nicht mal das Hintern abwischen.
Laut Schwerbeschädigten Ausweis bin ich 50% behindert.
Warum habe ich das hier geschrieben, ich wollte einfach verdeutlichen, dass es egal wie schlimm man seine Situation findet im Leben weiter geht.
Ich musste das auch erst nach vielen vielen Tränenreich Monaten lernen
Ach vielleicht ist es noch Interessant, die Gegnerische Versicherung zahlte 60000 DM Schmerzensgeld.
Ich beziehe seit 1992 die volle Erwerbsminderung- Rente.
 
Hallo Biggi0812

hab vielen Dank für Deinen wertvollen Bericht.

Ggf. magst Du noch mehr ins Detail gehen und für andere, gerade die neueren User folgende Fragen beantworten:

Du schreibst von Deinem Schmerzensgeld. Ich vermute dieses hast Du von der HPV erhalten.

WIe viele Gutachten hattest Du? Bist Du gerichtlich vorgegangen? Wer waren die Gutachter?

Setzt sich Dein die von Dir genannte Summe des Schmerzensgeldes aus 2 Verfahren zusammen?

1. HPV
2. Prozess med. Fehlbehandlung -> MZK-Abteilung welche Deinen Arm nicht mitbehandelt haben? Hattest Du hier die Klinik / Abteilung noch erfolgreich verklagt?

Du schreibst, Du bis seit 1992 in Rente. Explizit "nur" auf den Unfall -> Arm? Dann darf ich annehmen, Du hattest ggf. einen gewerblichen Beruf?

Aber dann wundere ich mich; Du warst noch relativ jung -> warum hat man dich nicht umgeschult?

Ich denke, ich darf sagen: "Wir" freuen uns auf mehr Antworten, Inhalte und Erfahrungen von Dir!

Viele Grüße

Kasandra
 
Das Schmerzensgeld bekam ich von der Haftpflicht Versicherung des Unfall Schuldners, dafür wurde nur ein Gutachten erstellt, es wurde auch kein weiteres von der Versicherung verlangt. Das Ganze lief über meine Anwältin und wurde außergerichtlich vereinbart.
Ich bin damals davon ausgegangen, dass das Drama durch die offene Trümmerfraktur zustande kam, ich meine damit die Entzündung folgte, auf Grund dessen habe ich die Zahnklinik nicht verklagt, zumal meine Anwältin mir auch nicht dazu geraten hatte.
Das oben genannte Schmerzensgeld erhielt ich von der Gegnerischen HPV.
Ich habe den Beruf Facharbeiter für Eisenbahntransporttechnik gelernt, später arbeitete ich in einer Großküche. Zum Zeitpunkt des Unfalls war ich im Babyjahr, dann Unfallbedingt krank geschrieben und dann auf 0 gestellt, (so hieß das damals noch) bis dann die Kündigung folgte.
Um herraus zu finden ob eine Umschulung für mich in Frage kommt war ich für 3 Wochen zur beruflichen Rehabilitation. Es wurde ein IQ Test gemacht und ich hatte ein Linkshändertraining am PC, ( Der rechte Arm war mein Arbeitsarm, ich bin gebürtige Rechtshänderin )
Ich habe vier Kinder die logischer Weise damals noch sehr klein waren, sie waren 8,6,3 und etwas über einem Jahr jung.
Damals gab es keine Möglichkeit eine Ambulante Umschulung zu machen, ich wäre dann wieder unter der Woche von meinen Mann und meinen Kindern getrennt. Es war wirklich schon sehr schwer, als ich das viertel Jahr im KH lag, als ich nach Hause kam hat mich mein Jüngster Sohn nicht mehr erkannt, er hat nach mir geschlagen und geschrien als ich ihn in den Arm nehmen wollte. Auch die größeren Kinder haben unter der ganzen Sache sehr gelitten. Ich bin in der ehemaligen DDR aufgewachsen, das alles war ja kurz nach der Wende, vieles lief damals noch nicht so wie heute.
Auch war eine Umschulung im Bereich Büro nur unter Vorbehalt möglich, ich denke das alles hat dazu geführt, dass ich die Rente auf Dauer bewilligt bekommen habe.
Ich hoffe ich habe nicht zu verwirrend geschrieben, aber es kamen jetzt so viele Erinnerungen wieder hoch und ich habe versucht das Wichtigste zu schreiben,
Lg
Biggi
 
PS
Durch das fehlende Gelenk ist ja leider nicht nur der Ellenbogen sonder auch ein Nerv und somit auch die Hand in Mitleidenschaft gezogen, ich habe für diese Verletzung Typisch, eine sogenannte Krallenhand und auch die Beweglichkeit des Handgelenkes ist stark eingeschränkt. Vermutlich hat auch das dazu beigetragen dass eine Umschulung nur unter Vorbehalt evtl in Frage kam.
Ich war damals mit der ganzen Sache überfordert und habe leider kaum Fragen gestellt
Lg Biggi
 
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