• Herzlich Willkommen beim Forum für Unfallopfer, der größten Gemeinschaft für Unfallopfer im deutschsprachigen Raum.
    Du besuchst unser Forum gerade als Gast und kannst die Inhalte von Beiträgen vieler Foren nicht lesen und so leider nützliche Funktionen nicht nutzen.
    Klicke auf "Registrieren" und werde kostenlos Mitglied unserer Gemeinschaft, damit du in allen Foren lesen und eigene Beiträge schreiben kannst.

Krankengeld: Rechtsänderungen kritisch begleiten!

natürlich bleibt das Krankengeld eine Sozialleistung

für die das

SGB I http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/sgb_1/gesamt.pdf

und das

SGB X http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/sgb_10/gesamt.pdf

gelten. Aber das wissen die Gesundheitsausschüsse des Bundestages
und des Bundesrates offenbar nicht. Kein Wunder, denn diese Gesetze
fallen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich - sie haben davon offenbar
nicht die geringste Ahnung.

Dafür gibt es im Bundestag den Ausschuss für Arbeit und Soziales und
beim Bundesrat den Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik. Das hilft aber
nichts, wenn wohl keiner weiß, dass es dazu auf die Kompetenz dieser
Ausschüsse ankäme oder deren Kompetenz schlicht ignoriert wird.

Das Krankengeld ist ein typisches Schnittstellen-Problem, aber als
solches offenbar bewusst in Kauf genommen.
 
1. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen
Bundestag am 11. Juni 2015 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß
Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.


Das wäre hingegen jedoch erforderlich, da die Gesetzesänderung zur Verschlechterung der Patientenrechte führt!


Anmerkung:
Räumungsverkauf - Schuldenwirtschaft unter der aktuellen Regierung, die Abschaffung des Sozialstaats ist m.E. von langer Hand geplant und gewollt.

Arbeit als " Handelsware - Handelsgut" verkauft wird und abgespalten wurde und mithin nicht mehr als menschliche Leistung gesehen wird.
Selbstverständlich sind wir bereits beim Handels- und Wettbewerbsrecht anbelangt.

Auch im Fall der Stück- und Werkverträge ist das Amt für Arbeit und Soziales kaum zuständig :D
 
DGB-Rechtsschutz und die Änderung von § 46 SGB V

.
Nun fällt auch dem DGB-Rechtsschutz bzw. dessen Gastautor Bertold Brücher, Jurist, Gewerkschaftliches Centrum für Revision und Europäisches Recht - Kassel, noch was zur Änderung des § 46 SGB V ein. (Fundstelle KKF, CiceroOWL - immer bestens informiert)

http://www.dgbrechtsschutz.de/recht...eld-einem-misslichen-umstand-wird-abgeholfen/

Der Kommentar vom 20.08.2015 bedarf einiger Anmerkungen (Wiederholung):

Die Überschrift „Weiterbewilligung von Krankengeld“ unterstellt die vorhergehende abschnittsweise befristete Krankengeld-Bewilligung und die Zulässigkeit der Befristung. Dafür gab es bisher keine rechtliche Basis.

Einem misslichen Umstand wird abgeholfen“ ist nur teilweise zutreffend. Die bisherige BSG-Krankengeld-Falle hatte keine gesetzliche Basis und konnte sich offenbar nur wegen der Gleichgültigkeit oder Inkompetenz der Versicherten-Vertreter so lange halten. Inzwischen wurde die „illegale Konstruktion“ um einen Arbeitstag sowie um Wochenend- und Feiertage entschärft in den Stand einer Gesetzgeber- Krankengeld-Falle erhoben. Anders als Personen im Beschäftigungsverhältnis sind Personen ohne Beschäftigungsverhältnis der unverhältnismäßigen und verfassungsrechtlich bedenklichen Gefahr des völligen Krankengeld-Verlustes ausgesetzt, obwohl eine Ruhensregelung ausreichend und angemessen wäre. Außerdem ist das Krankengeld nun anders als die übrigen Leistungen zum Lebensunterhalt per Gesetz außerhalb des Anwendungsbereichs der SGB I und X (zu Augenhöhe und Vertrauenschutz) isoliert.

Materielle Einbußen“ ist sehr milde ausgedrückt. Durch die hier diskutierte Krankengeld-Praxis und –„Recht“sprechung wurden Versicherte in besonderen Belastungssituationen (Krankheit) ohne ausreichende gesetzliche Basis und ohne vorher zureichende Information allein aus banalen formalen Gründen von ihren im Zwangsversicherungsverhältnis durch Beiträge erworbenen Ansprüchen auf Krankengeld und von der damit verbundenen kostenfreien Versicherung getrennt, was häufig Existenzängste auslöste.

Auch die Formulierung „gesetzliche Bestimmung unverständlich“ ist unzutreffend, denn es gab zu all dem keine gesetzliche Bestimmung. Die BSG-Krankengeld-Falle zeichnete sich dadurch aus, die eindeutige Rechtslage des § 46 SGB V a. F. zu ignorieren bzw. in ihr Gegenteil zu verkehren.

Der Kommentar vom 20.08.2015 ist auch insoweit in sich widersprüchlich: „Noch lautet die einschlägige Gesetzesnorm: (… alte Fassung …)“ ist seit 4 Wochen unzutreffend, nachdem - wie zutreffend angegeben - die Neuregelung am 23.07.2015 in Kraft getreten ist.

zuletzt SG Speyer 03.03.2015 – S 19 KR 10/15 ER“ ist längst überholt. Inzwischen gibt es zwei weitere Entscheidungen des SG Speyer:
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={7B81F154-A714-4BFD-B3D9-B15137CB2A7F}
http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil_neu.asp?rowguid={F072D367-03AA-40B0-983C-27400D013D77}

in seiner Logik konsequent“ ist für die bisherige Krankengeld-„Recht“sprechung des BSG verfehlt, denn die hat keine „Logik“, jedenfalls keine rechtliche.

Über die geschmeichelte „wohltuende Wirkung“ darf man somit auch anderer Meinung sein – und man versteht nun, dass aus dem „Gewerkschaftlichen Centrum für Revision“ bisher keine stichhaltigen rechtlichen Argumente zugunsten der Versicherten gekommen sind, auch keine Verfassungsbeschwerde.
 
DGB ... - fremde Federn und eigene Ignroanz!

Der DGB ist maßgeblich daran beteiligt, mit einer Gesetzesänderung der Nahtlosigkeitsfalle
bei Arbeitsunfähigkeit entgegenzuwirken.
Schon dieser erste Satz ist Hohn, will sich mit fremden Federn schmücken, die auch der VdK – eben-
falls völlig zu Unrecht – für sich in Anspruch nimmt:

Ein wichtiger Fortschritt für Patienten sind gesetzliche Klarstellungen beim Krankengeld, die der
VdK seit Langem gefordert hat. „Endlich wird die Versorgungslücke beim Krankengeldbezug ge-
schlossen“, so Ulrike Mascher.
http://www.vdk.de/deutschland/pages...kungsgesetz_gesetzgeber_muss_noch_nachbessern

Zum ursprünglich unsäglichen, völligen untaglichen Regierungsentwurf vom 17.12.2014 ist dem DGB
im offensichtlichen sozialrechtlichen Tiefschlaf tatsächlich nichts Besseres eingefallen als nach Tagen
zu differenzieren (Werktage, Wochentage, Arbeitstage, Samstage, Sonntag, Feiertage), hier Seite 8:
http://www.bundestag.de/blob/366696...a5/deutscher-gewerkschaftsbund--dgb--data.pdf

Dabei war eine Rechtsänderung überhaupt nicht erforderlich. Die bisherige Regelung war nämlich prima!
Sie hätte – nachdem sie ca. 45 Jahre anstandslos funktionierte – nur nicht umgangen werden dürfen. Anstatt
sich gegen den Rechtsmissbrauch zu engagieren ließ (auch) die DGB Rechtsschutz GmbH gerade den BSG-
Präsidenten-Senat jahrelang gewähren. Dabei wäre es – nicht nur aus Rechtsgründen – ihre Aufgabe gewesen,
statt passiv zur Umgehung aktiv zur Einhaltung des § 46 SGB V a. F. beizutragen. Der Wortlaut der Bestimmung
ist nämlich zwingend. Nicht nur beiläufig verknüpfte die Regelung den Anspruch auf Krankengeld mit nur einem
Wartetag (Karenztag) – nicht aber mit x-Wartetagen zu jeder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Wer könnte
oder müsste dies besser wissen als der DGB und die DGB Rechtsschutz GmbH? Immerhin war es die
gewerkschaftsnahe SPD, die schon lange nicht mehr engagierter um eine politisch-soziale Position
gerungen hat als um die Vermeidung auch des einen Karenztages. Hier die Fakten:

SPD-Antrag vom 21.06.1960 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/03/019/0301926.pdf
BT-Protokoll 29.09.1960 http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/03/03125.pdf
BT-Protokoll 23.02.1961 http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/03/03145.pdf
SPD-Antrag 03.03.1961 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/03/025/0302571.pdf
BT-Protokoll 31.05.1961 http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/03/03161.pdf
Gesetzentwurf vom 03.05.1988 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/11/022/1102237.pdf
Äderungsantrag der SPD vom 22.11.1988 http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/11/034/1103439.pdf

Die Fragen an die SPD und die Gewerkschaften lauten als: Wie konnten sich seit 2007 trotzdem x-Karenztage
durchsetzen und etablieren? Haben Sie völlig verpennt, was das Anliegen und die Errungenschaften des
sozialen Rechtsstaates waren? Wie gehen Sie mit dem Erbe Ihrer Urväter um?

Aber das ist längst nicht das Ende der Ignoranz. Die seit 23.07.2015 gültige Neuregelung des § 46 SGB V
entspricht exakt den Vorschlägen des
AOK-Bundesverband (Seite 38) http://www.bundestag.de/blob/365550/0e6bf9cb7186dcedbf6c399bcf7de3ba/aok-bundesverband-data.pdf
und des GKV-Spitzenverbandes (Seite 53) http://www.bundestag.de/blob/366576/712f6fa497ba09b8a5fcf7ff0837cfa1/gkv-spitzenverband-data.pdf

Die Änderungsvorschläge der Krankenkassen wurden erst auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens
– per Fraktionsvereinbarung – in den Gesetzestext übernommen. Schon allein diese Tatsachen sollten aufhorchen
lassen. Aber in sozialrechtlicher Verbundenheit gepaart mit dem Eifer des Selbstlobes will wohl keiner erkennen
oder gar reklamieren, dass das Krankengeld von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages ohne jede Dis-
kussion gesetzlich aus den für die übrigen Sozialleistungen zum Lebensunterhalt gültigen Regelungen des
SGB I und X zu Augenhöhe und Vertrauensschutz ausgenommen worden ist. Sogar die Gesetzesbegründung
verschweigt diese rechtlich erhebliche Tatsache.

Aus solchem selbstgerechten Tiefschlaf ist der soziale Rechtsstaat offenbar nicht mehr zu erwecken.
Gute Nacht Deutschland!
 
.
Der GKV-Spitzenverband …

…. ist der Verband mit den meisten Hausausweisen! Insgesamt 21, 13 von der CDU, 8 von der SPD.
http://www.focus.de/politik/deutsch...ehen-im-bundestag-ein-und-aus_id_5122320.html

Damit dürfte zur hier diskutierten Krankengeld-Rechtsänderung ab 23.07.2015 manches klarer werden:

Regierungsentwurf 12/2014

Der Anspruch auf Krankengeld bleibt bestehen, wenn nach dem Ende der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit deren Fortdauer wegen derselben Krankheit am nächsten Arbeitstag, der ein Werktag ist, ärztlich festgestellt wird.

Vorschlag GKV-Spitzenverband 23.03.2015

Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem Ende des zuletzt bescheinigten Endes der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.


Gesetzestext seit 23.07.2015

Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

Offene Fragen beantwortet gerne Dr. Edgar Franke, SPD
https://www.bundestag.de/gesundheit

.
 
Rechtsänderungen zum 23.07.2015

.
Krankengeld-Doppelanspruch

Die Gesetzesbegründung ist – wohl bewusst – unvollständig, irreführend. Wahrscheinlich haben die
Entscheidungsträger deswegen nicht vollständig erfasst, was sie da letzten Sommer als Vorschlag des
AOK-Bundesverbandes und des GKV-Spitzenverbandes abnickten.

Jetzt drängt sich ein weiterer Aspekt in den Vordergrund – der tageweise Doppelanspruch.

Wenn nach der Neuregelung des § 46 SGB V https://dejure.org/gesetze/SGB_V/46.html der vorherige Anspruch
auf Krankengeld bis zum Tag der lückenlosen ärztlichen Feststellung der weiteren Arbeitsunfähigkeit bestehen
bleibt und an diesem Tag durch die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der weitere Anspruch entsteht,
existieren jeweils an diesen Tagen zwei Ansprüche auf Krankengeld.

Das erscheint vielleicht nicht gewollt. Auszuschließen ist es aber auch nicht, denn damals wurde so manches
geregelt, was sich – außer vom AOK-BV und vom GKV-SV – nicht als gewollt darstellt. Immerhin könnte der
Gesetzgeber damit einen Anreiz für nur kurzfristige AU-Bescheinigungen geschaffen haben, nachdem sich
die Krankenkassen gegen die Rechtsprechung zur Wirksamkeit unbefristeter AU-Bescheinigungen
(„bis auf weiteres“) auflehnten.

Das zu klären, dürfte eine Kleinigkeit sein, ebenso wie jetzt schon das Ergebnis zu erahnen. Aber es
eröffnet den zusätzlichen Weg, die Neuregelung einfach-rechtlich, wie – aus anderen Gründen –
verfassungsrechtlich in Frage zu stellen.
 
Hallo Macht Sinn,

weit aus mehr Probleme tuen sich ohnehin dadurch auf, insbesondere wenn es um Unfall bedingte AU bzw. Berufskrankheiten geht. Ohne das es einen Grund gab wurde am Recht gedreht.

Die Krankenkassen haben auch das Verletztengeld zu leisten, oft fehlt jedoch zu Beginn der AU, wenn nicht sogar über diverse Jahre noch die Anerkennung seitens der zuständigen BG.

Wie bekannt sein dürfte versuchen sich alle Sozialversicherungsträger zu drücken, wenn es um Leistungen geht, statt wie der Gesetzgeber vorgegeben hat, dass die Sozialversicherungsträger den Sachverhalt untereinander aufzuklären haben.

Durchaus besteht auch über die 78 Wochen hinaus der Anspruch weiter auf Leistungen die von den Sozialversicherungsträger zu erbringen sind.

Fazit, nach Leistungen der Krankenkasse kommt die Leistung der Rentenversicherung.

Krankengeld in Form von Verletztengeld 5 Jahre.
 
gesetzliche Krankengeld-Falle seit 23.07.2015 - erste Erkenntnisse

.
Die „BSG-Krankengeld-Falle“ ist seit 23.07.2015 in die – entschärfte – „gesetzliche Krankengeld-Falle“ umkonstruiert. Die Problematik und die damit verbundene Dramatik blieben unverändert. Dass die Fälle seltener sind, hilft dem Ansehen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht. Hier das Parade-Beispiel: http://www.sozial-krankenkassen-ges...ng-der-KK-Mitarbeiter/?postID=21103#post21103

Aber auch der Gesetzgeber – wenn so bezeichnet werden darf, wer blind die Vorschläge von AOK-Bundesverband und GKV-Spitzenverband umsetzt? – hat sich mit seiner gesetzlichen Krankengeld-Falle einen „Bärendienst“ erwiesen. Darauf lässt zumindest die erste allgemein bekannte richterliche Einschätzung schließen (Urteilsauszug):

4.8 Durch die inzwischen vollzogene Änderung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V und durch die Einfügung des neuen § 46 Satz 2 SGB V mit dem Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) mit Wirkung zum 23.07.2015 ist weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft eine wesentliche Änderung der Rechtslage bezüglich der Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs eingetreten. Mit der Neuregelung wird die gesetzeswidrige Normkonkretisierung des BSG weder für die Zukunft legalisiert, noch für die Vergangenheit legitimiert.

4.8.1 § 46 Satz 1 SGB V lautet in der neuen Fassung:

„Der Anspruch auf Krankengeld entsteht

1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an,

2. im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.“

Mit dieser Neureglung wurde der verbliebene „Karenztag“ abgeschafft, sodass der Anspruch auf Krankengeld in den Fällen des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nunmehr bereits am Tag der ärztlichen Feststellung und nicht erst am Folgetag entsteht.

§ 46 Satz 2 SGB V lautet in der neuen Fassung:

„Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.“

Diese Neuregelung könnte den Anspruch auf Krankengeld allenfalls für den Fall begrenzen, dass ein Arzt ein Ende der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Sie sieht zugleich eine Ausnahme von dieser – möglichen – Rechtsfolge für den Fall vor, dass spätestens am nächsten Werktag nach dem „bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit“ die weitere Arbeitsunfähigkeit auf Grund derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird. Allerdings ist zweifelhaft, ob anhand dieser Vorschrift überhaupt ein Beendigungstatbestand für den materiellen Krankengeldanspruch konstruiert werden kann. Es fehlt an dieser Stelle und auch sonst im SGB V nach wie vor an einer Regelung, die eine Beendigung des Krankengeldanspruchs durch eine ärztliche Handlung („Feststellung der Arbeitsfähigkeit“, „Bescheinigung des Endes der Arbeitsunfähigkeit“) vorsieht. In § 46 Satz 2 SGB V n.F. wird eine entsprechende Rechtsnorm möglicherweise vorausgesetzt. Eine solche lässt sich aber nicht auf einen geltenden Normtext zurückführen. Der in § 46 Satz 2 SGB V n.F. normierten Regelung zum Fortbestand des Krankengeldanspruchs fehlt es somit an einem hiermit korrespondierenden Beendigungstatbestand.

Vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen (Art. 20 Abs. 3 GG) Gebotes der Normenklarheit und Normenwahrheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.2003 – 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 – Rn. 61: „Gesetzliche Regelungen müssen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (…). (…) Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen (…), sondern auch bei der Gewährung von Leistungen und deren zivilrechtlicher Behandlung müssen die Normen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein.“) sowie des Gesetzesvorbehalts des § 31 SGB I erscheint es nicht vertretbar, einen Beendigungstatbestand für den Krankengeldanspruch als durch § 46 Satz 2 SGB V n.F. mittelbar oder indirekt mitnormiert anzusehen. Die hieraus resultierende weitgehende Funktionslosigkeit der Regelung ist vielmehr als Folge ihrer Unvollständigkeit hinzunehmen. Sie ist letztendlich Ausdruck des Versuchs der Legislative, auf eine nicht vom Gesetz gedeckte Rechtsprechung des BSG nur punktuell zu reagieren, anstatt sie entweder umfassend in rechtsstaatlich gebotener Klarheit zu positivieren oder ihr im Wege einer Klarstellung vollständig den Boden zu entziehen.

Aus dem Normtext des § 46 Satz 2 SGB V n.F. ergibt sich erst recht kein Anknüpfungspunkt dafür, dass die in § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V vorausgesetzte ärztliche Feststellung sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, der Anspruch auf Krankengeld von vornherein nur für einen „bescheinigten“ Prognosezeitraum entsteht, der Anspruch mit dem Ablauf eines „Bewilligungsabschnitts“ endet oder der Arzt mit der Angabe eines Datums bezüglich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit das (vorläufige) Ende des Krankengeldanspruchs bewirkt. Des Weiteren wird weder in § 46 Satz 2 SGB V n.F. noch anderswo im SGB V vorgeschrieben, dass der Arzt das Ende der Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen hat.

Selbst wenn davon ausgegangen würde, durch § 46 Satz 2 SGB V n.F. würde mittelbar eine Begrenzung des materiellen Krankengeldanspruchs auf einen vom Arzt bescheinigten Endpunkt normiert, wäre diese Tatbestandsvoraussetzung nicht mit dem vom Arzt in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder anderweitig dokumentierten Prognose über das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen. Wenn ein Arzt prognostiziert, dass die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten voraussichtlich bis zu einem bestimmten Datum andauern wird, stellt dies semantisch keine Bescheinigung über das Ende der Arbeitsunfähigkeit, sondern eine Bescheinigung über die ärztliche Prognose des voraussichtlichen Endes der Arbeitsunfähigkeit dar. Die vom 1. Senat des BSG letztlich vertretene Rechtsauffassung, die in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentierte Prognose eines Enddatums der Arbeitsunfähigkeit setze dem materiellen Krankengeldanspruch ein (ggf. vorläufiges) Ende, steht somit auch im Widerspruch zum Normtext des § 46 Satz 2 SGB V in der neuen Fassung.

Die semantisch zwingende Unterscheidung zwischen bescheinigter Prognose der Dauer der Arbeitsunfähigkeit und Bescheinigung des Enddatums der Arbeitsunfähigkeit hat auch in der als Anlage zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) mit Wirkung zum 01.01.2016 vereinbarten Muster-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Niederschlag gefunden. Hierin ist vorgesehen, dass der bescheinigende Arzt neben einer Erst- oder Folgebescheinigung auch eine „Endbescheinigung“ erstellen kann, in der er nicht anzugeben hat, bis wann voraussichtlich Arbeitsunfähigkeit bestehen wird, sondern wann der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit war. In den Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung heißt es hierzu:

„Liegt ein potentieller Krankengeldfall vor und der Vertragsarzt/die Vertragsärztin kann bereits bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einschätzen, dass die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich an dem im Feld „voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich bzw. letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit“ angegebenen Datum endet, enden wird bzw. geendet hat, ist zusätzlich zur Angabe des letzten Tages der Arbeitsunfähigkeit das Kästchen „Endbescheinigung“ anzukreuzen. Auf diese Angabe ist besondere Sorgfalt zu verwenden, weil das bescheinigte Datum für die Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, die Leistungsfortzahlung der Agentur für Arbeit und die Krankengeldzahlung wichtig ist.“

Aus § 46 Satz 2 SGB V n.F. folgt wiederum zwingend, dass in einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthaltene Angaben über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit keinerlei Auswirkungen auf den materiellen Krankengeldanspruch des Versicherten haben. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage und entzieht der Rechtsprechung des BSG zur Wirkung der ärztlichen Prognose der Arbeitsunfähigkeitsdauer ein weiteres Mal die Legitimation.
Fundstelle: Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 31.08.2015, S 3 KR 405/13 (Entscheidungsdatenbank Rheinland-Pfalz)


Hier wird sicher hoch interessant, was das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - vermutlich auch dann nicht veröffentlicht - meint. Und das wird sicher nicht das letzte Wort dazu sein.

.
 
Top